@satori42 Äußere dich doch mal hierzu, aus dem Link:
Ausrichtung und Ausbildungsdefizite der Arbeitsvermittler erschweren das Erkennen psychischer Erkrankungen, vor allem dann, wenn Betroffene, die ihre Diagnose kennen, aus Scham schweigen oder ihre Krankheit nicht wahrhaben wollen. Das Problem schildert auch Arbeitsvermittlerin Julia Westermann vom Jobcenter Berlin Mitte:
„Schwierig ist, glaube ich, in erster Linie, das überhaupt zu erkennen. Klar hat man manchmal die Vermutung, und klar gibt es dafür wahrscheinlich auch in Einzelfällen Anzeichen. Das dann zu kommunizieren, ist die zweite Schwierigkeit. Also das ist schon die Frage, die man sich vordergründig stellt: Ist es jetzt klug, ist es jetzt zielführend, das zu thematisieren? Darf ich das überhaupt? Weil, diagnostizieren kann ich das sowie nicht und ich kann auch nicht die richtige Behandlung empfehlen, dafür sind wir ja gar nicht qualifiziert.“
In der nächsten Stufe entsteht die Frage: Kann der Betroffene arbeiten? Selbst wenn deutlich wird, dass eine – mitunter schwere – psychische Erkrankung vorliegt, gelten erwachsene Arbeitslosengeld-II-Beziehende erst einmal als erwerbsfähig: Er oder sie kann und soll in Arbeit vermittelt werden, so will es das Gesetz.
Denn die Schwelle für Erwerbsfähigkeit liegt in Deutschland vergleichsweise niedrig: Als erwerbsfähig gilt, wer sofort oder absehbar – das heißt innerhalb der nächsten sechs Monate – auf dem normalen Arbeitsmarkt drei Stunden am Tag arbeiten kann. Wer also in sechs Monaten einen Depressionsschub überstanden hat, ist damit per definitionem erwerbsfähig. Eine Definition, die bis heute ein Streitpunkt zwischen Wissenschaft und Politik ist, beschreibt Forscher Kupka:
„Das war damals eine politische Entscheidung, die sehr weitreichend war, auch im internationalen Maßstab eine sehr geringe Schwelle. Und durch diese geringe Schwelle, mit der man vermeiden wollte, dass man Menschen, die eigentlich noch arbeiten können, in anderen Sozialsystemen parkt, hat man sich eben auch viele gesundheitliche Probleme, soziale Probleme in dieses SGB-II-System hineingeholt“.
Wir haben in Deutschland den Fall, dass im alg 2 system viele Menschen sind, die da eigentlich nicht rein gehören, aber offiziell erwerbsfähig sind und denen werden dann auch Jobs angeboten, die sie nicht bewältigen könnnen.
Wenn da z.b. jemand suchtkrank ist, oder auf Grund anderer Probleme definitiv keinen 9 to 5 Job machen kann, wird er trotzdem solche Angebote erhalten und, wenn er sie nicht annimmt, auch ggf. sanktioniert werden.
Selbiges gilt für psychische krankheiten oder anderweitige Probleme, sofern sie nicht offiziell laufen. Wenn also jemand z.b. eine immer wiederkehrende Angststörung hat, wie aus dem Beispiel, das ich dir geliefert habe, dann hat er ein großes problem. Denn er kann einerseits keine Arbeitsstelle halten, andererseits hält man ihn offiziell gar nicht für krank.