Prinzeisenherz schrieb:Ich gehe mal davon aus, dass es bei euerer Meinung auch keine Ausnahmen gibt. In keiner Weise!
Da liegst Du richtig.
Eine "Ausnahme" könnte ich mir bestenfalls für Straftäter vorstellen für die aus irgendwelchen Gründen keine menschenwürdige Unterbringung möglich ist.
Menschen wie ich vielleicht, die viel lieber tot als eingesperrt wären.
Dann aber eben auch nicht als "Strafe", sondern als Wahlmöglichkeit.
Das Recht einem anderen Menschen gegen seinen Willen sein Leben wegzunehmen kann es meiner Ansicht nach in einem Land, dass sich gern als zivilisierter Rechtsstaat sieht nicht existieren und zwar ohne Ausnahme.
Selbst solch eine "Wahlmöglichkeit" wäre schwierig, weil das wieder eine Menge Missbrauchspotential birgt.
Es gibt schon mehr als genug "Selbstmorde" von Verurteilten und Angeklagten bei denen ich den bitteren Beigeschmack und die Frage was da nu wirklich abgelaufen ist nicht loswerde.
Im Bezug auf die Todesstrafe bin ich tatsächlich komplett gefestigt, ich lehne sie ab, ohne wenn und aber.
Bei der Frage einem Straftäter die Wahl zu lassen ob er die Haft hinnehmen oder sich für einen assistierten Suizid entscheiden kann, wenn er nach x Monaten und Beratungsterminen immer noch der Ansicht ist keinen "Frieden" mit seiner Haftsituation machen zu können..
Bezüglich dieser Frage bin ich hingegen durchaus zwiegespalten.
Allerdings sind das halt auch wieder die Einzelfälle, die mit Gesetzen ohnehin nicht sinnvoll abgedeckt werden können.
Prinzeisenherz schrieb:Das heißt also, dass auch Massenmörder im großen Ausmaße, wie Hitler, Stalin, Bin Laden, Sadam usw. usw. usw., bei EUCH von der Totesstrafe verschont geblieben wären.
Das ist richtig.
Ich fand dieses Nachkriegsprozesstheater einfach nur lächerlich und unwürdig für eine Zeit in der doch eigentlich das Heilen all dieser Kriegsschäden vorn an stehen sollte.
Grad solche Prozesse wie die von Eichmann waren doch ganz genau das, was in der "Nazijustiz" aus guten Gründen als wesentlicher Teil dieses Unrechtsstaates immer wieder als Beispiel genannt wird.
Ein vorverurteilter Angeklagter, der in einem Schauprozess doch nur vorgeführt wird, weil das Urteil doch sowieso von vorn herein feststand.
Und all diese Todesurteile bei den Nürnbergerprozessen, lächerlich.
Gab im Krieg ja nicht genug Todesopfer, warum da auf einmal Eier zeigen uns sagen:
"Stopp, nu ist mal gut!"
Die Opfer waren bereits tot und blieben das auch, die Täter waren inhaftiert und somit bereits effektiv daran gehindert weiteren Schaden anzurichten.
Grade bei einem Weltkrieg entstehen doch mal echt genug sautiefe Wunden, die ohnehin nur mit der Zeit heilen und auch das niemals ohne Narben.
Ich persönlich glaube nicht, dass Todesurteile und Hinrichtungen da ein besonders guter Anfang sind in eine friedliche Zukunft zu starten.
GRAD die Leute, die in solchen Staatssystemen zu den ganz Großen gehören sind wirklich ausreichend bestraft, wenn sie den Rest ihres Lebens in der Gefängniswäscherei "säubern" oder in der Küche Kartoffeln selektieren dürfen.
(Das dürfte übrigens auch der Grund dafür sein warum nicht so ganz wenige sich für einen Selbstmord entschieden, entweder weil sie wussten, dass sie nach dem Fall von "Großdeutschland" ein absoluter Niemand sein würden, sich vor Gericht hätten verantworten müssen und manche auch, weil sie auf ein Todesurteil reagierten indem sie selbst entschieden wie und wann sie in den Freitod gehen.
DAS ist übrigens auch so etwas das ich nicht verstehe. Göring wurde ebenfalls in solch einem albernen Prozess zum Tode verurteilt.
Trotzdem wurden Menschen abgestellt die darauf achten sollten, dass er keinen Selbstmord begeht und als es ihm doch gelang war das Geschrei groß.
Das ist doch Kindertheater, anders kann ich das nicht nennen.
Das ist wie Insassen in amerikanischen Todeszellen Kleidung aus Seidenpapier anzuziehen, weil es ja sein könnte, dass sie gar keine Lust haben Jahrzehnte allein in einer Todeszelle darauf zu warten, dass sich mal jemand bemüht einen Hinrichtungstermin festzulegen.
Geht es nun darum, dass jemand Sterben soll um die Rachegelüste des Pöbels zu befriedigen oder zusätzlich auch noch darum das perfekte Spektakel und eine gelungene Schauhinrichtung zu inszenieren?
In welchem Jahrhundert leben wir noch gleich?
Das es meiner Ansicht nach vorsichtig gesagt maximal "unklug" ist nach Kriegsende noch ein paar Leichen mehr zu stapeln sei nur am Rande erwähnt.
Eichmann und Co waren doch im Grunde "umgekehrte Bauernopfer".
JEDEM der zur Bildung einer eigenen Meinung fähig war hätte klar sein müssen oder zumindest klar sein können, dass all diese Grausamkeiten nur möglich waren, weil der Teil der Bevölkerung, der nicht in irgendeiner Weise mal mehr, mal weniger aktiv mitgewirkt hat verschwindend gering war.
Von Anfang an klarzustellen und aufzuarbeiten, dass vom kleinen Mitläufer bis zum Befehlshaber
alle ihre Rolle gespielt haben und damit Umdenkprozesse in Gang zu setzen, die eh langwierig genug sind, aber absolut unvermeidbar, wenn man weitgehend sicherstellen möchte, dass Geschichte sich nicht wiederholt wäre meines Erachtens sinnvoller gewesen.
Statt dessen hat man eine Hand voll mehr oder weniger hohen Tieren in Schauprozessen die denen der Nazis noch ähnlicher kaum hätten sein können zum Tode zu verurteilen, dann braucht der Rest der Bevölkerung sich ja nicht mehr mit der eigenen Rolle auseinanderzusetzen..
Diese Hinrichtungen durch eine frühzeitige Aufarbeitung (die begann ja erst Jahre später) zu ersetzen hätte möglicherweise einen sinnvolleren Ausgang gehabt als über 70 Jahre kollektives Fremdschämen.
Aber diese Schauprozesse mit Hinrichtung waren so toll dazu geeignet den Eindruck zu erwecken als hätten ein paar Einzelne eine ganze Nation verdammt, während die eine Hälfte "des Volkes" entweder "von nichts gewusst hat" oder "die ganze Zeit dagegen war und sich nur angepasst hat um selbst zu überleben".
Lange Rede kurzer Sinn:
Auch diese Todesurteile sind ein prima Beispiel dafür, dass Todesurteile auch dazu missbraucht werden können ein Problem als sehr viel einfacher, limitierter und lösbarer darzustellen als es in Wirklichkeit ist.
Prinzeisenherz schrieb:Sagt das mal den Juden.
Hab ich kein Problem mit.
Egal ob Jude, Roma, Sozi oder sonstwer.
Wenn jemand meine Aussage "Ich bin ohne Ausnahme gegen Todesstrafe" gleichsetzt mit "Wenn es nach mir ginge sollte man jeden Verbrecher einfach laufen und weitermachen lassen."
Dann ist das mal definitiv nicht meine Schuld, ich trage nur Verantwortung für das was ich sage, nicht dafür was andere verstehen bzw verstehen wollen.
Wenn jemand eine andere Meinung dazu hat, dann können wir uns entweder argumentativ über unsere Standpunkte austauschen oder uns einfach darauf einigen, dass wir in diesem Punkt unterschiedliche Ansichten haben und zusammen nen lecker Kugel essen.
Prinzeisenherz schrieb:OK, vielleicht würde der eine oder andere Überlebende das noch abnicken, aber wahrscheinlich 80-90% nicht.
Und?
Wie gesagt, das Angehörige von Verbrechensopfern solche Rachegelüste hegen halte ich für weder verwerflich noch ist es unnormal.
Aber eben auch der Grund warum Gerichte über Verurteilung und Strafmaß entscheiden und nicht die direkt Betroffenen.
Aber zu erwarten, dass der Staat meine persönlichen Rachegelüste umsetzt ist doch _etwas_ kindisch. Vor allem wenn ich bereits fähig bin zu verstehen was es einen Rechtsstaat kosten würde die Todesstrafe wieder einzuführen, also zum Beispiel die Rechtsstaatlichkeit.
Prinzeisenherz schrieb:Entweder gilt für jeden Schuldigen die Todesstrafe oder nicht.
Das ist richtig.
Deswegen ist es wie ich bereits in einem früheren Post erwähnte ja auch nicht sonderlich sinnvoll sich irgendwelche Extrembeispiele auszudenken oder zu nennen, bei denen man erwarten kann möglichst viele Zustimmungen zu erhalten.
Gesetze werden eben nicht für extreme Ausnahmen gemacht sondern sind etwas Grundsätzliches und ob man sowas wie das Prinzip eines Rechtsstaates
wirklich ganz ernsthaft abgeschafft sehen möchte, weil man einen Extremfall erdenken oder betrachten kann, bei dem man gerne jemanden hingerichtet sehen würde..
DAS sollte man sich vielleicht doch lieber noch mal sehr genau überlegen.
Prinzeisenherz schrieb:Das war nur mal - wertfrei
Nicht böse gemeint, aber "wertfrei" klang das nun irgendwie so gar nicht
:).
Prinzeisenherz schrieb:Und ... mir weitere Gedanken darüber machen werde.
DAS ist unabhängig davon zu welchem Ergebnis Du kommst fast immer eine gute Sache.
Liebe Grüße