@cejar cejar schrieb:ok, was genau würde es uns den bringen, wenn wir aus dem Euro ausscheiden?
Extreme Aufwertung der neuen deutschen Währung, egal wie sie heißen würde. Unser Export käme wahrscheinlich fast zum Erliegen, zumindest ein heftiger Einbruch wäre jedenfalls wahrscheinlich. Dazu Abschreiben der bisherigen Handelsbilanzüberschüsse. Wahrscheinlich Anstieg der deutschen Arbeitslosenzahlen. Für Auslandsreisende wäre das ein Segen, weil Urlaub extrem billiger würde. Aber ob wir Deutschen dann noch so gerne im Ausland gesehen wären - eine andere Sache.
Der Euro würde ohne Deutschland so massiv abwerten - ohne Worte. Vielleicht wäre er nahezu auch schon klinisch tot. Wer weiß.
Ich möchte kurz darauf eingehen, warum Deine Frage aber eher nicht passieren wird. Frau Merkel hat damals (am 19. Mai 2010 im Bundestag) diesen Satz "Scheitert der Euro, dann scheitert Europa" gesagt. Ich werte es so, dass es damals ein definitives Bekenntnis von Deutschland zum Euro war. Es ging ihr nicht so sehr um den Euro an sich, sondern dass Deutschland am Euro fest halten wird. Egal was kommt oder kommen wird.
Selbst die AfD-Position war damals bei der Gründung (Mai 2013) noch: Problemländer aus dem Euro zu entlassen oder ich glaub es war konkret so: Die Möglichkeit zu schaffen, dass Problemländer von sich aus dem Euro heraustreten können - damit ihre Wirtschaft durch die Währungsabwertung wieder entsprechend freien Atem bekommt.
cejar schrieb:Die Deutschmark würde extrem aufgewertet oder der EUR extrem abgewertet. Die restlichen Länder der EU können sich unsere Produkte erst recht nicht mehr leisten, unsere Wirtschaft würden wir dadurch schwächen - besser würde dadurch für uns erstmal nichts.
Sehr richtig. Aber was ist die Alternative? Es gibt keine Lösung über Nacht. Genau genommen gibt es nur zwei Möglichkeiten, die aber beide hässlich (für uns) werden:
1.) Wir geben unsere Lohn-Zurückhaltung komplett auf. Die Löhne und damit folgend die Inflation müssten je nach Branche jedes Jahr um 4% bis 8% steigen. Und das nicht einmal, sondern den ganzen Zeitraum über was wir all die Jahre seit 2002/03 (hier ging Deutschland nach unten) runter gedrückt haben. Wir müssten also über 12 Jahre lang diese Lohnsteigerungen durch bringen, Jahr für Jahr! Erst dann würde wir wieder das gleiche EZB-Inflationsziel haben wie Frankreich derzeit und so wie es ursprünglich geplant war. Jetzt sag mal der Wirtschaft, die müssen die Lohnkosten jedes Jahr um bis zu 8% mittragen. Die zeigen Dir den Vogel. "Machen wir nicht!" - "Können wir nicht" - "Wir stehen im Wettbewerb". Ja richtig, es würde in Deutschland mehr Arbeitslose geben. Die wo noch Arbeit haben, könnten sich dagegen wieder etwas leisten. Zeitgleich geben wir damit uns auf, damit andere Länder wieder Luft zum Atmen bekommt. Deren Arbeitslosenzahlen würden sinken, weil es wieder mehr lohnt zu produzieren, da die Produktpreise nicht mehr so weit auseinander klaffen.
2.) Die andere Möglichkeit ist (und danach sieht es im Moment eher aus): Wir als Deutschland pfeifen auf das EZB-Inflationsziel von 1,9%. Wir behalten unsere Lohn-Zurückhaltung bei und zeitgleich fordern wir alle Länder auf, ihren Reformstau zu beseitigen. Wir zwingen sie auf unser Niveau herab, mit all den Sachen die wir auch schon hinter uns haben. H4, 1-Euro-Jobs und so weiter. Für unsere Regierung ist das der einfache Weg. Sie muss nicht erklären warum auf einmal soviel Geld für Lohnsteigerungen drin wäre, stattdessen müssen andere Länder ihre Reformen machen. Und das geht böse aus. Schau nach Frankreich, eine stolze Nation, sag denen mal ihr müsst produktiver und billiger werden. Ganz böse Sache. Und das ganze geht ebenfalls über Jahre, wenn sie denn unser Niveau überhaupt erreichen wollen. Aber angenommen sie schaffen es wirklich, was ist dann mit uns in Deutschland? Wir haben dann wieder diese Wettbewerbsgleichheit die von Anfang an vorgesehen war. Die Produkte kosten überall gleichviel. Der Standort-Vorteil von Deutschland ist dahin. Folgen? Export-Einbruch, Arbeitslosen-Anstieg usw.
Es wird richtig hässlich werden. Nicht heute, nicht morgen. Aber es wird so kommen. Hoffentlich ist Frau Merkel bis dahin keine Kanzlerin mehr, sonst wird man ihr die Widmung in den Geschichtsbüchern nicht allzu rosig schreiben. Wenn sie clever ist, dann macht sie vorher die Biege.
Übrigens eine Entwicklung in Europa ist auch sichtbar: Es gewinnen in manchen Ländern ja bereits echte und richtig rechte Parteien an Boden. Die Menschen sehen in den Ländern ein, dass Europa, die EU und der Euro vielleicht doch nicht so das Gelbe vom Ei sind. Der Trend auch in Frankreich ist ganz klar: zurück zum Nationalismus.