@MichelGameIch kommuniziere doch ständig mit irgendwem. Heute mehr und "weiter" als je zuvor. Ich ärgere mich mit indischen Setzern, polnischen Druckern und US-amerikanischen Datenbanken herum, tausche Anweisungen, Vorwürfe und Belanglosigkeiten mit Menschen, die ich nicht mal gesehen habe noch je sehen werde. Und das ist nur der berufliche Teil von zwischenmenschlicher Kommunikation.
Ich "rede" in Foren mit Menschen aus aller Welt über ihre zweifelhaften Meinungen, Interessen und Vorlieben.
Es gibt Menschen, von denen ich nur ihren Nick kenne, aber über die ich mehr weiss, als über meine Nachbarn - mal ganz abgesehen davon, dass ich über die nicht alles wissen möchte.
Die Welt ist ein kommunikatives Dorf geworden, in dem wir uns mit mehr Menschen intensiver austauschen als jemals in der Menschheitsgeschichte zuvor.
Auch im Reallife treffe ich doch besipielsweise in einer Grossstadt mehr Menschen als früher als Alm-Öhi im Hundert-Seelen-Dorf.
Manieren? Heute gefragter denn je. Nachwuchsmanager mit Waldorf-Kindergarten-Sozialisation besuchen Kommunikations- und Benimmkurse, in denen sie lernen, dass man Messer und Gabel auch zum Essen benutzen kann, oder lernen gar Standardtänze, weil es nicht gut aussieht, wenn man der Frau seines Chefs beim Tanzen auf die Füsse tritt und in den Ausschnitt langt. Ein echter Karriere-Killer.
Nein, diesen allgemein beklagten Niedergang der guten Sitten mag man vielleicht beim abgehängten Prekariat beobachten - aber das hatte noch nie Stil und Benimm, wie ich aus meiner eigenen Lebensgeschichte in diesem Kreis weiss.