Der Dyatlov-Pass-Vorfall
04.02.2021 um 18:52
Hallo miteinader!
ich interessiere mich schon länger für dieses Thema, habe hier schon interessiert mitgelesen und bin nun über das Echo der Medien in den letzten Tagen mal wieder hierauf gestoßen. Die neuesten Theorien habe ich daraufhin gelesen. Jedenfalls habe ich es nun zum Anstoß genommen, mich hier endlich mal anzumelden.
Im folgenden sind die Gedanken aufgeschrieben, die ich mir hierzu in den letzten Tagen mal wieder gemacht habe. Ich glaube absolut nicht, hier das Ei des Kolumbus gefunden zu haben und möchte niemanden belehren, der sich intensiv beschäftigt hat. Vielmehr würde ich mich freuen, wenn ihr mich korrigiert, wo ich auf dem Holzweg bin, sodass ich meine Gedanken neu ordnen kann. Es ist wie gesagt schon etwas her, dass ich intensiver hierzu gelesen habe. Sollte ich deshalb einen Namen falsch geschrieben oder einen Sachverhalt durcheinander geworfen haben, bitte ich das zu entschuldigen.
Ausgangspunkt meiner früherer Überlegungen – schon bevor mir die wissenschaftlichen Ausarbeitungen zum Thema Fallwind sowie die neueren zum Thema Schneebrett bekannt waren – war die für die Deduktion aller Folgenden Gedanken für mich wesentliche Frage, nach dem Grat der potentiellen Gefährlichkeit des gewählten Zeltplatzes. Hierbei möchte ich noch nicht einmal auf die Anfälligkeit für Naturkatastrophen hinaus. Eklatant erscheint zunächst einmal der Mangel an Feuerholz. Mir ist bekannt, dass aufgrund der Tagebucheinträge teilweise angenommen wird, der Ofen sei einigen Gruppenmitgliedern zum Schlafen zu warm gewesen. Weiterhin habe ich in Erinnerung, dass es Vermutungen gab, es hätte sich um einen Test für den Otorten gehandelt. Beiden Thesen kann ich schwer folgen. Der Tagebucheintrag stammt meines Wissens von der ersten Nacht im Zelt. Dort hatte man a) noch keine Übung mit der Handhabung des Ofens, weshalb man es mit dem Nachlegen zu später Stunde etwas übertrieben haben konnte und b) befand man sich bei wesentlich wärmeren Temperaturen und gut durchgewärmt vom Lagerfeuer kommend im windgeschützten Wald.
Der Test für den Otorten scheint mir ohnehin abwägig. Nach den letzten beiden Tagen wird allen Teilnehmern bewusst gewesen sein, was für eine Quälerei der Aufstieg dort hinauf werden würde. Djatlow war laut Tagebuch auch bewusst, dass das Übernachten am Pass wenig Gemütlichkeit versprach. Vielmehr klingt die Erwähnung sorgenvoll. Worauf ich hinaus möchte: Wenn man über mehrere Tage hinweg auslaugenden Anstrengungen ausgesetzt ist und die schwierigste Etappe noch bevorsteht, dann legt man normalerweise großen Wert darauf, diese möglichst ausgeruht und gut vorbereitet anzutreten. Ich bin bereits zweimal mit dem Rennrad über die Alpen gefahren. Beim zweiten mal haben wir unsere kleine Reise am drittletzten Tag mit dem Timmelsjoch gekrönt. Wer diesen Pass nicht kennt: Mit Gepäck ist das für jeden Radfahrer, der nicht mindestens 500 Trainingskilometer die Woche abreißt, an der Grenze des Lösbaren. Ich kann versichern, dass wir am Vortag ein relativ kurzes Teilstück gefahren sind, früh ins Bett gingen und es bei einem Glas Rotwein beließen. Nicht im Traum wären wir auf die Idee gekommen, auch für eine kürzere Anfahrt zum Pass am nächsten Tag, auf die erholsame Nacht im warmen Bett zu verzichten, um direkt am Berg in der Kälte zu kampieren. Zum Vergleich: Ich bin Ende 20 und betreibe seit meinem 10. Lebensjahr Leistungssport, bin von der körperlichen Konstitution also wahrscheinlich den Teilnehmern der verhängnisvollen Expedition nicht ganz unähnlich. Hierzu muss ich einschieben, dass ich das Bild der Spechte teilweise ohnehin für etwas verklärt halte: Die waren sicherlich alle gut in Form, zum Teil sogar erfolgreiche Leistungssportler. Ich würde jedoch nicht behaupten, dass sie lediglich aus Güte gegenüber der Konkurrenz auf die Teilnahme an den olympischen Spielen verzichteten, während sie doch eigentlich gestählte Spitzensportler gewesen wären. Speziell die Anekdote mit Pferd und Schlitten (für die Rucksäcke, meine ich) scheint mir hierzu erhellend: Wenn ich mir diese Tour allein aus sportlichem Ehrgeiz und um meine Grenzen zu testen vornehme, lasse ich mein Gepäck dann direkt am ersten Tag von einem (langsamen) Gespann transportieren? Komme ich dann morgens grundsätzlich nicht in die Puschen? Was ich damit sagen will: Es erscheint mir unlogisch, dass das Campen ohne Feuerholz an diesem Tag etwas anderem als praktischen Erwägungen entsprang.
Einwurf: Ja, ich weiß, dass eine geringe Menge Feuerholz im Ofen mitgeführt wurde. Hier bin ich mir jedoch sicher, dass dieses dem Auftauen der gefriergetrockneten Kleidungsstücke inkl. Schuhe (!) am nächsten und eventuell auch am darauffolgenden Morgen dienen sollte. Ein Anfeuern am Abend wäre hierbei nicht sinnvoll gewesen, denn auf diesem Wege hätte man in dieser kurzen Zeit niemals alle Klamotten trocken bekommen – sie wären nachts trotzdem eingefroren.
Jedenfalls würde ich mein Geld darauf setzen, dass der Zeltplatz insbesondere aus Zeitdruck gewählt wurde. Man hatte bereits einen Tag verloren, kam morgens nicht in Gang, man hatte an diesem Tag nur wenige Kilometer zurückgelegt – wieder einen reichlichen Kilometer bis zur Baumgrenze zu verlieren, um diesen am nächsten Tag wieder hinaufsteigen zu müssen, wird speziell den Teilnehmern, denen es hier um etwas ging, nicht erstrebenswert erschienen sein. Ich halte es nicht für unmöglich, dass bereits bei der Wahl dieses Zeltplatzes Differenzen innerhalb der Gruppe auftraten. Als sie alle froren und wegen des Sturms ein mulmiges Gefühl bekamen, gehe ich sogar schwer davon aus. Spätestens, als unter der Zeder die ersten Freunde erfroren waren, erscheint es mir als sehr wahrscheinlich, dass eine Eskalation – zumindest mit Worten – passierte.
Ich kaue das so ausführlich durch, weil ich auf eine entscheidende Schwachstelle der Fallwind-Theorie hinaus möchte. Man nehme eine Gruppe junger Menschen, welche zwar über einige, aber sicherlich nicht über langjährige Erfahrung im Winterwandern verfügt und summiert kaum mehr als ein paar Nächte oberhalb der Baumgrenze verbracht hat, die sich ergo auf ziemlichem Neuland befindet. Diese hat ihren Lagerplatz mehrheitlich nicht als potentiell gefährlich, maximal als kalt eingeschätzt. Sie sah die Gefahr auch nicht kommen, sonst wäre sie mehrheitlich besser bekleidet gewesen. Diese Gruppe war auch noch nie gemeinsam unterwegs, nach den drei Tagen werden niemals alle Mitglieder einem ihrer Kumpanen uneingeschränkt und bedingungslos als Chef vertraut haben. Das Zelt wird nun also von einem apokalyptischen Wind erfasst und in Sekundenbruchteilen wird sich auf die wohl einzig sinnvolle Vorgehensweise verständigt, nämlich das Zelt zuerst aufzuschneiden und dann sofort mit Schnee zuzuschütten? Ich halte es für völlig ausgeschlossen, dass sich die Akteure dann nicht mit den Standpunkten „Schnee aufs Zelt“ und „bist du wahnsinnig, du bringst uns um!“ durch den Sturm angeschrien hätten – wenn man in diesem Szenario und trotz Kälteschock (!) überhaupt das geschriene Wort seines Nebenmanns hätte verstehen können. Die einzige Möglichkeit, mit der ich mir dieses Handeln vorstellen könnte, wäre wenn sie während der Zunahme des Sturms im Zelt besprochen worden wäre, die Befürworter sich jedoch mit ihrer Auffassung, dass das Zelt bei noch stärkerem Sturm verlassen werden müsse, nicht durchsetzen konnten. Es würde ja an ein Wunder grenzen, wenn Djatlow während des stärker werdenden Sturms nicht von seiner bereits erlebten Nacht im Sturm erzählt hätte. Und von seiner Überzeugung, schon Schlimmeres erlebt zu haben und man das schon überstehen würde. Dass speziell der wesentlich ältere Zolotarew in diesem Fall nicht hätte gesagt haben können „Jungchen, ich hab schon Stürme gesehen, da hältst du kein Zelt der Welt mehr“, ist nicht weit hergeholt. Auf dieser Grundlage wäre die Fallwind-Theorie aus meiner Sicht lediglich haltbar, wenn die Option, das Zelt bei noch stärker werdenden Böen auf die fragliche Weise aufzugeben, schon vor dem Eintritt als Option zur Disposition gestanden hätte. Auch, wenn die Mehrheit bis zum Auftreffen der ersten echten „Walze“, welche offenbar für Panik sorgte, die Situation als nicht lebensgefährlich einschätzte. Man muss sich hier auch in Djatlow hineinversetzen: Ihm wird klar gewesen sein, dass er in der betriebenen Disziplin eher Geselle als Meister und der Zeltplatz nicht ideal war. Während sie dort frierend im Zelt lagen und der Sturm immer weiter zunahm, werden ihn Zweifel an seiner Entscheidung, wahrscheinlich sogar Angst beschlichen haben, hier das Leben der Leute aufs Spiel gesetzt zu haben. Dass er beim Ausbruch von Panik dann nicht mehr in der Lage gewesen wäre, Autorität auszuüben, er vielleicht sogar froh gewesen wäre, als ein anderer das Heft in die Hand nahm („RAUS HIER, DAFÜR IST KEINE ZEIT, SCHNEE DRAUF, WEG“), wäre absolut menschlich.
Natürlich ist das spekulativ, jedoch die m.E. einzige Möglichkeit, bei der die Fallwind-Theorie nicht an der logischen Unvereinbarkeit von relativer Unerfahrenheit/Nichterkennen der Gefahr und der kollektiven Durchführung der einzigen Lösung innerhalb von Sekunden scheitert.
Dass in diesem Szenario Zolotarew und Tibo-Brinjol bereits im Zelt den Gegenpol zu Dyatlow (+x) gebildet haben könnten, welche eine tödliche Gefahr erwarteten und sich deshalb an- bzw. gar nicht erst richtig auszogen, ist ebenso spekulativ, passt sich jedoch dann schön ein, zumal es auch zu den Gruppen bei Auffindung passt. Natürlich gibt es 100 andere Möglichkeiten, weswegen sie hätten besser bekleidet sein können.
Unabhängig von diesen Überlegungen finde ich, dass entgegen der klaren Fronten sich Fallwind und Schnee überhaupt nicht ausschließen müssen. Der Fallwind könnte Schnee angehäuft haben, der das Zelt (evtl. auch nur teilweise) eingedrückt/verschüttet hätte. Ebenso ist es eine Option, dass die gebildete Schneeanhäufung innerhalb der Fallwind-Theorie das Zelt nicht verschüttete, sondern den aus dem Zelt Flüchtenden dabei half, das Zelt möglichst schnell und ohne Werkzeug mit Schnee zu bedecken. Und in beiden Fällen könnte die Taschenlampe sowohl als Orientierungspunkt drapiert, als auch verloren gegangen sein.
Überhaupt muss ich hier festhalten, dass ich bezüglich des Initialereignisses nicht daran glaube, dass hier absolute Aufklärung zu erwarten ist. Dies ist schon darin begründet, dass von jedem Initialereignis aus vollständig unterschiedliche Kausalketten bis hin zu den Todesfällen zu ziehen sind. Je nachdem, wo man hier die Gewichtung legt und die Bereitschaft für Kompromisse bei den Wahrscheinlichkeiten am höchsten ist, kommt man zu völlig unterschiedlichen Annahmen, die alle ihre logischen Fehler haben. Die einwandfreie Kausalkette gibt es in diesem Fall nicht, was mich ohnehin in der Annahme bestärkt, dass es sich hier um eine Verkettung von Umständen handelt, welche zwar ohne einander vorstellbar, allein jedoch nicht zu diesem katastrophalen Ergebnis geführt hätten. Je logischer ich die Todesursachen erklären möchte, desto unlogischer wird das Initialergebnis – und umgekehrt.
Ins Reich der Mythen verweisen würde ich lediglich die Beteiligung weiterer Personen. Es handelt sich um den Arsch der Welt. Es war Nacht und Schneesturm. Mir fallen – egal ob Wegelagerer oder CIA – Dutzende sicherere, elegantere und vor allem einfachere Möglichkeiten ein, jemanden um die Ecke zu bringen. Wenn ich die CIA bin, dann mache ich diese Übergabe nicht Mitten in Sibirien mit einem Haufen Zeugen. Und wenn ich KGB Agent bin und plane mich mit feindlichen Agenten zu treffen, dann habe ich zumindest mal eine Knifte in der Jackentasche. Wenn ich ein Wahnsinniger bin, dann erledige ich die Sache nicht nachts im Schneesturm, nachdem ich sie tagelang verfolgt habe und bringe mich selbst in Lebensgefahr. Überhaupt müsste ich ein ziemlich fitter Wahnsinniger sein, um diese Leute dort auf dem Pass überhaupt zu erreichen und bei Dunkelheit zu finden, ohne tagsüber schon in Sichtweite gewesen zu sein. Auch meine Spuren verwische ich dann nicht derart gründlich, die sind mir dann nämlich egal. Wenn ich das Militär bin, das bei geheimen Tests ertappt worden ist, dann lasse ich die Leute verschwinden und richte nicht eine solche Sauerei an. Ebenso, wenn einer der Teilnehmer „weg musste“. Wenn ich eine bewaffnete Mansi-Truppe bin, dann habe ich keinen Hinterhalt nötig und schnappe mir außerdem die Wertsachen der Leute. Und nicht zu guter Letzt: Wenn mich jemand mit dem Tod bedroht oder ich vor jemandem in Panik fliehe, dann mache ich nicht in Sichtweite nachts ein Feuer an. Dann baue ich nicht – nachdem ich Spuren im Schnee hinterlassen habe – nicht weit vom Waldrand eine Höhle, wo der mich garantiert findet, wenn er richtig sucht. Dann laufe ich weiter in den Wald. Sicherlich kann man sich hier Geschichten zurecht legen, die in sich zwar logisch sind – aber auch eben wahnsinnig unwahrscheinlich. Wer sich so etwas ausdenkt, der sollte seine Zeit lieber mit Lotto spielen verbringen. Was mir in diesem Zusammenhang noch einfällt: Die aufgereihten Fußspuren am Zelt, welche der einen als Spuren eines Appells, der andere als Schneeschippformation deutet: Wer sagt denn, dass diese Spuren nicht beim Aufbau des Zelts entstanden sind? Das ist doch viel wahrscheinlicher. Wochen später haben die Suchenden die Skispuren, die Spuren ins Tal und ums Zelt noch Weitere gefunden. Es ist doch unmöglich zu sagen, wann diese Spuren entstanden sind.
Was ich weiterhin anmerken möchte: Weder Fallwind- noch Schnee-Theorie schmälern die Wahrscheinlichkeit von körperlichen Auseinandersetzungen innerhalb der Gruppe – steigern sie aber auch nicht. Wie schon gesagt halte ich es spätestens zu dem Zeitpunkt, als es an der Zeder die ersten Erfrorenen gab, für nicht unwahrscheinlich, dass sich gegenseitige Vorwürfe gemacht wurden. Über den Wahl des Zeltplatzes, die eventuell ursächliche Verzögerung am Morgen, den Anstoß zur Initialhandlung zum Verlassen des Zeltes, was-auch-immer. Dass der eine zum anderen im Angesicht des Todes sagt „wegen dir verrecken wir hier alle“ und jener das nicht auf sich sitzen lässt, wäre menschlich. Wenn ich mein unwahrscheinliches Szenario von oben wieder aufgreife: Dyatlow wählt den Zeltplatz, wehrt sich lange gegen die Bedenken, letztlich übernehmen Zolotarew/Brignol in der Panik das Ruder. Dann könnten die sich jetzt gegenseitig vorwerfen, für das Desaster verantwortlich zu sein. Tibo-Brinjol wird dabei der Schädel eingeschlagen, Solotarew bekommt seine Kopfverletzung, Dyatlow seine Zweikampfspuren, die Frauen gehen dazwischen – der Rest der Verletzungen passiert später, z.B. beim Sturz in die Schlucht. Hier wäre auch zu beachten, dass die Gruppe um Zina sich aus ihrem angeblich neuen/angebahnten Lover Dyatlow und „Rustik“ zusammensetzt, den sie in den Tagebucheintragungen – wenn ich mich richtig erinnere – mehrfach erwähnte und zu dem sie ein gutes Verhältnis zu haben schien. Das ist natürlich alles reine Spekulation. Und am unwahrscheinlichsten scheint mir letztlich die Frage, ob sie in ihrem Zustand tatsächlich noch in der Lage gewesen wären, sich gegenseitig zu verletzen. Dennoch wäre hier zumindest auch der Aspekt des potentiellen Werbens um die beiden Frauen beachtet. Ich meine nicht, dass man hier eine künstliche Hollywood-Geschichte aufbauschen oder annehmen müsste, eine Gruppe junger Menschen könnte nicht ohne Balzverhalten ein paar Tage zusammen verbringen. Da gerade um Zina eine gewisse sexuelle Konkurrenz belegt zu sein scheint, sollte man diesen Aspekt vielleicht dennoch nicht ganz außer Acht lassen.
Abschließend möchte ich noch einen Aspekt aufgreifen, bei dem ich eigene Erfahrung einbringen kann; nämlich unerwartete Stürze im Dunkeln, wenn man nicht ganz Herr seiner Sinne ist ;) Ich wohne in einem Reihenhaus, welches durch einen Hintereingang zu begehen ist. Zwischen dem Reihenhaus und dem nächsten ist ein Durchgang, den man benutzen kann, um in den Hinterhof zu kommen, wenn man keine Lust hat, die Haupttür an der Straße aufzuschließen. Es begab sich, dass eines Abends ein etwas angeheiterter junger Mann, welcher nach dem Training mit seinen Freunden noch etwas getrunken hatte, diese Abkürzung nehmen wollte. Er war in den letzten Tagen stets aus der anderen Richtung gekommen, aus der sich dieser Umweg nicht lohnt. Daher war ihm nicht aufgefallen, dass eine Baufirma an dieser Stelle ein etwa 2 Meter tiefes Loch gegraben, dieses mit Beton ausgegossen und leider am Bauzaun gespart hatte (um dort so einen Hoch-und-runter-fahrbaren Parkplatz mit zwei Decks zu installieren). Ich – sorry, der junge Mann natürlich – stieß beschwingten Schrittes im Stockdunkeln gegen die Kante dieser Grube (etwa knöchelhoch) und stolperte. Und jetzt kommt das Wesentliche: Ich wusste nicht, dass dort eine Grube ist. Ich ging davon aus, ich würde auf der Waagerechten landen. Und deswegen versuchte ich auch nicht, die Füße nach unten zu bringen oder die Arme auszustrecken, sondern leitete reflexartig – ich bin Kampfsportler – eine Abrollbewegung ein (ich rolle nicht über den Arm ab, sondern spare den per Rotation aus, und komme mit dem Latissimus zuerst auf). Diese ging jedoch mangels waagerecht verfügbarem Boden ins Leere. Daher schlug ich mit Kopf und Oberkörper voraus (leicht schräg) auf dem Boden auf. Zu meinem Glück war es damals Winter, weswegen am Boden der Grube etwa 30 cm leicht gefrorenes Wasser war. Die dünne Eisschicht sowie das Wasser bremsten mich, sodass ich nur ein paar blaue Flecke zurück behielt. Betrunkene und Kinder haben immer Glück, you know. Wäre dem nicht so gewesen, könnte ich euch jetzt eventuell nicht hiervon berichten. Und zwar nicht wegen gebrochener Arme, sondern wegen gebrochenem Schädel, Rippen, o.Ä. Ich möchte hiermit nicht sagen, dass Verletzungen in der Gruppe in jedem Fall in dieser Art entstanden sein müssen. Sondern lediglich, dass bei Dunkelheit, fehlendem Bewusstsein für einen tiefen Sturz sowie kognitiver Einschränkung nicht zwangsläufig typische Sturzverletzungen auftreten müssen.