paxito schrieb:Keine Klassen, keine Entfremdung, keine Ausbeutung = humaner & gerechter
Weiter vereinfachen kann ich es für dich nicht.
Wo haben wir denn heute noch Klassen? Wenn man sich Klassen und das dazugehörige Klassenbewußtsein vorstellen will, muß man sich einen Bauern auf dem Land um ca. 1850 oder auch 1900 vorstellen, der bei einem vorbeikommenden Mitglied einer "höheren Klasse", beispielsweise dem Arzt weil er ein "Gstudierter" ist, einem vorbeikommenden Oberst weil er ein hohes Tier beim Militär ist, einem reichen Fabrikbesitzer weil er Geld hat wie Heu oder dem Freiherrn von und zu der auf seinem Gaul vorbeireitet, den Hut zieht, weil "sich halt das so gehört" (weil er als Bauer nämlich Teil einer niedrigeren Klasse war).
Aber wo gibt es das heute noch? Nirgendwo mehr.
In einer Demokratie sind alle gleich, der Arzt, der Bauer, der Oberst, der Fabrikant, der von und zu oder der Penner unter der Brücke. In einer freiheitlichen Demokratie kann jeder alles werden (wenn er will und kann), Arzt studieren, Bauer werden, eine Firma aufziehen, zur Bundeswehr gehen, sich einen Titel kaufen oder anheiraten oder als Penner unter die Brücke ziehen, deshalb zieht niemand mehr den Hut vor jemand anderen. Sind alle gleich. Vor dem Gesetz und von allen privaten Rechten her.
Die "Klassen" sind durch den modernen Individualismus obsolet geworden. Allenfalls gibt es noch ein paar alte reiche Geldfamilien, aber die allein machen auch keine "Klasse" mehr aus. An Geld kann heute jeder kommen, an eine politische Stellung mit Weg nach ganz oben in höchste Positionen genauso.
Gehört zum Beispiel die Merkel zu irgendeiner "Klasse", von der aus man ihr die Bundeskanzlerin schon in die Wiege gelegt hätte? Klarer Fall, nein. Ihr Papa war ein evangelischer Pastor, sie hat Physik studiert. Und ging dann nach der Wende in die Politik. Ein Mix aus Zufall und privaten Leistungen und Neigungen. Ein Weg der jedem offen steht (in der Theorie jedenfalls), da stehen keine "Klassengrenzen" mehr entgegen, wie früher, wo noch nicht jeder nach Belieben Arzt oder Offizier werden konnte, sondern nur die "hochgeborenen" oder wenigstens Neureichen, die sich alle Türen mit Geld aufmachen konnten.
Das war es, was die Erfinder des Kommunismus zu ihrer Zeit angeprangert haben. Damals gab es das noch, heute (bei uns jedenfalls) nicht mehr. Das "Feindbild" des Kommunismus ist per gesellschaftlicher Entwicklung inzwischen weggebrochen.
Eine Entwicklung, die damals noch nicht erkennbar war, weil es dazu zweier Weltkriege und einer verschärften Demokratisierung durch die Siegermächte (vor allem USA, die von "angeborenen" Klassen laut erklärtem Selbstverständnis auch nichts halten, obwohl bei ihnen sehr wohl Klassen - nach Hautfarbe und Besitz - bestehen) bedurfte. Echt paradox in diesem Zusammenhang, daß wir Deutschen heute klassenloser sind als unser großes Vorbild USA ...