KillingTime schrieb:Naja doch - man kann ausgenutzt werden. Man gibt, ohne dafür zu bekommen.
mir kommt das in den Sinn:
Die zweite Norm, die relevant ist für die Hilfeleistung, ist die - eher wenig altrustische - Norm der Gerechtigkeit (Reziprozität). "Wie du mir, so ich dir" ist ein nahezu universales Prinzip im Verhalten zwischen Menschen - im positiven wie im negativen. Menschen helfen, wenn sie diese Norm verinnerlichen, also vor allem deshalb, weil sie sich eine Gegenleistung erhoffen bzw. weil sie bereits eine Gegenleistung erhalten haben. Ob es sich dabei um dieselbe Person handeln muß, ist fraglich: So funktioniert es in Deutschland recht gut, daß jeweils die junge Generation der älteren die Rente bezahlt ("Generationenvertrag"). Eine Gruppe C hilft also einer Gruppe B, in der Erwartung, später Hilfe von Gruppe D zu erhalten (und weil die Gruppe B früher Gruppe A geholfen hat).
Das Kosten-Nutzen-Modell wird manchmal aber auch in die andere Richtung ausgehebelt, d.h. trotz geringer Kosten und hohem Nutzen wird nicht geholfen. Bekannt geworden sind Fälle, in denen es in vollbesetzten U-Bahnen zu Vergewaltigungen gekommen ist, ohne daß die Fahrgäste eingegriffen haben. In diesem Fall spricht man "Verantwortungsdiffusion". In einer Notsituation denkt jeder "Warum soll gerade ich eingreifen?", so daß im Resultat niemand eingreift. Wenn die Fahrgäste sehen, daß auch die anderen sich nicht an den gewalttätigen Vorgängen stören, sind sie eher geneigt zu glauben, es handele sich nur um ein Spiel, oder allgemein: es sei gar nicht so schlimm ("pluralistische Ignoranz"). Dies kann vor allem dann geschehen, wenn die betreffende Situation nicht eindeutig ist, so daß sich niemand durch ein übereiltes Eingreifen blamieren will.
Welche Bedingungen entscheiden außerdem noch darüber, ob eine Person Hilfe leistet oder nicht? Bis jetzt haben wir die subjektive Kosten-Nutzen-Rechnung, eine Persönlichkeitsdisposition bzw. verinnerlichte Normen sowie die Anzahl von Verantwortlichen als Einflußgrößen erwähnt. Als letztes wollen wir hier noch erwähnen, daß auch die Möglichkeit einer Person zur Empathie (Einfühlen) in die Lage der hilfsbedrüftigen Person einen wichtigen Einfluß hat.
http://www.psychologie.uni-heidelberg.de/ae/allg/lehre/wct/m/M03/M0305pro.htm