@sacredheart sacredheart schrieb:Ich habe mal obiges Beispiel herausgegriffen: Der Teil mit dem 'Unterdrückungsapparat' ist ja erst mal freie Fantasie und wäre in einem Parteiverbotsverfahren völlig irrelevant. Es sei denn, es gibt Parteiprogramme, in denen die Schaffung eines Unterdrückungsapparates auf diesem Wege wörtlich erwähnt wird.
Dass die AfD damit den Aufbau eines Unterdrückungsapparates bezweckt, ist in der Tat Spekulation meinerseits, da ich keinen anderen Sinn darin sehe, den Ländern ihre Bereitschaftspolizeien wegzunehmen, um sie der Bundesregierung zu unterstellen, insbesondere wenn man die verfassungsfeindlichen Bestrebungen großer Teile der der wesentlichen Mandatsträger und innerparteilichen Amtsinhaber in Betracht zieht.
Darüber hinaus ist es nun mal so, dass die Polizeihoheit der Länder gerade der Vermeidung des Aufbaus eines zentralen Unterdrückungsapparates dienen soll. Wenn die Polizeihoheit der Länder also auf so eklatante Weise verletzt wird, wie bei der Forderung die Bereitschaftspolizei der Länder dem Bund zu unterstellen, wird damit eine wesentliche schützende Schranke tiefgreifend ausgehebelt, was bei der Beurteilung der Verfassungsfeindlichkeit und damit auch in einem Verbotserfahren natürlich eine ganz wesentliche Rolle spielt.
Der Kollege
@kleinundgrün hat dazu sich auch schon ganz zutreffend geäußert.
sacredheart schrieb:Ob das ein schwerwiegender Verstoß gegen das Föderalismusprinzip wäre, wage ich ebenfalls zu bezweifeln. Schließlich exisitert ja auch jetzt schon eine Bundespolizei. Das hat ja auch bisher die Demokratie nicht zum Einsturz gebracht.
Die Bundespolizei existiert nur für einen äußerst eng begrenzten Einsatzbereich, der die Unterstellung unter den Bund rechtfertigt. Dazu gehört der Grenzschutz und das Zollwesen, weil das eben einen grenzübergreifenden Bezug hat, der Schutz von bundeseigenen Einrichtungen, wobei hierzu insbesondere die Bahn sowie der Schutz des Luftverkehrs zählen, wobei letzterer auch wieder einen internationalen Bezug hat und darüber hinaus grundsätzlich ein länderübergreifendes Problem darstellt. Aufgrund der engen Begrenzung des Einsatzbereichs ist dies auch kein Problem, zumal für die Einrichtung der Bundespolizei eine verfassungsrechtliche Grundlage mit Art. 87 GG existiert. Es sei aber angemerkt, dass auch die Einrichtung der Bundespolizei von einer erheblichen Kontroverse begleitet war und auch schon gegen deren Einrichtung erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken angeführt wurden. Diesen konnte durch die Einschränkung des Aufgabenbereichs der Bundespolizei begegnet werden, weil mit der Einrichtung der Bundespolizei die Polizeihoheit der Länder nicht wesentlich eingeschränkt wurde. Insbesondere blieb dadurch die Polizeiorganisation der Länder unangetastet, die Aufgabenbereiche der Länderpolizei wurden dadurch auch nicht ihrer Kernkompetenzen beraubt.
Das ist aber nicht der Fall, wenn mit der Unterstellung der Bereitschaftspolizei der Länder unter die Bundespolizei den Ländern diese Großverbände weggenommen und der Zentralregierung unterstellt werden. Das stellt einen eklatanten Eingriff in die Polizeihoheit der Länder dar, für den es keine verfassungsrechtliche Grundlage gibt und auch nicht geben kann, weil die Polizeihoheit der Länder nun mal den wesentlichsten Teil des Föderalismusprinzips ausmacht und dieses der Ewigkeitsklausel des Art. 79 Abs. 3 GG unterfällt. Um mal ein altes Gutachten aus den Anfängen der BRD zu zitieren: „Im föderalistischen System ist die Verwaltung grundsätzlich überhaupt, aber in jedem Fall die Polizei Ländersache, woran daher bis 1933 niemals Zweifel bestanden hat.“
Mithin liegt hier mit der Forderung der AfD ein schwerwiegender Verstoß gegen das Grundgesetz vor, die Forderung – schon allein für sich genommen – ist in offensichtlicher und eklatanter Weise verfassungswidrig.
Im Übrigen scheinst Du dem Fehlschluss zu unterliegen, dass ein Parteiprogram allein dann zu einem Verbot der Partei führen könne, wenn darin etwa ein Verbot der Demokratie und die Abschaffung aller Grundrechte gefordert werden. Das ist falsch. Grundsätzlich muss sich das Programm gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung richten, dabei ist das Programm in seinem Gesamtzusammenhang zu würdigen. Wenn bereits einzelne Forderungen offensichtlich verfassungswidrig sind und die Umsetzung dieser Forderungen gerade wesentliche Schranken zum Schutz vor der Abschaffung der FDGO außer Kraft setzen, wie etwa hier die Unterstellung der Bereitschaftspolizei der Länder unter die Bundespolizei, dann liegt allein darin bereits ein wesentliches Indiz für die verfassungsfeindlichen Bestrebungen der Partei. Wenn weitere Forderungen hinzukommen, die in die gleiche Richtung weisen, im konkreten Fall insbesondere die Zentralisierung der Dienstvorschriften und die angestrebte zentralistische Neustrukturierung der „Bundespolizeien“ (ich nehme an die AfD meint damit die Polizeibehörden des Bundes, deren es drei gibt, Bundespolizei gibt es nämlich nur eine), aber auch die anderen schwerwiegenden Verletzungen des Föderalismusprinzips im Bereich des Kulturhoheit der Länder, dann wird klar deutlich worauf das Programm der AfD langfristig abzielt, nämlich die Zentralisierung der Polizeigewalt auf Bundesebene und die langfristige Abschaffung des Föderalismusprinzips. Nehme ich dann noch die Anlehnung an die rassistische Blut-und-Boden-Ideologie in eklatanter Verletzung von Art. 1 Abs. 1 GG hinzu sowie die Forderung nach Abschaffung oder de-facto Abschaffung bestimmter Grundrechte wie Art. 4 Abs. 1, 5 Abs. 3, 16a Abs. 1 GG, dann wird klar wohin der Weg gehen soll und zwar auch und alleine schon auf Basis des Parteiprogramms.
Im Verbotsverfahren kommt es aber nicht nur auf das Parteiprogramm an, sondern auch auf das, was die Mehrheit, insbesondere die einflussreichen Mandatsträger in der Partei so von sich geben. Denn in erster Linie machen ja diese Menschen Politik, das Programm setzt sich schließlich nicht von alleine und buchstabengetreu um. Und da wird es dann erst recht kritisch, wenn man die konkrete Vernetzung in die rechtsextreme Szene und die konkreten Äußerungen der Spitzenpolitiker der AfD sowie deren Hintergründe betrachtet.
sacredheart schrieb:N ja, in Dresden war ja zunächst mal ein Tötungsdelikt geschehen. Ob man das als Mord oder Totschlag schlussendlich bewertet, ist ja erst mal offen.
Das ist es nicht. Ermittelt wurde von der zuständigen Staatsanwaltschaft, der in diesem Fall die Deutungshoheit bis zum Prozess obliegt, in einem Totschlag, weil es für Mord keine Anhaltspunkte gab. Der Präsident des BfV hat daher als Behördenleiter sich schon mangels entsprechender Kompetenz nicht einzumischen und schon gar nicht von der zuständigen Behörde öffentlich abweichende Deutungen vorzunehmen.
sacredheart schrieb:Es war doch in Wirklichkeit viel mehr so, dass dieser Mord beinahe in Vergessenheit geriet und nur noch über vermeintliche Hetzjagden berichtet wurde.
Es war kein Mord sondern Totschlag, auch wenn Du das gerne – und sicherlich nicht ohne Hintergedanken – so ständig betonst. Der Totschlag geriet auch nicht in Vergessen, nur weil zeitnah über tatsächliche Hetzjagden (nicht vermeintliche, wie Du hier wieder bewusst unwahr behauptest) von rechtsradikalen Terroristen berichtet wird. Diese Hetzjagden sind durch das authentische Video, weitere Augenzeugen, durch Chatprotokolle der Täter, in denen diese sich explizit zu diesen Jagden verabreden sowie durch entsprechende Prahlerei der Täter mit der Durchführung dieser Hetzjagden klar und eindeutig bewiesen.
Artikel der SZ zum Thema.sacredheart schrieb:Anlass von Bürgergedenken und Bürgerprotesten war aber dieses Tötungsdelikt. Der feige Täter hatte einfach unverschämtes Glück, dass er trotz mitführen einer potentiell tötlichen Waffe nur wegen Totschlags verurteilt wurde. Das hätte auch völlig anders ausgehen können.
Das Mitführen einer tödlichen Waffe ist kein Mordmerkmal, bitte mal § 211 StGB durchlesen, da stehen die Mordmerkmale drin. Und im Übrigen würde ich eher sagen, dass der Täter Pech hatte, dass er angesichts der dürftigen Beweislage überhaupt verurteilt wurde.
Deine vorgetragenen Einwände sind aber sowieso nur Spiegelfechterei, weil sie nicht entkräften können, dass Maaßen eben nicht in den Ruhestand versetzt wurde, um die Oppositionspartei AfD beobachten zu lassen, sondern weil er falsche Behauptungen zu schwerwiegenden rechtsextremistischen Taten aufgestellt hat, um von diesen abzulenken. Das passt natürlich zu den Versäumnissen seiner Amtszeit, nämlich dass dem Rechtsextremismus nicht genug Beachtung geschenkt wurde und dass die Überprüfung, ob eine Überwachung der AfD oder zumindest von Teilen der AfD erforderlich sei, von ihm nicht vorgenommen wurde, obwohl es für rechtsextreme Bestrebungen allein schon durch die öffentlich bekannten Vorfälle und Vernetzungen mit rechtsextremen Organisationen mehr als genug Anhaltspunkte gab.
@Freki2.0 Freki2.0 schrieb:Wobei sich ja der nationalliberale Teil der AFD klar von der IB distanziert.
Und Teil des Unvereinbarkeitsbeschlusses ist die IB ja auch.
Da hält sich nur niemand in der AfD dran. Und welche nationalliberalen Teile der AfD distanzieren sich denn klar von der IB? Die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten und wesentliche Spitzenpolitiker tun das jedenfalls nicht.
Freki2.0 schrieb:Keine schlechte Idee, war in der DDR Pflicht in den Ferien bei der Landwirtschaft zu helfen, hat auch keinem geschadet.
wirf doch bitte mal einen Blick in Art. 12 Abs. 2 und 3 GG. Dass das Grundgesetz AfD-Anhängern egal ist, ist mir schon klar. Aber dass die hier von der AfD geforderte Zwangsarbeit offensichtlich verfassugswidrig ist, sollte doch wirklich eindeutig sein, oder?