Google soll Steuern in der Türkei zahlen
11.06.2010 um 23:01Türkei blockiert Google-Webseiten
Internet-User müssen Wirtschaftsstreit ausbaden
Die türkische Regierung hat ihre Blockade von Google-Webseiten ausgeweitet. Seit 2008 ist etwa das Portal YouTube nicht erreichbar, jetzt sind viele weitere Webseiten betroffen. Offiziell sollen die Nutzer geschützt werden. Experten zufolge dreht sich der Streit aber um fehlende Steuern.
Von Steffen Wurzel, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Jugendliche feiern eine Party in Istanbul: Dutzende hauptsächlich junge Leute haben sich getroffen, um einerseits Spaß zu haben und andererseits, um auf Einschränkungen für türkische Internet-User aufmerksam zu machen. "Das ist eine Protest-Party", sagt einer der Teilnehmer: "Die Leute sind zusammengekommen, um gegen die Verbote im Internet zu demonstrieren."
Gerichtsbeschluss statt YouTube-Videos
Betroffen von den türkischen Internet-Blockaden ist vor allem die Seite von YouTube. Seit Mai 2008 ist die erfolgreichste und bekannteste Video-Webseite der Welt in der Türkei per Gerichtsbeschluss gesperrt.
User, die auf youtube.com klicken, landen auf einer Webseite mit dem bürokratischen Hinweis: "Das Urteil des 1. Amtsgerichts Ankara im Rahmen der Schutzmaßnahmen 2008-402 über diese Internetseite wird von der Telekommunikationsbehörde umgesetzt."
Blockade gegen Gefahr aus dem Internet
Die Behörden berufen sich auf einen Gesetzesartikel. Dieser soll Straftaten, die vom Internet ausgehen, verhindern. Mit Verweis auf diesen Artikel dürfen beispielsweise Angebote geblockt werden, die zum Suizid aufrufen, die Kinderpornografie fördern oder Drogenkonsum verherrlichen. Tabu sind außerdem Webseiten, die die türkische Nation oder den Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk beleidigen.
Mehrere Webseiten des Google-Konzerns betroffen
An die Sperre von YouTube haben sich viele türkische Internet-User inzwischen gewöhnt: Durch Zusatz-Software und zwischengeschaltete Webseiten, sogenannte Proxys, ist sie relativ einfach zu umgehen. Doch mehr und mehr werden inzwischen auch andere Seiten geblockt. Seiten, die wie Youtube zum Internetkonzern Google gehören.
Durch neue Maßnahmen sind jetzt auch die internetbasierte Textverarbeitung "Google Docs" und das Übersetzungsprogramm "Translator" von der Blockade betroffen. Viele User fragen sich nun, was solche harmlosen Angebote mit angeblich kriminellen Inhalten zu tun haben.
Auch Inhalte ähnlicher IP-Adressen werden geblockt
Technisch kann man die Sache relativ einfach erklären: Die türkischen Behörden sperren nicht nur Domain-Namen, also zum Beispiel youtube.com, sondern teilweise auch IP-Adressen, also den Zahlencode, der hinter den Adressen steht.
Weil YouTube zum Google-Konzern gehört, ähneln zum Teil die IP-Adressen anderer Google-Anwendungen denen von YouTube. Das Resultat kann also sein, dass auch diese anderen Anwendungen von der Youtube-Blockade betroffen sind.
Viele Beobachter vermuten aber, dass hinter den neuen Schikanen für Internet-Surfer in der Türkei etwas ganz anderes steckt: Geld, beziehungsweise Steuereinnahmen. Im Detail: Die türkische Regierung betont seit einiger Zeit auffällig oft, dass sie von Google erwartet, einen Firmensitz in der Türkei zu eröffnen. Der türkische Verkehrsminister Binali Yildirim, der auch fürs Internet zuständig ist, sagte vor kurzem: "Wenn das Unternehmen in der Türkei Geld verdient, dann muss es in der Türkei auch Steuern zahlen."
Das Argument der türkischen Behörden: Google verdiene über seine Online-Anzeigen viel Geld in der Türkei durch die Klicks von Millionen türkischer Internetuser. Also erwarte man auch, dass Google in der Türkei Steuern zahle, sprich: hier ein Büro eröffne.
Selbst Erdogan umgeht türkische Internet-Blockade
Bei Google selbst war auf Anfrage des ARD-Hörfunkstudios Istanbul niemand zu dem schwelenden Streit zu erreichen. Für die betroffenen Internet-User in der Türkei ist der Hickhack um Sperren, Firmensitz und Steuerrecht einfach nur ärgerlich. Sie werden allerdings auch künftig Mittel und Wege finden, trotz Verbots auf Seiten wie YouTube zuzugreifen.
Der prominenteste türkische User der Videowebseite dürfte übrigens Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sein. Er selbst benutze YouTube. Jeder wisse doch wie das gehe, sagte er vor einiger Zeit in einem Interview.
http://www.tagesschau.de/wirtschaft/google282.html (Archiv-Version vom 13.06.2010)
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Kenne mich mit Google nicht aus. Zahlt es in Deutschland Steuern ?
Internet-User müssen Wirtschaftsstreit ausbaden
Die türkische Regierung hat ihre Blockade von Google-Webseiten ausgeweitet. Seit 2008 ist etwa das Portal YouTube nicht erreichbar, jetzt sind viele weitere Webseiten betroffen. Offiziell sollen die Nutzer geschützt werden. Experten zufolge dreht sich der Streit aber um fehlende Steuern.
Von Steffen Wurzel, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Jugendliche feiern eine Party in Istanbul: Dutzende hauptsächlich junge Leute haben sich getroffen, um einerseits Spaß zu haben und andererseits, um auf Einschränkungen für türkische Internet-User aufmerksam zu machen. "Das ist eine Protest-Party", sagt einer der Teilnehmer: "Die Leute sind zusammengekommen, um gegen die Verbote im Internet zu demonstrieren."
Gerichtsbeschluss statt YouTube-Videos
Betroffen von den türkischen Internet-Blockaden ist vor allem die Seite von YouTube. Seit Mai 2008 ist die erfolgreichste und bekannteste Video-Webseite der Welt in der Türkei per Gerichtsbeschluss gesperrt.
User, die auf youtube.com klicken, landen auf einer Webseite mit dem bürokratischen Hinweis: "Das Urteil des 1. Amtsgerichts Ankara im Rahmen der Schutzmaßnahmen 2008-402 über diese Internetseite wird von der Telekommunikationsbehörde umgesetzt."
Blockade gegen Gefahr aus dem Internet
Die Behörden berufen sich auf einen Gesetzesartikel. Dieser soll Straftaten, die vom Internet ausgehen, verhindern. Mit Verweis auf diesen Artikel dürfen beispielsweise Angebote geblockt werden, die zum Suizid aufrufen, die Kinderpornografie fördern oder Drogenkonsum verherrlichen. Tabu sind außerdem Webseiten, die die türkische Nation oder den Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk beleidigen.
Mehrere Webseiten des Google-Konzerns betroffen
An die Sperre von YouTube haben sich viele türkische Internet-User inzwischen gewöhnt: Durch Zusatz-Software und zwischengeschaltete Webseiten, sogenannte Proxys, ist sie relativ einfach zu umgehen. Doch mehr und mehr werden inzwischen auch andere Seiten geblockt. Seiten, die wie Youtube zum Internetkonzern Google gehören.
Durch neue Maßnahmen sind jetzt auch die internetbasierte Textverarbeitung "Google Docs" und das Übersetzungsprogramm "Translator" von der Blockade betroffen. Viele User fragen sich nun, was solche harmlosen Angebote mit angeblich kriminellen Inhalten zu tun haben.
Auch Inhalte ähnlicher IP-Adressen werden geblockt
Technisch kann man die Sache relativ einfach erklären: Die türkischen Behörden sperren nicht nur Domain-Namen, also zum Beispiel youtube.com, sondern teilweise auch IP-Adressen, also den Zahlencode, der hinter den Adressen steht.
Weil YouTube zum Google-Konzern gehört, ähneln zum Teil die IP-Adressen anderer Google-Anwendungen denen von YouTube. Das Resultat kann also sein, dass auch diese anderen Anwendungen von der Youtube-Blockade betroffen sind.
Viele Beobachter vermuten aber, dass hinter den neuen Schikanen für Internet-Surfer in der Türkei etwas ganz anderes steckt: Geld, beziehungsweise Steuereinnahmen. Im Detail: Die türkische Regierung betont seit einiger Zeit auffällig oft, dass sie von Google erwartet, einen Firmensitz in der Türkei zu eröffnen. Der türkische Verkehrsminister Binali Yildirim, der auch fürs Internet zuständig ist, sagte vor kurzem: "Wenn das Unternehmen in der Türkei Geld verdient, dann muss es in der Türkei auch Steuern zahlen."
Das Argument der türkischen Behörden: Google verdiene über seine Online-Anzeigen viel Geld in der Türkei durch die Klicks von Millionen türkischer Internetuser. Also erwarte man auch, dass Google in der Türkei Steuern zahle, sprich: hier ein Büro eröffne.
Selbst Erdogan umgeht türkische Internet-Blockade
Bei Google selbst war auf Anfrage des ARD-Hörfunkstudios Istanbul niemand zu dem schwelenden Streit zu erreichen. Für die betroffenen Internet-User in der Türkei ist der Hickhack um Sperren, Firmensitz und Steuerrecht einfach nur ärgerlich. Sie werden allerdings auch künftig Mittel und Wege finden, trotz Verbots auf Seiten wie YouTube zuzugreifen.
Der prominenteste türkische User der Videowebseite dürfte übrigens Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sein. Er selbst benutze YouTube. Jeder wisse doch wie das gehe, sagte er vor einiger Zeit in einem Interview.
http://www.tagesschau.de/wirtschaft/google282.html (Archiv-Version vom 13.06.2010)
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Kenne mich mit Google nicht aus. Zahlt es in Deutschland Steuern ?