"Ware gegen Ware", "Erst das Geld, dann die Ware" und umgedreht: Wirtschaften in Feudalismus sowie im legalen und illegalen Kapitalismussystem und ihre drei Motoren
rambaldi schrieb:Rein interessehalber, wie ist das dann wenn du die Rechnung nicht bezahlst? Dann existiert die Ursache nicht mehr aber die Wirkung bleibt?
Ich meine es abstrakter, nämlich systemisch betrachtet. Im Kapitalismus ist das Kapital der Motor, der die Bourgeoisie um den Globus treibt, so formulierte es Marx.
In der Tat ist Geld der Motor der Produktion und des Verkaufs, anders als in anderen Wirtschaftssystemen, wo der Besitz der Ware beim Endverbraucher der Antrieb allen Handelns sind. Die Ursache als Motivation im Feudalismus war es, als Feudalbauer noch im Besitz von Früchten der eigenen Ernte zu bleiben, nachdem der Lensherr Getreide und andere Güter eingetrieben hatte. Er wollte im Besitz der Ware sein, genau wie der Feudalbauer noch im Besitz von Gütern für den Eigenverbrauch bleiben wollte und der Leibeigene keinen Besitz dauerhaft unabhängig erwirtschaftete und als Ziel hatte, tagtäglich in den Besitz von Lebensmittelwaren und anderen Gütern zu gelangen, die er zum Überleben brauchte. Auch in diesem System wirtschaftete man mit Geld, aber lediglich zum Handel und Verleih gegen Zinsen. Ich sehe es so, dass Kapital (Gold und Schätze) nur als Vermögen eine Ursache waren im Feudalismus, nämlich des Ranges im Kaiserreich. Der König muss der reichste Mensch gewesen sein. Danach folgten Aristokratie (die restliche) und der Klerus. Geld verursachte hier nur Eroberungen, Plünderungen und Tausch, auch auf den mittelalterlichen Märkten, wo Bauern ihre Produkte tauschten und anboten.
Der Motor des Wirtschaftssystem "Feudalismus" war "Schichtenzugehörigkeit" wie zum Adel oder Klerus, Lehnsherrenschaft und Grundbesitz, also die Besetzung und der Besitz, kurz die Verfügungsgewalt, über Felder. Ich nenne den Motor 1 "Macht". Dann gab es aber schon bald Zinsen. Zinsen und Kapital sind die Motoren des Kapitalismus sowie allgemein auch der Finanzwirtschaft allgemein, also auch derjenigen des Mittelalters. Ich nenne den Motor des legalen (globalen) Wirtschaftssystems Kapitalismus demnach "Motor 2: Geld".
Zinsen waren ein Beispiel, wo die Ursache einer Handlung danach liegt. Menschen verliehen etwas, um später Geld zu bekommen.
Wenn sie das Geld nie bekommen, ändert es nichts, dass der Motor von Finanzgeschäften im Feudalismus immer Zinsen waren. Um deine Frage zu beantworten: Auch wenn ich die Rechnung nicht bezahle, ändert es nichts, dass die Rechnung gestellt wurde. Sie könnten als Schulden eh eingefordert werden.
Zinsen liegen dem Zinseneintreiben zeitlich nachgelagert. Bei Amazon ist die Bezahlung die Ursache für das Geschäft. Das war im Mittelalter nicht immer so rational: Man verlieh etwas, hat die Zeche geprellt, lebte auf Pump, tauschte Ware zwar ungerecht miteinander, um einen Gefallen zu tun oder vorgemerkt zu bekommen oder zurückzugeben oder man gab jemandem etwas auf dem Markt, das erst beim nächsten Mal bezahlt werden muss. Dieses Prinzip gibt es noch heute ("man schreibt an").
Wichtig ist, dass im Kapitalismus Geld der Motor ist und dass er immer am Ende des betriebswirtschaftlichen Denkens in Form der Gewinnausschüttung steht. Jeder betrieb arbeitet auf eine Endabrechnung im Jahr/Quartal hin. Die Ursache liegt in der Zukunft. In der VWL bzw. Finanzpolitik liegen rote Zahlen, die zu schwarzen Nullen werden sollen, festgelegt als systemische Ursache dafür, dass das System auf eine schwarze Null ("0 Euro") z. B. bei der Staatsverschuldung, Staatsneuverschuldung oder in generellen haushaltsbilanzen hinausarbeiten lässt. Auch in einem kapitalistischen Staat ist das Geld ("Kapital" nach Marx") der Motor der Finanz- und Haushaltspolitik. Die Zahlen liegen als sogenanntes Systemziel in der Zukunft. Von ihnen ausgehend wird vorwärts bis zu ihnen hin geplant und planvoll gehandelt.
Ein Kunde schließt einen Kaufvertrag. Erst die Zahlung überträgt das Eigentum. Das ist immer so im Kapitalismus, außer bei Schenkungen und Tod (bei Übertragungen von Eigentum durch ein Erbe). Ein anderes formelles Prinzip gibt es nicht. Natürlich dürft ihr versuchen ohne Geld zu leben oder ihr könnt tauschen ohne geld, bloß das macht kaum noch jemand. Dass es nur noch so ist, heißt nicht, dass es immer so sein wird. Aus den jetzigen Verhältnissen schließt sich nicht aus, dass auch anders derzeit gewirtschaftet werden darf oder kann, aber im Kapitalismus schließt sich organisiertes Wirtschaften überall ohne Geld aus, außer bei neuen Formen der Arbeitssklaverei. Selbst in der Schattenindustrie und in der Mafia ist Geld der Motor des Wirtschaftens. Dort steht er allerdings am Anfang des Wirtschaftens: In der Schattenwirtschaft gilt umgedreht als im legalen Kapitalismus: Erst die Ware, dann das Geld. Wenn wir einkaufen und wirtschaften gilt aber anders als in krimineller Organisation von Arbeit: Erst das Geld, dann die Ware. Daher stimmt man bei Amazon dem Schreiben einer Rechnung zu.
Ich nenne den Motor 3 "Ware". Ware ist der Motor der Schattenwirtschaft in diesem Jahrhundert. Ob Plutonium, Menschen, Cannabis oder ein Gewehr: Wer im Besitz der Waren ist, ist der Wirtschafts- und Handelstreiben im illegalen Kapitalismus anleitend, ein "Mafia-Chef" oder "großer Fisch". Geld ist selbst eine Ware. Scheine werden gegen andere Scheine getauscht, Waren jedoch vermehrt. Es geht der Mafia um die Vermehrung der Warenzirkulation. Geld wird durch Geldwäsche nur aus Versehen mit vermehrt. Im Kapitalismus soll Geld auch so einfach durch sich selbst vermehrt werden. Während der Eigentümer über die Produktionsmittel durch Kapital an seinen Betrieb kommt und so noch immer, gelangt ein hohes Tier bei der Mafia wegen Zugang zu Waren an seine Position. Es ist völlig umgedreht. Die Wirkmechanismen sind verdreht. In der Schattenglobalisierung wird Geld zum Output des Wirtschaftssystems der Mafia und Ware ist sein Antriebsmotor. Der Output des Kapitalismus ist jedoch die Ware. Der Input ist da Geld, das "Kapital".