JoschiX schrieb:Es muss ja gar nicht das gesamte historische Gebiet sein, aber ein Klein-Kurdistan auf irakisch/syrischem Gebiet vielleicht... warum nicht ?
Naja, wenn es um Staatsgründungen geht, muss man sich heute sowieso mehr nach den aktuellen politischen Gegebenheiten richten als nach historischen Gebieten, die zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich groß waren und auch unterschiedlich gedeutet wurden.
Es ist erstaunlich, was die Autonome Region Kurdistan erreicht hat in den letzten Jahren. Ich war selbst 2013 dort und konnte mir einiges anschauen. Damals hat der "Außenminister" noch gemeint, dass man langfristig zwar die Unabhängigkeit anstrebe, aber momentan (2013) keine einseitigen Schritte unternehmen wolle, sondern alles immer noch mit Bagdad koordiniert werden müsse. Die Lage hat sich jetzt ja grundlegend verändert. Ich persönlich könnte mir wirklich vorstellen, dass der Irak zerbricht... drei (oder mehr) ethnisch-religiös unterschiedliche Gruppen, die sich schon seit einer Weile quasi im Bürgerkrieg befinden - rein auf dem Papier wäre der Israel-Palästina-Konflikt leichter zu lösen als der im Irak.
Der Iran will kein unabhängiges Kurdistan und ob die Türkei das letztendlich will, ist fraglich. Natürlich hat Erdogan gute Beziehungen nach Erbil, aber ob das von Dauer ist, muss sich ja noch rausstellen. (Und mit "von Dauer" meine ich u.a. auch die Regierungszeit Erdogans...)
:DDass Kurdistan es alleine ganz gut schaffen könnte ist gar keine Frage. Gut, sie haben viel profitiert vom Öl-Handel, an dem sie ja aus Bagdad prozentual beteiligt worden sind. Bedeutend war die Stadt Kirkuk, immer umstritten und beansprucht von Kurden und arabischen Irakern. Vor ein paar Tagen haben die Kurden die Stadt endgültig besetzt (wegen der ISIS-Bedrohung und auch um die irakische Armee zu entlasten). Die Kurden werden Kirkuk nicht mehr freiwillig hergeben. Somit wäre das Öl auch im Falle einer Unabhängigkeit gesichert.
Aber auch ohne das Öl gäbe es da viel Potential, glaube ich: Die Autonome Region Kurdistan hat eine stetige Einwanderung zu verzeichnen von teils gut ausgebildeten Exil-Kurden aus Schweden, Deutschland, den USA usw. und aus dem Süden kommen auch viele Flüchtlinge (viele Christen, aber auch Sunniten). Der Westen investiert bestimmt in den kommenden Jahren einiges an Geld in Kurdistan, vielleicht kommt irgendwann der Tourismus in Schwung. Firmen aus der Türkei sind schon viele da.
Was ein großes Problem werden könnte: Vor Korruption ist man nie sicher. Zwei Parteien teilen sich die Macht und haben überall ihre Finger im Spiel. Die Kurden dort sind zwar alle stolz auf ihr Land und die Leistungen der letzten zehn Jahre, aber mir persönlich war das vor Ort ein wenig zu viel Propaganda. Aber klar, eine mehr oder weniger entstehende Nation mit viel Potenzial sucht nach Symbolen und Identitätsmerkmalen.
Falls jemand Fragen hat oder Fotos sehen will, ich bin erreichbar...
:D