Political correctness, ein gescheitertes Experiment

abberline schrieb:unangetastet, wenn ich Schokoladenwaffeln Afrika nenn.

Es ging aber um Negerküsse.

Sprache darf niemanden ausgrenzen.

Ist meine persönliche Meinung.
In meinem Beruf, spreche ich regelmäßig vor etlichen Gruppen von Menschen.
Aus dem anfänglichen :" Sehr geehrte Damen und Herren" wurde schnell ein "Schönen guten Morgen zusammen".

Hat mich ein paar Tage ungewöhnung gekostet, geht nun locker über die Lippen.
Über Begriffe wie Negerkuss, Zigeunersoße diskutiere ich gar nicht erst, da für mich der Begriff diskriminierend ist.

Auch rege ich mich nicht über Radiosender auf, die mögliche * besonders Betonen oder sprechen möchten.
Ich sitze doch am längeren Hebel, oder dem Fall, Knopf. Wenn es mir nicht gefällt, schalte ich um.

@paranomal
Das ist auch Schokolade. Ich seh da schon Unterschiede. Ich red ja nicht über Menschen. Die sprech ich mit ihrem Namen an. Und Negerkuss hab ich die Schoko Dinger noch nie genannt.
Hier sagt man auch "Weisse Mohrenköpfe", das gibt es ja auch. Das Wort ist nie böse gemeint.
Granatsplitter Kuchen ist ja auch nicht militaristisch.

@paranomal
@capspauldin

Ich finde, das Thema wird zur Zeit von mehreren Seiten unerwartet hoch gekocht.

Den Negerkuss empfinde ich in der Sprache schon als abgehakt. Es tut sicher niemandem weh, dass er Schokokuss heisst. Dass man den Begriff Neger (außer hier zur Erläuterung) nicht verwendet, halte ich schon für richtig und auch für weitgehenden Konsens. hat die Umbenennung unserer Kultur geschadet? Natürlich nicht.

Jetzt die neuerdings umkämpfte Zigeunersauce diverser Hersteller. Roma und Sinti empfinden den Begriff offensichtlich als beleidigend. Ist das Produkt gesellschaftlich zutiefst relevant? Schon das nicht, es handelt sich um ein ungesundes Nischenprodukt, an dessen Namensänderung sich jetzt echt Leute hochziehen können. Das begreife ich zu 0% Sollen die ihre Sauce nennen, wie sie wollen unter Vermeidung beledigender Ausdrücke. Wird die Umbenennung eines ernährungstechnisch nicht empfehlenswerten Produktes unserer Kultur geschadet? Natürlich nicht. Außerdem hat die Firma Knorr aktuell ohnehin Dank verdient, weil seit kurzem wieder die empfehlenswerte Sauce 'Tomate pikant' erhältlich ist, aber das nur am Rande.

Raider heisst ja auch jetzt Twix ohne dass Menschen darin damals den Untergang des Abendlandes witterten. Und das wurde umbenannt, obwohl es niemanden beleidigt hatte, sondern lediglich in englischssprachigen Ländern seltsam klang.

Sprache ist nun mal auch in Bewegung. Bei der Neuauflage des Duden sind zahllose Ausdrücke gestrichen worden. Da wird die Nichtverwendung von gerade mal 2 Wörten, von denen sich Menschen beleidigt fühlen, niemanden verletzen.

Sollte man jetzt auch alle Ausdrücke, die wir nicht mehr benutzen in alten Büchern, Liedern etc ändern? Das würde ich schon anders sehen. Das eigentlich widerliche Kinderbuch 'Struwwelpeter' ist aus dem Jahr 1845. Als Kinderlektüre ist es sicher absolut ungeeignet nach unserem Verständnis. Pädaogogisch hat es den Preis 'besonders verstörend' verdient. Also kann es bleiebn wie es ist, es ist ein Zeitzeugnis, kein Kinderbuch mehr.

Zu Gendersternchen habe ich allerdings gar keinen Bezug und ich halte es für völlig überflüssig, da jetzt nachzulegen.
Schon bei konsequenter Anwendung weiblicher und männlicher Formen können da Sprachmonster herauskommen wie:

Liebe Schülerinnensprecherinnen, liebe Schülersprecherinnen, liebe Schülerinnensprecher, liebe Schülersprecher....
da ist man doch schon eigenickt.
Dass wie bisher für eine heterogene Gruppe die männliche Version für die Gesamtgruppe verwendet wird, wird die Welt nicht zum Einsturz bringen, lieb Forenschreiber...

paranomal schrieb:Es ging aber um Negerküsse.

Mir ist immer noch nicht klar, warum man nicht warten kann, bis Begriffe aufgrund Nichtverwendung irgendwann aussterben.
Warum müssen Feldzüge veranstaltet werden, Bücher durchforstet und auf den moralischen Index gesetzt werden usw.usf.?
Von irrwitzger Sprachakrobatik mal ganz abgesehen. Anscheinend gehts wohl doch zum großen Teil um Sendungsbewußtsein und darum, andere erziehen zu wollen.

abberline schrieb:Genau das, Menschen mit realen Sorgen haben nämlich keine Zeit, um sich über so Kram Gedanken zu machen. Das ist ein reines Luxusproblem. Sowas gibt es nur, wenn es den Menschen gut geht und man krampfhaft etwas sucht, was man zum Problem machen kann

Das trifft dann auf die Gegner aber genau so zu.
Und damit kannst du das als "Argument" weg kürzen (wie bei Brüchen in der Mathematik).

Nullaussage quasi, aber danke trotzdem.

abberline schrieb:Das Wort ist nie böse gemeint.

Das ist völlig irrelevant, man kann rassistische Begriffe nicht wohl meinend benutzen und dann glauben, sie wären nicht mehr rassistisch.

abberline schrieb:Granatsplitter Kuchen ist ja auch nicht militaristisch.

Natürlich ist es das - aber das ist hier ot.

Vomü62 schrieb:Mir ist immer noch nicht klar, warum man nicht warten kann, bis Begriffe aufgrund Nichtverwendung irgendwann aussterben.

Weil es keinen Grund gibt damit zu warten, weil es nämlich keinen Grund gibt, rassistische Begriffe zu benutzen.
Außer natürlich man ist Rassist und will das so.

abberline schrieb:Und Negerkuss hab ich die Schoko Dinger noch nie genannt.

Wo ist dann das Problem? Warum irgendwelche Argumentationen konstruieren um einen Begriff zu retten, der keinen Mehrwert bringt und einem eigentlich eh egal ist?

Vomü62 schrieb:Mir ist immer noch nicht klar, warum man nicht warten kann, bis Begriffe aufgrund

Warum kann man das nicht bewusst vermeiden? Ich warte ja auch nicht darauf, dass mein Kind irgendwann von alleine aufhört in die Hose zu scheißen, sondern forciere und unterstützte das auf die Toilette gehen. Ich erwarte von allen Menschen die dazu in der Lage sind, sich eigenverantwortlich und reflektiert zu verhalten.

@Groucho
Ich schaffe das Luxusproblem ja nicht, sondern werde damit konfrontiert. Gemacht wird es von den berühmten Luxus Sprachklempnerinnen.
Den Granatsplitterkuchen nennen wir jetzt aber nicht auch mich um. Sonst wird die SchneeballSCHLACHT bei einigen auch noch militaristisch. Klingt fast wie Winterschlacht.
Und ja, ich kann die Begriffe wohlmeinend verwenden. Wenn sich jemand deswegen auf den Schlips getreten fühlt, obwohl ich ihn gar nicht anspreche, kann ich auch nichts für. Dann geh ich aber gerne mit demjenigen ein Bierchen trinken

abberline schrieb:In Dörfern ist es auch oft so, dass es für Leute aus dem Nachbardorf einen Namen gibt,

Ich bin zum Beispiel ein Fürstenkind :D Sehr schmeichelhafter Name.

capspauldin schrieb:Sprache darf niemanden ausgrenzen.

Grenzt es denn alles was PC als problematisch erklärt, Leute auch aus? Das ist ja die Frage. Zigeuner, Neger, Judenlümmel und Muselmann, Siesta-Schwester und Spagettifresser, Thommy-Kanister und Polacke - klar, dass das nicht in Ordnung geht.
Aber grenzt es jemanden aus, wenn ich generischen Maskulinum spreche? Das verneine ich entschieden. Die Leute entscheiden sich dazu, sich nicht angesprochen zu fühlen, und das ist ja deren Problem.

Groucho schrieb:Außer natürlich man ist Rassist und will das so.

Wer wirklich Rassist ist, wird solche Begriffe auch weiterhin verwenden. Und wer sie aus Gewohnheit, weil er z.B. damit aufgewachsen ist und sie seinerzeit noch nicht zu Unwörtern erklärt wurden, weiter verwendet, wird demnächst damit aufhören, sie zu verwenden.
Die nachfolgenden Generationen wiederum wachsen damit auf, das diese Begriffe nicht mehr verwendet werden, also warum nun erbittert dagegen kämpfen, wenn es demnächst sowieso erledigt ist?

sacredheart schrieb:hat die Umbenennung unserer Kultur geschadet? Natürlich nicht.

Eben. Das Problem ist halt, dass es noch immer erzreaktionäre Snowflakes gibt, die das von vielen unterstütze Vorhaben eines bewussteren Sprachgebrauchs als persönlichen Angriff empfinden oder sogar die große PC-Diktatur an die unsichtbare Wand pinseln.
Aud der anderen Seite gibt es dann Sprachhygieniker, die den Sinn und Zweck einer bewussteren Sprache vergessen haben und nur noch mit Assoziationsverboten arbeiten. Dabei bedienen sich beide Seiten derselben irrationalen Bauchgefühlslogik.

@Vomü62
Seh ich auch so. Capri Sonne wurde kürzlich umbenannt. Das wird für alle, die das seit 30 Jahren so kennen, immer Capri Sonne sein. Für Kinder, die mit dem neuen Namen aufwachsen, wird die neue Bezeichnung halt normal.
@EinElch
Donnerwetter, da stehst Du Dich aber gut. Andere Dörfer kommen nicht so gut weg😁

Vomü62 schrieb:Wer wirklich Rassist ist, wird solche Begriffe auch weiterhin verwenden.

Das ist genau der Grund war PC niemanden "erzieht", sondern nur bevormundet. Die mit dem entsprechenden Gedankengut, aus der Überzeugung heraus "Neger" zu verwenden, werden sich Thorben Hibiskus-Holundertee sicher nicht politisch korrekt beraten lassen. Frag mal einen Lasse Riechers, was es ihn kümmert.

Und alle anderen bekommen halt Rassismus unterstellt, obwohl sie es nicht sind. Teile ihrer Äußerungen waren es, aber das überträgt der geneigte PC-ler allzu gerne auf den Sprechenden.

abberline schrieb:Andere Dörfer kommen nicht so gut weg😁

Frag mal die Auetaler, wie die hier so genannt werden :D Da würde Thorben Birkenstock-Matetee aber im Quadrat springen.

abberline schrieb:Ich schaffe das Luxusproblem ja nicht, sondern werde damit konfrontiert.

Ja und was hindert dich daran das zu ignorieren?
Wer zwingt dich, hier darüber zu diskutieren?

Es ist ganz offenbar auch dein Luxusproblem, sonst würdest du dich ja wichtigeren Dingen zuwenden.

EinElch schrieb:Aber grenzt es jemanden aus, wenn ich generischen Maskulinum spreche?

Ja, natürlich: Frauen

Und das ist keine Meinung mehr, sondern durch eine Studie belegt:

Denn das "generische Maskulinum", so meinen noch immer viele, verankere im Deutschen die Regelung, dass für gemischtgeschlechtliche Gruppen das Maskulinum korrekt ist - da wüssten schon alle Bescheid, dass alle gemeint sind.

Und wie sie kann

Mit einer wasserdichten Argumentation führte kürzlich der deutsche Wissenschaftsblogger und Professor für anglistische Sprachwissenschaft an der Universität Hamburg Anatol Stefanowitsch überzeugend aus, dass das schlichtweg falsch ist.

Quelle: https://www.derstandard.at/story/1325485955099/gendersprache-man-meint-nicht-alle


Auch interessant:

https://scilogs.spektrum.de/sprachlog/sprache-diskriminiert/

Vomü62 schrieb:Die nachfolgenden Generationen wiederum wachsen damit auf, das diese Begriffe nicht mehr verwendet werden, also warum nun erbittert dagegen kämpfen, wenn es demnächst sowieso erledigt ist?

Weil wir nicht an diesem Punkt wären, wenn niemand etwas gesagt oder getan hätte.
Warum warten, wenn man Rassismus sofort beenden kann (bezogen auf das Benutzen bestimmter Wörter)?

@paranomal

Ich würde mich selbst in vielerlei Hinsicht als erzkonservativ bezeichnen, aber es zerstört unsere Sprache nicht, hier 2 Begriffe exemplarisch für noch einige mehr nicht mehr zu verwenden, die vor 40 Jahren noch in Verwendung waren. Wir verwenden ja auch andere Begriffe nicht mehr, die früher mal gang und gäbe waren. Ich führe zB auch kein 'Ferngespräch' mehr, der 'Drahtesel' ist namentlich außer Mode gekommen und in die 'Sommerfrische' fahren wir auch schon länger nicht mehr unter dieser Bezeichnung. Und eine whats app garniere ich auch schon länger nicht mehr mit dem kurzlebigen LOL. Beatmusik habe ich auch schon länger nicht gehört.

Wo hört für mich der Spaß denn auf?

Der würde zB da aufhören, wenn gefordert würde, dass der Weihnachtsmarkt nun Wintermarkt genannt werden müsse. Das habe ich als Forderung noch nie vernommen, allerdings haben einige ganz Vorauseilende das letztes Jahr schon selbst getan. Die Idee des Weihnachtsmarktes hat nun mal mit Weihnachten zu tun und nicht bloß damit, dass es kalt ist. Und es wird doch niemand ausgegrenzt. Wenn ich ins Ausland fahre, erwarte ich doch auch nicht, dass dort für mich alle kulturellen Bezüge entfernt werden, selbst wenn ich ins Ausland umziehe. Wenn ich ins Ausland reise, dann ja oft erst recht wegen der dortigen kulturellen Bezüge, die erfreulicherweise anders sind, als bei mir zu Hause.
Auf einen Weihnachtsmarkt ist ja auch jeder Andersgläubige eingeladen. Wir müssen uns nicht auf einen so kleinen Nenner zurückziehen, dass jeder Brauch auf das eingedampft wird, was allen Kulturen gemein ist.

Und wenn jemand möchte, dass ich Gendersternchen verwende, dann werde ich ihn / sie / es auslachen, aber aus Freundlichkeit anbieten, ihm / ihr / es eine Seite Sternchen zum Selbst Einfügen auszudrucken.

Groucho schrieb:Und das ist keine Meinung mehr, sondern durch eine Studie belegt:

Meine Frau hat sich durchs generische Maskulinum noch nie ausgegrenzt gefühlt. Studie widerlegt. Ich hab auch noch nie eine getroffen, bei der das der Fall war, und ich bin beruflich mit sehr vielen Leuten in Kontakt.

So funktioniert sowas nicht. Deswegen ist der ganze Genderstudies-Blödsinn auch nicht wissenschaftlich, da werden über die Emotionen beim Hören von Wörtern gefaselt, als ob alle Menschen wie Maschinen das Gleiche fühlen würden.

Ein Gefühl, auch nicht das Gefühl des sich-ausgegrenzt-fühlens ist nicht messbar und daher nicht wissenschaftlich quantifizierbar.

sacredheart schrieb:Ich würde mich selbst in vielerlei Hinsicht als erzkonservativ bezeichnen, aber es zerstört unsere Sprache nicht, hier 2 Begriffe exemplarisch für noch einige mehr nicht mehr zu verwenden, die vor 40 Jahren noch in Verwendung waren. Wir verwenden ja auch andere Begriffe nicht mehr, die früher mal gang und gäbe waren. Ich führe zB auch kein 'Ferngespräch' mehr, der 'Drahtesel' ist namentlich außer Mode gekommen und in die 'Sommerfrische' fahren wir auch schon länger nicht mehr unter dieser Bezeichnung. Und eine whats app garniere ich auch schon länger nicht mehr mit dem kurzlebigen LOL. Beatmusik habe ich auch schon länger nicht gehört.

Das entspricht so ziemlich meiner Betrachtung, auch wenn ich stets versuche, gerade die ungebräuchlichen Wörter nochmal zu verwenden. Spekuliereisen statt Brille ist jedenfalls in meinen festen Sprachgebrauch übergegangen.
Schön wäre es halt, wenn man Sprache leben und sterben ließe, ohne da Eugenik und Euthanasie zu betreiben. Der Mensch wird dem gesellschaftlichen Wandel folgend sein Vokabular anpassen, aber der Wandel folgt nicht dem Vokabular. Dann hast du nur Leute, die sich pc ausdrücken, wenn es jemand hören kann, aber bei erster Gelegenheit in den eigenen vier Wänden von Zigeunerverhurter Niggerscheiße sprechen, überzeichnet ausgedrückt.
Dann hast nur Leute, die aus Angst vor gesellschaftlichen Stigmata deine Agenda mittragen, aber keiner, der daran glaubt. Eher noch schürt es Ungerechtigkeit, wenn ich mich als "old, white, cis-male" beleidigen lassen muss, aber Plünderer in Seattle darf ich nicht als durchgeknallte Chimps bezeichnen.

@Groucho
Natürlich muss ich mich mit dem Gendergeschreibsel befassen, wenn ein Text so verschlimmert wird. Das Luxusproblem schaffen damit immer noch die hippen Sprachklempnerinnen mit zu wenig Hobbies, aber hochnäsiger Weltverbessererattutüde.
Und die Studie ist für die Tonne, die Frauen, die ich kenne sind eigentlich recht selbstbewusst und fühlen sich vom generischen Maskulinum (Donnerwetter) nicht unterdrückt. Das soll mal kommen, das Dingens da...

abberline schrieb:die Frauen, die ich kenne sind eigentlich recht selbstbewusst

Das ist der Punkt. Was für ein geringen Selbstwert muss ich denn haben, mich dann da hinzustellen und zu plärren "Aber ich wurde jetzt ja gar nicht angesprochen!"
Die meisten Frauen haben doch deutlich realere Probleme als das.