Warden schrieb:Ich selbst fange letzten Endes an pessimistischer zu denken. Ja, wir und meine Compagnons im Netz und im Felde haben Mitte bis Herbst/Dez. 2022 noch gedacht, dass wir alle irgendwann 2023 auf der Krim am Strand hocken und den Sieg auskosten. Krimsekt trinken. Die rückwirkende Vorstellung dieser Einschätzung und Hoffnung wirkt irgendwie indes sehr bitter.
Ich gebe gern zu, ich hatte mir deutlich mehr Effekt durch die westlichen Panzer (inkl der Ausbildung) erhofft.
Ich war fälschlicherweise davon ausgegangen, dass diese dann im Verbund der Waffen eingesetzt werden würden, da ich annahm, dass die Ukraine mittels MIG-29, Hubschraubern und Drohnen zumindest auch eine rudimentäre Luftunterstützung bei einzelnen Angriffen hätte gewährleisten können.
Dem war jedoch nicht so und es reichte dann im Grunde bereits ja auch schon das erste große Minenfeld aus, um das ganze ruckzuck zum Erliegen zu bringen.
Dieses Unvermögen hatte ich so tatsächlich nicht erwartet.
Positiv muss man rückblickend wohl festhalten, dass die Einsicht dann recht schnell kam, so, dass die meisten westlichen Panzer auch jetzt immer noch vorhanden sein dürften, da diese eben nicht sinnlos in den Minenfeldern verheizt wurden.
Bei der dann hauptsächlich nur durch Infanterie durchgeführten Sommeroffensive wurden große Mengen an Artilleriemunition verbraucht, so, dass es dsbzgl dann über einen Zeitraum von 6 Monaten richtige Engpässe gab und diese Munition im darauffolgenden Abwehrkampf oftmals nicht mehr in ausreichender Menge vorhanden war.
Ja, die Unterstützung vom Westen kam nicht in dem Ausmaß/der Geschwindigkeit wie es hätte sein müssen.
Allerdings haben viele (mich eingeschlossen) wohl auch nicht erwartet, dass Putin derartig menschenverachtend all in gehen wird.
Bisher hat Russland rund 550.000 Soldaten verloren (tot, vermisst oder verstümmelt). Konstantin Flemig hatte gestern vorgerechnet, dass Russland, nur um die annektierten Gebiete vollständig zu erobern, im bisher gezeigten Schneckentempo dafür dann noch weitere 4-5 Jahre benötigen wird. Die Verluste dürften während dieses Zeitraums auf ca. 1,8 Millionen anwachsen.
Das würde Putin also "raushauen", nur, um "den Donbass von den Nazis zu befreien/die dortige Bevölkerung zu schützen".
Dass es Putin lediglich ein Arschrunkeln kostet, jeden Tag 1.000 bis 1.200 Mann zu verlieren, hätte ich tatsächlich nicht gedacht.
Jetzt nicht so sehr wegen moralischer Bedenken (Putin, die eiskalte Echse), sondern viel eher rein aus rationalen Gründen.
Ja, er kann (aktuell) das, was an menschlichen Verlusten entsteht, durch Rekrutierungen dann auch ungefähr wieder ausgleichen, aber trotz allem nimmt so ja die Kampfkraft kontinuierlich ab.
Ein für den Fleischwolf vorgesehender Söldner (laut dem Chinesen mit einer Überlebenswahrscheinlichkeit von gerade einmal 8h im Gefecht) kann ja mit seiner kaum vorhandenen Ausbildung nicht 1:1 einen tatsächlichen Soldaten ersetzen. Ergo nimmt die Qualität der Truppe demzufolge zwangsläufig ab.
Ja, Quantität ist auch eine gewisse Qualität, aber die gilt es halt auch aufrecht zu erhalten.
Da kommen wir jetzt zu den Mitteln, die Putin zur Verfügung stehen, um die Rekrutierungen auf diesem Level fortführen zu können.
Da wird jetzt inzwischen schon mit so viel Kohle gelockt, dass alleine dies ausreichen dürfte, um somit auch weiterhin genügend Interessenten zu generieren, zumal deren Familien im Todesfall sogar richtig absahnen.
Aber: Das will auf Dauer auch erstmal finanziert werden und genau das wird Putin (meine Prognose) zum Verhängnis werden.
Sein "All in" beinhaltet den Aufbrauch jeglicher Reserven (wohl, weil er glaubt, der Westen wird zuvor einknicken).
Das permanente Anrennen an verschiedenen Frontabschnitten in Verbindung mit den terroristischen Anschlägen auf die Zivilbevölkerung/Infrastruktur suggeriert ja schließlich auch eine gewisse Stärke, man hat eben augenscheinlich das Momentum.
Der Staatsfond dürfte in weniger als 2 Jahren aufgebraucht sein, wie will Russland dann die Söldner (die Hinterbliebenen) weiter bezahlen?
Flugzeuge lassen sich nicht mit Erdöl betanken. Die ukrainischen Anschläge auf die Raffinerien werden daher u.a. zu einem Mangel an Flugbenzin führen.
Ich bin immer noch optimistisch, wenngleich ich das zeitlich und vom Ausgang her mittlerweile anders bewerte.
Russland wird wirtschaftlich keine weiteren 4-5 Jahre durchhalten.
Ich denke, in 2 Jahren wird es dann bereits schon sehr sehr eng, so, dass der Krieg dann kaum noch finanzierbar sein wird.
Dann könnte auch der Zeitpunkt nahen, an dem Putin tatsächlich verhandeln wollen wird.
Allerdings wird er bis dahin vmtl nicht den kompletten Donbass erobert haben, was sein Minimalziel sein dürfte, um nicht als Loser zu gelten (was sein persönliches Ende zur Folge haben könnte).
Ob die Ukraine dann überhaupt zu Gebietsabtretungen bereit sein wird, bleibt zudem noch offen.
2 weitere Jahre muss Russland aber eben auch erstmal auf diesem Niveau durchhalten, bzw ebenso dann ja auch noch Gegenmittel für die kommenden neuen ukrainischen Möglichkeiten finden (es ist ja nicht so, dass sich da nichts tun würde).
Der Elefant im Raum ist natürlich Trump. Wobei er mit der Auswahl seines Vize so richtig tief ins Klo gegriffen hat und die Wahrscheinlichkeit seiner Wiederwahl auch deshalb eher schwindet.