taren schrieb:Ist sicher auch förderlich das man bei 45-60% Arbeitslosigkeit, ohne Zukunft, ohne Hoffnung und der Aussicht sein ganzes Leben auf 14km x 40km eingesperrt zu sein so viele Optionen hat.
Ist das die Schuld der Israelis? Hätte man (die Motivation der Regierung vorausgesetzt) nicht Fabriken oder andere Arbeitsplätze im Gaza schaffen können? Bestimmt, wenn nicht das ganze Denken und Trachten dieser Regierung darauf ausgerichtet wäre, Israel zu bekämpfen. An Hilfe von außen (Entwicklungshilfe usw.) wäre es wohl nicht gescheitert.
Und wenn Israel nicht so massiv durch Terroristen aus dem Gazastreifen bedroht wäre, dann wären die Bewohner dort nicht "eingesperrt", sondern könnten frei herumreisen, wie jeder andere auch, bei dem man nicht befürchten muss, dass er den Nachbarn ermorden möchte.
Aber klar: man gibt immer Israel die Schuld!
gagitsch schrieb:Wenn ich sage beide Seiten haben Verantwortung,
dann ist das ein in der Psychologie sehr beliebter Versuch, zwischen zwei wütenden Parteien zu vermitteln. Es kling neutral und ist wohl meistens ausgleichend gemeint. Faktisch wird dabei aber oft (teilweise bewusst) übersehen, dass oft nur einer von beiden der Schläger ist und der andere sich nur zur Wehr setzt.
gagitsch schrieb:Humanität geht in alle Richtungen und nicht nur in eine.
Sollte man meinen. Sollte eigentlich selbstverständlich sein. In diesem konkreten Fall gilt aber, dass Humanität immer nur von den Israelis gefordert wird, egal, welcher Barbarei sie ausgesetzt sind, während die Terroristen, die die Israelis tot sehen wollen, mit Samthandschuhen angefasst werden und man (damit meine ich vor allem die UNO und weitere nicht-selbst-betroffene Politiker) ihnen die schlimmsten Verbrechen nachsieht, weil sie ja angeblich so vom kolonialen Israel unterdrückt werden.
augustine schrieb:Klar wird Putin-Russland gemeinhin kritisiert und angeklagt, aber soo krasse, emotional aufgeladene Proteste weltweit wie beim Israel-Gaza-Krieg gibt es nicht.
Stimmt. Das liegt vermutlich an der Berichterstattung. Die Ukraine kann die Gräuelpropaganda eben nicht so plakativ einsetzen, wie es die Hamas macht. Sie stellt sich und ihre Bürger auch nicht als wehrlose Opfer des gemeinen Feindes (der die Frechheit hat, sich zu wehren) hin, sondern demonstriert ihren Willen, sich und ihr Land aktiv zu verteidigen.
Außerdem ist der Nahostkonflikt in ähnlicher Weise (die bösen Israelis und die armen Palästinenser) schon seit Jahrzehnten immer wieder in den Medien. Dieses Bild hat sich in den Köpfen vieler Menschen festgesetzt und wird durch die anklagenden Bilder und Videos aus dem Gaza scheinbar bestätigt. Das ist bei der Ukraine nicht so. Die war bis vor ein paar Jahren einfach irgendein Land in Osteuropa.
augustine schrieb:während die vielen toten Menschen in anderen, aus unserer Sicht entlegenen Konflikten teils nur eine Randnotiz wert sind oder kein Hahn danach kräht.
DAS wundert mich auch immer. Es sind anscheinend doch nicht alle Menschen für die Medien gleich interessant.
gagitsch schrieb:Die Maßstäbe setzt ja nicht jede Nation einfach mal so für sich fest, sondern diese sind auch im Völkerrecht definiert.
Mag sein. Aber ihre Einhaltung wird eigentlich nur bei Israel verlangt bzw. deren Nicht-Einhaltung wird eigentlich immer nur bei Israel moniert. Und vielleicht noch bei Russland, aber auch das weniger intensiv.
gagitsch schrieb:Israel wird ja zugestanden die Hamas zu vernichten
Tatsächlich? Aber nur, wenn sie zweifelsfrei identifizieren können, wer genau Hamasmitglied ist und wer nicht, und wenn sie dafür sorgen können, dass keinem Nicht-Terroristen ein Haar gekrümmt wird. Das klingt human und edel, ist aber nicht möglich, und das weiß dort auch jeder. Ich halte dieses Zugeständnis für eine reine Floskel.
gagitsch schrieb:Und Zugeständnisse wie kein anderes Land ist auch falsch.
Der Ukraine, wird mehr aufgedrückt, es sollen ja keine Raketen über die Ländergrenzen fliegen
Die Ukraine ist ein ganz anderer Fall. Da geht es nicht darum, von denen mehr Humanität zu verlangen, als Russland ihnen gegenüber ausübt. Davon wird ohnehin ausgegangen. Es geht bei den Einschränkungen, die z.B. die EU gern hätte, eine Eskalation zu verhindern, die Putin im schlimmsten Fall dazu motivieren könnte, den Dritten Weltkrieg auszulösen. So sehe jedenfalls ich das.
Bei Israel dagegen sind diese extrem hohen Standards, die an niemanden sonst angelegt werden (auch nicht an die USA oder an die Ukraine), in meinen Augen einerseits die Auswirkung der jahrzehntelangen Propaganda, die Israel als bösen Unterdrücker der Palästinenser darstellt, die angeblich nur dagegen aufmucken. Das kann man als Antisemitismus ansehen, ist meiner Meinung nach aber eher die Folge des Kolonialismus (Israel gilt da als böse Kolonialmacht, die Palästinenser als indigene Bevölkerung).
Zum anderen wird damit unbewusst zugegeben, dass Israel eigentlich ein anständiges, zivilisiertes Volk ist (ist ja auch die einzige Demokratie in dieser Gegend mit einer eher europäischen Kultur), von dem man die Einhaltung humanitärer Standards erwarten kann, während man das von den Palästinensern wohl eher nicht annimmt.
gagitsch schrieb:Der Grund warum die Weltgemeinschaft eben den Einmarsch so kritisch sieht ist damit bestätigt. Hamas und Terrorschergen müssen weg, aber nicht zu Lasten von unbeteiligten Bürgern.
Das wäre wünschenswert, ist aber leider eine naive Vorstellung, denn das ist einfach nicht möglich, solange niemand diese Terroristen ausliefert (nicht nur die palästinensische Zivilbevölkerung, sondern auch Katar und die Türkei wären da gefragt).
Die Politiker wissen alle ganz genau, dass eine Bekämpfung der Hamas ohne Schäden für die Zivilbevölkerung nicht möglich ist. Aber sie lassen gern die Bürger in (bisher) friedlichen Ländern in dem Glauben und wundern sich dann über die lautstarken und oft antisemitischen Proteste, weil Israel eine friedliche Beilegung des Problems nicht hinbekommt. Israel wird dann (von diesen Bürgern) gern Bosheit unterstellt, und viele Politiker und Medien behaupten dann einfach (wider besseren Wissens) dasselbe. Auch so schaukelt sich das Ganze hoch.