Sterntänzerin schrieb: In der Stadt selbst gibt es verhältnismäßig viele privat bzw. kirchlich geführte weiterführende Schulen. Traditionsgemäß sind das meistens Gymnasien, mittlerweile aber auch zunehmend Schulen, die auch einen Realschulabschluss anbieten.
Ja, das wird auch ein ganz lukrativer Geschäftszweig ... Das ist bei uns auch so, allerdings entscheidet da der Geldbeutel meist nicht.
Es gibt auch einige ländlich gelegene staatliche Realschulen, die wirklich gut laufen, oft nur zweizügig sind oder der Rektor weiß, wie er dann alle gut unterbringt: Eine Freundin arbeitet an einer solchen Realschule, wo normale motivierte Realschüler in die a-Klassen kommen (und oft danach Abi machen) und der Rest in die b-Klassen. Sie sagt, es sei ein Unterschied wie Tag und Nacht zwischen den Klassen. Bei uns ist eigentlich nur b Klientel, da a lieber morgens 15km weit aufs Land fährt, paradoxerweise. Sollte sich ein normales Kind zu uns verirren, beraten wir die Eltern in Klasse 5 eingehend, wenn die Noten stimmen, es doch lieber auf dem Gymnasium zu versuchen. Denn auch solche motivierten Kinder werden bei uns gerne mal zur Zielscheibe von Mitschülern "Was stimmt bei dir nicht? Du machst Hausaufgaben? Opfer!".
Sterntänzerin schrieb:Da gibt es dann nicht nur in jedem Raum einen Beamer, sondern auch Ipads für die Schüler, E-Books und wenn die SuS lieber mit ihren eigenen Geräten arbeiten wollen, ist das natürlich auch möglich.
Und wenn die Ausstattung an solchen Schulen nicht von der Schule kommt, dann von den Eltern - die einen Fokus auf Bildung legen.
Wir haben eine Elternschaft, von denen ein Großteil aus Prinzip querschießt. Wir hatten in BW lange eine Schülerversicherung, die 1€ pro Jahr kostete - und alles abdeckte, was aus irgendeinem Grund die Haftpflicht des Schülers nicht abdeckte. Daher war eigentlich Voraussetzung, dass jeder Schüler diese hatte, viele Betriebe ließen auch Schüler sonst nicht ins Praktikum ... das war am Ende eine Machtprobe. Ich habe mal 30 Minuten mit einem Vater diskutiert, weil er sich auf die Lehrmittelfreiheit berufen hat - man kam erst gar nicht zu Wort. Nach 30 Minuten habe ich ihn einfach gebeten zu unterschreiben und ich habe den Euro bezahlt. Blöderweise verbringe ich meine Arbeitszeit zunehmend mit solchen (sinnlosen) und zermürbenden Diskussionen über Dinge, die in der normalen Welt kein Thema wären (z.B. dass Red Bull Billigvarianten in Kombination mit Schokoriegeln kein geeignetes Pausenbrot für den Schüler ist - fand die Mutter extrem übergriffig und wollte sich auf dem Schulamt über mich beschweren).
Um die Kurve auf das Thema des Threads zu bekommen - da gehen stille, angepasste Schüler im Mob oft unter. Die "normalen" Verhaltensweisen werden von den sozial problematischen Schülern als "doof" wahrgenommen und entsprechend kommentiert - lernen für die Schule - Hausaufgaben zuverlässig anfertigen - Helm beim Fahrradfahren tragen - nicht in Jogginghose in die Schule kommen -
gute Noten schreiben - auf vernünftige Ernährung achten, .... da ist man schnell anders.
Du resignierst schon als Erwachsener. Letzte Woche (es waren Osterferien in BW) hatte ich einen Gesprächstermin mit einer Mutter vereinbart, die angeblich nur da konnte. Mir war es egal, an dem Tag war ich zum Kopieren und Vorbereiten eh in der Schule - sie konnte nur mittags um 14 Uhr. Ich war um 13.30 Uhr fertig und drehte 30 Minuten Däumchen (dafür kann sie nichts). In den Ferien ist das Gebäude abgeschlossen, ich setzte mich also um 13.55 Uhr an den Eingang und wartete ... eine Viertelstunde. Dann ging ich, die Telefonnummer recherieren. Ich erreichte sie 14.18 Uhr, sie sagte, sie sei schon (!) unterwegs. 14.30 Uhr war sie dann da. Das Gespräch war es nicht wert ... Immerhin hat sie uns mitgeteilt, dass sie umzieht. Doof fürs Kind, aber gut für uns. Wieder 1,5 Stunden Arbeitszeit - völlig für die Katz.
Sterntänzerin schrieb:All jene, die sich das nicht leisten können oder wollen bzw. deren Eltern einfach die nächstnahe passende Schule auswählen, landen dann an unter anderem an der Schule, an der ich arbeite. Große Klassen, marodes Drumherum, viel Chaos und ein rauer Umgangston.
So ist es bei uns auch. Ganz viel Gewalt - Gewalt gegen Gegenstände, Mitschüler, verbale Gewalt gegen Lehrer. Mitunter auch körperliche Gewalt. An einer Grundschule unserer Stadt hat ein 4. Klässler (der allerdings sehr sehr groß und schwer war) eine Kollegin so umgenietet, dass sie nach hinten kippte - mit dem Hinterkopf auf einen Tisch und eine üble Platzwunde hatte - zudem musste sie notoperiert werden (genaue Diagnose schreibe ich nun nicht, wegen des Wiedererkennungswert). Sie war acht Wochen dienstunfähig.
In der Stadtgruppe auf Facebook wurde das "pro Kind" diskutiert, sie sei halt zu alt, zu streng, nicht mehr auf der Zeit der Dinge, sollte solche Situationen deeskalieren können, .... Dass man da als gemobbtes Kind "den Schwanz einzieht" und sich möglichst klein macht, kann ich verstehen.
Sterntänzerin schrieb: Dass ich herablassend behandelt werde, bin ich schon fast gewöhnt, aber zumindest theoretisch könnte ja mal der Tag kommen, an dem einer der Größeren auf den Trichter kommt, dass ich ihm physisch unterlegen bin.
Das gibt es bei uns täglich. Die Schüler begrüßen sich auch mit "Alter, Digga, ....". Im "Spaß" auch mal mit "Hurensohn, hau rein" oder so. Da ist schon ganz viel verbale Gewalt im Spiel. Dass da mitunter auch Schüler unter die Räder kommen (Threadthema) ist leider unvermeidbar. Ich habe einen schwulen Kollegen, der täglich 50km in die Schule pendelt, damit er sich in seinem Umfeld mit Partner frei bewegen kann - er weiß, wenn das mal herauskommt, bekommt er v.a. bei den traditionell erzogenen Schülern kein Fuß mehr auf den Boden. Das passiert natürlich auch Schülern - also nichts mit "Toleranz" - da herrscht mitunter der Mob. Daher würde sich kein schwuler Schüler jemals outen.
Sterntänzerin schrieb:Ich muss zudem zugeben, dass ich meiner Schwester bereits geraten habe, ihre Kinder später, sofern sich die Frage stellt und sofern sie und ihr Mann es sich leisten können, lieber auf eine solche private Schule zu schicken bzw. vorab ganz genau zu überprüfen, auf welche Schule sie die Kinder schicken.
Meine Kinder haben allesamt eine Privatschule besucht bzw. sind noch dort. Wenn ich vergleiche, wie viel Unterricht da durchläuft und wie höflich die Mitschüler sind, welche konstruktiven Angebote die Schule macht und welcher Umgangston dort herrscht, war jeder Cent gut angelegt. Klar kann man argumentieren, dass das völlig heuchlerisch ist, aber ich gebe wirklich seit 20 Jahren mein Bestes, um in der Brennpunktschule die wenigen Schüler, die sich echt interessieren, zum Erfolg zu bringen und dem Rest zumindest irgendetwas beizubringen.
Balumpa schrieb:Puh, das klingt in der Tat furchtbar und ich verstehe voll und ganz, dass dir solche Arbeitsbedingungen nicht gefallen.
Man brennt aus - bis zu einem Punkt, dass du Kollegen hast, die psychisch auffällig werden oder kündigen, obwohl sie dann den Beamtenstatus verlieren. Die können einfach nicht mehr.
Balumpa schrieb:Mein Abitur ist nun 15 Jahre her, aber ich erinnere mich auch noch lebhaft an die vorhandene Technik im Informatikunterricht. Da standen ernsthaft noch PCs mit 133 MHz-Prozessoren und Windows 95 und wir reden hier über die Jahre 2003-2005. Es ist schon grotesk, wie lahm der Fortschritt in Schulen, Unis, Behörden voranschreitet.
Na ja, unsere stationären Rechner an der Schule funktionieren allesamt noch mit .... Windows 7. Schöne neue Welt :-). Corona sei Dank bekamen wir dann alle einen Dienstlaptop - naja, zumindest alle, die 100% arbeiten. Die 50% Kräfte teilen sich einen :-).