Der Mensch Jens Söring

Buck_Rogers schrieb:Vom 05.-08.06.86? Hast du dafür eine Quelle, ist mir neu?
Söring behauptet ja von dieser Immunitätsunterscheidung, die nur in den USA gilt, nichts gewusst zu haben.

Quelle ist hier der englische Söring-Blog, der sich auf Vernehmungsprotokolle / Tonbandmitschnitte beruft: The Truth About True Crime with Amanda Knox: Killing for Love, Part 3: An Interview with Dr Andrew Griffiths

Additionally, he was permitted to speak freely to the West German embassy on three occasions by telephone, and in German, a language nobody else present in the room understood.
...
Jens Soering’s only embassy-related question came after he had spoken to an embassy official on the telephone in German while the detectives were present in the room. Since none of them spoke German he asked if they wanted to know what had been said. He was told that he did not have to give them that information and the interview moved on.

Leider sind uns hier die Originaldokumente nicht zugänglich, auch wenn der Blog sonst vieles gut belegt.

Belegen lässt sich dafür die Existenz von Sörings Londoner Anwalt Keith John Barker. Dieser hat nämlich später eine eidesstattliche Erklärung zur Unterstützung Sörings abgegeben (siehe Themen-Wiki), hat Söring eingebläut, ohne Anwalt nichts zu sagen, und hat ihm hinterhertelefoniert, als die Mordvorwürfe öffentlich wurden. Da war es aber zu spät.

Stradivari schrieb:Ich habe ja in bayrischen JVA‘s gearbeitet und besonders, was die Besuchsregelungen und den Kontakt nach draußen angeht, gibt es da himmelweite Unterschiede . Das ist hier sehr restriktiv geregelt und zB Telefonate gab es eigentlich hier uberhaupt nicht , sogar bei Todesfällen in der Familie war das ein Riesenverwaltungsaufwand bis das in Ausnahmefall genehmigt wurde, wenn überhaupt .
Die Überbelegung der dortigen Gefängnisse ist sicher eine Riesenbelastung, das ist aber auch hier ein Problem für alle Beteiligten .

Ist es nicht so, dass nur eine halbe Stunde Besuch pro Monat erlaubt ist? Wie ist es mit Briefeschreiben?? Und wie mit Internet, E-Mail, Homepage, Newsletter??? Damit man das Bild vom "Horrorknast in den USA" mal etwas gerade rückt und Söring aus der Opfer-Ecke holt, auch wenn er sich da so wohl fühlt ...

Und was ist mit Gefängnissen in der Türkei oder Lateinamerika oder ...? Schlimmer geht immer ...

Ein "Promiknasti" wie Hoeneß hatte allerdings permanent Besuch, mal den Kaiser, mal jemand anderen, da gibt es scheins schon große Unterschiede hierzulande.

OnkelJule schrieb:Söring konnte regelmäßig vom Knast aus mit Anwälten und Unterstützern telefonieren. Hier zeigt sich der Pragmatismus der Amerikaner: Gefangenentelefonate sind nämlich eine Profitquelle für monopolistische Telefonservice-Anbieter. Ein Telefonat im Knast kostet nämlich deutlich mehr als draußen.

als Geldverleiher an Mithäftlingen hat Söring da ganz schon mitverdient, hat genauso agiert wie die "monopolistische Telefonservice-Anbieter"

ElvisP schrieb:. Über seine Aktivität als Geldhai prahlt JS in seinem Buch „Zweimal lebenslänglich: Wie ich seit drei Jahrzehnten für meine Freiheit kämpfe.“ (Das ist die Taschenbuchversion von "Nicht Schuldig".

- „...verdiente ich absurde Summen, indem ich den bis dahin vernachlässigten Markt mit Essen und Dosengetränken versorgte...“

-„...ich verdiente so viel, dass ich auf dem Postweg Anteile an einem Investmentfond kaufen konnte...“

- „Ich war der nette Kredithai.“

@OnkelJule
bewunderst Du JS dafür, dass er sich so gut anpassen konnte?

Mr.Stielz schrieb:Quelle ist hier der englische Söring-Blog, der sich auf Vernehmungsprotokolle / Tonbandmitschnitte beruft: The Truth About True Crime with Amanda Knox: Killing for Love, Part 3: An Interview with Dr Andrew Griffiths
Additionally, he was permitted to speak freely to the West German embassy on three occasions by telephone, and in German, a language nobody else present in the room understood.
...
Jens Soering’s only embassy-related question came after he had spoken to an embassy official on the telephone in German while the detectives were present in the room. Since none of them spoke German he asked if they wanted to know what had been said. He was told that he did not have to give them that information and the interview moved on.

Söring hatte am 5.6.86 zudem einen Anwalt vor Ort zur Verfügung, mit dem er an dem Tag auch zusammen war, Quelle ist Mortal Thoughts. Und wer vom 6.6. bis 8.6. nicht dazu kommt, dringend einen Anwalt zur diplomatischen Immunität zu befragen, der macht es am 9.6. oder 10.6. und widerruft sofort.

Ganz davon abgesehen, dass er den ganzen Mai im Knast + 1 Jahr nach der Tat Zeit hatte, einen Anwalt oder den Vater zu fragen. Wie kann man Söring nur dieses Diplomatenmärchen abkaufen?

@Cpt.Germanica
Herr Hoeneß war im Kakerlakenknast und ich glaub sogar im nicht renovierten Teil.
Keine besonderen Besuchsregelungen , alle 2 Wochen halt für 2 Std . Ich denke, die hat er für seine Frau reserviert. Netzer war mal da.
Das, was da sonst erzählt wurde, glaub ich nicht .

@Mr.Stielz
Das Söring Kontakt zur Botschaft hatte ist ja auch anderweitig belegt.
Ich vermisse den Kontakt zum Vater in deinem Beleg.
Das Sörings Anwalt Barker im Gefängnis war ist auch bestätigt. Er hat auch Haysom vertreten.
Die Quelle für die angeblichen Inhaltsangaben der Vernehmensprotokolle endet leider da, wo es spannend wird.
Beever will den USA-Anwalt holen und dann gibt es keinen Beleg, warum dieses nicht stattfindet.
Hier fehlt irgendwie der rauchende Colt.

Mr.Stielz schrieb:Sörings Vater war kein großer Diplomat, sondern ein relativ kleiner Beamter auf einem Konsulat

Hierzu ein kleiner Nachtrag: Sörings Vater war Vizekonsul, das klingt sehr beeindruckend, ist immerhin höherer Dienst, aber wahrscheinlich weniger bedeutend als viele denken, Einen eigenen Wikipedia-Artikel gibt es nicht, aber in Legationsrat steht:

Im konsularischen Dienst sind die Beförderungsämter Vizekonsul, Konsul, Konsul Erster Klasse und Generalkonsul.

Vom Generalkonsul, dem Leiter eines Konsulats, war Sörings Vater also noch drei Beförderungsstufen entfernt.

Sector7 schrieb:Wie kann man Söring nur dieses Diplomatenmärchen abkaufen?

Weil man will.

Als er sein Geständnis widerrief musste er sich ja was ausdenken. Bis dahin hat er EH geschützt ... indem er die Wahrheit erzählt hat! Aber nachdem die Knastfernbeziehung zerbrochen und EHs Urteil in den USA gesprochen war hat er sich auf Selbstschutz umbesonnen.

Stradivari schrieb:@Cpt.Germanica
Herr Hoeneß war im Kakerlakenknast und ich glaub sogar im nicht renovierten Teil.
Keine besonderen Besuchsregelungen , alle 2 Wochen halt für 2 Std . Ich denke, die hat er für seine Frau reserviert. Netzer war mal da.
Das, was da sonst erzählt wurde, glaub ich nicht .

Das mit dem Kaiser stand in der Presse. Und immerhin zum frühest möglichen Zeitpunkt Freigänger, zum frühest möglichen Zeitpunkt Entlassung auf Bewährung ... Im Knast war er wohl unbeliebt, anders als von ihm selbst dargestellt. Womit wir wieder bei der Glaubwürdigkeit von Knastbrüdern wären! Der Kreis schließt sich ...

@Cpt.Germanica
Ich korrigiere, in den meisten JVA‘s hier gibt es noch die alte Besuchsregel. 30 min alle 2 Wochen.
Kein Internet, TV darf weiter nicht mitgebracht werden, muss teuer „ gemietet „ werden.
Aber man darf in Stadelheim eine Zeitung abonnieren, sofern man die bezahlen kann.
Bevor das zu sehr OT wird, empfehle ich das für die jeweiligen JVA‘s zu googeln , das ist aber nicht erfreulich , was man da liest .

Katinka1971 schrieb:Dass er dachte, er wäre geschützt, kann ich ihm nicht verdenken. Hätte er mit seinen Eltern in einem Haushalt gewohnt, wäre es auch so gewesen. Dann greift der Diplomatenschutz. Und in vor Internetzeiten hat er so Feinheiten wohl nicht einfach so in Erfahrung bringen können.

Auch ohne Google kann man das in Erfahrung bringen. Abgesehen davon, dass seine angebliche Annahme eh weit hergeholt war.



Ich meine, dass Jens sich mit einem anderen Mörder eine Doppelzelle geteilt hat. Sicher auch nicht wünschenswert und das Gefängnis war sicher auch nichts toll. Aber es ist ja auch kein Ponyhof. Das hätte er sich vorher überlegen müssen bevor er einen Doppelmord gesteht.

Paulsen schrieb:Von welchem Flughafen wird er voraussichtlich abheben?

Dulles, Washington.

Soup schrieb:Ich meine, dass Jens sich mit einem anderen Mörder eine Doppelzelle geteilt hat. Sicher auch nicht wünschenswert und das Gefängnis war sicher auch nichts toll. Aber es ist ja auch kein Ponyhof. Das hätte er sich vorher überlegen müssen bevor er einen Doppelmord gesteht.

Korrigiere: Bevor er einen Doppelmord begeht.

@Soup
Da hat der Jens einiges erlebt im Knast , da bin ich mir sicher, da macht man lieber nachts kein Auge zu .
Im deutschen Regelvollzug wirst du nur selten Psychotikern etc begegnen, und wenn, dann nur kurz.
In USA sitzen auch Leute ein, die in „ normalen „ Gefängnissen eher fehl am Platz sind .
Aber vielleicht gibt es da auch Fortschritte .

Buck_Rogers schrieb:Die Story ist schon etwas komplexer. Angeblich hatte er Gardner und Sweeney kontaktiert (wurde abgeschmettert).

Das soll komplexer gewesen sein. Hier der Link zu seinem Statement Video:

https://www.jenssoering.com/soering_witness_testimony_video (Archiv-Version vom 28.02.2017)

Katinka1971 schrieb:Ich finde es merkwürdig, dass ständig behauptet wird, die Urteilsgegner würden ihn bejubeln, zum Helden machen ........... ich lese hier fast ausschließlich Unterstellungen in der Richtung, aber kaum jemanden, der das wirklich macht .............

Kann das auch nicht nachvollziehen, wenn hier die "Berichterstattung" kritisiert wird. Jedenfalls die, die ich zur Kenntnis nehme (Lokalblätter, die großen Online-Medien wie Spiegel, SZ, FAZ sowie der öffentliche Rundfunk). Da wird relativ distanziert berichtet, Söring wird (verurteilter) Doppelmörder genannt und es wird halt nicht verschwiegen, dass er und warum er die Tat bestreitet.

Vermutlich sind es Pappkameraden, die aufgestellt werden, um sie dann mit großem Getöse umzunieten. Das ist seit ein paar Jahren in den Diskursen relativ häufig zu finden: Es werden Unterstellungen behauptet und dann mit Verve angegriffen.

Das Wort "Held" finde ich sowieso ziemlich untauglich, das damit verbundene Pathos passt mir schlecht in eine aufgeklärte Zeit. Söring saß 33 Jahre im Gefängnis, das ist ein schweres Schicksal. Aber heldenhaft ist das nicht. Meiner Ansicht nach ist der Gerechtigkeit durch die Haftverbüßung mehr als Genüge getan. Deshalb finde ich es gut, dass er freigelassen und nach Deutschland überstellt wird. Möge er sich mit seinen Erfahrungen und Einsichten in unsere Gesellschaft einfügen (ich da sehr optimistisch, mit einem Jack Unterweger hat er wenig zu tun).

Soup schrieb:Zumindest besteht Zweifel daran, dass Jens Söring der Mörder ist

Die Zweifel wusste Söring gezielt zu streuen.
Nicht viele Täter werden bei Tatausübung erwischt.

Die Beiden haben sich extrem dumm angestellt. Elizabeth hat mit der Polizei kooperiert, Söring nicht.
Warum wohl? Weil er der Täter ist u. Angst hatte, das sie ihm was nachweisen können, das sollte man nur haben, wenn man Schuld hat.
Damit hat er sich verdächtig gemacht, mit der Flucht sowieso u. allem Weiteren nachfolgendem natürlich auch.

borabora schrieb:Elizabeth hat mit der Polizei kooperiert, Söring nicht.

Elizabeth hatte ja auch einen Vollpfosten, der die ganze Schuld auf sich nahm. Jens nicht. Ausserdem hatte Elizabeth anfangs die Medien und auch den Richter auf ihrer Seite. Ich denke das ist nicht zu vernachlässigen.
Ich möchte Jens keineswegs in Schutz nehmen und wie ich mehrfach schrieb, glaube ich, dass er an den Morden beteiligt war. Und so komisch sein Verhalten auch ist, so ganz klar ist die Sache nicht-sonst würde auch dieser Thread nicht immernoch aus allen Nähten platzen.

Soup schrieb:Elizabeth hatte ja auch einen Vollpfosten, der die ganze Schuld auf sich nahm. Jens nicht. Ausserdem hatte Elizabeth anfangs die Medien und auch den Richter auf ihrer Seite. Ich denke das ist nicht zu vernachlässigen.

da hatte ich einen anderen Eindruck, EH hat immerhin die Höchststrafe von Richter Sweeny erhalten mit einer Empfehlung, sie nicht vorzeitig auf Bewährung freizulassen.

borabora schrieb:Die Beiden haben sich extrem dumm angestellt. Elizabeth hat mit der Polizei kooperiert, Söring nicht.

genau! Hätte JS gleich bei der 1. Aufforderung seinen Sockenabdruck und eine Blutprobe bei der Polizei abgegeben und hätte er weiter sein Studium betrieben, hätten ihm die Ermittlungsbehörden wahrscheinlich seine Tatbeteiligung nicht nachweisen können.

Dass die Polizei Blutproben und Blutabnahmen hat vornehmen lassen, wahr wahrscheinlich nur ein Trick um die Täter aufzuschrecken. Hat ja bei Söring geklappt.

Soup schrieb:Elizabeth hatte ja auch einen Vollpfosten, der die ganze Schuld auf sich nahm.

So einfach ist seine Verwicklung in diesem Fall nicht zu erklären, finde ich u. für so edel halte ich keinen.
Als sie in London geschnappt wurden, hatte er wahrscheinlich keine Wahl, als zu gestehen, konfrontiert mit dem bisher zusammen getragenen.
Und sein "Heldentum" hörte auf, als er selbst dran war ;
Er hat den Leuten eine Räuberpistole erzählt. Jung, dumm, naiv, waren wir das nicht auch mal?

Soup schrieb:Ausserdem hatte Elizabeth anfangs die Medien und auch den Richter auf ihrer Seite.

Die können aber die Indizien, für die Söring selbst verantwortlich ist, die gegen ihn sprechen, nicht unter dem Tisch fallen lassen.

Buck_Rogers schrieb:Die Story ist schon etwas komplexer. Angeblich hatte er Gardner und Sweeney kontaktiert (wurde abgeschmettert). Letzteren auch noch mal auf einem Veteranen treffen. Beide negieren das. Auf einer Webseite wurde letzteres bestätigt (Suche verwenden). Er soll auch Gail Marshall kontaktiert haben.

Buchanan beschreibt die Tolle von Ned B. schon sehr treffend.

Das hört sich immer so an, als hätte Gardner vorsätzlich einen Zeugen verschwiegen, böser Ermittler, VT ... Buchanan hat Gardner aber erst im Jahr 2011 (angeblich) kontaktiert, 25 Jahre nach der Tat und zufällig nach der geplatzten Haftüberstellung nach D im Jahr 2010, wenige Tage später offerierte Buchanan seine Story dann einer Journalistin.

10-15 Jahre vor Gardner (aber schon 10 Jahre nach der Tat) will Buchanan Söring selbst bzw. dessen Anwältin Gail Marshall kontaktiert haben, noch während der laufenden Revisionsverfahren, wo so ein Zeuge Gold wert gewesen wäre. Hat man je davon gehört? Nein.

Aus meiner Sicht ist dieser Zeuge unbrauchbar, schon alleine durch die krude Story an sich und die bestens passende "Identifizierung" von EH und "Tolle" Ned B., 25 Jahre nach der angeblichen Beobachtung mit dem Blut und dem Messer in einem Kundenauto, wo man normal sofort die Polizei ruft.