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Außenseiter, Mobbingopfer

213 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Gewalt, Entwicklung, Mobbing ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Außenseiter, Mobbingopfer

19.06.2022 um 19:55
Jeder kennt sie und in fast jeder Klasse sind sie anzutreffen, Außenseiter. Warum gibt es sie überhaupt, muss es sie vielleicht sogar geben oder machen sich Gemeinschaften mit der Zeit ihre Außenseiter damit die Gruppe eine Art " Blitzableiter" hat? Sind sie vielleicht sogar klüger?

Keine Ahnung wie ihr in der Schule so wart aber ich würde mich schon so ab 15 Jahren als Außenseiter bezeichnen der auch hin und wieder gemobbt wurde.

Aber sowas hat meistens ein bitteres Nachspiel, besonders wenn es in der Pubertät also der Entwicklung passiert... Psychische erkrankungen, Gewalt, Sucht bis zum Suizid.
Wenn man sich die Schulamokläufer Mal anschaut finde ich gibt es eine Gemeinsamkeit. Alle waren sehr still und introvertiert und haben sich irgendwann komplett zurück gezogen. Es passiert meistens mitten in der Pubertät so ab der achten Klasse wo manche sich extrem zurück ziehen, gemobbt werden oder depressiv sind. Hat das vielleicht Krankheitswert? Könnte es eine Entwicklungsstörung sein? Ich finde Lehrer und Psychologen müssten da eigentlich direkt eingreifen wenn ihnen sowas bei einem Kind auffällt. Anstatt zu sagen tja ist halt ein Nerd der seine Ruhe will. Ich hatte selber einen Lehrer der meinte zur Klasse es gibt immer einen Anführer, einen Loser und einen Clown. Diese Aussage hat mich richtig wütend gemacht! Können wir nicht einfach zusammen halten und vermeintlich schwächeren einfach helfen? Jeden mit seiner Andersartigkeit annehmen? Was meint ihr?


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Außenseiter, Mobbingopfer

19.06.2022 um 22:06
Zitat von Basti91Basti91 schrieb:Können wir nicht einfach zusammen halten und vermeintlich schwächeren einfach helfen? Jeden mit seiner Andersartigkeit annehmen? Was meint ihr?
Ich meine, das liegt nicht in der Natur des Menschen. Der Stärkere gewinnt, die Schwächeren fliegen raus. Das Anderssein ist komisch, weil könnte gefährlich sein … etc.
Zitat von Basti91Basti91 schrieb:Ich finde Lehrer und Psychologen müssten da eigentlich direkt eingreifen wenn ihnen sowas bei einem Kind auffällt.
Zustimmung, aber es fällt oft nicht auf, es gibt kein Personal dafür oder nur ungeschultes. Oft hilft ja nur ein Schulwechsel, wenn überhaupt. Und, mal ganz ehrlich, und das frag ich mich jedes Mal, was sollen sie denn eigentlich machen? Ich denke nicht, dass sowas je aufhören kann. Wenn da wer mal ein positives Beispiel hat, gerne, ich kenne kaum welche.
Zitat von Basti91Basti91 schrieb:Hat das vielleicht Krankheitswert?
Klar.
Zitat von Basti91Basti91 schrieb:Könnte es eine Entwicklungsstörung sein?
Könnte zu einer führen.


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Außenseiter, Mobbingopfer

19.06.2022 um 22:33
Zitat von Basti91Basti91 schrieb:Keine Ahnung wie ihr in der Schule so wart aber ich würde mich schon so ab 15 Jahren als Außenseiter bezeichnen der auch hin und wieder gemobbt wurde
Damals galt die Regel von Papa: "Hau drauf junge! Lass dir nichts gefallen!"

Es war anders als heute. Heute ist das tiefgreifender Psycho Quälereien. Mit weitaus größerer Dynamik zur Gewalt. Mit Gegenständen oder Messer.. das alles gab es damals nicht.
Jedenfalls nicht bei uns im Ortschaft.


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Außenseiter, Mobbingopfer

19.06.2022 um 23:03
Zitat von Dr.kippenSmokeDr.kippenSmoke schrieb:Es war anders als heute. Heute ist das tiefgreifender Psycho Quälereien. Mit weitaus größerer Dynamik zur Gewalt. Mit Gegenständen oder Messer.. das alles gab es damals nicht.
Jedenfalls nicht bei uns im Ortschaft.
Da bin ich ganz deiner Meinung.
Ich war in den 90ern in der Schule und da wurde auch durchaus gemobbt. Aber jetzt im Nachhinein empfinde ich es als harmlos im Gegensatz zur heutigen Zeit.
Ich würde ab und an damals auch gemobbt. Vor allem weil ich damals ein Flüchtlings Kind war ohne Deutsch zu können usw.

Mein Charakter ist war und ist eher lass sie reden. Mich hat das nie sehr hart getroffen. Ich war vielleicht damals vom Krieg (Serbien) etwas abgehärter. Wer weiß....

Denke aber schon dass es etwas mit der Persönlichkeit, Erziehung zu tun hat wie man mit Mobbing umgeht.


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Außenseiter, Mobbingopfer

19.06.2022 um 23:16
@Interesse_01

Als Flüchtling mit Erlebnissen aus der Vergangenheit und wird hierzulande auch noch gemobbt.
Das ist sehr traurig!

Damals hat man sich körperlich gewehrt. Aber - es wurde nicht reingetreten, wenn jemanden auf dem Boden lag.

Nach dem Unterricht, gab es manchmal die berühmte zweite Runde. Aber dann war auch Empty!

Wir bekamen ab Hauptschule fünfte Klasse, hinzu ein Afrikaner. Wie waren begeistert und fanden Die Zeit mit ihm absolut klasse!

Die ausserhalb von Deutschland kamen,
Nicht annähernd die Ideen gehabt, die jenigen zu mobben!


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Außenseiter, Mobbingopfer

20.06.2022 um 08:51
Zitat von Basti91Basti91 schrieb:Jeder kennt sie und in fast jeder Klasse sind sie anzutreffen, Außenseiter. Warum gibt es sie überhaupt, muss es sie vielleicht sogar geben oder machen sich Gemeinschaften mit der Zeit ihre Außenseiter damit die Gruppe eine Art " Blitzableiter" hat? Sind sie vielleicht sogar klüger?
Warum es sie gibt? Weil der Mensch, Kinder bereits, individuell sind und jeweils ihre eigene Persönlichkeit haben, die sie auch ausleben wollen.

Desweiteren die Fälle, wo Menschen aus verschiedenen Gründen unfreiwillig zu Außenseitern werden.

Schuld haben in der Regel nicht die Außenseiter und die gemobbt werden, sondern die, die andere zu Außenseitern machen und andere mobben. Letzte haben ein Problem und sind das Problem!

Und einige, die mobben, tun das auch nur, um sich selbst besser-schlauer-stärker etc. zu fühlen. Sie ziehen ihre Stärke aus dem Niedermachen anderer. In Wahrheit fühlen sie sich bestimmt selbst nur als arme Würstchen.

Natürlich gibt es auch solche, die sich wirklich für etwas Besseres halten und andere, die nicht in ihr Weltbild passen, deswegen auf unterschiedliche Weise mobben oder einfach nur ausgrenzen. Wird gemobbt, wird dabei sogar Freude empfunden.



Mobbing ist ein großes Problem: In der Arbeitswelt und auch in der Schule. Und ob man es wahrhaben will oder nicht, aber selbst auf Gymnasien ist Mobbing je nach Gymnasium stark ausgeprägt. Unsere zukünftige Elite (etwas überspitzt) muss also auch noch viel in Sachen Umgang mit Menschen/soziales Miteinander und der Bedeutung von wenigstens Toleranz zu üben lernen und im Einzelfall die Eltern der Mobber bestimmt auch.





Tja, und warum gibt es Menschen, die bei Mobbing immer noch wegsehen und es unterlassen Mobbingopfern zu helfen und auch nicht allgemein dagegen aufstehen?
Weil das meiner Ansicht nach auch schwache Persönlichkeiten sind, die zu viel Angst davor haben selbst ausgegrenzt oder schlimmer gemobbt zu werden.
Kann man teilweise verstehen, aber auch wieder überhaupt nicht, denn ein vernünftiger und eigenständiger Mensch würde gar nichts mit einer Gruppe zu tun haben wollen, die andere Menschen ausgrenzen oder mobben. Zumindest nicht um jeden Preis würden sie dazugehören wollen.


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Außenseiter, Mobbingopfer

20.06.2022 um 09:45
Zitat von Basti91Basti91 schrieb:Warum gibt es sie überhaupt, muss es sie vielleicht sogar geben oder machen sich Gemeinschaften mit der Zeit ihre Außenseiter damit die Gruppe eine Art " Blitzableiter" hat?
So sehe ich das auch.
Sündenböcke finden sich überall da, wo gruppendynamische Prozesse ablaufen.

Als Schülerin wurde ich nie gemobbt, wurde respektiert und konnte ziemlich wirksam Ausgrenzungen anderer Schüler entgegenwirken, indem ich mich klar an die Seite der Opfer stellte.

Auch gegen Lehrer konnte ich Stellung beziehen, die mal gemeine Sprüche gegen bestimmte Kinder losließen, um Spaßpunkte bei dem Rest der Klasse verbuchen zu können.

Nachteile brachte mir das innerhalb des Klassenverbandes oder auch bei den entsprechenden Lehrern keine.

In meiner Herkunftsfamilie hingegen hatte ich, zumindest für meine Mutter, die Sündenbockrolle zu übernehmen. Es war ein Alptraum, aber ich habe ihn überlebt, ohne davon krank zu werden.


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Außenseiter, Mobbingopfer

20.06.2022 um 10:55
Ich war ab der Hauptschule Außenseiterin. Warum war das so? Meine Mutter hat eine narzisstische Persönlichkeitsstörung. Sie "pflanzte" mir ein, wie sie als Kind von ihrem Vater geschlagen und gefoltert wurde. Ich wollte damals nicht mit diesen schrecklichen Bildern rumlaufen, was ich trotzdem tat. Ich war belastet. Und dadurch war ich etwas anders. Hatte andere Interessen, war allerdings nicht unerzogen oder schwach im engerem Sinne. Mein Vater, war ein guter Vater aber manchmal ebenso überlastet mit der Situation mit meiner Mutter.

Er sah, dass ich litt, er wusste sich manchmal nicht zu helfen.

Was sagten die Lehrer zu mir? Dass ich lernen muss, mich anzupassen! Verdammt! Ich war bereits anders, wenn auch nicht gefährlich.

Dazu kam, dass ich wesentlich hübscher war als der Durchschnitt. Ein Lehrer fing an, mich sexuell zu belästigen....mein weiblicher Klassenvorstand fing an, sexueller Beleidigungen gegen mich auszusprechen. Sogar beim Elternsprechtag......

Ich ging durch die Hölle....

Der Lehrer, der mich sexuell belästigte, sagte sogar, wenn ich nicht lerne, mich anzupassen, dann werde ich eines Tages sterben....
Ich bin heute Mitglied der Gesellschaft und keineswegs mehr die Außenseiterin, die ich mal war.

Zurück zu den Problemen als ich ein Teenager war, ich bekam immer mehr Wut auf meine Mutter zu bekommen. Es gab einen Vorfall, wo ich wirklich ernsthaft verletzt wurde. Sie sah sich eine Doku über den Holocaust an - klar, schreckliche Sache - aber da weinte sie.....
Mein Vater und ich hatten genug Probleme und konnten sich mit dem, so schrecklich es auch war, nicht auch noch belasten. Sie weinte, ich schrie sie da mal an, dass wir die Leute nicht kennen und den Holocaust nicht verhindern konnten. Sie war aber kalt - die ganze Zeit über.....

So ist es wirklich!


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Außenseiter, Mobbingopfer

20.06.2022 um 10:59
Zitat von Dr.kippenSmokeDr.kippenSmoke schrieb:Aber - es wurde nicht reingetreten, wenn jemanden auf dem Boden lag.
Du hattest früher einfach nur ein viel kleineres Umfeld, in dem Du Ereignisse erfahren hast.
Heute liest Du von solchen Vorfällen online aus einem riesigen Einzugsgebiet und da sind natürlich mehr Fälle dabei. Die "gute alte Zeit" ist ein reiner Mythos.
Zitat von Basti91Basti91 schrieb:Warum gibt es sie überhaupt, muss es sie vielleicht sogar geben oder machen sich Gemeinschaften mit der Zeit ihre Außenseiter damit die Gruppe eine Art " Blitzableiter" hat? Sind sie vielleicht sogar klüger?
Menschen sind soziale Wesen und eben (in aller Regel) an sozialen Bindungen sehr interessiert. Dass wir dann andere ausgrenzen, ist nur scheinbar paradox. Tatsächlich festigen wir unsere sozialen Bindungen, indem wir uns gegen andere abgrenzen. Dadurch werden die Bindungen der Gruppe stärker.
Warum? Weil es auch in der Gruppe Unterschiede gibt, die konfliktträchtig werden können. Aber diese Unterschiede werden geringer wahrgenommen, wenn es andere gibt, die "noch mehr anders" wahrgenommen werden.

Für die meisten Menschen ist das vorteilhaft und deswegen sicherlich auch das Ergebnis unserer Evolution. So gehen wir intuitiv an die Sache ran.
Für diejenigen, die den Preis dafür zahlen, ist es aber um so dramatischer.
Da hilft auch kaum ein "da haue ich halt drauf und dann integrieren sie mich oder lassen mich zumindest in Ruhe", weil die Gruppe eben oft stärker ist.

Da hilft nur Empathie. Und das kann man auch lernen. Wenn man erkennt, wie schlimm sich der andere fühlt, ist die Hürde viel größer, den dann schlecht zu behandeln.

Und es gibt auch soziale Strategien, die helfen. Z.B. Bereiche, in denen für eine Abgrenzung Regeln bestehen, die fortwährende Demütigungen vermeiden. Im Sport zum Beispiel. Wir gegen die andere Mannschaft. Aber eben sportlich fair und vor allem nicht "alle gegen einen".
Aber das ist eben nicht "automatisch" so, sondern hier müssen wir uns durch unsere Erziehung eine soziale Kompetenz erwerben. Und da es dem "Standard" nicht entspricht, ist es eben auch gar nicht so leicht. Vor allem oft nicht für die Mobber, wenn sie noch Kinder oder Jugendliche sind. Da ist es die Aufgabe des sozialen Umfeldes, dem entgegen zu treten.

Und es kommt hinzu, dass es keine allgemeingültige Grenze von Mobbing gibt. Was ist noch bloße Rangelei und was ist systematische Demütigung. Und vor allem: Wie erkennbar ist das.
Als Opfer solcher systematischen Demütigungen möchte man das ja nicht noch verstärken, indem man sein Leiden zu erkennen gibt. Man leidet zu einem gewissen Grad still und das macht aber objektiv die Situation immer schlimmer.

Das soll natürlich keine Schuld dem Opfer zuweisen - es soll nur erklären, wie es dazu kommt, dass an sich einigermaßen normal sozialisierte Menschen, die man sonst auch auch als "nett" bezeichnen würde, andere Menschen derart quälen können.


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Außenseiter, Mobbingopfer

20.06.2022 um 12:23
Ich kann zu diesem Thema spontan nur einen Film, der auf einer wahren Begebenheit basiert, verweisen, den jedes Kind, jeder Jugendliche und vor allem jeder Erwachsene gesehen haben sollte:

Ben X

Ich habe damals den Film nur zufällig gefunden, weil ich selber das Eerwähnte Spiel spielte.
Keine Werbung, keine Radioansage, nichts in Zeitungen, etc. Das fand ich sehr schade.

Ich schau den Film heute noch an und an gerne, da ich die Schauspieler wirklich gut fand. Leider ist das Ende der Geschichte nicht so gut ausgegengen, wie im Film.

Gucky.


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Außenseiter, Mobbingopfer

20.06.2022 um 14:02
Zitat von Basti91Basti91 schrieb:Ich finde Lehrer und Psychologen müssten da eigentlich direkt eingreifen wenn ihnen sowas bei einem Kind auffällt. Anstatt zu sagen tja ist halt ein Nerd der seine Ruhe will. Ich hatte selber einen Lehrer der meinte zur Klasse es gibt immer einen Anführer, einen Loser und einen Clown. Diese Aussage hat mich richtig wütend gemacht! Können wir nicht einfach zusammen halten und vermeintlich schwächeren einfach helfen? Jeden mit seiner Andersartigkeit annehmen? Was meint ihr?
Dazu müssten die Lehrer solche gemobbten Schüler überhaupt erst erkennen. Fachlehrer leisten in aller Regel nur ihre Stunden ab und haben mit der Klassengemeinschaft nichts am Hut. Also wäre das Aufgabe des Klassenlehrers. Da muss aber auch erst einmal ein gewisses Interesse für die Klassengemeinschaft vorhanden sein. Seien wir doch ehrlich, ein nicht unerheblicher Teil der Lehrerschaft arbeitet "nur" brav seine Stunden ab und erledigt die Aufgaben, die zwingend nötig sind, aber kümmert sich ansonsten um wenig bis nichts. Da fällt dann bestenfalls ganz offensichtliches Mobbing auf, aber subtiles Mobbing nicht.

Bedenken sollte man aber auch, dass es eben auch solche Schüler gibt, die bewusst keinen oder nur wenig Kontakt zu ihren Mitschülern suchen. Ich hatte selbst solche Leute in meiner Stufe. Die wollten schlicht ihre Ruhe, ohne dass da bewusstes Mobbing und Ausgrenzung durch Mitschüler im Spiel war.


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Außenseiter, Mobbingopfer

20.06.2022 um 15:02
Zitat von BalumpaBalumpa schrieb:Da fällt dann bestenfalls ganz offensichtliches Mobbing auf, aber subtiles Mobbing nicht.
Eben.
Wie soll das denn praktisch laufen? Das ist ja meist ein Prozess, der sich lange hinzieht und meist sich intensiviert und in dessen Verlauf weder Mobber noch Gemobbte ein Interesse daran haben, das nach außen dringen zu lassen. Man hat als Lehrer 20-30 Schüler in einer Klasse und einer wird vielleicht immer ruhiger, die Noten werden schlechter - was macht man? Man fragt sicher den Schüler, was los ist und je nachdem wir glaubhaft er "nix" sagt, ist die Sache dann erledigt oder auch nicht.
Wie sehr kann man nachforschen? Alle Schüler "befragen" und ggf. so erst ein Problem generieren?
Das stellt man sich vermutlich viel zu einfach vor. Weil man die schlimmsten Fälle kennt und dann hinterher sagt, das hätte man aber sehen müssen.

Und als Gesellschaft scheinen wir gar nicht zu wollen, dass Lehrer einen größeren Beitrag zur sozialen Entwicklung leisten. Wer 30 Schüler für ein paar Stunden in der Woche hat und in dieser Zeit vor allem den Lehrplan bei ziemlich unterschiedlicher Begabung und Interesse beibringen muss, wird wohl nicht mehr viele Ressourcen für psychologische oder detektivische Unternehmungen haben. Das haben wir als Gesellschaft so definiert und in meinen Augen ist das ein systematisches Problem.
Und das sage ich als "Nicht-Lehrer" und jemand, der Lehrer eher gerne auch kritisiert.

Wir haben eben in unserer Gesellschaft der Familie den absoluten Hauptteil der Erziehungsarbeit zugewiesen. Das hat viele Vorteile. Aber damit ist es mehr oder weniger zufällig, wer welche sozialen Fähigkeiten ausbildet.


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Yael ehemaliges Mitglied

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Außenseiter, Mobbingopfer

20.06.2022 um 15:38
Zitat von Basti91Basti91 schrieb:Hat das vielleicht Krankheitswert? Könnte es eine Entwicklungsstörung sein?
Ob es Krankheitswert hat weiss ich leider nicht. Pubertät ist meistens schwer und verstörend. Man sucht seine Identität, seinen Platz in der Welt, versucht zu verstehen wo man seine eigene Persönlichkeit entwickeln kann zwischen dem was man sollte und dem was man eigentlich möchte. Der Druck in den letzten Jahrzehnten wird immer grösser auf Kinder und Jugendliche. Das ist verheerend.
Man sollte als Kind und Jugendlicher eigentlich Rückhalt und Unterstützung haben, aber das ist so oft nicht mehr der Fall. Ich wage mal zu behaupten: unsere Gesellschaft ist heutzutage nicht mehr darauf ausgelegt, Kinder genug zu unterstützen und aufzufangen.

Wenn man sich dann anschaut, was Kinder alles müssen und nicht dürfen ist es umso schlimmer. Der Raum wo Kinder sich entfalten können schrumpft immer mehr. Kinder lernen leider früh, dass sie stören. Sie können sich oft nicht mal ansatzweise kindgerecht entwickeln und draussen unbesorgt im Grünen spielen. In der Grundschule ertrinken sie in Hausaufgaben. Für die, die es schwer haben endet die Hausaufgabenzeit wenn es schon Zeit zum Abendessen ist und so weiter.
Interessen-gerechte Freizeitgestaltung hängt zum Grossteil vom Geldbeutel der Eltern ab, die anderen haben Pech.

Die Gesellschaft krankt heutzutage, die Kinder natürlich auch. Psychische Erkrankungen nehmen rasant zu, die Suizid Statistik ist so hoch wie nie. Es ist erschreckend.

Umfragen zeigen schon seit über zwanzig Jahren eine erdrückende (gefühlte?) Perspektivlosigkeit unter Jugendlichen. Selbst die Kinder machen sich schon Gedanken, ob sie denn später mal in der Arbeitswelt gut funktionieren können und haben Angst, nicht mithalten zu können.


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Yael ehemaliges Mitglied

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Außenseiter, Mobbingopfer

20.06.2022 um 15:39
Zitat von Basti91Basti91 schrieb:Ich finde Lehrer und Psychologen müssten da eigentlich direkt eingreifen wenn ihnen sowas bei einem Kind auffällt.
tja, sollten sie... eigentlich. Passiert aber selten.
Zum einen liegt es daran, dass viele wirklich gute Lehrer keinen Job finden, andere haben eigentlich den Beruf verfehlt und behalten ihren Job trotzdem. Die Qualität der Lehrer juckt kaum einen in vielen Schulen und im Schulsystem.
Das andere grosse Thema ist die enorme überlastung, weil seit Ewigkeiten immer mehr Stellen gestrichen werden. Es kommen viel zu viele Kinder auf 1 überlasteten Lehrer.
Wo haben selbst interessierte Lehrer überhaupt die Zeit und die Kapazität, dass ihnen Kinder wo was nicht stimmt auffallen könnten?
Es fehlt genau wie in der Altenpflege und in den Krankenhäusern an den wichtigsten Ecken der Gesellschaft und der Arbeitswelt an Personal und folglich auch an guten Schulungen.

Für viele Kinder und Jugendliche wäre aber die Schule der einzige Anlaufpunkt für Hilfe, die sie je bekommen könnten. Ich denke da an vernachlässigte Kinder, oder Familien mit Armut, Gewalt oder Sucht in der Familie...
Leider passiert da schon seit Ewigkeiten gar nichts in Politik und Gesellschaft.

Ich empfinde diese fehlende Unterstützung an allen Ecken als Knackpunkt für allerhand Probleme.

Mobbing habe ich übrigens seit frühester Kindheit selbst oft genug erfahren. Kinder und Leute, die in irgendeiner Form anders sind und von der Norm abweichen habe es sehr schwer.
Oft reicht sogar Armut allein als Grund gemobbt zu werden, oder als Ausschluss Kriterium um am normalen gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Womit man schon ein Aussenseiter ist.


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Außenseiter, Mobbingopfer

20.06.2022 um 15:54
Zitat von Interesse_01Interesse_01 schrieb:Ich war in den 90ern in der Schule und da wurde auch durchaus gemobbt. Aber jetzt im Nachhinein empfinde ich es als harmlos im Gegensatz zur heutigen Zeit.
Ist mir auch so ergangen. Als Schüler (ungefähr zwischen der Grundschule und der 8. Klasse Gymnasium) war ich ziemlich regelmäßig die Zielscheibe gewisser aggressiver Klassenkameraden. Zum Glück hat es aber damals keine sozialen Medien gegeben, und richtiger Gewalt bin ich auch nie ausgesetzt gewesen. Das Mobbing hat sich überwiegend auf Ausgrenzen, Auslachen und blöde Scherze (z.B. Sachen verstecken) beschränkt, was ich aber damals trotzdem als ziemlich schlimm empfunden hatte.

Manchmal stelle ich mir die Frage, was eigentlich der äußere Grund dafür gewesen war, dass ich eher auf der Opferseite der Klasse gewesen bin. Auf jeden Fall war ich vergleichsweise klein und unsportlich gewesen. Ich galt als tollpatschig und körperlich schwach. Dazu kam mein relativ großes Interesse an den Unterrichtsthemen, weswegen ich in den Augen einiger Mitschüler als "Streber" galt. Irgendwie hat das schon gereicht, um teilweise und zeitweise unbeliebt zu sein.

Was bin ich froh, dass ich heutzutage nicht mehr Schüler sein muss. Mit den heutigen technischen Möglichkeiten kann man jemanden noch viel gravierender "fertigmachen" als damals.


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Doors ehemaliges Mitglied

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Außenseiter, Mobbingopfer

20.06.2022 um 16:34
Zitat von YaelYael schrieb:die Suizid Statistik ist so hoch wie nie.
Das ist allerdings unzutreffend.

In der BRD betrug die Zahl der vollendeten Suizide in den Jahren
1981 = 18.825 (Nur Westdeutschland, für die DDR sind keine genauen Zahlen bekannt)
1990 = 13.924 (Gesamt-Deutschland)
2020 = 9.206 (dto.)

Mehr dazu findet sich unter:

https://www.suizidpraevention.de/wissen/suizidstatistiken/suizide-2020/?L=0 (Archiv-Version vom 25.05.2022)


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Yael ehemaliges Mitglied

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Außenseiter, Mobbingopfer

20.06.2022 um 17:15
@Doors
ich habe nicht nur Deutschland gemeint, sondern weltweit. Es ist ein genereller Trend.
1981 ist wirklich sehr hoch


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Doors ehemaliges Mitglied

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Außenseiter, Mobbingopfer

20.06.2022 um 17:24
@Yael

Selbst die WHO gibt zu, dass das Zahlenmaterial aus verschiedenen Gründen sehr dürftig ist. Daraus Trends abzuleiten scheint offenbar selbst für Profis problematisch.

Im internationalen Vergleich stehen wir ja eher im Mittelfeld.

Wikipedia: Suizidrate nach Ländern


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Außenseiter, Mobbingopfer

20.06.2022 um 18:10
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Eben.
Wie soll das denn praktisch laufen? Das ist ja meist ein Prozess, der sich lange hinzieht und meist sich intensiviert und in dessen Verlauf weder Mobber noch Gemobbte ein Interesse daran haben, das nach außen dringen zu lassen. Man hat als Lehrer 20-30 Schüler in einer Klasse und einer wird vielleicht immer ruhiger, die Noten werden schlechter - was macht man? Man fragt sicher den Schüler, was los ist und je nachdem wir glaubhaft er "nix" sagt, ist die Sache dann erledigt oder auch nicht.
Wie sehr kann man nachforschen? Alle Schüler "befragen" und ggf. so erst ein Problem generieren?
Das stellt man sich vermutlich viel zu einfach vor. Weil man die schlimmsten Fälle kennt und dann hinterher sagt, das hätte man aber sehen müssen.
Zumal ein Absacker der Noten ja auch nicht zwingend mit Mobbing in Verbindung gebracht werden muss. Es kann ja auch schlicht der Fall sein, dass der Schüler im Unterricht nicht mehr (richtig) mitkommt und deshalb stiller wird. Auffällig wäre das dann nur bei Schülern, die vorher immer Einserkandidaten waren.

Mobbing oder Ausgrenzung könnte ein Klassenlehrer wohl am ehesten bei Ausflügen und Klassenfahren mitbekommen. Dort bekommt man einen besseren Überblick über die Klasse als in ein paar Stunden Unterricht pro Woche. Man erkennt deutlicher, welche Kinder wenige bis gar keine Kontakte zu anderen Mitschülern pflegen, wenn man die gesamte Klasse mal außerhalb des Unterrichts beobachten kann.
Zitat von martenotmartenot schrieb:Was bin ich froh, dass ich heutzutage nicht mehr Schüler sein muss. Mit den heutigen technischen Möglichkeiten kann man jemanden noch viel gravierender "fertigmachen" als damals.
Das ist richtig, aber gleichzeitig bietet das auch bessere Möglichkeiten der Beweissicherung.
Zitat von YaelYael schrieb:ich habe nicht nur Deutschland gemeint, sondern weltweit. Es ist ein genereller Trend.
1981 ist wirklich sehr hoch
Die Lebenssituationen in anderen Ländern unterscheiden sich vielfach grundlegend von denen in Deutschland. Insofern wird auch der Vergleich der Suizidrate zu jenen Ländern schwierig.

Der von @Doors verlinkte Beitrag belegt indes ziemlich gut, dass es in der Suizidprävention offenbar große Fortschritte in den vergangenen Jahrzehnten gab. Relevant ist in dem Kontext auch, dass es insbesondere alte Menschen sind, die sich das Leben nehmen.

Selbstredend ist jeder Suizid ein tragisches Ereignis, aber es ist eben doch ein Unterschied, ob sich ein 80-Jähriger, häufig mit schwerwiegender Erkrankung und absehbarem Tod, das Leben nimmt oder ob das ein 20-Jähriger tut.


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Außenseiter, Mobbingopfer

21.06.2022 um 01:51
Selbst manche Lehrer mobben sogar unterbewusst mit, weil sie auch beliebt bei den Schülern sein wollen.
Man muss auch Mal fragen was bringt Schule überhaupt? Was bleibt bei den Kindern hängen? Sind die gewappnet fürs Leben? Und das sehe ich bei ganz vielen nicht.


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