paxito schrieb:Das hat aber eher was mit Kognition zu tun - das kann Teil der Linguistik sein, aber berührt auch viele andere Fachgebiete.
Zunächst betrachte ich die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Worten, deren Bedeutung, deren semantischen Hintergrund, deren Wirkung usw als Linguistik.
Dass in dem Zusammenhang auch die Kognition mit rein spielt, ist klar. Sowas überlappt sich immer mal interdisziplinär. Immerhin geht es auch darum, was mit dem Wort aus welchem Grund assoziiert wurde. Trotzdem kann man das auch ganz gut trennen.
paxito schrieb:Yup. Schön das wir da endlich zu einem gemeinsamen Punkt gekommen sind. Das mit der Verwechslung ist aber nicht erschöpfend, da eben Stereotype und Ähnliches da eine erhebliche Rolle spielen, es gibt da also noch weitere bedenkenswerte Effekte. Die Verwechslung ist nur absolut eindeutig.
Was heißt endlich? Diese Position halte ich doch schon ne ganze Weile, dass das im linguistischen Sinne durchaus kohärent wirkt, auch wenn mir die Aussage zu Anfang nicht so richtig über die Tastatur gehen wollte, weil ich nicht sehen konnte, wie eine subjektive Wahrnehmung in Relation zu vielen verschieden Teilaspekten des ganzen Versuchsaufbaus derart verabsolutiert werden konnte, dass dann ein dickes und plumpes "gM ist objektiv diskriminierend" im Raum steht, obwohl der kausale Übergang von Linguistik zur Soziologie in dem Fall meiner Ansicht nach noch nicht abschließend geklärt wurde.
paxito schrieb:Sprechakte sind reales Miteinander, sind (auch) Teil der Soziologie. Da brauchen wir erstmal nicht nach weitergehenden Effekten zu fragen, sondern nur das Sprechen selbst als Handlung verstehen.
Hm, klar gibt es auch hier interdisziplinäre Überlappungen, trotzdem sehe ich nicht, wie die Tatsache, dass beim gM etwas weniger an Frauen gedacht wird, schon dazu ausreicht, dass man im sozialen Miteinander von einer Benachteiligung sprechen sollte.
Im Grunde gibt es für keine Gruppe einen Nachteil, nur weil man nicht ganz so häufig an sie denkt, wie an eine andere, oder sehe ich das falsch? Wo lässt sich da irgendein konkreter Nachteil bemessen? Im Stolz der Gruppe? Schwierig, Gruppen können sowas nicht kollektiv empfinden. Höchstens nur einzelne Vertreter, und die sind hier nicht maßgebend.
Weiß nicht.. wirkt auf mich halt nicht rund.
paxito schrieb:Du grenzt da Handlung von Sprache ab, da wirst du nur wenige finden, die dem zustimmen (siehe Sprechakttheorie). Eine Sprache zu nutzen, die immanent dazu führt das bestimmte Gruppen nicht genannt werden (in bestimmten Fällen, nicht grundsätzlich) ist eine Handlung, ist eine Ungleichbehandlung.
Theoretisch und rein semantisch betrachtet muss ich zustimmen. Jetzt fehlt mir aber der konkrete Bezug zur Lebenspraxis. Welche negativen Konsequenzen hat denn diese Ungleichbehandlung, die man mit einem anderen Sprachgebrauch nicht hätte? Das ist doch hier der eigentlich Punkt, warum es so schwierig erscheint von Diskriminierung im soziologischen Sinne zu sprechen.
paxito schrieb:Es zwingt dich ja niemand mit vorgehaltener Waffe das gM zu nutzen, du kannst das auch anders handhaben.
Entscheidest du dich aber - egal ob bewusst oder unbewusst - einen Sprachgebrauch zu pflegen, der Menschen nicht gleich behandelt, diskriminierst du damit eben (auch hier egal ob bewusst oder unbewusst).
Ja, rein semantisch klingt das wie gesagt kohärent, wenn man sich die Studien dazu ansieht. Praktisch hat es aber offenbar keine Bedeutung, weil es eben keinen Unterschied zu machen scheint, ob man gendert, oder das gM benutzt, welches auch für sich beansprucht neutral zu sein. Nur eben kognitiv den einen oder anderen Effekt aufweist. (auch nicht generell, sondern relativ zu bestimmten Worten)
Deshalb wirkt das allgemein ausgesprochene "gM diskriminiert" für mich doch etwas zu überhastet. Weil es einen Komplexen Sachverhalt so stark verkürzt, und auf dieses Schlagwort reduziert, dass letztlich dann irgendwas ganz schmuddeliges bei raus kommt, obwohl es das nicht wirklich ist, weil es ja faktisch niemanden benachteiligt.
paxito schrieb:Natürlich ist es ein erheblicher Unterschied ob du Frauen „nur“ unbewusst nicht nennst/mitdenkst oder ob du sie z.B. zwingst das Haus nicht ohne deine Begleitung zu verlassen oder Frauen grundsätzlich schlechter bezahlst als Arbeitgeber. Diskriminierung gibt es in sehr vielen Abstufungen und der gM ist sicher nicht „der Gipfel der Diskriminierung von Frauen“ - absolut nicht.
Es ist nicht nur nicht der Gipfel, sondern in meinem Dafürhalten so vernachlässigbar, dass es kaum die Bezeichnung verdient. Es benachteiligt offenbar niemanden, und nur daran sollte es sich messen lassen, ob es wirklich diesen gesellschaftlich stark belasteten Terminus "diskriminierend" wirklich verdient.
paxito schrieb:Es gibt einen Unterschied zwischen „ich weiß nicht“ und „das stimmt nicht“ - du kämpfst immer noch dafür deine Haltung „Das generische Maskulinum diskriminiert nicht“ irgendwie zu retten. Jetzt hebst du auf Soziologie ab, fein, gibt es einen Soziologen der sich ernsthaft mit den Auswirkungen des generischen Maskulinum befasst hat und zu diesem Ergebnis kam?
Das stimmt nicht.
;)Wenn ich für was einstehe, dann dafür, was man im weitesten Sinne unter "wahr oder falsch" zusammen fassen kann. Das hab ich immer betont, und mir ist völlig wurscht, ob sich der gM durchsetzt oder nicht. Ich halte diese Position, weil sie mir einfach mehr einleuchtet, als die anderen. Das ist alles.
Und .. ich weiß nicht.
Du müsstest das wissen, wenn du schon sowas postulierst, dass es eben auch unter Soziologen Konsens sein soll. Ich zweifle halt dran. Warum, hab ich mehrfach erklärt.
paxito schrieb:Die Auswirkungen eines bestimmten Sprachgebrauchs auf die soziale Wirklichkeit zu erforschen ist weder einfach noch eindeutig. Du hast da immer einen gegenseitige Bedingtheit drin. Wenn du beispielsweise viele Frauen dazu bringst einen bestimmten Beruf zu ergreifen, ändert sich die geschlechtsstereotype Belegung des Berufs und das verringert Missverständnisse beim generischen Maskulinum.
Eben. Das trägt alles zum Zweifel bei.
paxito schrieb:Aber auch da gibt es durchaus Forschungsergebnisse und einen bestimmten Wissensstand. Das unsere Sprache das Fundament unserer Wirklichkeit ist, ist ziemlich gut belegt. Da bedarf es keines expliziten Nachweises aller Konsequenzen des generischen Maskulinum im Deutschen. Zumindest für mich nicht.
Hm, wäre interessant, wenn man das hier auch mal prüfen könnte, worauf das alles aufbaut.
paxito schrieb:Bei deiner seltsamen Trennung von Linguistik und Soziologie zuletzt etwa. Das fließt in einander über und ist nicht klar zu trennen - pragmatische Linguistik und Sprachsoziologie sind jetzt nicht wirklich voneinander zu trennen.
Ich denke nicht, dass das ein Widerspruch zur Forschung ist.
Es gibt interdisziplinäre Überlappungen, und es gibt Phänomene die man einfach fachspezifisch getrennt voneinander betrachten kann. Solange es hier kein eindeutiges kausales Bindeglied zwischen der Linguistik und der Soziologie gibt, speziell eben auch in diesem Versuchsaufbau, kann man das auch gut isoliert betrachten.