Das Durchschneiden der Kehle ist in der Tat ein irritierendes Moment - eines von so vielen im Fall. Während die Pistole eine Distanzwaffe ist, die ein ebenso distanziertes Tötes ermöglicht, erfordert ein solcher Gebrauch des Messers schon eine gewisse Abgebrühtheit (wenn man nicht ein "Übertöten" aus einer Panikreaktion heraus annimmt).
Für die (Süd-)Osteuropa-Spur (ehm. Jugoslawien) hätte ich durchaus eine Sympathie. Auch wegen der Waffe. Bliebe nur das Problem, dass die Taxifahrer keinen slawischen Akzent wahrgenommen haben.
Leider ist die Psychopathen-These so oder so nicht vom Tisch, da ist alles drin, was unerklärlich erscheint. Selbst unerklärliche Brüche. Und machen wir uns nichts vor: Von hier aus können wir nicht wirklich fundierte Ideen zu Täter und Motiv ausschließen, weil es zu viele Unbekannte gibt. Es gab hier mehrere sehr gute Theorien, die meines Erachtens umso besser waren, je mehr sie die Fragen offen ließen, die nur mit wilden Spekulationen zu füllen gewesen werden.
Das beste Beispiel die von Menedemos, die ich im Folgenden nochmals in Gänze zitiere (Hervorhebungen von mir, alles weitere dazu ab
Seite 365 ff.)
Menedemos schrieb am 23.02.2018:Für mich ist das Nachtatverhalten des Täters mittlerweile ziemlich einleuchtend und nachvollziehbar und gibt mir keine großen Rätsel mehr auf. Er musste viel improvisieren, hat dabei aber logisch gehandelt und ziemlich viel richtig gemacht.
Hinweis: Ich schreibe im Folgenden der Einfachheit halber immer im Singular. Ich schließe aber keineswegs aus, dass auch mehrere Kriminelle zu bestimmten Zeitpunkten beteiligt gewesen sein können.
Die Ermordung der Langendonks war nicht vorhergeplant (siehe meine Ausführungen dazu oben). Warum, wissen wir immer noch nicht, spielt aber hier keine Rolle, da es hier nur ums Nachtatverhalten gehen soll.
Die Schüsse, die Schrei hörte man meilenweit. Jemand hätte den Mord auch direkt gesehen haben können, von einem der Häuser aus oder von einem Auto aus auf der Bundesstraße. Letzteres war zwar nicht so, konnte der Täter aber nicht wissen. Manche Ohrenzeugen überlegten jedenfalls, die Polizei zu rufen (etwa die Frau aus Litzlwalchen, die bei VOX interviewt wurde). Auch der Täter musste das zu Recht befürchten.
Was tat er also: Er flüchtete schleunigst vom Tatort. Das ist nicht nur ein natürlicher Reflex, sondern in solcher Situation auch objektiv das einzig Sinnvolle.
Aber nach einiger Zeit, wahrscheinlich in einigem Abstand, besann er sich: Wenn herauskommt, dass im Hölzl ein Mord geschehen ist, hat er ganz ein massives Problem. Warum, wissen wir nicht. Ein Beispiel: Auf der Flucht hat ihn jemand gesehen, der ihn kennt: "Servus Ede, was treibst du denn hier im Wald?" "Ich, äh, bisschen frische Luft schnappen..." Versetzen wir uns in die Position von "Ede"! Würden wir nach einer solchen Begegnung nicht auch alles tun, um zu verschleiern, dass im Hölzl an diesem Abend ein Mord geschehen ist?
Es sind weitere Gründe denkbar, den Ort zu verschleiern. Ich halte das Beispiel nicht einmal für den wahrscheinlichsten Grund. Aber es wäre ein durchaus mögliches Szenario.
Einen Grund, den Tatort zu verschleiern, musste es jedenfalls gegeben haben, sonst hätte er sich nicht dem enormen Risiko ausgesetzt, 2 Stunden nach dem Mord zum Tatort zurückzukehren. Dass darin ein hohes Risiko besteht, musste er wissen, so dumm, das nicht zu wissen, ist keiner. Der Täter tat es trotzdem, also musste es einen Grund geben, der das Risiko aufwog.
Es ging ihm auf jeden Fall darum, den Tatort zu verschleiern, erst in zweiter Linie darum, Spuren wie DNA, Fingerabdrücke zu beseitigen (die möglicherweise überhaupt erst durch die Rückkehr und die Autofahrt entstanden sind). Denn wenn es nur darum gegangen wäre, hätte er das Womo auch an Ort und Stelle abfackeln können.
Aber weiter im zeitlichen Ablauf: Er kehrte also zurück (kurz vor 20 Uhr). Höchstwahrscheinlich fuhr er entlang der Bundesstraße erst einmal am Tatort vorbei, schaute, ob die Luft dort rein zu sein schien oder ob sich bereits Polizei an der Stelle tummelte. Letzteres war nicht der Fall. Er versteckte also sein Fahrzeug irgendwo im Wald - und nun musste es ganz schnell gehen.
Er eilte zum Tatort, zerrte die Leichen hastig in den Camper, warf wahrscheinlich die Campingmöbel mit hinein und dann fuhr er eiligst los. Er hat sich zu diesem Zeitpunkt bestimmt nicht länger als 15 Minuten am Tatort aufgehalten, alles andere wäre ja auch der blanke Wahnsinn gewesen. Einige Artefakte blieben bei dieser hastigen Aktion zwangsläufig am Tatort zurück.
Vermutlich erst jetzt fand er Zeit, darüber nachzudenken, wo er mit dem Camper eigentlich hinfahren sollte und wie er sich des Problems entledigte. Manche meinen ja, es hätte gereicht, den Camper nur 10 km weit wegzufahren und dort abzufackeln.
Der Täter war nicht dieser Meinung - und ich bin es auch nicht. Es wäre ja sofort klargeworden, dass der Fundort nicht der Tatort sein konnte. Also hätte man z.B. über die Lokalpresse gefragt, ob jemand in der Umgebung verdächtige Aktionen rund um ein holländisches Wohnmobil wahrgenommen hat. Und dann wäre mit ziemlich großer Sicherheit Litzlwalchen und das Hölzl ins Blickfeld geraten. Wollte der Täter also den Tatort verschleiern, war es ausgesprochen sinnvoll, so weit zu fahren, dass keiner mehr einen Bezug zu Litzlwalchen für möglich hält. Der Täter wählte dafür eine Strecke, über die Holländer meist fahren, wenn sie auf der Rückreise sind. Er nahm später die Kamera mit sich, zerstörte den Film, weil er befürchtete, die Langendonks hätten am Hölzl ein Foto gemacht.
München, Ingolstadt, die ebenfalls einen guten Bahn-Anschluss gehabt hätten, erschienen ihm offenbar nicht weit genug. Erst bei Nürnberg verließ er die Autobahn, wäre er weitergefahren, hätte er auch tanken müssen.
Irgendwo auf der Fahrt hatte er sich einen Kanister mit Benzin besorgt. Ich glaube nämlich nicht, dass die Langendonks einen gefüllten Kanister im Womo hatten. Der Innenraum war so schon sehr klein und sie fuhren ja nicht durchs Outback und brauchten also keinen Reservekanister. Ich glaube auch nicht, dass der Täter ihn zum Tatort mitbrachte. Er hätte ihn ein Stück, von seinem eigenen Fahrzeug aus zum Womo, durch den Wald schleppen müssen. Viel zu umständlich und zeitraubend. Er hat ihn also irgendwie auf der Fahrt besorgt, aber wohl kaum an einer Autobahntankstelle, die dortigen Filmaufnahmen wurden ja alle gesichtet.
Jedenfalls in Altenfurt angekommen arbeitete er geradezu meisterhaft: Es gelang ihm, ALLE Spuren zu vernichten, DNA wie Fingerabdrücke. Das muss man erst mal schaffen! Und dabei nicht penetrant nach Benzin und Rauch zu riechen, denn das wäre den Taxifahrern später aufgefallen.
Er versuchte auch noch eine falsche Fährte zu legen, indem er ein paar Wertgegenstände mitgehen ließ. Aber ich bin überzeugt: Was immer das Motiv war, um Geld und Geldeswert der Langendonks ging es nie. Bei Gelegenheit werde ich das vielleicht mal ausführlicher begründen können.
Auf der Flucht durch den Wald hörte er die Polizeisirenen und er warf alles weg, was ihn mit den Langendonks hätte in Verbindung bringen können, sogar Geld. Und den Film, auf dem Fotos vom Tatort hätten sein können, zerrte er trotz höchster Eile aus der Kamera.
In Altenfurt angekommen vermied er es klugerweise, von der erstbesten Telefonzelle aus ein Taxi zu rufen. Er ging lieber noch 20 Minuten weiter, um seinen Bezug zum brennenden Wohnmobil zu verschleiern.
Er war in höchster Eile, musste schnell zum Tatort zurück. Auch der Grund dafür ist kein großes Wunder noch ein großes Rätsel: Der Tatort war keineswegs sauber aufgeräumt, dazu hatte er gar keine Zeit gehabt. Noch immer lag da einiges herum, das zumindest auf ein sehr ungewöhnliches Geschehen hindeuten musste. Z.B. die Einstiegshilfe. Und weitere Gegenstände, die wir nicht kennen, weil der Täter sie später zu beseitigen Gelegenheit bekam. Und vor allem stand sein Fahrzeug noch in unmittelbarer Tatortnähe! Natürlich stand sein Fahrzeug dort, wie hätte er denn in diese Pampa kommen sollen? Eigenes Fahrzeug am Tatort - ganz schlecht. Es ist völlig logisch, dass er am liebsten nach Litzlwalchen GEFLOGEN wäre.
Nun verfügt Litzlwalchen aber über keinen Flugplatz (von einem GANZ kleinen abgesehen ;) ). Und Züge fuhren auch keine mehr. Also war der Plan, mit wechselnden Taxis zurückzufahren. Ursprünglich wollte er wohl zwei Mal das Taxi wechseln, später entschioed er sich (vielleicht aus Zeit-, vielleicht aus Geldgründen, vielleicht aus Übermüdung oder allem zusammen), das Taxi kein weiteres Mal zu wechseln. Möglicherweise war das ein kleiner Fehler, aber der einmalige Taxiwechsel hätte normalerweise auch ausgereicht, seine Spur hinreichend zu verschleiern. Dass sich BEIDE Taxifahrer brav bei der Polizei meldeten, war aus Tätersicht pures Pech.
Aber es hat ja trotzdem gereicht. Bis die Polizei die Spur nach Litzlwalchen nachverfolgen konnte, den eigentlichen Tatort finden konnte, vergingen fast zwei Wochen. In dieser Zeitraum hatte der Täter genügend Zeit gehabt, den Tatort noch weiter zu säubern.
Ich weiß aber gar nicht, ob er nach diesem Sonntagmorgen überhaupt noch einmal hingegangen ist. An diesem Morgen jedenfalls stieg er am Waldrand aus dem Taxi aus, besichtigte noch einmal den Tatort. Er sah die Einstiegshilfe, er trug sie in den Wald. Das Blut war schon versickert und nicht mehr sichtbar. Die Hülsen, erst recht die Projektile waren im hohen Gras versteckt, auch der Täter fand sie nicht mehr und dachte, wenn er sie nicht sieht, sieht sie auch kein anderer. Nach einigen Aufräumarbeiten erschien der Waldrand des Hölzls an diesem frühen Sonntagmorgen als ein stiller, friedlicher Ort, an dem dem Augenschein nach nichts mehr auf ein Verbrechen hindeutete.
Mit einiger Genugtuung kehrte der Täter nun zu seinem Fahrzeug zurück, fuhr der aufgehenden Sonne entgegen heimwärts und sank erschöpft angekommen in einen viele Stunden dauernden, traumlosen Schlaf...