Atrox schrieb:Die Problematik sind private vs staatliche Seenotretter, denke ich. Private bewegen sich rechtlich eben auf relativ dünnem Eis, wenn ich die Situation richtig einschätze.
Da sie genauso wie staatliche Seenotretter keine Gegenleistung verlangen, kann man ihnen keine Schlepperei vorwerfen.
Atrox schrieb:Nein, ich würde eine zentrale EU Infrastruktur schaffen, die sich nur damit beschäftigt, die Anträge anzunehmen und weiterzuleiten. Ggf. die Identitätsprüfung zu übernehmen und eine Prognose auszusprechen.
Das klingt sinnvoll, aber da alle EU-Staaten noch unterschiedliches Asylrecht haben, müsste man dann erstmal das Asylrecht vereinheitlichen.
Atrox schrieb:Es gibt mittlerweile Online-Verfahren mit denen das geht. Da machst du einen Webcam-Anruf und hältst denen Ausweis in die Kamera. Rechtlich steht das auf sicheren Füßen. So habe ich erst vor kurzem bei einer Direktbank ein Aktiendepot eröffnet. Es geht unheimlich schnell und ein weiterer Vorteil wäre, dass nicht mehr soviele Pässe verloren gehen.
Dass tatsächlich viele Flüchtlinge keinen Pass haben, weil man den nicht in jedem Land bei sich tragen muss und man sich bei Behörden verdächtig macht, wenn man einen beantragt, das ist das persönliches Pech?
Und wie sieht es damit aus, dass der IS in Mossul Blanko-Pässe erbeutet hat?
Ich halte das Verfahren für zu unsicher.
Atrox schrieb:Ich hoffe, dass Deutschland in den nächsten Jahren auch in der Gegenwart ankommt, was die Digitalisierung angeht. Gilt auch für "die anderen" Leistungen.
Ich hoffe, dass es immer noch möglich sein wird, sich auch ohne Computer und digitale Identifikation auszuweisen und Leistungen zu erhalten.
Gwyddion schrieb:Wieso Juristen? BAMF Mitarbeiter können doch vor Ort entscheiden. Wer macht das denn hier sonst?
Es wurde vorgeschlagen, dass auch der Einspruch gegen den Bescheid in den Lagern erledigt werden kann, und dazu braucht man Juristen.
Oder sollen die von Deutschland aus über Leute in Lagern entscheiden, die Tausende Kilometer entfernt sind?
Optimist schrieb:Ja, diese Nachteile nehmen die offensichtlich in Kauf. Der Effekt scheint nun aber zu sein, dass dort weniger hin wollen als zu uns. Niederlande hat sein Ziel somit erreicht.
Es kommen weniger, aber die Probleme bleiben, Hunderte sind obdachlos und ohne staatliche Leistung im Land. Was ist daran besser?
Optimist schrieb:Weshalb hört man nichts, dass die Niederlande für ihre strengere Asylpolitik gerügt wird (habe jedenfalls seitens der Medien noch nichts gehört, auch noch nicht von Institutionen in Europa)?
Es geht also auch SO - weshalb kann (oder darf?) sich dann D kein Beispiel an dieser Asylpolitik nehmen, wenn sie doch offensichtlich etwas bewirkt - in dem Sinne, dass weniger Unberechtigte dort hin wollen als nach D?
mr.big schrieb:ich habe bis jetzt aber noch nichts gelesen, wie scheiße unmoralisch und menschenverachtend norwegen doch sein muss.
Die Kritik steht in dem Artikel, den Du verlinkt hast, Du hast es sogar zitiert:
Wer sich nach dem Asylverfahren als nicht schutzberechtigt herausstellt oder straffällig wird, muss fest mit seiner Abschiebung rechnen – selbst wenn er aus dem Bürgerkriegsland Afghanistan kommt.
Von Anfang Januar 2015 bis Ende Juni 2018 hat Norwegen die Asylanträge von 3670 Afghanen abgelehnt. Von ihnen wurden 796 Asylbewerber in ihr Herkunftsland abgeschoben, wie das dortige Polizeiministerium WELT mitteilt. Das entspricht einer Abschiebungsquote von 22 Prozent.
Und hier mehr davon, in der Süddeutschen:
In Norwegen gilt kein Afghanistan-Moratorium, große Teile des Landes sind nach Ansicht der norwegischen Behörden sicher, auch die Hauptstadt Kabul. Afghanen haben nur sehr geringe Chancen auf Asyl in Norwegen; und im Gegensatz zu Deutschland schieben die norwegischen Behörden auch Familien mit Kindern nach Kabul ab.
https://www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlinge-aus-afghanistan-abschiebung-ueber-umwege-1.3560069Dass es Landstriche gibt, die sicher sind, ist nun also ein Grund ein Land, in dessen Hauptstadt fast wöchentlich Bombenanschläge stattfinden, als "sicher" einzustufen?
Optimist schrieb:Und zu meinem Argument, dass die Niederlande nicht als rechtslastig bekannt sind, gibts nun auch keinen Kommentar.
In den Niederlanden gilt der abgelehnte Asylbewerber auch dann als illegal, wenn eine Rückkehr in sein Land unmöglich ist – in Deutschland würde er immerhin geduldet.
Auch Obdachlosenheime stehen illegalen Ausländern in den Niederlanden nicht zur Verfügung. Was bleibt, sind die raren Unterkünfte von Hilfsorganisationen oder Privatpersonen.
https://www.greenpeace-magazin.de/ungeduldetIn der Studie, die ich gestern verlinkte, wird ausdrücklich die politische Wende aufgrund der Rechtspopulisten in den Niederlanden beschrieben.
Kritik findet man zuhauf im Netz, an den Niederlanden ebenso wie an Norwegen. Allerdings in Artikeln, die sich etwas eingehender mit dem Thema befassen, als nur die Zahlen "erfolgreicher" Ablehnungen aufzulisten, als wäre es ein Qualitätsmerkmal, wenn viele Asylbewerber abgelehnt werden - so als wäre das Jobcenter erfolgreich, wenn es viele Anträge ablehnt.
Leute ohne staatliche Unterstützung und Obdach auf die Straße zu setzen, selbst wenn sie nicht abgeschoben werden können, das wäre bei den ungleich viel mehr Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen, eine Lunte am Pulverfass. Den Zustand muss man wohl nicht erst ausmalen, oder?
Grundsätzlich ist aber Deine Frage falsch gestellt, denn kein Land sollte Gesetze ändern oder belassen, nur weil es um sein Ansehen fürchtet. Dann würden wir vom Populismus regiert.
Das Asylrecht ist in Deutschland nicht deshalb so, weil jemand Angst hat, als "rechts" bezeichnet zu werden, sondern weil unsere Rechtslage, unsere Behörden und Politik so sind.
Man kann sich andere Länder zum Vorbild nehmen, sollte das aber entsprechend der eigenen Gegebenheiten wohl überdenken.