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Der ALGII-/Bürgergeld-Thread

21.513 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Hartz IV, Sanktionen, BGE ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Der ALGII-/Bürgergeld-Thread

31.05.2022 um 19:48
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Zu sagen, dass psychisch kranke menschen eben "halt" alle bürokratischen hürden nehmen sollen um dann vielleicht nicht mehr als bösartige schmarotzer die es zu sanktionieren gilt zu gelten
Ich denke ein Gang zum Arzt ist für ein Kranker einfacher als zum JC und Antrag stellen.


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31.05.2022 um 19:51
Zitat von paxitopaxito schrieb:Eine Depression diagnostiziert dir auch der Hausarzt, zumindest als Verdacht. Der schreibt dich auch solange krank, bis die zum Therapeuten oder in eine stationäre Einrichtung kommst. Das ist wirklich nicht schwierig.
Der Diagnostiziert dir die, der therapiert dich aber nicht. Und die diagnose allein reicht nicht für eine arbeitsunfähigkeit. Der kann dich krank schreiben, aber den Therapieplatz musst du dir trotzdem selber holen, und das ist ein für diese leute oft nicht überwindbarer aufwand.
Wesentlich warscheinlicher ist, dass sie entweder nie therapiert werden, oder aus der therapie kommend direkt weiter vom jobcenter gegängelt werden, denn sie sind ja nicht arbeitsunfähig, wenn die nach 3 monaten dann wieder "geheilt" sind, kommt direkt das nächste angebot zur leiharbeit um die ecke.
Zitat von AbahatschiAbahatschi schrieb:Ich denke ein Gang zum Arzt ist für ein Kranker einfacher als zum JC und Antrag stellen.
Aber der gang zum hausarzt reicht eben nicht aus, damit das jobcenter dich nicht mehr behelligt. Und auch der fällt vielen schon nciht leicht.


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31.05.2022 um 19:59
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Der Diagnostiziert dir die, der therapiert dich aber nicht. Und die diagnose allein reicht nicht für eine arbeitsunfähigkeit. Der kann dich krank schreiben, aber den Therapieplatz musst du dir trotzdem selber holen, und das ist ein für diese leute oft nicht überwindbarer aufwand.
Wesentlich warscheinlicher ist, dass sie entweder nie therapiert werden, oder aus der therapie kommend direkt weiter vom jobcenter gegängelt werden, denn sie sind ja nicht arbeitsunfähig, wenn die nach 3 monaten dann wieder "geheilt" sind, kommt direkt das nächste angebot zur leiharbeit um die ecke.
@shionoro


Das stimmt einfach nicht. Der Hausarzt ist berechtigt eine AU auszustellen, die volle Gültigkeit hat, auch sie zu verlängern.

Und es gibt von den KK mittlerweile Stellen, die Dir die Suche nach einem Facharzt, wie es auch ein Psychiater ist, größtenteils abnehmen.
Das weiss wiederum auch der Hausarzt und kann darauf hinweisen.

In dringenden Fällen kann auch sehr zeitnah in Deutschland eine stationäre Therapie erfolgen.
Menschen, die schon durch ein einfaches Telefonat destabilisiert werden können, sind mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit so krank, dass das auch der richtige Weg wäre.

Und aus einer stationären Therapie heraus ist es deutlich einfacher, an eine ambulante Weiterbehandlung zu gelangen. Da hilft auch das KH oder dessen Sozialdienst.


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31.05.2022 um 20:09
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Der Diagnostiziert dir die, der therapiert dich aber nicht. Und die diagnose allein reicht nicht für eine arbeitsunfähigkeit.
Doch natürlich. Der bescheinigt dir eine Arbeitsunfähigkeit.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Der kann dich krank schreiben,
Sprich arbeitsunfähig.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:aber den Therapieplatz musst du dir trotzdem selber holen, und das ist ein für diese leute oft nicht überwindbarer aufwand.
Auch da hilft der Hausarzt in der Regel. Ist für das Amt aber erstmal egal ob du in Therapie bist oder nicht.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Wesentlich warscheinlicher ist, dass sie entweder nie therapiert werden, oder aus der therapie kommend direkt weiter vom jobcenter gegängelt werden, denn sie sind ja nicht arbeitsunfähig, wenn die nach 3 monaten dann wieder "geheilt" sind, kommt direkt das nächste angebot zur leiharbeit um die ecke.
Das stimmt so einfach nicht. Ob die nach einer stationären oder ambulanten Therapie arbeitsfähig sind entscheidet nicht das Amt, sondern der Haus- oder Facharzt. Die bescheinigen AU oder eben auch nicht.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Aber der gang zum hausarzt reicht eben nicht aus, damit das jobcenter dich nicht mehr behelligt.
Doch, das reicht völlig. Ich betreue doch genug Leute bei denen das über Jahre völlig klaglos funktioniert. Und bei psychischen Erkrankungen funktioniert das sogar besser als bei allen anderen.


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31.05.2022 um 20:11
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Das stimmt einfach nicht. Der Hausarzt ist berechtigt eine AU auszustellen, die volle Gültigkeit hat, auch sie zu verlängern.

Und es gibt von den KK mittlerweile Stellen, die Dir die Suche nach einem Facharzt, wie es auch ein Psychiater ist, größtenteils abnehmen.
Das weiss wiederum auch der Hausarzt und kann darauf hinweisen.

In dringenden Fällen kann auch sehr zeitnah in Deutschland eine stationäre Therapie erfolgen.
Menschen, die schon durch ein einfaches Telefonat destabilisiert werden können, sind mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit so krank, dass das auch der richtige Weg wäre.

Und aus einer stationären Therapie heraus ist es deutlich einfacher, an eine ambulante Weiterbehandlung zu gelangen. Da hilft auch das KH oder dessen Sozialdienst.
Moment, dass ein hausarzt krankschreiben kann, weiß ich. Worauf ich hinaus wollte, ist, dass es damit ja nicht getan ist. Der schreibt dich 2 Wochen krank oder in ausnahmefällen einen Monat.
Ich meinte hier eine Erwerbsunfähigkeit in dem Sinne, dass man aus dem Hartz 4 System rauskommt. Dafür reicht es nicht, wenn der Hausarzt dich krank schreibt, du giltst auch noch mit schwerer depression als arbeitsfähig, wenn davon auszugehen ist, dass du innerhalb von 6 monaten wieder 3 stunden am Tag arbeiten kannst.

Das heißt, ein schwer depressiver müsste entweder alle zwei wochen zum hausarzt gehen und sich allein darum kümmern, einen Therapieplatz zu kriegen (was schon gesunden sehr schwer fällt), oder er lässt das sein, weil er das nicht hinbekommt, aber dann ist ihm das Amt wieder im Nacken, denn dann hat er ja zu den Terminen zu gehen usw.

Dass es überhaupt bei leuten, die sich zu nichts mehr aufraffen können, zu einer ambulanten Therapie kommt, dann haben sie schon glück.
Zitat von paxitopaxito schrieb:Doch, das reicht völlig. Ich betreue doch genug Leute bei denen das über Jahre völlig klaglos funktioniert. Und bei psychischen Erkrankungen funktioniert das sogar besser als bei allen anderen.
Moment, erklär das mal genauer. Der Arzt schreibt dich krank, z.b. weil du eine depression hast. Und dann meldet sich das Jobcenter nicht mehr und du sitzt dann zu Hause, kannst dich in Ruhe um dein Leben kümmern, ohne dass du weiter tätig werden musst?


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31.05.2022 um 20:17
@paxito
@shionoro

Auch wenn es nur am Rande zum Thema Hartz IV gehört möchte ich allgemein davor warnen, sich mit einer selbst diagnostzierten Depression einfach abzufinden.

Es ist nicht so selten, dass dahinter bspw ein Schilddrüsen oder Hypophysenproblem steckt, das oft relativ leicht lösbar ist.

Jeder Verdacht auf eine schwerwiegende psychische Störung gehört körperlich und hgf psychaitrisch behandelt.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Das heißt, ein schwer depressiver müsste entweder alle zwei wochen zum hausarzt gehen
Schon mal vom Wunder der Postzustellung gehört?
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Moment, erklär das mal genauer. Der Arzt schreibt dich krank, z.b. weil du eine depression hast. Und dann meldet sich das Jobcenter nicht mehr und du sitzt dann zu Hause, kannst dich in Ruhe um dein Leben kümmern, ohne dass du weiter tätig werden musst?
Das ist grundsätzlich so und ist völlig rechtens. Bei begründeten Zweifeln kann das Amt theoretisch auf einer amtsärztlichen Verifizierung bestehen, kommt aber selten vor.


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31.05.2022 um 20:18
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Moment, erklär das mal genauer. Der Arzt schreibt dich krank, z.b. weil du eine depression hast. Und dann meldet sich das Jobcenter nicht mehr und du sitzt dann zu Hause, kannst dich in Ruhe um dein Leben kümmern, ohne dass du weiter tätig werden musst?
Sicher. Er kann dir auch Psychopharmaka verschreiben, verschiedene Therapieangebote machen, Überweisungen schreiben. Mit Zusatzqualifikation kann er auch therapeutische Gespräche führen.
Du rennst mit einer Depression ja nicht gleich zum Facharzt, hoffe ich zumindest. Und dabei ist es egal ob du arbeitslos oder arbeitend bist, das mit der Krankschreibung läuft immer gleich. Da hat niemand vom Amt mitzureden.


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31.05.2022 um 20:22
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Auch ein schwer depressiver gitl als arbeitsfähig.
Bitte belege diese Aussage.
Immer unter Berücksichtigung das durch einen Mediziner die Depression festgestellt wurde.


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31.05.2022 um 20:33
Zitat von paxitopaxito schrieb:Eine Depression diagnostiziert dir auch der Hausarzt, zumindest als Verdacht. Der schreibt dich auch solange krank, bis die zum Therapeuten oder in eine stationäre Einrichtung kommst. Das ist wirklich nicht schwierig.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Der Diagnostiziert dir die, der therapiert dich aber nicht. Und die diagnose allein reicht nicht für eine arbeitsunfähigkeit. Der kann dich krank schreiben, aber den Therapieplatz musst du dir trotzdem selber holen, und das ist ein für diese leute oft nicht überwindbarer aufwand.
Wesentlich warscheinlicher ist, dass sie entweder nie therapiert werden, oder aus der therapie kommend direkt weiter vom jobcenter gegängelt werden, denn sie sind ja nicht arbeitsunfähig, wenn die nach 3 monaten dann wieder "geheilt" sind, kommt direkt das nächste angebot zur leiharbeit um die ecke.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Moment, dass ein hausarzt krankschreiben kann, weiß ich. Worauf ich hinaus wollte, ist, dass es damit ja nicht getan ist. Der schreibt dich 2 Wochen krank oder in ausnahmefällen einen Monat.
Ich meinte hier eine Erwerbsunfähigkeit in dem Sinne, dass man aus dem Hartz 4 System rauskommt. Dafür reicht es nicht, wenn der Hausarzt dich krank schreibt, du giltst auch noch mit schwerer depression als arbeitsfähig, wenn davon auszugehen ist, dass du innerhalb von 6 monaten wieder 3 stunden am Tag arbeiten kannst.

Das heißt, ein schwer depressiver müsste entweder alle zwei wochen zum hausarzt gehen und sich allein darum kümmern, einen Therapieplatz zu kriegen (was schon gesunden sehr schwer fällt), oder er lässt das sein, weil er das nicht hinbekommt, aber dann ist ihm das Amt wieder im Nacken, denn dann hat er ja zu den Terminen zu gehen usw.

Dass es überhaupt bei leuten, die sich zu nichts mehr aufraffen können, zu einer ambulanten Therapie kommt, dann haben sie schon glück.
Also als Selbstbetroffener - Dein Hausarzt schreibt Dich so lange krank, wie es eben benötigt wird. Auch 3, 6 oder 9 Monate. Bis eben ein Therapieplatz da ist. Und ja, die Diagnose des Hausarztes mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist für alles ausreichend. BTW, Du musst einem Arbeitgeber noch nicht einmal mitteilen, weswegen Du arbeitsunfähig bist.

Ein schwer Depressiver muss auch nicht alle 2 Wochen zum Hausarzt, weil Hausärzte durchaus auch länger krankschreiben können. Aber - als schwer Depressiver - bist Du schon von Dir aus mindestens alle 2 Wochen beim Hausarzt um zu sehen wie es weitergeht.


Ich finde es immer ätzend wenn sich Leute ohne Wissen melden, weil Sie uns Depressiven einen Bärendienst aufbürden.


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31.05.2022 um 20:33
Zitat von paxitopaxito schrieb:Sicher. Er kann dir auch Psychopharmaka verschreiben, verschiedene Therapieangebote machen, Überweisungen schreiben. Mit Zusatzqualifikation kann er auch therapeutische Gespräche führen.
Du rennst mit einer Depression ja nicht gleich zum Facharzt, hoffe ich zumindest. Und dabei ist es egal ob du arbeitslos oder arbeitend bist, das mit der Krankschreibung läuft immer gleich. Da hat niemand vom Amt mitzureden.
Aber du musst die schon immer wieder erneuern. Ich kenne leute, bei denen lief das so, dass sie aus der klinik kamen und sich das amt direkt gemeldet hat, so vonwegen "jetzt bist du wieder gesund, auf auf".
Wenn man nicht gerade einen hausarzt hat, der einen einfach dauerkrankschreibt (und auch da müsste man dann immer wieder hinlaufen), dann wird sich das amt irgendwann wieder melden.

Ferner musst du ja trotzdem auch dich an die anderweitigen h4 regeln halten und die bürokratie betreiben. Du musst die entsprechenden Krankschreibungen und so dann ja auch immer wieder einschicken.
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Auch wenn es nur am Rande zum Thema Hartz IV gehört möchte ich allgemein davor warnen, sich mit einer selbst diagnostzierten Depression einfach abzufinden.

Es ist nicht so selten, dass dahinter bspw ein Schilddrüsen oder Hypophysenproblem steckt, das oft relativ leicht lösbar ist.

Jeder Verdacht auf eine schwerwiegende psychische Störung gehört körperlich und hgf psychaitrisch behandelt.
Wer sprach denn eigentlich von Selbstidagnose? Fakt ist aber, dass wesentlich mehr leute psychische krankheiten haben, als diagnostiziert ist.
Zitat von sacredheartsacredheart schrieb:Schon mal vom Wunder der Postzustellung gehört?
Also du denkst, ich geh einmal zum arzt, klage dem mein Leid, dass ich depressiv bin, und der wird mich dann, ohne mich anzuschauen, dauerkrankschreiben? So läuft das normalerweise nicht. Sonst müssten wir uns auch nicht über Sanktionen unterhalten, dann könnte das ja jeder, der nicht arbeiten will, einfach machen.

Der Punkt ist: Selbst überhaupt sich ihre psychische Krankheit diagnostizieren zu lassen fällt vielen psychisch kranken (auch denen, die kein h4 empfangen) schwer. Vor allem dann, wenn es keine so offensichtliche krankheit ist wie eine depression oder psychose, sondern ein burnout oder ähnliches.

Es gibt da viele Menschen, die leiden, die defintiiv nicht arbeiten könnten, schon gar nicht in irgendeinem Leiharbeit ausbeuter job, die aber als arbeitsfähig gelten und für die der bürokratische aufwand, sich hilfe zu holen oder überhaupt zu ihrem recht zu kommen, so nicht bewältigbar ist.
Zitat von GwyddionGwyddion schrieb:Bitte belege diese Aussage.
Hab ich ja schon mehrfach gemacht.
In der nächsten Stufe entsteht die Frage: Kann der Betroffene arbeiten? Selbst wenn deutlich wird, dass eine – mitunter schwere – psychische Erkrankung vorliegt, gelten erwachsene Arbeitslosengeld-II-Beziehende erst einmal als erwerbsfähig: Er oder sie kann und soll in Arbeit vermittelt werden, so will es das Gesetz.
Denn die Schwelle für Erwerbsfähigkeit liegt in Deutschland vergleichsweise niedrig: Als erwerbsfähig gilt, wer sofort oder absehbar – das heißt innerhalb der nächsten sechs Monate – auf dem normalen Arbeitsmarkt drei Stunden am Tag arbeiten kann. Wer also in sechs Monaten einen Depressionsschub überstanden hat, ist damit per definitionem erwerbsfähig. Eine Definition, die bis heute ein Streitpunkt zwischen Wissenschaft und Politik ist, beschreibt Forscher Kupka:
„Das war damals eine politische Entscheidung, die sehr weitreichend war, auch im internationalen Maßstab eine sehr geringe Schwelle. Und durch diese geringe Schwelle, mit der man vermeiden wollte, dass man Menschen, die eigentlich noch arbeiten können, in anderen Sozialsystemen parkt, hat man sich eben auch viele gesundheitliche Probleme, soziale Probleme in dieses SGB-II-System hineingeholt“.
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/psychisch-kranke-im-hartz-iv-system-im-dschungel-der-100.html


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31.05.2022 um 20:35
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Aber du musst die schon immer wieder erneuern. Ich kenne leute, bei denen lief das so, dass sie aus der klinik kamen und sich das amt direkt gemeldet hat, so vonwegen "jetzt bist du wieder gesund, auf auf".
Wenn man nicht gerade einen hausarzt hat, der einen einfach dauerkrankschreibt (und auch da müsste man dann immer wieder hinlaufen), dann wird sich das amt irgendwann wieder melden.
Jeder Mensch - wenn er aus dem Krankenhaus kommt - muss sich spätestens am nächsten Tag beim Arzt melden und ggfs eine Weiterführung der Krankschreibung beantragen. Egal welche Krankheit, egal welcher Vorfall.


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31.05.2022 um 20:38
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Aber du musst die schon immer wieder erneuern. Ich kenne leute, bei denen lief das so, dass sie aus der klinik kamen und sich das amt direkt gemeldet hat, so vonwegen "jetzt bist du wieder gesund, auf auf".
Dann hat der behandelnde Facharzt offensichtlich keine AU ausgestellt.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Wenn man nicht gerade einen hausarzt hat, der einen einfach dauerkrankschreibt (und auch da müsste man dann immer wieder hinlaufen), dann wird sich das amt irgendwann wieder melden.
Der Hausarzt kann dich über Monate krankschreiben, wenn das begründet ist. In dem Rhythmus solltest du bei vorliegender Erkrankung dann doch mal einen Arzt sehen.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Ferner musst du ja trotzdem auch dich an die anderweitigen h4 regeln halten und die bürokratie betreiben.
Welche Regeln sollen denn da jetzt Depressive oder psychisch Kranke unter Druck setzen?
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Du musst die entsprechenden Krankschreibungen und so dann ja auch immer wieder einschicken.
Ein netter Hausarzt übernimmt das evt. auch und die Digitalisierung erledigt das bald :)


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31.05.2022 um 20:40
@paxito
@cejar

Lasst uns doch mal auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Was ich meine, ist das hier https://www.focus.de/perspektiven/gesellschaft-gestalten/psychisch-krank-und-arbeitslos-kathrin-ging-an-hartz-iv-fast-zugrunde-jobcenter-wusste-nicht-wie-sehr-ich-kaempfe_id_12535264.html
Psychische Erkrankungen bei Langzeitarbeitslosen wie Kathrin Wißner stellen keine Ausnahme dar. Zwar stammen die letzten offiziellen Zahlen aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung aus dem Jahr 2013, doch nach Einschätzung des damaligen Studienautors Peter Kupka dürften der Anteil aktuell mindestens so hoch sein, wie er es 2012 gewesen ist: Damals stellten die Arbeitsmarktforscher bei mehr als einem Drittel der Hartz-IV-Empfänger innerhalb eines Jahres mindestens eine psychische Beeinträchtigung fest. Neben affektiven und neurotischen Störungen litten viele Arbeitslose unter Depressionen und seelisch bedingten körperlichen Leiden.

Doch auf Hilfe können viele der Betroffenen nur bedingt hoffen: Die Jobcenter, so Kupka, seien darauf ausgerichtet, ihre Kunden wieder in Arbeit zu bringen. Das heißt, die Kompetenz der Mitarbeiter liegt überwiegend in der Arbeitsvermittlung. Doch diese ist schwierig, wenn Arbeitslose zuerst eine Therapie brauchen, um wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden zu können.

„In einer weiteren Studie im Jahr 2017 haben wir zwei zentrale Probleme festgellt: Erstens sind die meisten Jobcenter-Angestellten überfordert, wenn es darum geht, psychische Erkrankungen zu erkennen. Zweitens, wenn die Jobcenter-Mitarbeiter die psychische Erkrankung bei ihrem Kunden bemerken, wissen viele nicht, wie sie damit umgehen sollen“, erklärt Peter Kupka FOCUS Online.

Auch spannend: "Ständige Geldnot führt zur Ausgrenzung" - Im Kampf gegen Hartz IV: Helena Steinhaus schenkt Familien in Krise 23.000 Euro

Geändert habe sich an dieser Situation auch drei Jahre später kaum etwas. So kommt es immer wieder zu Missverständnissen, wenn Jobvermittler beispielsweise depressive Hartz-IV-Empfänger sanktionieren, weil sie deren Antriebslosigkeit als null Interesse an einem Job interpretieren. Ähnlich war es auch bei Kathrin Wißner. „Viele Menschen, die psychisch erkrankt sind, können nicht mal mehr ihre Post öffnen“, sagt die 43-Jährige. „Das Jobcenter wusste ganz lange nicht, wie sehr ich mit meinen Depressionen zu kämpfen hatte.“

Hartz IV: Für psychische Erkrankungen gibt es kaum arbeitsmarktpolitische Instrumente
Doch die Schwierigkeiten liegen nicht nur beim Erkennen der Problematik selbst, sondern setzen sich auch in der weiteren Betreuung und der Zuweisung passender Maßnahmen fort. „Was fehlt, sind geeignete arbeitsmarktpolitische Instrumente. Also etwa, dass Betroffene lernen, wie sie besser mit Stress umgehen oder ihre Grenzen kennenlernen“, so Kupka. Zwar würden das Fallmanagement und gegebenenfalls die Beratung durch Reha-Fachkräfte gute Ansätze bieten, doch ausreichen würde das nicht, sagt der Forscher.

So stünden auch für psychisch Erkrankte Rehamaßnahmen zur Verfügung, doch diese seien nicht immer für die betroffenen Hartz-IV-Empfänger geeignet. Die Fallmanager hingegen kümmerten sich zwar intensiver als die reinen Arbeitsvermittler um Arbeitslose in schwierigen Lebenssituationen, doch angesichts der hohen Quote an psychischen Erkrankungen bei Hartz-IV-Empfängern gebe es nicht genug Personal.

Für den Arbeitsmarktforscher steht fest: „Bei akuteren psychischen Problemen wäre es sinnvoll, wenn man Betroffene in multiprofessionellen Teams - zum Beispiel aus Jobcentern und Kliniken - betreuen könnte. Also wenn etwa Sozialarbeiter, Psychologen und Ergotherapeuten explizit konkrete Hilfestellungen zum Thema Arbeit und Beschäftigung leisten.“ Zumindest aber sollte es, so Kupka, bessere Kontakte zwischen den Jobcentern und Einrichtungen für psychische Erkrankungen geben.
Es kommt einfach de facto häufig zu missverständnissen, die zu gängelung oder sogar sanktionen gegen psychisch kranke menschen führen, weil das jobcenter damit nicht umgehen kann. Jetzt einfach defacto, als realität, das ist so, dass das passiert.

Und aus demselben link:
Viele Langzeitarbeitslose wüssten nämlich überhaupt nicht, wo und wie sie sich Hilfe holen können. Das Psychosoziale Coaching soll vor allem eine Schnittstelle zwischen dem Versorgungssystem und den Jobcentern sein, damit psychisch kranke Menschen überhaupt erstmal eine Behandlung erhalten. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass rund drei Viertel der psychisch erkrankten Langzeitarbeitslosen nicht in adäquater Behandlung sind, obwohl sie eine psychische Erkrankung haben“, so Hegerl.
DREI VIERTEL sind nicht in adäquater behandlung. So einfach scheint es wirklich nicht zu sein, wenn 3/4 keine adäquate psychische Behandlung haben. Sanktioniert werden sie bei Fehlverhalten trotzdem.


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31.05.2022 um 21:07
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Es kommt einfach de facto häufig zu missverständnissen, die zu gängelung oder sogar sanktionen gegen psychisch kranke menschen führen, weil das jobcenter damit nicht umgehen kann.
Das ist ja auch nicht ihr Job, weder Diagnose noch Therapie.
Das es bei undiagnostizierten Depressiven zu Missverständnissen kommt gilt jetzt beileibe nicht nur für Arbeitslose, auch wenn es dort natürlich ganz eigene Probleme gibt.
Die Gängelung geschieht zumindest nicht wegen der psychischen Erkrankung, sondern eben aus der nicht vorhandenen Diagnose. Das wäre bei jeder anderen Erkrankung nicht anders.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Jetzt einfach defacto, als realität, das ist so, dass das passiert.
Das Depressionen selbst von Betroffenen oft nicht erkannt werden? Klar, kann ich ein Lied von singen. Ist immer noch stigmatisiert. Ist aber eine Diskussion die eher in den Depressionsthread gehört.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:DREI VIERTEL sind nicht in adäquater behandlung. So einfach scheint es wirklich nicht zu sein, wenn 3/4 keine adäquate psychische Behandlung haben.
Die Zahlen überraschen mich nicht, je prekärer die Situation desto seltener Therapie und Diagnose. Das hat mit dem Gesundheitssystem zu tun.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Sanktioniert werden sie bei Fehlverhalten trotzdem.
Klar, wer im Amt sollte das denn auseinander halten? Und auch für Depressive gilt natürlich keine Narrenfreiheit, nur weil sie depressiv sind.


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31.05.2022 um 21:27
Zitat von paxitopaxito schrieb:Klar, wer im Amt sollte das denn auseinander halten? Und auch für Depressive gilt natürlich keine Narrenfreiheit, nur weil sie depressiv sind.
So zum Beispiel, aus dem Link:
Eines der zentralen Ziele des Psychosozialen Coachings sei es daher, zuerst einmal zu prüfen, ob bei den Langzeitarbeitslosen eine unbehandelte psychische Erkrankung vorliegt. Im Anschluss beraten und unterstützen Psychologen Betroffene dann im Sinne einer Lotsenfunktion bei der Aufnahme einer regulären Behandlung.

Hegerl kritisiert ebenso wie der IAB-Forscher Peter Kupka, dass psychologische Unterstützung bislang zu wenigen Jobcentern angeboten werde. „Wir haben uns die Frage gestellt, wieso dieses große Thema nicht angegangen wird. Grund dafür sind Unsicherheiten beim Umgang mit psychischen Erkrankungen und die voreilige Annahme, dass diese Folge der langen Arbeitslosigkeit sind. Man brauche also nur eine Arbeit und schon würde alles besser. Das ist aber nicht so. Sehr häufig besteht ein umgekehrter Zusammenhang: Depression und andere psychische Erkrankungen führen zu Arbeitslosigkeit und erschweren den Weg zurück ins Berufsleben“, sagt Hegerl.

Psychosoziale Coaching ist bislang in 9 Jobcentern etabliert
Nach Aussage der Deutschen Depressionshilfe habe sich das Psychosoziale Coaching bereits als wirkungsvolles Instrument erwiesen, das zahlreichen betroffenen Langzeitarbeitslosen nachweislich einen Wiedereinstieg in das Arbeitsleben ermöglicht. Bislang ist das Konzept allerdings in nur sechs Jobcentern in Deutschland umgesetzt worden, drei weitere sollen 2021 starten. Der Grund: Mit dem Angebot bewegen sich die Behörden auf rechtlich unsicherem Gelände, weil diese Beratung keine klassische Arbeitsmarktmaßnahme ist. Das macht die Finanzierung schwierig.

Dennoch hat Hegerl die Hoffnung bislang noch nicht aufgegeben, dass die Bundesregierung das Potenzial des psychosozialen Coachings erkennt – und wünscht sich eine langfristige Unterstützung des Projekts.
Was soll daran das große Problem sein? Man kann ja bei den Härtefällen anfangen, dann stecken auch immer weniger Leute im hartz 4 System fest oder bekommen eben die adäquate Hilfe.


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01.06.2022 um 00:29
@shionoro
Da geht es darum, das ausgebildete Psychologen das in einem Coaching Verfahren ermitteln und ggf. zu medizinischer Hilfe weiterleiten.
Sicher nicht völlig verkehrt, aber Psychologen wachsen nicht an Bäumen und sind nicht billig. Zudem fehlen die dafür nötigen Therapieplätze (allein mit der Diagnose ist niemandem geholfen). Keine Ahnung wieviel sowas kosten würde, vermutlich viel, vom fehlenden Personal mal abgesehen.
Da steckt eher unser grundsätzliches Problem im Gesundheitssystem dahinter, als eine Benachteiligung von Harzis. Eine mangelnde Sensibilität für psychische Erkrankungen in der Gesellschaft kommt noch oben rauf.
Kann man dran arbeiten und drüber reden, sprengt aber hier den Rahmen. Die Probleme vor denen da ein Arbeitsloser steht unterscheiden sich aber am Ende kaum von Arbeitenden.


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01.06.2022 um 00:52
@paxito

Aber aus welchem Grund sollten wir sanktionieren, wenn wir wissen, dass wir oft solche Menschen damit treffen aber ganz offenbar die Sanktionen keinerlei positive Effekte auf die Zahl der Beschäftigten haben?
Wir schädigen Menschen ohne jeglichen Nutzen.

Wenn man jemandem nicht helfen kann (oder es einem zu aufwändig ist, dass zu tun), kann man doch wenigstens davon absehen, menschen zu schaden. Dann hätte man vllt auch mehr kapazitäten, um zu helfen.


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01.06.2022 um 08:26
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Aber aus welchem Grund sollten wir sanktionieren
Dieser Satz wiederholt sich hier seit Tagen in fast jedem Post.
Der ALG2 Antrag ist an Bedingungen verknüpft, diese sind einzuhalten.
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Wenn man jemandem nicht helfen kann (oder es einem zu aufwändig ist, dass zu tun), kann man doch wenigstens davon absehen, menschen zu schaden.
Siehe Krankmeldung - für die anderen wäre sanktionsfreiheit ein Freifahrtschein.
Ich kann Dir in Bezug auf Gesetzen, Regeln und Sinn nur mit Analogien dienen: warum sollen wir jemanden bestrafen der 150km/h in der Stadt gefahren ist wenn nichts passiert ist?


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01.06.2022 um 08:32
Zitat von shionoroshionoro schrieb:Aber aus welchem Grund sollten wir sanktionieren, wenn wir wissen, dass wir oft solche Menschen damit treffen aber ganz offenbar die Sanktionen keinerlei positive Effekte auf die Zahl der Beschäftigten haben?
Ich bin kein Fan von Sanktionen, aber es kann kein Argument sein, das der Sanktionierte vielleicht unter einer unentdeckten Krankheit leidet die für sein Fehlverhalten verantwortlich ist. Das gilt nämlich immer, bei jeder Sanktion. Dafür gibt es im Ernstfall den Rechtsweg.
Eine andere Frage ist die Effektivität. Ich bin Pragmatiker, wenn Sanktionen nicht die gewünschte Wirkung haben gehören sie abgeschafft. Nur um damit eine „Haltung“ zu beweisen muss man keine Menschen drangsalieren. Sieht aber N. Blome beim Spiegel z.B. ganz anders:
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/aussetzung-der-hartz-iv-sanktionen-hartz-und-haltung-kolumne-a-5b0bbf58-5ac0-4be5-bece-aeccd053af88
Zitat von AbahatschiAbahatschi schrieb:Dieser Satz wiederholt sich hier seit Tagen in fast jedem Post.
Der ALG2 Antrag ist an Bedingungen verknüpft, diese sind einzuhalten.
Das kann man ja ändern, wenn man wollte. Vor allem wenn es nix bringt oder nicht das, was es soll.
Zitat von AbahatschiAbahatschi schrieb:Siehe Krankmeldung - für die anderen wäre sanktionsfreiheit ein Freifahrtschein.
Bisschen übrig sind diese AUs fürs Amt schon, dafür muss man nur alle 4, 8 Wochen zum Arzt laufen und dem irgendwas erzählen. Der Arzt muss dem Patienten glauben. Wer also bewusst eine Krankheit erfindet um nicht arbeiten zu müssen, der kommt damit problemlos durch.
Gelackmeierte sind jene die aus welchen Gründen auch immer nicht so einfach zum Arzt kommen. Würde man das ersatzlos streichen, würde sich wahrscheinlich nicht eine Seele mehr arbeitslos melden. Zumindest keine nennenswerte Anzahl.


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01.06.2022 um 08:34
Zitat von AbahatschiAbahatschi schrieb:warum sollen wir jemanden bestrafen der 150km/h in der Stadt gefahren ist wenn nichts passiert ist?
Achja, wenn er das z.B. wegen irgendeiner schweren psychischen Erkrankung macht, Wahnvorstellungen oder so, dann wird er nicht bestraft.


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