goldenerReiter schrieb:Bei nahezu allen Handwerksberufen hat sich die bezahltechnische Komponente gegenüber früher deutlich verbessert...der vermehrte Zustrom junger Leute ist ausgeblieben.
Und wenn mir ein Ofenmonteur erzählt,dass er sehr gutes Geld verdient aber den Job wohl nicht ewig machen wird weil er aufgrund der vielen Stunden (die eben auf den Fachkräftemangel zurückzuführen ist) zu wenig Zeit für seine Familie hat zeigt es eigentlich das wahre Problem.Nämlich das Henne-Ei-Problem.
Das ist kein reines Henne Ei Problem zumindest, wenn wir z.b. über die Bahn reden. Da gibt es Azubis, und die hören dann auf.
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/verkehr-unna-bahn-initiative-280-lokfuehrer-azubis-im-ersten-halbjahr-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-200704-99-669473Die wollten das machen und darin arbeiten, und machen es dann nicht.
Insgesamt sind der Initiative zufolge derzeit in NRW 400 angehende Lokführer in der Ausbildung. Das ist dringend notwendig - und immer noch relativ wenig: Denn innerhalb der kommenden fünf Jahre werden 1700 Lokführer in NRW benötigt.
Zwar habe es im ersten Halbjahr mehr als 1000 Interessenten gegeben, hieß es von der Sprecherin. Allerdings durchlaufe nur jeder Zehnte den mehrmonatigen Rekrutierungsprozess samt Eignungstests. Auch während der Ausbildung sei die Abbrecherquote mit 30 bis 60 Prozent ziemlich hoch.
Warum streiken so viele Bahnbedienstete (Deutsche Bahn und regionale Dienste) gerade? Weil die Löhne und Bedingungen Mau sind, und das liegt eben auch daran, weil nicht genug geld investiert wird in Ausbildung, weil die Löhne nicht hoch genug sind und weil die Fahrer heute oft mit absolutem Schrott fahren müssen. Das muss nicht so sein und das ist ein Geldproblem.
Es gibt genug junge Leute, die das bei anderen Rahmenbedingungen machen würden, die ganz unabhängig davon sind, wie viele Bahnfahrer es gibt (eben gute Ausbildung, vernünftiges Gerät und vernünftiger Lohn). Da geht es dann auch um Fragen wie Zuschläge und Ähnliches, oder wie Urlaub organisiert wird.
goldenerReiter schrieb:andererseits gibt es genügend Berufe die längst nicht alle offenen Stellen melden.Es dürfte nicht nur in meinem Beruf so sein,dass man eben mit den vom Arbeitsamt geschickten so schlechte Erfahrungen gemacht hat dass man sie anders probiert zu rekrutieren.Aber auch das löst das Problem nicht.Ich vermute mal dass alleine in meinem Berufsfeld zig Tausende freie Vollzeitstellen vorhanden sind die nicht in der Statistik auftauchen.Da sucht fast jeder entweder Geselle,Verkäuferin oder beides.
Die Zahl, die ich genannt habe, waren alle offenen stellen, auch die nicht gemeldeten. Wenn wir nur über gemeldete sprechen, ist die Zahl deutlich niedriger.
goldenerReiter schrieb:ch hatte dir mal die WDR-Doku "Die Hartz4-Schule" auf youtube empfohlen (ich glaube die ist sogar preisgekrönt und eben KEIN RTL-Schmaddel)....schau dir die mal an!Ich glaube da wird gut dargestellt woran das mit den Schulabbrechern liegt.
Man kann es Druck nennen...man kann es nennen dass die Menschen geprägt werden sollen.Ich glaub schon dass der Mensch sich eine gewisse Stressresilienz aneignen kann.Leider sehe ich sehr oft das Gegenteil.Nämlich dass immer gleich nach dem Staat gerufen wird und der Staat angeblich an allem Schuld sei.
Die Doku werde ich mir noch ansehen, mir geht es hier aber um einen ganz nachweisbaren punkt:
Wir wissen eben, dass Armut und Druck solche Probleme begünstigen.
https://www.hartziv.org/news/20210709-hartz-iv-armut-ist-ein-entwicklungsrisiko-fuer-kinder/Die Probleme, die sich daraus ergeben, sind vielfältiger Natur. Dazu nennt Anette Stein von der Bertelsmann Stiftung zwei Beispiele: Kinder in Hartz IV können ihren Freunden oft keine Geburtstagsgeschenke machen oder selbst zur Geburtstagsfeier einladen, „weil die Wohnung das nicht hergibt“.
Viel schlimmer aber ist, dass Kinder in Hartz IV oft nicht in der Lage sind, Interessen und Begabungen auszuleben. Dazu erklärt die Bildungsexpertin:
„Wo andere Eltern aus Erziehungsgründen Nein sagen, tun es arme Eltern aus der Not heraus.“
Und das wird keiner Mutter und keinem Vater leichtfallen.
und
Mit der Armut gehe ein enormes Entwicklungsrisiko für Kinder einher. Gesundheit, Wohlbefinden, Psyche und Bildung würden beeinträchtigt. Erfahrungen mit Mobbing und Gewalt seien bei Kindern aus Hartz IV und einkommensschwachen Familien ebenfalls höher.
Was wir den Hartz 4 Empfängern nicht gönnen, das geben wir auch an ihre Kinder weiter. Wer nicht genug Geld hat, um seinen Kindern z.b. vernünftige nachhilfe, frühkindliche Bildung, soziale Teilhabe usw. zu finanzieren, der kann sie natürlich nicht so unterstützen, wie jemand, der dieses Geld hat.
Selbst bei Eltern, die große Schwierigkeiten in der Erziehung haben, und viel falsch machen, ist es durchaus nicht hilfreich, wenn die dann noch Druck (auch finanziellen Druck) obendrauf bekommen und zu Hause dann der Haussegen schiefer hängt, als er müsste. Weil sie immer wieder auch ihren Kindern bestimmte Dinge nicht kaufen können, die eigentlich normal sind (wir hatten hier im Thread das Beispiel von einer Konfirmationsfahrt, die sich eine Familie nicht leisten konnte).
Und all das, was dabei herauskommt, kommt auch wieder in unsere Gesellschaft zurück. Umgekehrt: jedes Kind aus einer hartz 4 familie, was eben genug geld für z.b. Nachhilfe, soziale Teilhabe und so weiter hatte, kommt da ein stück besser raus, als hätte es das nicht gehabt.
@nairobiUm das ganz kurz zu machen: meistens Serien- oder Reihenformate, aber ich mach viel und experimentiere gerne, also sowas wie Hörspiele oder Kinofilme sind auch Felder für mich. Ich bin noch vergleichsweise neu, also ist da auch meine Karriere eben relativ am Anfang. Und es gibt natürlich auch Seitentätigkeiten wie Dramaturgie oder Seminare an Hochschulen.
Ich hab das nur hier reingebracht, weil das ein typischer Beruf ist, wo man sehr einfach gutes Geld verdient (wenn man etabliert ist. Bevor man etabliert ist, ist es extrem steinig und frustrierend), ohne dass man im klassischen Sinn viel für die Gesellschaft leistet. Man ist ja normalerweise nicht gerade ein Literaturnobelpreisträger, der die Gesellschaft weiterbringt, sondern schreibt da halt Tatorte, Bettys Diagnosen, irgendwelche ZDF Neo formate, meinetwegen GZSZ oder was weiß ich. Das macht viele Leute glücklich und ist auch ehrliche Arbeit und nicht so einfach, aber niemand kann sagen, dass gerecht ist, dass ich deutlich mehr verdiene als eine Rewe Verkäuferin, wenn es wirklich nur um die Arbeit ginge und wie wichtig die für die gesellschaft ist.