Asylgesetzgebung: Muss sie angepasst werden?

Abahatschi schrieb:Geile Wertegemeinschaft.

Wie im Kleinen so im Großen. Beim Geld hört der Spaß und notfalls die Freundschaft auf.

Realo schrieb:Ein Nichtjurist hat eben nicht immer die Fähigkeit, juristische Texte, die komplexe Sachverhalte extrem exakt formulieren müssen, um etwaige Lücken zu vermeiden, zu verstehen. Daraus zu schließen, dass sie "esoterisch" und "inpraktikabel" seien, ist einfach der Arroganz der Unerfahrenheit zu verdanken, weshalb es sich auch nicht lohnt nach Belegen und Beispielen für solche steilen Behauptungen zu fragen, zumal man sie dann wieder in die Diskussion einbezieht, wo man sie doch ausschließen sollte, um sie nicht weiter zu füttern. Hier werden einfach die Grundlagen des Rechtsstaats in Frage gestellt, weil ihnen die ganze politische Richtung nicht passt. Am liebsten würden sie ja einen Staatsstreich versuchen, wenn sie nur wüssten wie. :D In der Vergangenheit hatten wir ja schon einige, zumeist gescheiterte Putschversuche (Hitler-Putsch, Kapp-Putsch, Röhm-Putsch). Die Nazi-Gesetze waren jedenfalls so simpel und allgemein und unmissverständlich formuliert, dass nach ihnen jeder, der nicht passte, aussortiert werden konnte. Da soll man wirklich sehr froh sein, dass unsere rechtsstaatlichen Gesetze so gehalten sind, dass Willkür zumindest der Intention nach grundsätzlich ausgeschlossen ist.

So ganz Unrecht hat @Abahatschi aber wirklich nicht. Ich habe erst kürzlich mit einer bekannten Juristin (Schwerpunkte: internationales & europäisches Wirtschaftsrecht - Spezialisierung auf E-Commerce Vertrags- & Internetrecht) ein ähnliches Gespräch gehabt.

Konkret ging es um die DSGVO die vor Kurzem in Kraft getreten ist.
Unser Unternehmen muss sich ja daran halten. Deswegen musste ich mich mit dem Gesetz auseinandersetzen um sicher stellen zu können dass wir uns auch an die neuen gesetzlichen Bestimmungen halten. Wie gesagt: ich bin selbst kein Jurist 👌

Auf den ersten Blick kein Problem. Die DSGVO findet man in ihrer Originalfassung schnell und transparent.
Dann will man anfangen sich rein zu arbeiten. Und dann kommt das hier:

https://dejure.org/gesetze/DSGVO/1.html

Es kann ja jeder einfach mal im Selbstversuch testen wie weit er kommt wenn er versucht die ersten paar Artikel zu verstehen.
Bei mir war bei Artikel 4 (Begriffsbestimmungen) dann Schluss. 😂

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1. Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

"personenbezogene Daten" alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden "betroffene Person") beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann;

Artikel 4, Nr. 1, DSGVO

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Nochmal: Das sind die grundlegenden Begriffsbestimmungen. 😂
Sprich: Wenn man das schon nicht versteht dann kann man sich den Rest eigentlich direkt auch sparen.

Bei allem Verständnis für juristisches Fachchinesisch. Aber bei diesem Kauderwelsch kann mir wirklich NIEMAND ernsthaft erzählen wollen dass sowas eine klar nachvollziehbare Definition sein soll 😑

Ich war froh als mir Sylvia Kaufhold (die Fachanwältin für EU- und Internetrecht) dann sagte dass es anscheinend auch unter den Juristen so gut wie keinen gibt der wirklich weiß was das genau heißen soll. 😅

So viel zum Thema Rechtssicherheit 👍

Wer sich dafür interessiert. Hier ein Artikel von ihr zu dem Thema:
→ https://www.linkedin.com/pulse/dsgvo-hypertrophes-recht-konterkariert-sich-selbst-dr-sylvia/

CMO schrieb:Bei mir war bei Artikel 4 (Begriffsbestimmungen) dann Schluss.

Fachchinesisch... allerdings sind bei dieser Begriffsbestimmung einer betroffenen Person, sämtliche relevanten Aspekte enthalten
um einen Menschen in allen Facetten gläsern zu machen. Stand in der Gesellschaft, Bankdaten, ärztlich relevante Daten, Aufenthaltsort,
Bewegungsprofil, IP Adressen oder Telefondaten usw. usf.

Orwell läßt grüßen.

@CMO
Ich war es nicht der sich über die Richter beschwert hat ;) obwohl Du Recht hast, profitiere ich doch sehr als Gutachter davon.

CMO schrieb:Nochmal: Das sind die grundlegenden Begriffsbestimmungen. 😂
Sprich: Wenn man das schon nicht versteht dann kann man sich den Rest eigentlich direkt auch sparen.

Bei allem Verständnis für juristisches Fachchinesisch. Aber bei diesem Kauderwelsch kann mir wirklich NIEMAND ernsthaft erzählen wollen dass sowas eine klar nachvollziehbare Definition sein soll

Das ist exakt das, was ich meinte: es ist präzise ausgedrückt und zumindest für mich nicht schwer verständlich. Ich hatte aber auch mein leben lang mit juristischen Kämpfen zu tun und ein paar zehntausend seiten Aktenunterlagen (ca. 40 volle Ordner, die die Abstellkammer bis zur Decke füllen) zu tun. Für einen, der sich selten mit juristischen Texten befasst, erscheint schon das schwierig; die nächsthöhere Schwierigkeitsstufe wäre dann aber etwa eine richterliche Begründung für einen Urteilsspruch; da komme ich teilweise immer noch ganz schön ins Schleudern. :D Ein noch größerer Schwierigkeitsgrad sind dann juristische Verträge, da hörts bei mir dann oft auf mit der Nachvollziehbarkeit.

Hier mal ein Beispiel

"§ 8 Abfindung: Die Erwerberin verpflichtet sich, an ihren Bruder XXX € YYY als Geschwisterabfindung auszuzahlen, fällig ohne Zinsen innerhalb von fünf Jahren ab heute; § 328 Abs. 1 BGB soll nicht gelten. Die Zahlungsfrist kann von der Übergeberin verlängert werden. Diese Verpflichtung erlischt, wenn XXX die zur Abfindung zugrunde gelegte Bewertung des Grundbesitzes bestreitet. Der Abfindung ist ein Verkehrswert von ZZZ € zugrunde gelegt worden. Von dem Viertel hiervon in Höhe von ZYZ € (entspricht dem Pflichtteil) waren XXL € abzuziehen, die XXX von der Übergeberin darlehensweise erhalten hat. Der Betrag von WWW € soll XXX endgültig verbleiben, wenn er die der Abfindung zugrunde gelegte Bewertung nicht bestreitet; ansonsten ist dieser Betrag von XXX zurückzuzahlen.
Die Verpflichtung zur Zahlung der vorstehenden Abfindung ermäßigt sich um die Beträge, die von der Erwerberin an die Übergeberin als Unterhalt gezahlt worden sind und noch gezahlt werden. Die Höhe der Unterhaltszahlungen bestimmt die Erwerberin selbst; an gesetzliche Vorlagen ist sie nicht gebunden."

Da wird einem wirklich schwarz vor Augen. Und jeder Anwalt interpretiert es anders.

wichtelprinz schrieb:jep und da die europäischen Länder sehr eng wirtschaftlich miteinander verknüpft sind könnte sich dies als Bumerang herausstellen. man schwächt sich gegenseitig selbst und bejammer sich am Brenner. Ein "Gefangenen Dilemma" wie mir scheint.

Richtig. Ma schwächt sich selbst. Das Problem sind die vielen Köche die das Gericht damit ungenießbar machen. Geschlossenheit sieht anders aus...

Abahatschi schrieb:Die anderen Staaten haben es 2015 national gelöst - nehmen keine auf.Das bedeutet sie sind in der bequemen Position jetzt schon, ich für die Umleitung der Gelder bei denen die Nettoempfänger sind (prominent: Spanien).

Deutschland hat da halt auch gepennt. Die anderen EU Staaten haben ja untereinander bilaterale Abkommen vereinbart. Für mich persönlich auch keine wirkliche Lösung, weil das ja "nur" "Verwaltungsvorgänge" innerhalb der EU sind. Das Problem Fluchtursache wird da auch nicht angegangen. Und ja am Ende löst es jeder national...weil es keine Geschlossenheit geben wird. Da zeigt die EU leider immer wieder aufs neue...

Realo schrieb:Da kann man auch als EU nicht viel tun. Das würde entweder die Abschaffung des Kapitalismus (als bestandsnotwendiges Ausbeutungsprinzip) oder einen 3. Weltkrieg oder beides zusammen voraussetzen. Da das wohl kaum einer will, werden auch die Flüchtursachen (Verfolgung (Bürger-)Krieg, Elend) weiterhin bestehen bleiben.

Natürlich ist da vieles möglich. Sind doch alles Investitionsländer. Die EU bräuchte halt außenpolitisch mal paar eigene harte Eier. Aber wer sich jeweils vom Atlantik als auch vom schwarzen Meer in die Mangel nehmen lässt...

Realo schrieb:Das ist exakt das, was ich meinte: es ist präzise ausgedrückt und zumindest für mich nicht schwer verständlich.

Klar. Ich kann mir auch etwas unter jedem dieser Begriffe vorstellen. Und von der Formulierung ist es an sich theoretisch in Ordnung.

Aber als Betroffener brauche ich konkrete Anhaltspunkte. Ich muss ja entsprechende Schritte in die Wege leiten. Wenn das nicht für den durchschnittlichen Betroffenen von dieser Verordnung klar und deutlich hervorgeht, dann ist diese Verordnung einfach nicht praktikabel und erfüllt auch nicht die Bedingungen der Rechtssicherheit. Und da Rechtssicherheit einer der Grundpfeiler des Rechtsstaates ist stimme ich @sacredheart zu wenn er die Rechtsstaatlichkeit in Frage stellt. 🤷‍♂️

@CMO

Wenn dir die bestehenden Gesetze zu kompliziert oder "unsicher" erscheinen, kannst du ja mal Asylgesetze formulieren, so wie sie dir vorschweben, und hier zur Diskussion einstellen. Aber ich kann da erst ab morgen mitmachen, auch als Kontrageber.

p47hF1Nd3r schrieb:Die EU bräuchte halt außenpolitisch mal paar eigene harte Eier.

Du meinst es so wie es jetzt läuft, oderr?
X: Hallo Fr.Merkel, wo ist der Scheck?
M: Hallo, ich wollte zuerst über die Flüchtlinge..
X: Ja, ich weiss, wo ist der Scheck?
M: Also, wir müssen Quoten..
X: Die Quoten machen wir später, wo ist der Scheck?
M: Wir in der EU als Wertegemeinschaft..
X: Die EU ist sehr wichtig, wo ist der Scheck?
M: Hier ist der SCHECK, können wir...
X: Die Presse ist da, wir sollten ihre Unterstützung verkünden!
M: Also, die Flüchtlinge...
X: Ich will nicht fliehen, was für Flüchtlinge?? Ich wünsche einen schönen Flug nach Hause.

Die deutsche naive Politik kann nur Scheck, mehr nicht. Ich bin nicht für die Kürzung der Unterstützungen, es sei denn man macht vorher in dem betroffenen Land klar dass die Kürzungen wegen ihrer eigenen Regierung durchgesetzt werden.

Salvinis Taktik schien vorerst aufzugehen. Deutschland erklärte sich bereit, 50 Flüchtlinge aufzunehmen, und nach Angaben von Regierungschef Giuseppe Conte sagten auch Malta und Frankreich bereits zu. Aus dem Bundeskanzleramt gab es auf APA-Anfrage keine Auskunft zur Haltung Österreichs.

http://orf.at/#/stories/2447034/

Also wenn die Zahlen der Flüchtlinge die Seehofers Plan betrifft stimmt, dann sind die 50 Flüchtlinge jetzt schon ein vielfaches von dem, was Deutschland pro Monat an Italien zurückschicken will.

Bei dem Deal würde Trump aber rotieren.

Realo schrieb:Wenn dir die bestehenden Gesetze zu kompliziert oder "unsicher" erscheinen, kannst du ja mal Asylgesetze formulieren, so wie sie dir vorschweben, und hier zur Diskussion einstellen. Aber ich kann da erst ab morgen mitmachen, auch als Kontrageber.

Hahahaha 😆
Und wer macht dann meinen Job solange? 😆

Horst seehofer oder was? Gott bewahre!

insideman schrieb:heute um 16:14
Salvinis Taktik schien vorerst aufzugehen.

Aus dem Link:

Eine erste offizielle Absage kam aus Tschechien. Ministerpräsident Andrej Babis kündigte an, keine der geretteten Menschen aufnehmen zu wollen. Den italienischen Aufruf bezeichnete er als „Weg in die Hölle“ und erklärte: „Wir haben im Europäischen Rat durchgesetzt, dass das Prinzip der Umverteilung freiwillig sein wird, und daran halten wir uns.“ Tschechien, Ungarn, Polen und die Slowakei hatten sich strikt gegen die Umverteilung von Flüchtlingen nach einer Quote gewehrt.

EU Nettoempfänger:
Polen 7 Mrd
Ungarn 3,6 Mrd
Tschechien 3,2 Mrd
Slowakei 2 Mrd
@wichtelprinz da ist die geile Wertegemeinschaft: Milliarden sind super, Flüchtlinge aufnehmen ist freiwillige Kacke.

Abahatschi schrieb:Du meinst es so wie es jetzt läuft, oderr?

JA :D trifft die letzten Wochen sehr gut. Aber helfen tut es denen die wirklich Hilfe brauchen leider ned...

Hier wird immer eine EU-Lösung gefordert usw., doch die gibt es nun mal nicht.
Es hat quasi jedes EU-Land seine Asylpolitik verschärft, doch es gibt tatsächlich immernoch
Leute, die meinen, es besser zu wissen.
Die gegen Abschiebungen von Straftätern demonstrieren, das ist wohl Masochismus in Reinform.
Wie verblödet muss man sein, um einen Ex-Leibwächter Bin Ladens zurück holen zu wollen?
Da hören die Menschenrechte irgendwann auf, was sie momentan auch tun und es richtig so.

Abahatschi schrieb:da ist die geile Wertegemeinschaft: Milliarden sind super, Flüchtlinge aufnehmen ist freiwillige Kacke.

Dir wurde gesagt was für Werte im Zentrum stehen sollten. ist aber auch bekannt das EU skeptischen Parteien eben genau diese torpedieren.

shotgun_arti schrieb:Wie verblödet muss man sein, um einen Ex-Leibwächter Bin Ladens zurück holen zu wollen?
Da hören die Menschenrechte irgendwann auf, was sie momentan auch tun und es richtig so.

Falls es Du nicht mitbekommen hast: da hat jemand seine Kompetenzen weit überschritten und trotzt Abschiebeverbot jemanden abgeschoben. Wo kommen wir denn hin, wenn Behörden geltendes Recht und Gerichtsurteile missachten?
Heute ist es „nur“ der mutmaßliche Leibwächter Bin Ladens (gibt es Beweise für diese Tätigkeit?) - und morgen?

wichtelprinz schrieb:Dir wurde gesagt was für Werte im Zentrum stehen sollten.

Oh wie unerzogen ich bin, fakt ist aber seit 2015 wird nur gelabert. Weitermachen!

Wie lautet deine Lösung, wie erreichen diese EU "Länder" die Einsicht die "Werte" einzuhalten?

Zum Thema hat sich auch der Historiker Heinrich August Winkler im Deutschlandfunk geäußert.

Historiker: Rettung von Menschenleben verpflichtet nicht zur Aufnahme von Flüchtlingen

17.45 Uhr: Im Gespräch mit dem "Deutschlandfunk" hat der Historiker Heinrich August Winkler die EU aufgefordert, zwischen Migration und dem Anspruch auf Asyl zu unterscheiden. "Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, als gebe es ein allgemeines Menschenrecht, das da lautet: Wir wandern jetzt in einen Staat unserer Wahl ein", sagte der Wissenschaftler dem Sender. Die Rettung von Menschenleben verpflichte nicht dazu, Menschen in die EU einwandern zu lassen - und dieser Eindruck dürfe auch bei den Menschen in Afrika nicht erweckt werden.

"Es wäre Selbstüberhebung zu meinen, man könne auf deutschem, französischem oder britischen Boden die Menschenrechte für alle Welt verwirklichen", so Winkler. Gerade Deutschland dürfe sich nicht als moralische Leitnation Europas gebärden, erklärte der Historiker - trotz eines deutschen Kompensationsbedarfs aufgrund der Geschichte. Eine Verdrängung der Probleme, die daraus für die Bürger in Europa entstehe, sorge für Abwanderungen weg von der politischen Mitte nach rechts. Und das sei für die Demokratie hochgefährlich.

Nach Ansicht von Winkler könne die EU bei der Bekämpfung der Fluchtursachen vor Ort viel mehr tun, sagte er dem "Deutschlandfunk". Das gelte für die Agrarpolitik und die Entwicklungshilfe, aber auch für ein Ansprechen der häufig nicht thematisierten Ursachen wie Überbevölkerung, das Fehlen "guter Regierung" in vielen afrikanischen Staaten und die Korruption.


https://www.focus.de/politik/ausland/fluechtlingskrise-im-news-ticker-historiker-rettung-von-menschleben-verpflichtet-nicht-zur-aufnahme-von-fluechtlingen_id_9260466.html

Das ganze Interview im Deutschlandfunk, auch zum anhören:

https://www.deutschlandfunk.de/historiker-winkler-zur-migrationsdebatte-rettung.694.de.html?dram:article_id=422990