Ayran84 schrieb:Auswärtige werden dort eher selten hin geraten, da ist einfach nix. Man kommt dort nicht „zufällig auf dem Weg nach…“ vorbei - es sei denn man will tatsächlich in eines der Dörfer.
Aber wenn man eine Leiche im Kofferraum oder ein sich wehrendes junges Mädchen auf dem Beifahrersitz hat, fährt man nicht unbedingt zielgerichtet auf dem kürzesten Weg von A nach B. Mit einem lebendigen Mädchen vielleicht, wenn man sich vorher überlegt hat, wo man sie ungestört missbrauchen könnte. Dann hätte der Täter ortskenntnis haben müssen und den Parkplatz vorher gekannt und als geeigneten Ort für den Überfall ausgewäht haben müssten.
Aber mit eine Leiche im Kofferraum fährt man vielleicht eher suchend durch die Gegend, möglichst weit abgelegen und schaut, biegt in immer kleinere Seitenstraßen ab und schaut, ob es irgendwo eine Stelle gibt, die von der wenig befahrenen Straße schlecht einsehbar ist, so dass man von dort nicht sehen kann, dass jemand eine leiche in die Büsche zerrt.
JosephConrad schrieb:Beim Nachbarn hat die Polizei damals nicht weiter ermittelt, die Vorwürfe waren zu dünn.
Ich sehe das anders und zwar in etwa so:
Justsaying schrieb:Vielleicht bekommt man gar nicht immer mit, was im Hintergrund bei der Polizei laeuft.
Die Aussage stammt ja von Claudias Mutter, die in dem verlinkten Zeitungsartikel zitiert wird. Man denkt immer, dass Angehörige von der Polizei gut über Ermittlungen informiert werden, aber das werden sie in der Regel nicht. Anders als im Tatort bekommen sie in der Realität kaum mehr Informationen als die Öffentlichkeit, zum einen, weil nie ausgeschlossen werden kann, dass ein Täter aus dem direkten Umfeld der Familie stammt und selbst wenn alle Angehörigen schwören, keine der bekanntgegebenen Details weiter zu erzählen, kann man doch nicht sicherstellen, dass auf diesem Weg nicht doch Infos zum Ermittlungstand an den Täter gelangen, und sei es über Umwege. Die Mutter erzählt es ihren Eltern, also den Großeltern des Opfers, die Schwester der besten Freundin, der Vater seinem besten Freund und der Bruder seiner ersten festen freundin. Menschlich gesehen sehr verstädnlich, weil so eine Situation extrem belastet sein kann und man jemand vertrauten zum Reden brauch. Und schwups, wissen nicht mehr nur 2 oder 3 Leute, sondern gleich 7 oder 8 bescheid. Und bis zum Nachbarn, der vielleicht der Täter war, wären es dann nur noch zwei oder drei weitere Schritte.
Zum anderen bracht man die Angehörigen später ja vielleicht auch als unvoreingenommene Zeugen in einem Prozess. Wenn die über jeden Ermittlungsschritt informiert sind, berichten sie nicht mehr nur ihre eigenen Einschätzungen, sondern ihr Bild wird extrem durch Infos vom Hörensagen geformt.
Und zu guterletzt geht es die Angehörigen eines Opfers auch nichts an, ob, wie viel und was zu dem Nachbarn ermittelt wurde. Vielleicht hat er ja als Alibi für die Tatzeit angegeben, bei seiner Geliebten, seinem Geliebten, bei einer Prostituierten oder in Holland zum Hasch rauchen, gewesen zu sein. Alles nicht verboten, aber etwas, von dem er sicher nicht möchte, dass die Nachbarn das erfahren. In so einem Ermittlungsverfahren gibt es oft zahlreiche Personen, gegen die sich ein sehr loser, oberflächlicher Anfangsverdacht ergibt, von denen aber die weit überwiegende Mehrheit ganz schnell wieder durchs Raster fällt. Im Film wird ja gezeigt, wie die Polizisten die Halter ähnlicher Fahrzeuge abklappern und es wird gesagt, dass alle bekannten, vorbestraften Sexualstraftäter befragt werden sollen. All das geht doch die Eltern des Opfers nichts an.
Insofern würde ich auf die Aussage der Mutter, dass nie in die Richtung des Nachbarn ermittelt wurde, nicht viel geben. Ich bin mir sicher, dass er von der Polizei überprüft wurde und sich kein konkreter Verdacht ergeben hat.
Kielius schrieb:Um es etwas überspitzt zu sagen: Der anonyme Brief ist "der letzte Strohhalm", nach dem die Ermittler greifen in der Hoffnung, den Fall darüber nach 45 Jahren noch zu klären.
Kielius schrieb:Alle verbleibenden Hoffnungen ruhen nun größtenteils auf dem Briefschreiber.
Nachgeordnet vielleicht noch auf Frauen, die damals in ähnlicher Weise attackiert wurden und die jetzt Parallelen erkennen und sich melden.
Auch hier sehe ich es eher so wie
@Justsaying:
Justsaying schrieb:So sehe ich das nicht, es gibt inzwischen ja zahlreiche Hinweise.
Und 'nachgeordnet' kann man auch nicht sagen, jeder Hinweis kann in der Gesamtsumme beitragen und jeder Hinweis koennte der entscheidende sein.
Der Brief ist sicher nicht der letzte Strohhalm, aber die Polizei ist auch nicht so dumm, dass die in der Öffentlichkeit damit hausieren geht, wie viele Indizien und Hinweise sie insgesamt hat. Als XY-Zuschauer kann man das einfach nicht beurteilen: vielleicht haben sie schon eine Tonne Indizien gegen eine konkrete Person und wollten nur noch seine Reaktion abwarten, um den Sack zu zu machen. Vielleicht haben sie aber auch geblufft und haben nicht mal so einen Brief bekommen, dann würde ich aber denken, dass sie andere konkrete Hinweise auf eine bestimmte Person haben. alles dazwischen ist möglich.