Lebendes Material
19.08.2007 um 18:05
"Und ich meine, dass diese zuvor gemachten Erfahrungen aufgrund eines bestimmten Glaubens erfolgen."
Erfahrungen erfolgen nicht auf Grund von ..., sondern ... erfolgt aus Erfahrungen. Eine Erfahrung erfährt allerhöchstens eine andere Bewertung je nach kultureller o.a. Grundlage. Du könntest höchtesten sagen: Eine ganz bestimmte Wahrnehumg einer Erfahrung erfolgt auf Grund eines betsimmten Glaubens, einer bestimmten Weltansicht.
"Was ebenso Glaube ist, nämlich DEIN Glaube über Glaube und Wissen. Ich sehe es völlig anders: unser Wissen entspringt aus Glauben. Meine Definition von Glaube ist nicht "bloße Religion, Annehmen, Vermuten, Mutmaßen, Illusion, sich einreden...", sondern Glaube ist etwas sehr tiefverwurzeltes; Glaube erschafft Wahrheit und Realität. Weltbilder basieren auf Glaube, und entsprechend unseres Glaubens erfahren wir die Welt."
Du darfst an dieser Stelle nicht zwei Dinge verwechseln. Einmal die Interpretation von ZUSAMMENHÄNGEN (diejeder auf Grund der unterschiedlichsten Erfahrungen bzw. deren Interpretation und Wahrnehmung anders interpretiert), und zum anderen die Bedeutung einzelner Wörter, die, so man eine Sprache spricht und in einem Kulturraum lebt, nahezu identisch sind. Um letzteres ging es. Nämlich um den Begriff "leben".
Im Übrigen gibt es ja tatsächlich verschiedene Bedeutungen des Wortes "glauben" in unserer Sprache. Etwas annehmen (birgt eine gewisse Unsicherheit) und etwas als ganz persönlich Wahrheit erachten, an etwas glauben. Um was es geht, gilt es dann wohl im Voraus zu klären.
Kennst Du den Spruch "Eine neue Sprache, eine neue Welt"? Oder Wilhelm Humboldts Aussage, die Verschiedenheiten der Sprachen sei "eine Verschiedenheit der Weltansichten selbst"? Dem kann ich nur zustimmen, aber der Punkt gerade ist, dass wir eine Sprache sprechen und daher auch die gleichen Konventionen zur Grundlage haben (die traditionell begründet sind). Und ich auch so recht das Problem gar nichterkennen will.
"Eben, und diese Prägung ist nichtsweiter, als eine Glaubensdefinition, was denn Leben genau wäre, und begründet somit unsere Erfahrung von Leben."
Seit wann ist die Wirkung vor der Ursache da? Eine Glaubensdefintions zur Grundlage lässt Erfahrungen nur in dem Licht dieser Grundlage erscheinen, sodass jeder Mensch die womöglich gleiche Erfahrung theoretisch anders interpretieren kann, aber eine Glaubensdefinition entsteht nicht aus dem Nichts. Aber darum geht es auch eigentlich überhaupt nicht.
"Wir müssen gar nichts, denn ich dogmatisiere Begriffe nicht, und ordne meine Realität nicht vordefinierten Begriffen unter. Damit würde ich mich und meine Realität zur Marionette vorherrschenden Glaubens machen. Es ist eine Frage des persönlichen Anspruchs eigener Freiheit."
Ich empfehle : Wilhelm Kamlah/Paul Lorenzen: Die sprachliche Erschließung der Welt.
Um Dich in der Welt zurecht zu finden musst Du Dich auf Konventioneneinlassen. Du kannst auch Deine eigenen Wort-Neu-Deutungen erschaffen, die Frage ist, inwiefern Dir dies hilfreich ist und wozu es gut sein sollte. Zwar hast Du die Freiheit eine Gießkanne als Kännchen zu bezeichnen, weil sie in Deinen Augen klein erscheint, weil Du womölgich auf dem Mars gesehen hast, wie grüne Männchen mit zwei Meter großen Gießkannen einen Grashalm berieselten, aber damit schränkst Du Deine Kommunikations-Möglichkeiten gehörig ein, weil die Idee in Deinem Kopf, dann nicht mehr der Idee Deines Gegenübers entspricht (= Missverständnisse), wodurch die Grundlage des miteinander Auskommens gänzlich wegfällt. Das hat also nichts damit zu tun, ob Du Dich in Deinen Freiheiten einschränken lässt, sondern ob Du fähig bist, Dich in einer Sprachgemeinschaft mit ihren Eigentümlichkeiten zurecht zu finden. Konventionen sprachlicher Art sind auch nicht reiner Willkür unterworfen, sondern "in einer Tradition schon immer vorgefunden".
"Oh, und Du bist das besteBeispiel dafür, dass es nicht so ist ---> siehe Deinepersönliche Definition von Glauben. Wir schaffen uns unsere subjektiven Prägungen selber - keine Frage. Übrigens... dass es dir so erscheint, als würden Prägungen im Miteinander automatisch entstehen, ist ebenso eine Wahrnehmung aufgrund eines bestimmten Glaubens. "
Ich definiere "glauben" nicht. Glauben kennt wie erwähnt in unserer Sprache nicht DAS eindeutige Verständnis. So entstehen übrigens auch Missverständnisse ;)
Soso ... dass Prägungen entstehen ist nur eine Wahrnehmung. Ich merke, Du hast Dich scheinbar nicht mit dem Thema der Sprachrelexion auseinander gesetzt sonst wüsstest Du dass es einen Unterschied zwischen Gebrauchsprädikatoren natürlicher Sprachen und wissenschaftlichen Prädikatoren gibt. Die einen werden in ausdrücklicher Konvention vereinbart, die anderen NICHT. Diese anderen Prädikatoren sind aber ebenfalls festgelegt, wie bereits erwähnt, aus der Tradition heraus. Aber auch das hat nurweitläufig betrachtet etwas individuelles. Sprich in verschiedenen Kulturräumen.