Grymnir schrieb:Ich würde schon sagen, daß es auch vorher schon einen Sinn für die eigene Identität gab. Ob man das schon Nationalbewußtsein nennen konnte, kann ich freilich nicht beantworten.
Das erste Nationalbewusstsein (im Sinne von gemeinsamem Sprach- und Kulturraum) war um die 1848er-Revolution ein großdeutsches und keines auf die Erbländer bezogenes.
Es gab eine regionale Identität (Tiroler z.B.), die Vorarlberger sahen sich sehr eng mit den Schweizern und Allgäuern verbunden (gleiche Dialektgruppe), oder es gab sowas wie eine Habsburgidentität, die das Reich umfasste. Die lagen zum Teil im Wettstreit.
Sprachlich war diese Lokalidentität in Vorarlberg hochinteressant: in Vorarlberg Wohnende nannten sich "Landler", die aus Vorarlberg Weggezogenen oder Arbeitsemigranten waren "Fremdler".
Die ersten, die ein auf die Erblande begrenztes österreichisches Nationalbewusstsein zurückgriffen, waren in den 30er Jahren die Christlich-Sozialen (die mit ihrem faschistischen Ständestaat) und interessanterweise die Kommunisten (ein gewisser Alfred Klahr im Jahre 1937). Die Sozialdemokraten sahen sich als Teil der deutschen Sozialdemokratie und hatten eine staatliche Vereinigung mit Deutschland als Ziel in ihrem Programm, die Deutschnationalen diversester Coleur sowieso.
Nach dem Horror des Zweiten Weltkriegs und schließlich mit dem wirtschaftlichen Aufschwung in den 60er Jahren, war auch bei Umfragen die Österreich-Identität durch (von den Deutschsprachigen fühlen sich mehr als 90% als Österreicher und nicht als Deutsche - 8%). Die Zahlen habe ich von hier:
http://europe.hkbu.edu.hk/euro-ach/a/intro/texte/kopp2.htm (Archiv-Version vom 20.09.2013)Falle es wen im Thread interessiert, hier ein interessanter Artikel über die Entwicklung des Österreichbewusstseins vom Historiker Ernst Bruckmüller aus dem Jahre 1998:
http://www.demokratiezentrum.org/fileadmin/media/pdf/bruckmueller.pdf (Archiv-Version vom 23.09.2015)