Klaasohm - Brauchtum oder Gewalt gegen Frauen?

Star-Ocean schrieb:könnte dies dazu führen, dass die Frau als "Verräterin" geächtet wird.

.. ja, und ihre Angehörigen dazu, wie eine Betroffene sich im Panorama-Bericht äusserte.
Das muss man erst mal aushalten können, wenn es soweit käme. Schreckliche Vorstellung, insb. wenn man auf einer Insel wohnt.

Star-Ocean schrieb:Es müssen ja mögliche Altfälle rekonstruiert werden, was die Ermittlungen zusätzlich erschwert, da werden einige Menschen "Erinnerungslücken" haben.

Da darf man wohl von ausgehen, leider. Zumeist sind sie halt auch feige, die Menschen, die andere zuvor unter Druck gesetzt hatten.
Das ist keine einfache Sachlage. Mal schauen, ob sich nicht vllt. doch Menschen finden, die Hinweise geben könnten, welche dann auch den Ermittlern weiterhelfen. Abwarten.

Star-Ocean schrieb:Die Frage stellt sich auch, wie der Täter eindeutig ermittelt werden kann, da der Klaasohm "verkleidet" ist.

Da bin ich doch eigentlich recht zuversichtlich. Die Ermittler haben das gelernt, wie man sowas rausfindet. Der erste plaudert, der nächste lässt die Schuld nicht auf sich sitzen, ein anderer weiß, wer in welchem Kostüm steckte, und so setzt sich das fort, bis ein klares Bild erscheint.

Ich finde leider die Quelle nicht mehr, vielleicht mag da jemand weiterhelfen. Aber hieß es nicht von offizieller Seite her, dass man bereits gegen einen 18-Jährigen ermitteln würde?

mitH2CO3 schrieb:Das muss man erst mal aushalten können, wenn es soweit käme. Schreckliche Vorstellung, insb. wenn man auf einer Insel wohnt.

Im Grunde ist das eine klassische Lose-Lose-Situation: Schweigt man als Opfer, bleibt einem vielleicht die größte Ächtung erspart, aber das Gerede bleibt.
Entscheidet man sich für eine Anzeige, sorgt man zwar möglicherweise juristisch für Gerechtigkeit und setzt ein Zeichen, zerstört damit den "Dorffrieden" bzw. die Familie hat dann den Ruf weg, und am Ende bleibt vermutlich nur die Flucht von der Insel.

Wahrscheinlich ist es das Praktischste, das Ganze als Opfer einfach mit einem gezwungenen Lächeln abzutun.

Star-Ocean schrieb:Im Grunde ist das eine klassische Lose-Lose-Situation: Schweigt man als Opfer, bleibt einem vielleicht die größte Ächtung erspart, aber das Gerede bleibt.

Ich verstehe nicht, von welchem Gerede du sprichst.

Star-Ocean schrieb:Wahrscheinlich ist es das Praktischste, das Ganze als Opfer einfach mit einem gezwungenen Lächeln abzutun.

Und dann wird die Staatsanwältin schon von einer weiteren Befragung ablassen? Oder wie stellst du dir das vor?

Ich kann mir ehrlicherweise immer noch nicht erklären, wie eine ganze Gesellschaft über 2 Jahrhunderte so einen Brauch festigen konnte, in dem jetzt irgendwie nur noch von Opfern, von Misogynie, usw die Rede ist. Hoffe wirklich sehr, dass diese die Ausnahme sind, und das tatsächlich alles im Allgemeinen gesittet zuging, wie viele Einheimische es auch immer wieder berichten; falls sie nicht verdrängen, lügen oder was auch immer der Grund sein mag.
Als Vater einer Tochter würde ich jedenfalls nicht dabei zusehen, wie sie von irgendwelchen Freaks zur Belustigung aller auf offener Straße so verhauen wird, dass sie danach traumatisiert wäre. Das gibt es einfach nicht in meiner Vorstellungswelt. Ich würde mit allem, was mir an Macht zur Verfügung steht, dazwischen gehen, und dabei wäre mir auch völlig egal, ob der Rest der Gemeinde das nicht gut heißt.

Es gibt für mich also immer noch die zwei Möglichkeiten:
Entweder wird das Bild gerade von den Medien tatsächlich etwas überdramatisiert (was jetzt auch nichts neues wäre), wobei Opfer hoffenswerter Weise die Ausnahme sind, oder die Borkumer sind eine Bande von Sadisten, die ihren Spaß dabei haben, wenn ihren Frauen und Kindern Leid zugefügt wird.

emz schrieb:Ich verstehe nicht, von welchem Gerede du sprichst.

Das Dorfgerede. Dort leben gerade mal 5000 Menschen. Die kennen sich und die werden schon wissen wer zum Klaasohm einen kleinen Klaps bekommen hat und wessen Arsch grün und blau geschlagen wurde.

emz schrieb:Und dann wird die Staatsanwältin schon von einer weiteren Befragung ablassen? Oder wie stellst du dir das vor?

Die Staatsanwältin kann das Opfer ja nicht zur Aussage zwingen.

Star-Ocean schrieb:Die Staatsanwältin kann das Opfer ja nicht zur Aussage zwingen.

Nun, ein Zeuge muss wahrheitsgemäße Angaben machen, es sei denn, er würde sich selbst oder eine Person, gegenüber der er ein Zeugnisverweigerungsrecht hat, belasten.

nairobi schrieb:Nun, ein Zeuge muss wahrheitsgemäße Angaben machen, es sei denn, er würde sich selbst oder eine Person, gegenüber der er ein Zeugnisverweigerungsrecht hat, belasten.

Ich meinte, dass ein Opfer ggf. gar keine Anzeige erstattet. Wo kein Kläger da kein Richter.

@emz

dunno, aber möglicherweise läuft es schlussendlich nicht auf individuelle Anzeigen hinaus (ggf. mangels Anzeigen) sondern als Anzeige gegen diesen Verein Borkumer Jungens. Da komme ich gerade drauf, weil die sich ja pauschal für die jüngere Vergangenheit entschuldigt hatten, was doch zumindest einem Teileingeständnis gleich kommt. Oder schlussfolgere ich da Unsinn?

Man lehne Gewalt ab, distanziere und entschuldige sich „für die historisch gewachsenen Handlungen der vergangenen Jahre, insbesondere für die Gewaltausübung der jüngeren Vergangenheit“.

Quelle: Wikipedia: Klaasohm

Star-Ocean schrieb:Die Staatsanwältin kann das Opfer ja nicht zur Aussage zwingen.

Ich denke schon, dass einer Staatsanwältin da Möglichkeiten zur Verfügung stehen, die es einer Zeugin, die nicht aussagen möchte, recht schwer machen können. Im Extremfall kann das bis zur Beugehaft führen.

Star-Ocean schrieb:Ich meinte, dass ein Opfer ggf. gar keine Anzeige erstattet. Wo kein Kläger da kein Richter.

Ich hatte mich bereits zum Thema Antrags- und Offizialdelikt ausführlich ausgelassen. Vielleicht magst du mal zurückblättern.

emz schrieb:Ich denke schon, dass einer Staatsanwältin da Möglichkeiten zur Verfügung stehen, die es einer Zeugin, die nicht aussagen möchte, recht schwer machen können. Im Extremfall kann das bis zur Beugehaft führen.

Das würde aber in so einem Fall wohl eher nicht angewendet, da fraglich ist, ob das verhältnismäßig ist.
Wenn ein Geschädigter partout nicht mitarbeiten möchte, ist es schwierig.
Gefährliche Körperverletzung ist zwar kein Antragsdelikt als solches, anders als die einfache Körperverletzung, aber wenn die geschädigte Person selbst null Interesse an einer Strafverfolgung hat, wird ein Staatsanwalt da nur schwerlich weiterkommen.

nasenstüber schrieb:Ich kann mir ehrlicherweise immer noch nicht erklären, wie eine ganze Gesellschaft über 2 Jahrhunderte so einen Brauch festigen konnte, in dem jetzt irgendwie nur noch von Opfern, von Misogynie, usw die Rede ist.

das liegt daran, dass sich heutzutage jeder selbsternannte "Beschützer von Irgendwas" wichtig machen kann.

und das nervt gewaltig.
nicht nur hier in diesem fall.

wenn man hier mitliest bekommt man schlechte laune.

vieleicht meldet sich nochmal 'ne Oma, die 1902 auch vom Brauchtum verärgert wurde.

nasenstüber schrieb:oder die Borkumer sind eine Bande von Sadisten, die ihren Spaß dabei haben, wenn ihren Frauen und Kindern Leid zugefügt wird.

ich denke, da hätte man schon vor jahrzehnten eingegriffen - wenn dem so wäre.

emz schrieb:Ich hatte mich bereits zum Thema Antrags- und Offizialdelikt ausführlich ausgelassen. Vielleicht magst du mal zurückblättern.

Ich habe nachgesehen, Dein Beitrag auf Seite 36 von 71 (!!!) Danke dafür. Die Unterhaltung wurde durch einen Sperrbeitrag unterbrochen und ich kann daraus keine Erkenntnis ziehen was die Staatsanwältin machen soll, wenn sich keiner findet der vollständig auspacken will.

Star-Ocean schrieb:Wenn die Biloper schweigen und das Opfer durch die Anzeige namentlich bekannt wird, könnte dies dazu führen, dass die Frau als "Verräterin" geächtet wird.

Sehe ich auch so. Und selbst, wenn das anzeigende Opfer nicht offiziell mit Namen bekannt ist, würden diejenigen, die es wissen wollen, sicher sehr schnell herausfinden, wer es gewesen ist. So viele Möglichkeiten gibt es ja nicht, und die Polizei auf der Insel (die vermutlich auch die Klaasohm-Clique genau kennt) wüsste ja auch Bescheid.

Also, wenn ich Betroffene wäre, würde ich mich hüten, Anzeige zu erstatten, und wäre schon froh, dass dieses "Spielchen" endlich vorbei ist.

Star-Ocean schrieb:ich kann daraus keine Erkenntnis ziehen was die Staatsanwältin machen soll, wenn sich keiner findet der vollständig auspacken will.

Mach dir da mal keine Sorgen, die weiß, was zu tun ist.

AlteTante schrieb:Also, wenn ich Betroffene wäre, würde ich mich hüten, Anzeige zu erstatten,

Dafür gibt's ja dann einen Staatsanwalt, der das mit der Anzeige übernimmt.

emz schrieb:Mach dir da mal keine Sorgen, die weiß, was zu tun ist.

Du scheinst ja eine konkrete Vorstellung zu haben, was die Staatsanwaltschaft in dem Fall tun kann? Ich nicht, deswegen wäre eine Ausführung super.

Star-Ocean schrieb:Du scheinst ja eine konkrete Vorstellung zu haben, was die Staatsanwaltschaft in dem Fall tun kann? Ich nicht, deswegen wäre eine Ausführung super.

Ich habe keine konkrete Vorstellung von dem, wie eine Staatsanwältin arbeitet.
Ich vertraue aber völlig darauf, dass sie es weiß, ansonsten hätte sie diesen Job nicht.

emz schrieb:Ich habe keine konkrete Vorstellung von dem, wie eine Staatsanwältin arbeitet.
Ich vertraue aber völlig darauf, dass sie es weiß, ansonsten hätte sie diesen Job nicht.

Normalerweise laufen Ermittlungsverfahren so ab, dass die Polizei die notwendigen Ermittlungen tätigt, u.U. auch im Vorfeld im Kontakt mit der Staatsanwaltschaft, die den Vorgang ja am Ende möglichst ausermittelt übersandt bekommt. Die StA erteilt auch u.U. auch Aufträge und muss ggfs. richterliche Beschlüsse beantragen.
Bei der Polizei muss grundsätzlich niemand Angaben machen, ja, noch nicht mal erscheinen. Dann wird ein Personalbogen gefertigt und ein entsprechender Vermerk.
Wird jemand von der Staatsanwaltschaft vorgeladen muss er erscheinen. Das hat ein anderes Gewicht.

nairobi schrieb:Bei der Polizei muss grundsätzlich niemand Angaben machen, ja, noch nicht mal erscheinen.

Das war einmal und hat sich dahingehend geändert, dass man neuerdings auch bei der Polizei zu erscheinen und auszusagen hat, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt.

https://dejure.org/gesetze/StPO/163.html

emz schrieb:wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt.

Dann wurde das wohl vor Kurzem geändert? Ob sich aber tatsächlich etwas ändert, muss man sehen.