paxito schrieb:Sicher. Er kann dir auch Psychopharmaka verschreiben, verschiedene Therapieangebote machen, Überweisungen schreiben. Mit Zusatzqualifikation kann er auch therapeutische Gespräche führen.
Du rennst mit einer Depression ja nicht gleich zum Facharzt, hoffe ich zumindest. Und dabei ist es egal ob du arbeitslos oder arbeitend bist, das mit der Krankschreibung läuft immer gleich. Da hat niemand vom Amt mitzureden.
Aber du musst die schon immer wieder erneuern. Ich kenne leute, bei denen lief das so, dass sie aus der klinik kamen und sich das amt direkt gemeldet hat, so vonwegen "jetzt bist du wieder gesund, auf auf".
Wenn man nicht gerade einen hausarzt hat, der einen einfach dauerkrankschreibt (und auch da müsste man dann immer wieder hinlaufen), dann wird sich das amt irgendwann wieder melden.
Ferner musst du ja trotzdem auch dich an die anderweitigen h4 regeln halten und die bürokratie betreiben. Du musst die entsprechenden Krankschreibungen und so dann ja auch immer wieder einschicken.
sacredheart schrieb:Auch wenn es nur am Rande zum Thema Hartz IV gehört möchte ich allgemein davor warnen, sich mit einer selbst diagnostzierten Depression einfach abzufinden.
Es ist nicht so selten, dass dahinter bspw ein Schilddrüsen oder Hypophysenproblem steckt, das oft relativ leicht lösbar ist.
Jeder Verdacht auf eine schwerwiegende psychische Störung gehört körperlich und hgf psychaitrisch behandelt.
Wer sprach denn eigentlich von Selbstidagnose? Fakt ist aber, dass wesentlich mehr leute psychische krankheiten haben, als diagnostiziert ist.
sacredheart schrieb:Schon mal vom Wunder der Postzustellung gehört?
Also du denkst, ich geh einmal zum arzt, klage dem mein Leid, dass ich depressiv bin, und der wird mich dann, ohne mich anzuschauen, dauerkrankschreiben? So läuft das normalerweise nicht. Sonst müssten wir uns auch nicht über Sanktionen unterhalten, dann könnte das ja jeder, der nicht arbeiten will, einfach machen.
Der Punkt ist: Selbst überhaupt sich ihre psychische Krankheit diagnostizieren zu lassen fällt vielen psychisch kranken (auch denen, die kein h4 empfangen) schwer. Vor allem dann, wenn es keine so offensichtliche krankheit ist wie eine depression oder psychose, sondern ein burnout oder ähnliches.
Es gibt da viele Menschen, die leiden, die defintiiv nicht arbeiten könnten, schon gar nicht in irgendeinem Leiharbeit ausbeuter job, die aber als arbeitsfähig gelten und für die der bürokratische aufwand, sich hilfe zu holen oder überhaupt zu ihrem recht zu kommen, so nicht bewältigbar ist.
Gwyddion schrieb:Bitte belege diese Aussage.
Hab ich ja schon mehrfach gemacht.
In der nächsten Stufe entsteht die Frage: Kann der Betroffene arbeiten? Selbst wenn deutlich wird, dass eine – mitunter schwere – psychische Erkrankung vorliegt, gelten erwachsene Arbeitslosengeld-II-Beziehende erst einmal als erwerbsfähig: Er oder sie kann und soll in Arbeit vermittelt werden, so will es das Gesetz.
Denn die Schwelle für Erwerbsfähigkeit liegt in Deutschland vergleichsweise niedrig: Als erwerbsfähig gilt, wer sofort oder absehbar – das heißt innerhalb der nächsten sechs Monate – auf dem normalen Arbeitsmarkt drei Stunden am Tag arbeiten kann. Wer also in sechs Monaten einen Depressionsschub überstanden hat, ist damit per definitionem erwerbsfähig. Eine Definition, die bis heute ein Streitpunkt zwischen Wissenschaft und Politik ist, beschreibt Forscher Kupka:
„Das war damals eine politische Entscheidung, die sehr weitreichend war, auch im internationalen Maßstab eine sehr geringe Schwelle. Und durch diese geringe Schwelle, mit der man vermeiden wollte, dass man Menschen, die eigentlich noch arbeiten können, in anderen Sozialsystemen parkt, hat man sich eben auch viele gesundheitliche Probleme, soziale Probleme in dieses SGB-II-System hineingeholt“.
Quelle:
https://www.deutschlandfunk.de/psychisch-kranke-im-hartz-iv-system-im-dschungel-der-100.html