Friedenstifter on Tour
Neonazi-Angriff auf das "Komplex" und Privatwohnung in Schwerin
Einschüchterung und Bedrohung gehören zu den Neonazis-Strategien, um nicht nur Minderheiten, sondern auch die Menschen einzuschüchtern, die sie als "politische Gegner_innen" verorten. Diesmal traf es das Kultur- und Wohnprojekt "Komplex" aus Schwerin. Hier findet alternative (Jugend)-Kultur statt - offensichtlich zum Missfallen von Neonazis. Ein Bericht von den Betroffenen der Bedrohung.
Pressemitteilung aus dem "Komplex"
Am Montagabend, ca. 21.50 Uhr, versuchte eine Gruppe von 15-20 vermummten Personen in das Kultur- und Wohnprojekt "Komplex" in der Pfaffenstraße einzudringen. Die Gruppe, die sich um das ganze Haus herumverteilt hatte, versuchte erfolglos die Eingangstür gewaltsam zu öffnen. Den BewohnerInnen und Besucher an den Fenstern riefen sie rechte Parolen sowie Gewalt- und Mordandrohungen entgegen. Nach ca. 10 Minuten entfernten sie sich in Richtung Schelfkirche, wo ihre PKW warteten.
Wenig später standen sie vor dem Haus eines linken Aktivisten. Unter Vortäuschung einer falschen Identität versuchten die Angreifer, sich Zugang zu verschaffen. Ihnen wurde jedoch nicht die Tür geöffnet. Die Angreifer flüchteten, als sich ein Streifenwagen näherte.
Laut Zeugenberichten wurde später ein Teil der Personengruppe vor der ehemaligen Notunterkunft für Flüchtlinge in Lankow beobachtet. Offenbar löste sich die Gruppe hier auch auf.
Dieser Angriff auf das "Komplex" war nicht der erste. Vor wenigen Monaten wurde ein Brandanschlag auf das Haus verübt...http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/neonazi-angriff-auf-das-komplex-und-privatwohnung-schwerin-10737Ah ja. Nun denn.
Sehr verehrte Damen und Herren,
werte Prekärgebildete und Alternativlogiker,
liebe Bremsspuren in der Unterhose der Gesellschaft,
hochgeschätzte Evolutionsverweigerer und Brainologen,
wir müssen mal ein paar Takte reden.
Marodierende Schlägertrupps, die vor gefährlichen Schlägertrupps warnen.
Menschen, hinter Mauern und Stacheldraht aufgewachsen, fordern Mauern und Zäune.
Minderheiten am Rande der Gesellschaft, die sich selbst als Mehrheiten wahrnehmen.
Verurteilte Drogendealer schüren Angst vor Kriminellen.
Kommt euch das nicht seltsam vor?
Mal ehrlich, ihr Einzeller, bei euren dümmlichen Parolen müsst ihr euch doch selbst scheckig lachen, stimmt's?
Ich meine, ihr könnt das doch unmöglich Ernst meinen! Dann wäret ihr nicht nur ein Geschwulst am Rektum der Gesellschaft, nicht nur völlig wahnsinnig, ihr wäret darüber hinaus vollkommen überlebensunfähig. Und leben tut ihr ja, zumindest lauft ihr herum und stoßt dabei menschenähnliche Geräusche aus.
Gut, theoretisch könntet ihr auch Untote sein. Zombiegida. Nazilypse. Höckeggeddon, The Walking Festerling, Dawn of the Lutz.
Untot oder nicht, so funktioniert das nicht mit uns. Versteht das bitte nicht falsch, es liegt nicht an euch sondern an uns. Ihr könnt ja nichts dafür, dass ihr so besonders seid - und das seid ihr ohne jeden Zweifel.
Wir sind es, die zu wenig besonders sind. Wir haben uns viel zu lange mit unsinnigen Dingen wie Bildung und Beruf selbst etwas vorgemacht und konnten daher nie euren Super-Scharfblick für wichtigen Dinge des Lebens, Fackelmärsche und große Reden halten, entwickeln.
Seid nicht beleidigt, wenn wir nun gezwungen sind, die Freundschaft aufzukündigen. Es geht einfach nicht, wir sind zu verschieden.
Wir hatten auch gute Zeiten. Denkt nur an die Wiedervereinigung, das genialste Massenbesäufnis das die Welt je gesehen hat. Oder, erinnert ihr euch nur als ihr mit euren Seifenkisten unsere Straßen verstopftet und wilde Partys in den Auffanglagern gefeiert habt, das Begrüßungsgeld umgehend in Hochprozentiges investiert habt. Das war lustig. Was haben wir gelacht.
Aber inzwischen ist der Zauber verflogen. Ich geb's zu, es ist allein unsere Schuld. Wir haben euch assimiliert. Zwangen euch unsere verrückte Welt auf. Bei sehr vielen klappte es, die haben wir im borgstyle in unser Kollektiv integriert.
Ihr aber habt uns durchschaut. Ihr habt euch nicht verbiegen lassen, wurdet zu Termiten, die die tragenden Teile der Gesellschaft aushöhlen.
Autos, Freiheit, Reisen, Bananen, ihr erkanntet den trügerischen Glanz dieser schnöden Dinge auf Anhieb.
Euch konnten wir nicht täuschen. Entschuldigt dass wir es versucht haben.
Nun ist aber die Zeit der Entscheidung gekommen.
Wir mögen unsere kafkaeske Schauderwelt, mit all den verabscheuungswürdigen Eigenschaften. Toleranz, Offenheit, Freiheit und Liebe (je schmutziger desto besser). Ihr verachtet uns dafür und das zu recht. Wir sind widerwärtig, völlig degeneriert. Pfui Spinne. Einfach nur örgs. Selbst Maden würden uns verschmähen.
Aber inzwischen sind wir zu alt und zu unflexibel geworden, sodass wir uns niemals neu erfinden können.
Einmal mehr liegt es also an euch, bitte verzeiht die erneute Ungerechtigkeit. Eure Superkräfte sind gefragt.
Geht einfach. Nehmt keine Rücksicht auf uns, lässt uns zurück in diesem Elend. Bringt euch in Sicherheit. Sichert den Fortbestand der Menschheit. Sucht euch dafür ein sicheres Plätzchen um der Zivilisation zum verdienten Sieg zu verhelfen. Neuschwabenland zum Beispiel. Die Rückseite des Mondes oder im Innern der hohle Erde.
Geht nur, vergisst keine Tränen, verschwendet keine Zeit mit rührseligen Abschieden. Uns ist die ewige Verdammnis gewiss, doch ihr seid die Hoffnung der Menschheit. Riskiert diese Hoffnung nicht aufgrund falscher Heroik.
Geht jetzt, sofort. Lasst die angepassten Systemlemminge hier.
Geht soweit euch die Füsse tragen und noch etwas weiter.
Wir werden euch zum Abschied winken und uns mit Wehmut an euch erinnern, ihr verfluchten Arschkrampen.