gastric schrieb:... wie radikal die maßnahmen mittlerweile sein müssen ...
Das liegt nicht zuletzt aber auch daran, dass selbst die radikalsten Maßnahmen in Deutschland gobal betrachtet -- und
nur die globale Betrachtung ist letztendlich relevant -- nur sehr wenig Einfluss haben. Über die internationale "Vorbildwirkung" solcher radikalen Maßnahmen -- die die Lebenssituation der Bevölkerung in vieler Hinsicht deutlich verschlechtern würden -- sollte sich niemand Illusionen machen. Das internationale Ansehen, und damit verbunden die Vorbildwirkung Deutschlands hat meinem Eindruck nach in den letzten ca. 20 Jahren in vieler Hinsicht sowieso deutlich nachgelassen, was sich u.a. in Schlagzeilen wie
"World’s Dumbest Energy Policy" (WSJ) äussert.
Bezogen auf LG muss man auch feststellen, dass sich die "radikalen Maßnahmen" nur ziemlich unausgewogen in ihren Forderungen widerspiegeln. Lt. ihrer Website hat LG derzeit im wesentlichen drei Forderungen:
1. Tempolimit 100 km/h. Ein Tempolimit könnte möglicherweise kommen, allerdings dann sehr wahrscheinlich eher im Bereich 120..130 km/h. Sollte ein Tempolimit kommen, kann man hinterher darüber streiten, ob es nicht ohne LG genauso gekommen wäre (die Diskussion ist ja alles andere als neu). Die Auswirkungen auf die globalen CO
2-Emissionen wären so oder so
winzig.
2. 9-EUR-Ticket. Nachdem es inzwischen das 49-EUR-Ticket gibt, ist ein 9-EUR-Ticket m.E. aus Kostengründen sehr unwahrscheinlich. Ich weiss nicht, ob es seriöse Prognosen dazu gibt, wie sich ein 9-EUR-Ticket gegenüber einem 49-EUR-Ticket auf die CO
2-Emissionen auswirken würde, aber der Unterschied dürfte im Verhältnis zu den gobalen CO
2-Emissionen ähnlich wie beim Tempolimit winzig sein.
3. Gesellschaftsrat, der den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Rohstoffe bis 2030 ausarbeiten soll. Diese Forderung war in ihrer ursprünglichen Form, die Regierung müsse sich "öffentlich dazu verpflichten, die Maßnahmen des Rates umzusetzen" völlig abwegig. Die Strukturen der politischen Entscheidungsfindung in Deutschland sind im Grundgesetz festgelegt, und ein "Gesellschaftsrat", der der Politik verbindliche Vorgaben machen kann, kommt da nicht vor. Die aktuelle, etwas abgemilderte Form der Forderung, die Regierung "soll öffentlich zusagen, die mit den im Gesellschaftsrat erarbeiteten Maßnahmen verbundenen Gesetzesvorhaben in das Parlament einzubringen" ist auch nicht viel besser. Letztendlich ist der gesamte Ansatz Unsinn. Bei zufällig ausgewählten Bürgern wären die allermeisten davon naturwissenschaftlich-technische Laien, die -- egal wie intensiv sie von Experten (deren Auswahl höchst problematisch wäre) beraten würden -- noch nicht mal ansatzweise in der Lage wären, die Auswirkungen ihrer Entscheidungen realistisch einzuschätzen. Der folgende Zeit-Artikel nennt eine Reihe von weiteren Problemen des Konzepts:
Die fünf Probleme mit einem Klimagesellschaftsrat. Mehr als eine belanglose Schwafelveranstaltung ist von einem solchen "Gesellschaftsrat" nicht realistisch zu erwarten.