Der Mensch Jens Söring
29.12.2018 um 23:02Venice2009 schrieb am 21.12.2018:Warum hat er sich überhaupt in die Sache hineinziehen lassen nach ganzen 3 Monaten Beziehung?Es war wohl seine erste große Liebe, jung naiv und dann noch Drogen..
Venice2009 schrieb am 21.12.2018:Warum hat er sich überhaupt in die Sache hineinziehen lassen nach ganzen 3 Monaten Beziehung?Es war wohl seine erste große Liebe, jung naiv und dann noch Drogen..
borabora schrieb:Und woher hast Du das?@borabora
Ich denke nicht, das er sie retten wollte, weil sie ihm sooo viel bedeutet hat. Dann wäre sie bzw. beide nicht in so einer schrecklichen Geschichte verwickelt gewesen, oder?
frauZimt schrieb:Warum denn nicht?Ich glaube, du hast hier mit ganz einfachen Worten und Vergleich, den Nagel auf den Kopf getroffen!
Ein Nichtschwimmer könnte ins Wasser springen, um seine ertrinkende Freundin zu retten.
Er glaubt, sie müsse in ihm einen Helden sehen.
Er könnte denken: Wenn ich es nicht schaffe, sterben wir eben beide.
Das kommt einem normal denkenden Menschen unsinnig vor, aber wenn sich Herr S. rational verhalten hätte, säße er nicht im Schlamassel.
Wenn man an die Fluchtgeschichte danach denkt, fällt doch auf, dass die beiden nicht sehr vernünftig gehandelt haben.
Die haben sich vielleicht wie Bonny &Clyde gefühlt
Maja2 schrieb:@Rick_BlaineMaja, ich denke Du brauchst Dich wegen Deinem Abitur nicht schämen und daher auch nicht auf den Kölner Dom klettern. :)
Man kann über JS in Bezug auf die Tat unterschiedlicher Meinung sein aber ein 18 jähriger der sein Studium als Jefferson-Stipendiat beginnt dürfte auch in den Augen der Familie Haysom kein Verlierer (was immer man auch unter einem 18 jährigem Verlierer verstehen mag) sein.
In einer Welt in der ein Student mit einem Hochbegabten-Stipendium als Verlierer betrachtet wird hätte ich mich mit meinen mittelmäßigen Abiturdurchschnitt eigentlich vom Kölner Dom stürzen müssen um meinen armen Eltern die Schande zu ersparen. 😉
Rick_Blaine schrieb: ist einfach ein Mensch, den man gern in die Familie aufnimmt.Das wäre Jens Söring in anderer Situation ( verlieben in "08/15"- Studentin) wahrscheinlich auch gewesen.... ;)
Rick_Blaine schrieb:Vermutlich hat sich Herr Haysom weit mehr gewehrt als JS das erwartet hatte.ich frage mich wie ein 72 jähriger Mann mit 2,2 Promille im Blut sich noch effektiv gegen einen bewaffneten Angreifer wehren können soll. Bei 2,2 Promille im Blut sind Verschlechterung der Sehfähigkeit und des räumlichen Sehens zu erwarten. Außerdem ist die Reaktionsfähigkeit erheblich gestört bis hin zu kaum noch Reaktionsvermögen vorhanden.
Rick_Blaine schrieb:Das mag tatsächlich sein. Ich denke, es ist mehr oder weniger unbestritten, dass die Haysoms JS nicht mochten, aus welchem Grund auch immer.Der Bruder äusserte sich diesbezüglich, dass die Haysoms ihn nicht leiden hätten können.
Rosenmontag schrieb:ich frage mich wie ein 72 jähriger Mann mit 2,2 Promille im Blut sich noch effektiv gegen einen bewaffneten Angreifer wehren können soll. Bei 2,2 Promille im BlutDie Haysoms schienen diese Alkoholmengen gewohnt zu sein. Einem Alkoholiker z. B. merkst du die Promille nicht an. Ganz im Gegenteil, du merkst erst etwas, wenn der Alkoholpegel nachlässt. Erst dann kommen die Entzugserscheinungen zum Vorschein.
Venice2009 schrieb:Die Haysoms schienen diese Alkoholmengen gewohnt zu sein. Einem Alkoholiker z. B. merkst du die Promille nicht an. Ganz im Gegenteil, du merkst erst etwas, wenn der Alkoholpegel nachlässt. Erst dann kommen die Entzugserscheinungen zum Vorschein.Du beschreibst hier den Spiegeltrinker, der normale Gewöhnungseffekt hat mMn keinen so großen Einfluss auf die Wahrnehmungs- und Reaktionsfähigkeit eines Menschen.
Rosenmontag schrieb:z.B. beschreibt EH in ihren Briefen wie ihr Vater "hingefallen" ist nach Alkohohlkonsum und wie sehr sie ihre Eltern verachtet.Ich hatte früher einen Lehrer mit einem Alkoholproblem gehabt. Dieser konnte (zumindest für uns) problemlos unterrichten. Weder lallte er, noch hatte er ein unsicheres Gangbild. Das einzige woran man es erkennen konnte, er hatte einen hochroten Kopf, seine Hände zitterten gelegentlich und manchmal konnte man den Alkohol riechen, wenn man etwas näher bei ihm Stand.
Venice2009 schrieb:Ich z.b. glaube nicht, dass EH dazu fähig gewesen wäre ihre Eltern mit einem Messer zu töten. Ich halte sie dafür für zu labil.da bin ich der gleichen Meinung, glaube sie wäre nicht in Lage gewesen aktiv ihre Eltern zu töten, auch nicht mit "weicheren Mordmethoden", sonst hätte sie nicht so auffällig nach potentiellen "Mittätern" gesucht.
Sie hat jemanden gesucht, der das für sie erledigt bzw. vielleicht waren es auch nur Phantasien gewesen und wäre sie JS nie begegnet, wäre es auch bei diesen geblieben.
frauZimt schrieb:Das kommt einem normal denkenden Menschen unsinnig vor, aber wenn sich Herr S. rational verhalten hätte, säße er nicht im Schlamassel.Wenn er sie hätte retten wollen, hätte er nicht früher "angesetzt"?
Wenn man an die Fluchtgeschichte danach denkt, fällt doch auf, dass die beiden nicht sehr vernünftig gehandelt haben.
Rick_Blaine schrieb am 28.12.2018:Das ist die Darstellung der Soering-Groupies. Beweise gibt es dafür keine. Söring hatte alle Gelegenheit, solche Dinge in der Revision vorzubringen, hatte damit aber keinen Erfolg. Wenn man die Sache fair betrachten will, sollte man von solchen Vorurteilen Abstand nehmen. Sonst macht die Diskussion keinen Sinn.Natürlich gibt es Beweise dafür, dass der Richter das eine Opfer näher gekannt hat, ebenso ist es erwiesen, dass der Typ, der den Sockenabdruck-Vergleich anfertigte darauf nichtmal spezialisiert war und ebenso dürfte klar seien, dass das als Beweis ziemlich untauglich war, aber anders präsentiert wurde (ob jetzt im besten Wissen und Gewissen oder nicht). Dass man in der Revision scheitert muss auch nicht heißen, dass der Vorprozess astrein war.
Rick_Blaine schrieb am 28.12.2018:Aber man sollte der Jury hier schon ein wenig mehr zutrauen. Söring hatte Verteidiger, eigener Wahl, er hielt sich selbst ja eh für intelligenter als alle anderen, er hätte seine Verteidigung effektiver handhaben können. So muss man schon vermuten, dass er einfach substantiell nichts zu bieten hatte, was die Jury hätte überzeugen können.Eben das stört mich an Jurys, ein Gerichtsprozess ist keine Auktion in der der höhere Bieter gewinnt, beziehungsweise ein Gerichtsprozess sollte das nicht sein.
Rick_Blaine schrieb am 28.12.2018:Auch das ist freilich wieder ein rein emotionales Vorurteil und daher nicht wirklich diskutabel in diesem Fall.Das ist mit Verlaub in etwa so emotional wie mein Glaube an die Schwerkraft. Bist du denn von der Amerikanischen Rechtssprechung eher überzeugt als von der Deutschen? Vielleicht sollte ich Strafgesetzgebung explizit ausklammern, denn darum gings mir. Natürlich gibt es auch amerikanische Gesetzte, die ich gerne in Deutschland sehen würde, wie die Steuer an die Staatsbürgerschaft zu binden.
Lysander2 schrieb:Natürlich gibt es Beweise dafür, dass der Richter das eine Opfer näher gekannt hatDas ist aber noch lange kein Beweis für Befangenheit. Und das ganz unabhängig davon, in welchem Land das spielt. Um juristisch eine Befangenheit nachzuweisen muss man weit mehr vorbringen. Dazu kommt in diesem Fall, dass man offensichtlich nicht in der Lage war, im Nachhinein tatsächlich irgendwelche Beweise für die angebliche Befangenheit vorzulegen, also Entscheidungen dieses Richters im Verfahren aufzuweisen, die sich aus seiner Befangenheit erklären würden. Die Revision hat da nichts zu Tage gebracht.
Lysander2 schrieb:Eben das stört mich an Jurys, ein Gerichtsprozess ist keine Auktion in der der höhere Bieter gewinnt, beziehungsweise ein Gerichtsprozess sollte das nicht sein.Es "gewinnt" der, der die Entscheider besser überzeugen kann, ob das nun eine Jury oder eine Gruppe Berufsrichter und Schöffen sind, ist im Prinzip egal. Berufsrichter mögen erfahrener sein, aber es handelt sich selten um "Weise," deren Meinung immer korrekt ist.
Lysander2 schrieb:Bist du denn von der Amerikanischen Rechtssprechung eher überzeugt als von der Deutschen? Vielleicht sollte ich Strafgesetzgebung explizit ausklammern, denn darum gings mir.Ich praktiziere nun schon seit vielen Jahren in den USA im Strafrecht, kenne das also weitaus besser als die meisten user, die das nur aus dem Fernsehen kennen. Daher mag es manchen erstaunen wenn ich sage: In der Praxis ist der Unterschied zwischen beiden Ländern gar nicht so gross wie man immer glaubt. Sicher, es gibt andere Strafen, andere Bewertungen bestimmter Tatbestände und so weiter, aber wenn es um das Verfahren an sich geht, um die Beweiswürdigung - da sitzen hier wie dort Menschen. Fingerabdrücke sehen in beiden Ländern genauso aus und ein Fingerabdruck auf einer Tatwaffe wird einen amerikanischen Juroren genauso von der Schuld des Angeklagten überzeugen oder nicht, wie einen deutschen Richter. Und wenn es schon um die Unterschiede geht: mein persönlicher Eindruck ist, dass es in vielen Fällen schwieriger sein dürfte, in den USA einem Angeklagten die Schuld nachzuweisen als in Deutschland.
Lysander2 schrieb:der Typ, der den Sockenabdruck-Vergleich anfertigte darauf nichtmal spezialisiert war und ebenso dürfte klar seien, dass das als Beweis ziemlich untauglich war, aber anders präsentiert wurde (ob jetzt im besten Wissen und Gewissen oder nicht)Auch das ist so ein red herring. Der Vergleich des sogenannten Sockenabdrucks mit den Fussabdrücken ist nun nicht etwas, das extreme Spezialkenntnisse wie z.B. die eines DNA-Experten voraussetzt. Denn der "Experte" sollte ja nicht vergleichen, sondern die Jury. Um das mit anderen Worten zu sagen: wenn ich der Jury einen roten Apfel und eine grüne Birne vorlege und sie bitte, zu entscheiden, ob beide Früchte der gleichen Art entstammen, brauche ich keinen Professor der Biologie um das zu tun.
Lysander2 schrieb: dass der Typ, der den Sockenabdruck-Vergleich anfertigte darauf nichtmal spezialisiert war und ebenso dürfte klar seien, dass das als Beweis ziemlich untauglich war, aber anders präsentiert wurdeMehr oder weniger war Söring für meinen Geschmack schon überführt durch die zahlreichen Indizien.
Rick_Blaine schrieb am 04.01.2019:Das ist aber noch lange kein Beweis für Befangenheit. Und das ganz unabhängig davon, in welchem Land das spielt. Um juristisch eine Befangenheit nachzuweisen muss man weit mehr vorbringen. Dazu kommt in diesem Fall, dass man offensichtlich nicht in der Lage war, im Nachhinein tatsächlich irgendwelche Beweise für die angebliche Befangenheit vorzulegen, also Entscheidungen dieses Richters im Verfahren aufzuweisen, die sich aus seiner Befangenheit erklären würden. Die Revision hat da nichts zu Tage gebracht.Naja, da solltest du als Jurist dann aber auch so ehrlich sein zuzugeben, dass es oft schwierig ist Befangenheit nachzuweisen, selbst wenn diese existiert. Wie bewertest du es denn, dass der Richter die Opfer kannte? Gibt es da nicht immer ein Mindestmaß an Befangenheit (völlig ab davon ob man es jurisitich so beurteilen würde)? Würde es die ganze Sache nicht weitaus weniger fragwürdig machen, wenn den Prozess ein Richter geführt hätte, der sie nicht kannte? Es reicht da einfach nicht aus immer auf die Revision zu verweisen. Die Hürde bei der Revision ist auch nochmal ne Andere. Ein Ersturteil zu kippen ist z.B. nochmal größer als es zu fällen. Manchmal ist man auch einfach glücklich, dass man einen Schuldigen hat.
Rick_Blaine schrieb am 04.01.2019:Es "gewinnt" der, der die Entscheider besser überzeugen kann, ob das nun eine Jury oder eine Gruppe Berufsrichter und Schöffen sind, ist im Prinzip egal. Berufsrichter mögen erfahrener sein, aber es handelt sich selten um "Weise," deren Meinung immer korrekt ist.Ich finde beim besten Willen nicht, dass es egal ist. Die Meinung von Richtern ist bei weitem nicht immer korrekt, aber sie sind im Prinzip weitaus besser darin geschult solche Dinge vernünftig abzuwägen, ihre berufliche Integrität steht auch in einer völlig anderen Weise auf dem Spiel. Hierbei geht es mir jetzt auch nicht um den Prozess an sich. Ich bin mir mehr oder minder sicher, dass ein Berufsrichter ähnlich entschieden hätte (obgleich ich das auch fragwürdig fände), aber das Prinzip ist mmn. trotzdem besser als eine Jury. Eine Jury lässt sich schlicht zu einfach verleiten und steht nur ihrem eigenen Gewissen gegenüber. Ein Berufsrichter weiß, dass im Zweifel noch mehr auf dem Spiel steht und gibt sich mmn. tendenziell mehr mühe die Sache differenzierter zu betrachten.
Rick_Blaine schrieb am 04.01.2019:Ich praktiziere nun schon seit vielen Jahren in den USA im Strafrecht, kenne das also weitaus besser als die meisten user, die das nur aus dem Fernsehen kennen. Daher mag es manchen erstaunen wenn ich sage: In der Praxis ist der Unterschied zwischen beiden Ländern gar nicht so gross wie man immer glaubt. Sicher, es gibt andere Strafen, andere Bewertungen bestimmter Tatbestände und so weiter, aber wenn es um das Verfahren an sich geht, um die Beweiswürdigung - da sitzen hier wie dort Menschen. Fingerabdrücke sehen in beiden Ländern genauso aus und ein Fingerabdruck auf einer Tatwaffe wird einen amerikanischen Juroren genauso von der Schuld des Angeklagten überzeugen oder nicht, wie einen deutschen Richter. Und wenn es schon um die Unterschiede geht: mein persönlicher Eindruck ist, dass es in vielen Fällen schwieriger sein dürfte, in den USA einem Angeklagten die Schuld nachzuweisen als in Deutschland.Ist der Unterschied zwischen civil und common law nicht doch recht beträchtlich? Außerdem fände ich sehr interessant welche Prinzipien in den jeweiligen Rechtssystemen dich dazu verleiten zu meinen es sei in Deutschland einfacher die Schuld nachzuweisen? Meinst du damit wirklich nur das Strafrecht? Fände ich echt ganz interessant darüber mehr zu erfahren.
Rick_Blaine schrieb am 04.01.2019:Auch das ist so ein red herring. Der Vergleich des sogenannten Sockenabdrucks mit den Fussabdrücken ist nun nicht etwas, das extreme Spezialkenntnisse wie z.B. die eines DNA-Experten voraussetzt. Denn der "Experte" sollte ja nicht vergleichen, sondern die Jury. Um das mit anderen Worten zu sagen: wenn ich der Jury einen roten Apfel und eine grüne Birne vorlege und sie bitte, zu entscheiden, ob beide Früchte der gleichen Art entstammen, brauche ich keinen Professor der Biologie um das zu tun.Das finde ich klingt nun aber reichlich naiv. Was genau gibt es für die Jury zu vergleichen, wenn beides nahezu perfekt aufeinander passt? Den Vergleich führt hier eindeutig jener, der der Jury als Sachkundiger vorgestellt wurde. Das ist doch nun eine sehr leitende Beweisführung. Würdest du mir die Folien so präsentieren würde ich auch sagen: "Ja, die passen aufeinander". Siehst du darin kein manipulierendes Element? Hälst du den Abdruck für sonderlich aussagekräftig? Wenn nicht, warum ihn dann vorführen? Wenn ja, wieso? Du bist doch sicher auch schonmal im Schnee gerutscht und hast beobachtet, dass dein Schuhabdruck plötzlich viel größer war. Ebenso dürftest du wissen, dass sich die Fußgröße der meisten Menschen gar nicht so sehr unterscheidet. Das sind aber nicht unbedingt Gedanken die man sich als Geschworener macht, gerade wenn man schon in Richtung schuldig tendiert. Ich meine ich finde das als Beweis 0 überzeugend, könnte aber nicht garantieren, dass etwas vergleichbares mich in einer Prozesssituation nicht beindrucken würde. Findest du das nicht auch fragwürdig?
Lysander2 schrieb:dass es oft schwierig ist Befangenheit nachzuweisen, selbst wenn diese existiert.Fangen wir damit einmal an: Kannst Du mir irgendeine Entscheidung dieses Richters zeigen, die anders ergangen wäre, hätte er die Opfer nicht gekannt?
Lysander2 schrieb:Ich finde beim besten Willen nicht, dass es egal ist. Die Meinung von Richtern ist bei weitem nicht immer korrekt, aber sie sind im Prinzip weitaus besser darin geschult solche Dinge vernünftig abzuwägen, ihre berufliche Integrität steht auch in einer völlig anderen Weise auf dem Spiel.Genau mein Argument hinsichtlich der behaupteten Befangenheit.
Lysander2 schrieb:Ich bin mir mehr oder minder sicher, dass ein Berufsrichter ähnlich entschieden hätteAllerdings. Darauf würde ich wetten.
Lysander2 schrieb:Ist der Unterschied zwischen civil und common law nicht doch recht beträchtlich?Im materiellen Recht gibt es Unterschiede, aber auch dort weit weniger als man glaubt. Im Verfahrensrecht allerdings noch viel weniger.
Lysander2 schrieb:welche Prinzipien in den jeweiligen Rechtssystemen dich dazu verleiten zu meinen es sei in Deutschland einfacher die Schuld nachzuweisen? Meinst du damit wirklich nur das Strafrecht?Ja, ich sprach vom Strafrecht. Das Beweisrecht (im Englischen evidence law genannt und als Fachgebiet separat vom Strafrecht gelehrt) ist hier meiner Meinung nach restriktiver. Dazu kommt der fundamentale Unterschied der Präsentation. In Deutschland ist die Rolle des Richters inquisitorisch, das macht einen erheblichen Unterschied aus. Genauso der Umgang mit Gutachtern usw. Es führt hier OT, aber ich verteidige lieber hier einen Angeklagten als dort.
Lysander2 schrieb:Das finde ich klingt nun aber reichlich naiv. Was genau gibt es für die Jury zu vergleichen, wenn beides nahezu perfekt aufeinander passt? Den Vergleich führt hier eindeutig jener, der der Jury als Sachkundiger vorgestellt wurde. Das ist doch nun eine sehr leitende Beweisführung. Würdest du mir die Folien so präsentieren würde ich auch sagen: "Ja, die passen aufeinander". Siehst du darin kein manipulierendes Element? Hälst du den Abdruck für sonderlich aussagekräftig? Wenn nicht, warum ihn dann vorführen? Wenn ja, wieso? Du bist doch sicher auch schonmal im Schnee gerutscht und hast beobachtet, dass dein Schuhabdruck plötzlich viel größer war. Ebenso dürftest du wissen, dass sich die Fußgröße der meisten Menschen gar nicht so sehr unterscheidet. Das sind aber nicht unbedingt Gedanken die man sich als Geschworener macht, gerade wenn man schon in Richtung schuldig tendiert. Ich meine ich finde das als Beweis 0 überzeugend, könnte aber nicht garantieren, dass etwas vergleichbares mich in einer Prozesssituation nicht beindrucken würde. Findest du das nicht auch fragwürdig?Hier haben wir genau so einen fundamentalen Unterschied. Es ist eben hier nicht der Gutachter, der eine Beweiswürdigung trifft und diese unwidersprochen zur Kenntnis zu nehmen ist. Soering hatte das Recht, die Präsentation dieses Indizes anzufechten: er hätte einen eigenen Gutachter präsentieren koennen und der Jury eben präsentieren koennen, dass die Abdrücke nicht gepasst haben. Er hätte der ganzen Aussage widersprechen koennen, usw.