cassiopeia1977 schrieb:ich wäre aus mehreren gründen in diesem fall für die todesstrafe.
1. wette ich mit Dir, dass ich mindestens genauso viele Gründe fände die dagegen sprechen
2. wird bei der Diskussion "Todesstrafe ja oder nein" immer gern vergessen, dass Gesetze nicht für Einzelfälle gemacht werden, sondern für Regelfälle.
Es ist also müßig sich den üblen Täter/Fall rauszusuchen oder auszudenken bei dem man Todesstrafe richtig fände, es wäre viel mehr notwendig ein Konzept vorzuschlagen wie Todesstrafe in unser bestehendes Rechtssystem integriert werden könnte OHNE dabei die Grundsätze abzuschaffen, die aus unserem Land einen Rechtsstaat machen und das ist vorsichtig gesagt unmöglich.
cassiopeia1977 schrieb:wobei ich nicht sicher bin, was für die verbrecher "humaner" ist: ein schneller tod oder 50-70 jahre in einer zelle auf 3 qm in isolation.
Deswegen ist eine Isolationshaft auf 3qm ja auch als Folter anzusehen und folglich indiskutabel.
Es ist keine Schwäche Todesstrafe abzuschaffen, es ist LUXUS.
Wenn mir in einer Zombieampocalypse in der sämtliche Systeme zusammengebrochen sind jemand übern Weg läuft der nen Kind vergewaltigt hat, dann würd ich dem sein Köpfchen auch von den Schultern hauen und zwar ganz ohne mich dafür zu entschuldigen.
ABER ich leb nicht in der Postapokalypse, sondern in einer Welt in der ich diesen Menschen am Schlafittchen packen, bei der Polizei abliefern und dem Justizsystem übergeben kann, dass sich dann, bei ausreichender Beweislage, darum kümmert, dass er anderen nicht mehr gefährlich werden kann und menschenwürdig untergebracht wird.
Da seh ich einfach keinen Grund das zu investieren, was es einen Staat an Menschlichkeit kostet um den dann "weil darum" umzunieten.
cassiopeia1977 schrieb:nur wenn es darum geht gefährliche, abartige menschen zu töten zum schutz anderer, da schreien alle. weil ja doch der mensch die krönung der schöpfung ist, wir sind viiieeel mehr wert als ein tier.
Das ist eine Fehlannahme. Ich z.B. bin vegan aber das hat so voll total gar nichts mit meiner Einstellung zur Todesstrafe zu tun.
Vielleicht hat es eher u.A. damit zu tun, eine Stiefmutter zu haben, die über 20 Jahre in der Diakonie Flüchtlinge betreut hat und Lebensgeschichten zu kennen, die mich mit Stolz und Glück erfüllen, wenn ich mir eine alberne Commedysendung ansehe in der irgendein Regierungsmitglied so richtig durch den Kakao gezogen wird und die Macher KEINE Angst haben müssen dafür abgeholt zu werden.
So ein Rechtsstaat, der fällt nicht vom Himmel, das ist ein ganz schön luxuriöses und fragiles Konstrukt und bei vielen Dingen, die einem aus irgendeinem Impuls heraus "gerecht" erscheinen ist es sinnvoll inne zu halten und sich klar zu machen, dass diese "Kleinigkeiten" diesen Rechtsstaat für immer massiv verändern würden und nicht zum besseren.
Vielleicht hat es aber auch damit zu tun, dass uns die Geschichte nun echt oft genug lehrt, dass am Ende niemals etwas Gutes hinauskommt, wenn wir schon bei unserer eigenen Spezies anfangen zu unterscheiden wer "lebenswert" ist und wer nicht.
Eher im Gegenteil, da kommt am Ende stets etwas so ganz und gar nichts Gutes bei raus und zwar niemals.
Fehden und Co können enden, wenn einfach niemand mehr übrig ist oder einer die Eier hat zu sagen "Komm, lasst uns mit dem Scheiss mal aufhören, ich mach den ersten Schritt und lass Dich nu heimgehen obwohl Du den Backstein in mein Fenster geworfen und mich am Kopf getroffen hast."
Touch schrieb: behind_eyes schrieb:
Es gibt in meiner Welt keine Rechtfertigung einen Menschen zu töten.
Leid wäre ein gutes Argument.
Da stimme ich Dir mal komplett zu, ABER ich bin bei diesem "Motiv" auch eher bei der Sterbehilfe als bei staatlich angeordnetem Mord.
nain schrieb:Großartiger Beitrag, vielen vielen Dank dafür!
Danke zurück und gern geschehen.
nain schrieb:Vergeht das Brennen auf der Haut wenn man die Flamme erstickt?
Mir geht es manchmal besser, wenn ich eine Brennnessel die mir weh getan hat ordentlich beschimpfe.
DAS wäre doch mal nen guter Kompromiss:
Angehörige von Gewaltopfern, bzw die Opfer selbst dürfen dem Verurteilten einmal so richtig saftig in die Schnauze hauen.
Also so, dass es keine bleibenden Schäden hinterlässt, aber sie mit einem Gefühl der Genugtuung aus dem Raum gehen können.
Ich glaub manchem Vergewaltigungsopfer würd das mehr bringen als so manche Therapie
;)Kc schrieb:Lediglich der Täter oder die Täterin selbst kann niemandem mehr etwas zufügen.
Jaha, WENN der Täter den man da hat denn auch der Richtige ist.
Falls nicht, dann bestraft man ja nicht nur den Falschen, im Falle einer Todesstrafe nimmt man ihm außerdem jede Chance seine Unschuld doch noch zu beweisen, was nicht nur dazu führen würde, dass der Falsche wieder raus kommt sondern auch die Suche nach dem echten Täter wieder aufgenommen werden würde.
Also zumindest theoretisch. In der Praxis sind die Spuren natürlich meist ein für alle Male kalt wenn man nach 20 Jahren merkt "upsi, ist der Falsche im Knast, lasst uns mal den echten Täter finden."
PaulyD schrieb:Richtig, aber alle anderen "potentiellen Täter" bekommen die Todesstrafe mit und überdenken eventuell ihr "Vorhaben"
Nerok schrieb:Die Todesstrafe hat exakt 0 Abschreckende Wirkung.
Das ist bewiesen.
So isses. Permament wird einer von Abschreckung erzählt und vergleicht man dann die Verbrechensstatistiken von Bundesstaaten mit und ohne Todesstrafe ist es offensichtlich, dass die Sache mit der Abschreckung nur ne blöde Ausrede ist.
WARUM das mit der Abschreckung nicht funktioniert, das kann jeder 5 jährige, der Bonbons aus Mamas Süßigkeitenschrank stibitzt erklären:
Der Anteil der Verbrecher, die damit rechnen gefasst zu werden und auch noch schuldig gesprochen zu werden ist einfach mal mehr als einfach nur gering.
Üblicherweise geht ein Mensch der eine Straftat verübt davon aus entweder gar nicht mit dem Verbrechen in Verbindung gebracht zu werden oder sich in dem Falle doch irgendwie herauswinden zu können.
Für einen Abschreckungseffekt müsste ja eine signifikante Anzahl der Straftäter vor Tatbegehung fest damit rechnen erwischt und überführt zu werden und das ist doch mal total unrealistisch.
PaulyD schrieb:Ich möchte zu meinem Beitrag noch ergänzen, dass ich es für unglaublich unverantwortlich halte, Menschen mit dem Umbringen von Mördern oder ähnlichem, zu beauftragen. Keine weiß was das für psychische Folgen nach sich ziehen wird
Doch. Das weiß man sogar sehr gut.
Gibt es durchaus einige Dokumentationen und Berichte drüber.
Die Antwort ist einfach:
Diese Menschen zerbrechen, Tag für Tag ein bisschen mehr. Ich erinnere mich gut an die Worte eines Mannes, der solch eine Anstalt leitet in die Todeskandidaten gebracht, auf ihre Hinrichtung vorbereitet und hingerichtet werden und der sagte u.A. "Hier geht niemand so wieder raus wie er rein kam und die, die als Befürworter der Todesstrafe reinkamen, gehen in der Regel als Gegner."
Es hat doch seine Gründe, dass es Konzepte gibt für diese Liegen auf denen man Giftspritzen kriegt bei denen dann nur die Arme durch Löcher in der Wand ragen und der, der die Venenzugänge legt den ganzen Menschen möglichst gar nicht sieht.
Die Pumpen die die Medikamente reinspritzen halbautomatisch laufen...
Selbst den Befürwortern der Todesstrafe ist doch völlig klar, dass man da nur verlieren kann:
Entweder man setzt Henker ein, die normale Menschen sind, also wissen, dass Töten falsch ist, die zerbrechen.
ODER man greift auf Menschen zurück, die der Tötung eines anderen Menschen mit Gleichgültigkeit oder Freude entgegensehen... die Idee ist allerdings auch nicht ganz so gut.
Das wird von Befürwortern der Todesstrafe doch generell so gern übersehen.
Dass da eben nicht "nur" ein "böser Abschaum" gekillt wird.
Sondern dass wir als soziale Tierart in einem Gefüge leben in dem sowas Einfluss auf mehr als einen Menschen hat.
In absehbarer Zeit wird es einen Hinrichtungstermin für die böse, böse Kindermörderin Darlie Routier geben und der Pöbel wird sich an der Gerechtigkeit die dann endlich den von ihr ermordeten Söhnen zu Teil wird weiden.
Und das drum herum... Och Kollateralschaden.. Unwichtig.
Wen kümmert es schon, dass ihre ganze Familie an ihre Unschuld glaubt (das ist nicht verblendet sondern total normal, dass man einem Menschen den man liebt so etwas nicht zu traut).
Wen interessiert es schon, dass Darlies Schwester, die mit der Ermordung ihrer Neffen absolut gar nichts zu tun hatte niemals wieder glücklich werden wird, weil sie gar nicht wahrnehmen kann, dass ihre Schwester aufgrund von ganz vielen sehr guten Indizien verurteilt wurde. Im Kopf ihrer Schwester gibt es diese Indizien nicht, die wird nur den Rest ihres Lebens daran glauben, dass SIE es war, die ihre Schwester in den Tod geschickt hat, denn Darlies Schicksal wurde auch durch dieses bescheuerte Video besiegelt in dem sie diese albernen Dosenluftschlangen auf das Grab ihres Sohnes sprüht.
Dosenluftschlangen, die ihre Schwester mit zur Trauerfeier brachte, weil ihr kleiner Neffe das Zeug über alles liebte.
Diese an dem Verbrechen völlig unbeteiligte Frau wird den Rest ihres Lebens davon überzeugt sein, dass ihre Schwester nicht hingerichtet wurden wäre, hätte SIE ihr nicht diese blöde Dose gekauft, mitgebracht und in die Hand gegeben.
Außerdem ausgeschlossen bei dem "Schrei nach Gerechtigkeit" ist Darlies dritter und einzig überlebender Sohn Drake.
Zur Tatzeit noch ein Baby, das oben beim Vater schlief, taucht er in den Ermittlungsakten eher als Randnotiz auf.
Was aber leider dem Mob der nach "Gerechtigkeit und Hinrichtung" brüllt irgendwie entgangen ist, ist das diese Aktennotiz ein richtig echter Mensch ist und auch kein Säugling mehr.
Das ist jetzt ein richtig echter, junger Mann, der von Menschen aufgezogen wurde, die fest an die Unschuld seiner Mutter glauben. Folglich tut er das auch, liebt seine Mutter.
Damit, dass sie nicht an seiner Seite sein konnte als er gegen den Krebs kämpfte muss er halt durch, denn der Schuldspruch war ziemlich fundiert.
Aber was wird es mit diesem jungen Mann machen wenn seine Mutter die er sehr liebt und von deren Unschuld er vollkommen überzeugt ist hingerichtet wird und es nichts gibt das er dagegen tun kann?
Ich behaupte mal, damit, dass die Mutter lebenslang im Gefängnis sitzt, damit kann man durchaus irgendwie Frieden schließen, er kann sie ja besuchen, Kontakt halten, ihr sagen das er sie liebt und davon träumen, dass irgendwann ihre Unschuld doch noch bewiesen wird.
Aber der Hinrichtung der eigenen Mutter in die Augen blicken zu müssen?
Wie reden Befürworter der Todesstrafe sich das schön?
Erbsünde?
Egal ob beteiligt, unbeteiligt, zur Tatzeit noch ein Säugling, wenn der mit einer eiskalten Mörderin verwandt ist verdient er kein Mitgefühl, während seine ermordeten Brüder die tot sind und bleiben werden ja nur in Frieden Ruhen können wenn die Mörderin auch gekillt wird?
Das ergibt in wessen Kopf Sinn?
cassiopeia1977 schrieb:es geht doch darum, dass diese eine person nicht zum wiederholungstäter werden kann. nicht um potentielle andere verbrecher.
Aber es geht doch auch NICHT darum, dass Gegner der Todesstrafe dafür sind jeden Straftäter unabhängig von dem was er getan hat nach ein paar Jahren Urlaub im Knasthotel wieder laufen zu lassen.
Es geht darum, dass wir es uns als Gesellschaft leisten können Menschen die eine Gefahr für andere sind menschenwürdig sicher zu verwahren.
Aber Todesstrafe, das ist eben etwas, das sich ein Rechtsstaat nicht leisten kann.
cassiopeia1977 schrieb:es sitzt aber bei uns keiner für den rest seines lebens im knast. die gefängnisse würden wohl übergehn.
Das stimmt so nicht.
Die Zahl der lebenslang gefährlichen und völlig "unrehabilitierbaren" Straftäter ist wirklich, wirklich gering.
Das sind nach wie vor Ausnahmen und das ist eben ein Grund mehr sich gut zu überlegen ob man für diese wenigen Extremfälle die ganze Idee eine Rechtsstaats auf den Misthaufen werfen möchte..
da bin ich mal einfach total dagegen.
cassiopeia1977 schrieb:es ist halt immer so weit weg, aber wenn genau der eine DEINE frau/dein kind abschlachtet, dann ist der eine auch für dich zuviel.
Möglich, aber ich darf doch auch annehmen, dass wenn DEIN Mann, Vater, Mutter, Sohn oder wer auch immer unschuldig in der Todeszelle landet das für Dich doch sicherlich auch "einer zuviel" wäre, oder irre ich mich da?
cassiopeia1977 schrieb:aber ich weiß, dass man hier nicht argumentieren braucht
Das stimmt so nicht.
Argumentieren ist der Sinn und Zweck einer Diskussion. Aber der Sinn und Zweck einer Diskussion ist es eben auch unterschiedliche Standpunkte zusammenzutragen und gegeneinander abzuwägen.
Wenn "argumentieren" für Dich nur dann Sinn ergibt, wenn es Dir gelingt jeden von Deinem Standpunkt zu überzeugen, DANN ist es in der Tat "überflüssig".
Denn ebenso wie niemand das Recht hat Dir Deine Meinung/Überzeugung abzusprechen kannst Du nicht erwarten, dass andere ihre mal eben ändern.
Kc schrieb:Die angebliche Abschreckung ist DER allgemeine Hauptgedanke bei der Todesstrafe schlechthin!
Ich wünschte so, dass Du Recht hättest.
Aber irgendwie hab ich seit ich ziemlich klein bin den Eindruck, dass das nur eine Ausrede ist um etwas aktiv zu halten von dem man eigentlich weiß, dass es falsch ist.
Wie
@Nerok doch bereits richtig sagte.
Das das mit der Abschreckung nicht funktioniert ist schon richtig lange bewiesen und wie ich bereits schrieb kann jeder Ermittler ein Lied davon singen, dass der Gedanke erwischt zu werden und für die Tat auch zur Verantwortung gezogen zu werden ein Punkt ist, der bei der überwiegenden Mehrheit aller Straftäter weder bei Planung noch bei Ausführung eines Verbrechens irgendeine Rolle spielt.
Das wäre für diesen Abschreckungseffekt aber unumgänglich.