sacredheart schrieb:Du hattest weiter oben ausgeführt, dass es Deiner Meinung nach im Kommumismus kein Geld geben würde.
Davon gehe ich aus, ja. Wobei da dann einsteigen müssten was Geld eigentlich ist. Der Kapitalismus definiert sich dadurch, das du Geld einsetzen kannst um damit Waren zu produzieren und daraus noch mehr Geld zu machen. Du kannst mit Geld „alles“ erwerben, das ist der kapitalistische Grundgedanke und das ist Geld wie wir es kennen.
sacredheart schrieb:Wenn aber die Arbeiter je nach Arbeitsausmaß und Qualifikation unterschiedliche Bezugsrechte am gemeinsam Erwirtschafteten haben, muss das doch irgendwie rechtssicher kenntlich gemacht werden.
Richtig erkannt, Marx spricht da genau wie du von Bezugsscheinen und dass das im Kern ein abstraktes Tauschmittel ist - Geld eben. Aber du bekommst nur soviel von diesem, nennen wir es Kommunistendollar, wie du tatsächlich arbeitest. Das was du dafür bekommst entspricht der Arbeitszeit die du zur Verfügung stellst. Und du kannst damit auch nur Konsumgüter erwerben. Keine Fabriken, kein Ackerland, keine Arbeitskräfte o.ä. Das ist der wesentliche Unterschied zudem was wir heute unter Geld verstehen, Geld mit dem du alles kaufen kannst - vom Fernseher zur Waffenfabrik, von korrupten Politikern zu Anteilen einer Bank (wobei wir auch heute noch Grenzen kennen, glücklicher Weise, man kann etwa keine Menschen mehr kaufen). Den Kommunistendollar kannste nicht durch investieren und anlegen vermehren.
Wobei dies nur für die Frühphase des Kommunismus gilt, eben weil er sich aus der bürgerlichen Gesellschaft entwickelt und sowas wie der Leistungsgedanke da eben ganz notwendig eine Rolle spielt.
Für die weitere Entwicklung, sprich ferne Zukunft, wenn durch den Kommunismus die Wissenschaft und Technik immer weiter fortschreiten, dann kommen wir laut Marx irgendwann mal an den Punkt wo auch das überwunden wird. Die utopische „Postmangelgesellschaft“ wie sie wohl
@Fedaykin nennen würde, da gilt dann der berühmte Satz: „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinen Bedürfnissen.“ Aber erst dann.
sacredheart schrieb:Wozu Marx sich seinerzeit wahrscheinlich gar nicht geäußert hatte, waren Menschen, die es rundheraus ablehnen zu arbeiten, wahrscheinlich weil ihm das gar nicht in den Sinn kam.
Doch hat er, zumindest indirekt. Er spricht über die „Arbeitsunfähigen“, ich denke das kann man darunter subsumieren. Die bekommen das „Surplus“ den Mehrwert, der sonst in die Taschen der Eigentümer der Produktionsmittel landet. Also das was heute der Gewinn einer Firma wäre. Nachdem jeder Arbeiter seinen Teil bekommen hat, die Verwaltung, Instandhaltung und Investitionen geregelt sind, nachdem alle gesellschaftlich notwendigen Dinge erfüllt wurden - Bildung, Infrastruktur und Gesundheit. Was dann noch übrig bleibt, das wird unter den Bedürftigen verteilt. Wieviel das ist, hängt logisch daran wie hoch entwickelt eine Gesellschaft ist, das lässt sich nicht pauschal sagen. Auch wer überhaupt als Bedürftig gilt, das ist von der jeweiligen Gesellschaft zu klären und hat so nix mit dem Kommunismus zu tun. Ob man nun „Arbeitsfaule“ alimentiert oder sich selbst überlasst oder irgendwas dazwischen - das ist eine Frage der Moral, wenn du so willst, keine der wirtschaftlichen Grundordnung. Ist ja im Kapitalismus auch nicht anders.
Und er kritisierte Lassalle extrem scharf dafür, das dieser sich so sehr um diese Verteilung an die Bedürftigen kümmert, dass das sein im Grunde einziges Anliegen war (aus diesen Forderungen Lassalles entstanden dann mit vielen historischen Verrenkungen die bekannten Sozialversicherungen in Deutschland, ganz grob gesprochen). Vieles von dem was ich hier schrieb, stammt aus der Kritik an Lassalle. Lies die Kritik am Gothaer Programm. Ich garantiere dir, du wirst deine Ansichten da doch immer wieder finden.
sacredheart schrieb:Setzte er nicht vielleicht ein Pflichtbewusstsein, ein Selbstwirksamkeitsgefühl und einen Gemeinschaftssinn voraus, der Stand 2024 wenig anzutreffen ist?
Da kann ich nur wieder auf die Entfremdung verweisen. Im Kapitalismus arbeitet man, weil man muss. Es ist zum Überleben notwendig, im modernen Sozialstaat zumindest noch zum „guten Leben“ sach ich mal.
Aber wenn irgendmöglich flieht jeder die Arbeit, oder fast jeder. Es ist ein Übel, das die meisten auf sich nehmen. Nur die wenigsten haben einen Beruf der Berufung ist und den sie gern und mit Freude erfüllen.
Marx erklärt woran das liegt (und dass das in der Entwicklung des Kapitalismus immer schlimmer wird, womit er Recht hatte) - die Arbeit im Kapitalismus ist entfremdete und entfremdende Arbeit. Hatte ich früher schon mal kurz erklärt, weiß nicht ob dich das interessiert.
Das Marx irgendwie nen kommunistischen Überarbeiter brauchen würde, jemanden der nur aus Pflicht an der Gesellschaft arbeitet - sorry, nein, das ist einfach nur wieder die üblich halbgare Kritik, die sich an irgendwas abarbeitet mit Sätzen wie „der Kommunismus braucht bessere Menschen“. Nein, braucht er nicht.