Optimist schrieb:Furchtbar. Überlegen die sich denn nicht, was das für Langzeitfolgen hat?
Du als Ehrenamtlicher - wenn du das den Verantwortlichen sagen würdest (wie gesagt im Hinblick auf Kriminalität und Radikalisierung), was würden die wohl entgegnen?
Ich nehme an, das kommt auf deren Parteizugehörigkeit oder sonstig auf ihr ideologisches Weltbild bzw. ihre Einstellung an. Und sicherlich auch auf ihre Karriereambitionen. Sind heikle Themen, da kann man sich die Finger verbrennen und den eigenen Lebenslauf zu Grabe tragen. Auch als Ehrenamtlicher, der solche Dinge besprechen will.
Optimist schrieb:und interessiert die das wirklich und führt das dann auch zu Veränderungen?
Flüchtlinge haben ein halbes Jahr und länger in der Erstaufnahme meiner Heimatstadt gelebt, dann haben die Verantwortlichen mitgeteilt, im Interesse aller wird das so möglichst nicht mehr passieren. 2-3 Monate, von Ausnahmen (Transfer verpasst etc.) abgesehen. Unter anderem ging es schon darum, wurde hinter vorgehaltener Hand gesagt, dass die vorkommende emotionale Bindung oder der enge Draht zwischen haupt und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern sowie Flüchtlingen rechtzeitiger unterbrochen werden soll. Die Helferinnen und Helfer sollen sich nicht mehr an die Leute gewöhnen und Flüchtlinge wie besprochen eben nicht an einen Alltag mit Struktur und Halt. Damit sie bei schlechter Bleibeperspektive eben einfacher und zügiger abgeschoben werden können. Und wenn wir beim Thema sind, ist das wahrscheinlich auch wieder ne Kostenfrage, der Staat will möglichst kein Geld investieren in Leute, die das Land alsbald nach geltendem Recht verlassen sollen.
Aber der springende Punkt wie du schreibst ist ja, sie sind da. Solange sie da sind, muss man sich ja um sie kümmern, sie brauchen Betreuung, sonst entstehen gerade erst recht soziale Probleme.
Veränderungen gibt es also schon, die Verantwortlichen sind durchaus vor Ort und entscheiden dann, wie es weiter gehen soll. Manchmal sind es positive Entscheidungen, manchmal eben auch kritisierbare.
Optimist schrieb:Wäre schön, wenn sich auch mal Politiker vor Ort interessieren würden, damit die nicht immer am "grünen Tisch" ohne Praxisbezug über die Köpfe hinweg entscheiden, oder?
Politiker selbst sind ja in den Flüchtlingsunterkünften unterwegs. Nicht gerade Ministerpräsident und Minister/innen, die nur selten mit Fernsehteams dann etc. Aber Landtagsabgeordnete und Kommunalpolitiker, die in vielen Fragen ja auch Entscheider sind, lernen schon den Praxisbezug kennen.
Unter vier Augen lässt sich vieles einfacher bersprechen, passiert öfters. Die Flüchtlingshilfe ist ja auch kein hochideologischer Betrieb. Viele Einstellungen von Helfer/innen sind genau genommen grenzwertig. Oder pragmatisch, wie Mensch das eben interpretieren möchte. Videoaufnahmen sind aber aus guten und vielen Gründen von internen Vorgängen aus Flüchtlingsunterkünften nicht gestattet.
Zum Beispiel auf den letzten Seiten, prügelnde Security. Es gibt Dinge, da muss man mit der eigenen Wortwahl vorsichtig sein. Es gibt Security, die sind nicht richtig in ihrem Job oder haben eine falsche Einstellung zu ihrem Job. Es gibt aber auch Mentalitätenunterschiede zwischen den Kulturen, bei denen abgewägt werden muss zwischen diplomatischer Konfliktlösung und aggressiver Konfliktlösung bei Streitigkeiten. Wenn die einen durch ihre Sozialisation die diplomatische Konfliktlösung gewohnt sind, und die anderen eine aggressivere Konfliktlösung, muss man sich zwangsweise in der Mitte treffen. Eine Spur Aggression für etwaige Situationen mitbringen gehört im Bereich der Flüchtlingshilfe leider schon dazu. Oder zumindest Durchsetzungsvermögen.
Die Security vor Ort müssen sich durchsetzen, das ist ihr Auftrag, sich durchzusetzen. Haben aber keine polizeilichen Befugnisse und keine entsprechende Ausbildung, obwohl sie quasi polizeiliche Aufgaben erledigen müssen im Bereich der Flüchtlingshilfe.
Wie mit manch aggressiven Flüchtlingen umzugehen ist, ist ja auch so in der Schwebe. Die Bundeswehrsoldaten, die in Flüchtlingsunterkünfte entsendet wurden, hatten den Befehl sich bei Gefahrenlage in einem Raum einzuschließen und still zu halten, bis die Polizei sie da raus holt. Helferinnen und Helfer haben genauso einen sicheren Sammelpunkt bzw. eine Vorgabe, was bei einer Gefahrenlage zu tun ist. Bei den Security bin ich mir aber nicht sicher. Das heißt, der Druck dürfte groß sein, auch noch bei der Bezahlung, die ja nicht gut sein soll. Mir persönlich hat mal ein Security gesagt, ihm tut es manchmal schon Leid, wie er sich verhält. Aber wie soll er sich als quasi Autoritätsperson sonst durchsetzen. Ich hatte ihn dabei beobachtet, wie er Kinder angebrüllt und gegen den Fahrradreifen eines der Kinder getreten hat und hab mit ihm darüber geredet.
Was aber nichts relativieren soll, so wie sich manche Security verhalten, gewalttätig, geht gar nicht.