nasenstüber schrieb:Der Gedanke, dass es so sein könnte, ist zumindest sehr naheliegend.
Die Liste der CIA Operationen, die den Sturz vieler Regierungen weltweit eindeutig belegen, ist lang. Scheint also ein erprobtes und beliebtes Mittel zu sein, Länder von ungewolten Regierungen zu befreien. Kein Wunder also, wenn sich Vlad dieser bedient, um sein eigenes Narrativ draus zu weben - fürchten darf er es angesichts der Tatsachen allemal. Zumal es da auch Indizien gibt, die das bestätigen. Nuland, hoch gerüstete und gut koordinierte Faschisten, die den Maidan übernahmen, danach die Regierung stellten etc..
Da waren btw auch einige demokratische dabei, die durch Diktatoren ersetzt wurden, wie in Chile zB oder im Iran. Es geht also nicht um Recht und Ordnung in dieser Frage, sondern um Einflussgebiete.
Und das sind nur die, die eindeutig belegt werden können:
Wikipedia: Beteiligung der Vereinigten Staaten an Regierungswechseln im Ausland
Ich sehe, nach "die NATO ist schuld am Angriffskrieg Russlands" und nach etwaigem Jagen der Atomsau durchs Dorf holt man wieder "CIA did it!" aus der Mottenkiste "weil Ami böse und so was schon mal gemacht hat, also muss es hier bestimmt genau so sein!"
Es ist zu einem beliebten Deflektions- und Copingnarrativ geworden, äußere fremde Mächte quasi den Buhmann für das was in der Ukraine ab Ende 2013 passierte in die Schuhe zu schieben. Denn die Erzählung ist hier perfide: Das Unterstellen, dass primär nur eine (oder mehrere) westliche fremde Macht und nicht diverse innergesellschaftliche Spannungen und Differenzen mit teils historischem Vorlauf hier eher prägend war, bedeutet für viele die das ernsthaft oder nur unter Vorwand glauben nämlich, dass Russland von seiner Täterschaft, seiner primären Schuld und dem Funken der eigentlichen Eskalation quasi freigesprochen wird, weil es angeblich ja keine andere Wahl hätte.
Wenn das nicht perfide ist weiß ich auch nicht weiter. Wenn am CIA-Märchen was dran wäre, ok. Also in dem Fall. Einfach auf andere Zeiten und Staaten zu verweisen ist ein schwacher Indikator. Man kann höchstens sagen "Hätte hier möglich sein können" - that's about it.
Es scheint aber in manchen Köpfen die Vorstellung unrealistisch zu sein, dass eher innergesellschaftliche Spannungsfaktoren hier den Stein ins Rollen brachten. Um eine Quelle rauszupicken: Die BPB sieht auszugsweise auch keine "Fremdmacht" als Grund der Eskalation - naja ausser halt Russland, die wirklich mit FSB und "Urlaubern" eskalierten, was manche gern ausblenden oder dann als Teil der angeblich provozierten notwendigen Reaktion reinwaschen wollen.
Original anzeigen (0,2 MB)Auszug; Link/Quelle sowie Suchmaschinen-Suchbegriff im Bild ersichtlich. Bild selbst aufgenommen und nicht verfälscht.
Auch Nuland oder Busch (glaube ich?) Zitate werden dann gern soweit ich mich entsinne aus dem Kontext gerissen und dann als Beweis genommen dass Ende 2013/Anfang 2014 massiv Geld in eine Revolution gesteckt wurde. Vor 2-3 Jahren hatte ich mich zuletzt damit mal befasst und es war mir der Erinnerung nach dann klar, dass eigentlich Millionen-Gelder und Investitionen in die Ukraine nicht mit 2013/2014 gemeint waren sondern seit Unabhängigkeit - seit den frühen/mittleren 90ern. Zieht man die Geldsummen die da durch den Raum flogen auf dem Zeitstrahl mal lang, sieht es schon ganz anders aus. Und diverse NGOs im Lande die man zurückverfolgen und prüfen kann mit widriger bewaffneter angestachelter Revolution gleichzusetzen... naja man findet den Denkfehler hoffentlich selbst.
Ich kaufe die Story auch aus einem anderen Grund nicht ab: Der große New York Times Artikel der frühe CIA-Abwägungen und Operationen beschreibt. Der Artikel kam Anfang des Jahres im Februar raus und hat ein Licht auf viele Aspekte dort geworfen. Der Clou: Als sich die neue Regierung einarbeitete und einen Berg an Arbeit und Chaos ordnen musste und die russische Aggression zunahm, da baten die Ukrainer die Amerikaner um Hilfe. Beim CIA war man lt. Artikel angeblich sehr zögerlich und hadernd, partiell um Moskau nicht zu verärgern. So die Beschreibung aus der Erinnerung.
Wenn also angeblich das CIA hier für den "regime change" ausschlaggebend war um ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen, warum sollte es dann bei gewünschtem Ergebnis auf einmal hadern, "all-in" zu gehen?
Glaubt man mir nicht? Hier, Quelle:
https://www.nytimes.com/2024/02/25/world/europe/cia-ukraine-intelligence-russia-war.htmlMan muss sich ggf. erst mit einem Account einloggen, vorher konnte man den Artikel auch so lesen. Falls doch Paywall, notfalls den Link hier benutzen wo ein Abonnement - ironischerweise ex-CIA - auf Twitter einen Artikel quasi frei zur Verfügung gestellt hat. Der Link ist der gleiche aber enthält die 'geschenkte' Variante:
https://www.nytimes.com/2024/02/25/world/europe/cia-ukraine-intelligence-russia-war.html?unlocked_article_code=1.YE0.I0lB.9KUEzLeD2O_3Unter dem Textteil des Artikels "A Cautious Beginning" steht paraphrasiert wie die neue pro-westliche ukrainische Regierung, nachdem ukrainische Bürger (und einzelne aus dem Ausland, darunter auch Extremisten, aber in Summe Ukrainer) die Machtverhältnisse änderten bzw. pro-russische Akteure teils flohen, vor einem Haufen Arbeit und partiell Scherben standen. Man hat sich selbst aktiv auch an das CIA gewandt um Hilfe und Unterstützung zu kriegen. Daraus erwuchs dann über die Jahre eine tiefere Zusammenarbeit.
Im Artikel steht aber auch, dass auch noch einige Jahre später bis/um 2016 rum, dass US-Offizielle zögerten wirklich "all-in" zu gehen. Es gab seitens jener Vorbehalte ggü. ukrainischen Offiziellen und man wollte den Kreml nicht verärgern.
Kombiniert man allein die beiden Angaben die hier offenkundig aus US-Regierungskreisen und von damals involvierten Personen stammen ergibt sich denklogisch, dass wohl kaum die CIA im Alleingang und allmächtig mal eben 2013/2014 die politischen Verhältnisse in der Ukraine umgeworfen haben.
Will sagen, in Gesamtbetrachtung mehrerer Umstände wird es halt auch nur das sein und bleiben: Ein Märchen vom CIA-Putsch.
Genau wie das Märchen, die Amerikaner hätten North Stream gesprengt. Neuerliche Berichte weisen offenkundig auch eher zu ukrainischen Zivilisten / ex-Beamten / ex-Soldaten mit gewissen Verbindungen hin, und dass man das teils schon vor dem Krieg erwägte.
Der Fakt ist, dass aber auch direkt und eine lange Zeit nach der Sprengung für manche wieder deren Buhmann, der Ami, hinhalten musste. Man unterstellt blind und stumpf was ins eigene Weltbild passt und meist nimmt man nicht mal gegenteilige oder ausschließende Indizien wahr, selbst wenn am Ende der Buhmann mit steigender Wahrscheinlichkeit auch ganz woanders verortet werden kann.
Deswegen sind für mich manche Narrative aber halt am Ende gewollte oder ungewollte pro-russische Propaganda. Man wäscht mit manchen falschen Narrativen quasi Russlands Schuld rein.
Übrigens noch fun fact: Russische Akteure gaben freimütig offen selbst zu, den Krieg in der Ostukraine entfacht zu haben. Wenn man das immer vorhält werden manche (wen es betreffen möge!) offenen oder eher verklausuliert argumentierenden pro-russischen Akteure immer ganz kleinlaut oder streiten relativierend ab. Siehe:
https://www.sueddeutsche.de/politik/russischer-geheimdienstler-zur-ostukraine-den-ausloeser-zum-krieg-habe-ich-gedrueckt-1.2231494Oder auch gern gesehen "AAAABER DAS STEHT JA AUF SÜDDEUTSCHE UND DAMIT IM BÖSEN MAINSTREAM, ERGO NICHT GLAUBHAFT" (das Argument kam wirklich wiederkehrend).
Spätestens auf meinen Verweis, dass die ihn auch nur zitieren und sich das nicht ausgedacht haben sowie wenn ich denen im Internetarchiv den Originallink mit dem Interview wo er das gesagt haben soll auf russisch hinklatsch und sag "Hier, übersetz notfalls mit Software und prüf selbst", spätestens dann werden sie aber kleinlaut.