@Rona64Ja, das ist so richtig. Allerdings bezieht sich das immer auf die Vernehmung der Vernehmungsbeamten als Zeugen, die in den von Dir genannten Fällen möglich sein soll, nicht auf eine derartige Videovorführung. Interessanterweise verweist § 255a StPO noch nichtmal auf den § 254 StPO. Ich meine tatsächlich, dass diese Videovorführung in dieser Form gegen § 254 StPO verstößt. In meinem (schon etwas älteren) Meyer-Goßner, § 254 Rn. 6 steht:
Polizeiliche Protokolle dürfen nicht zum Zwecke der Beweisaufnahme über ihren Inhalt verlesen werden; insoweit begründet § 254 StPO ein Verwertungsverbot (mit weiteren Nachweisen).
Das gilt dann mE erst recht für Videoaufnahmen, umso mehr als die Ausnahme des § 255a StPO sich gerade nicht auch auf § 254 StPO erstreckt.
@Rona64 kannst Du das mit Deiner neueren Auflage nochmal überprüfen, ob sich da was getan hat, oder das so immer noch da drin steht?
Hier dazu auch nochmal BGHSt 1, 337 (alt aber mE immer noch so aktuell wie eh und je):
Richterliche Protokolle dürfen, wie aus § 254 StPO hervorgeht, zum Beweise dafür verlesen werden, daß der Angeklagte die in ihnen beurkundeten Erklärungen abgegeben hat. Aus der Beschränkung auf richterliche Protokolle ergibt sich aber zugleich auch, daß Niederschriften über eine polizeiliche Vernehmung nicht in dieser Weise verwertet werden dürfen.
Einzige Möglichkeit diese Vorschrift zu umgehen sehe ich in diesem netten Kunstgriff, BGHSt 1, 337:
Das ist auch nicht geschehen; denn aus der Sitzungsniederschrift geht weiter hervor, daß die Protokolle nicht nur zum Zwecke des Vorhalts an die Angeklagte, sondern auch zur Gedächtnisstütze für den Zeugen K. verlesen wurden, der als Kriminalbeamter die Angeklagte vernommen und die Niederschriften angefertigt hatte. Auf diesem Wege durfte sich das Schwurgericht in verfahrensrechtlich einwandfreier Weise Kenntnis von den Angaben verschaffen, die die Angeklagte bei früheren polizeilichen Vernehmungen gemacht hatte ( BGHSt 1,4 , 8 ). Die verlesenen Protokolle enthielten nicht die eigenen früheren Aussagen des Zeugen K., so daß der Fall des § 253 StPO, soweit die Protokolle ihm durch Verlesung vorgehalten wurden, nicht vorliegt. Sie hatten vielmehr für ihn die Bedeutung selbst angefertigter Schriftstücke, deren Verlesung zur Unterstützung seines Gedächtnisses jederzeit zulässig war. Nach § 253 StPO soll einem Zeugen zur Unterstützung seines Gedächtnisses eine frühere Aussage erst vorgelesen werden, nachdem er erklärt hat, sich sonst nicht an den Vorgang erinnern zu können. Es braucht nicht abschließend entschieden zu werden, ob das auch auf den Fall sinngemäß anzuwenden ist, daß ein Zeuge zur Unterstützung seines Gedächtnisses der Vorlesung eines von ihm angefertigten Schriftstückes bedarf. Auch wenn man das bejahen wollte, kann die Revision keinen den Bestand des Urteils gefährdenden Verfahrensfehler aus der Tatsache herleiten, daß der Zeuge K. erst während der Verlesung des von ihm aufgenommenen Protokolls erklärte, er würde ohne die Verlesung keine genauen Aussagen machen können. Denn § 253 StPO beruht auf der Erkenntnis, daß der Beweiswert einer Aussage verschieden beurteilt werden kann, je nachdem, ob ein Zeuge über einen Vorgang aus lebendiger Erinnerung berichten kann, oder ob er zur Unterstützung des Gedächtnisses des Vorhalts der früheren Aussage bedarf. Als dem Zeugen K. die von ihm früher aufgenommenen Niederschriften vorgelesen wurden, war sich das Schwurgericht, wie die Sitzungsniederschrift und die Urteilsgründe zweifelsfrei ergeben, von Anfang an darüber im klaren, daß er ohne die Vorlesung der Protokolle keine näheren Angaben werde machen können, und er hat das im Laufe seiner Vernehmung auch ausdrücklich bestätigt. Dementsprechend ist seine Aussage vom Schwurgericht gewürdigt worden. Damit steht fest, daß seine Bekundungen nur so bewertet worden sind, wie wenn er vor Beginn der Vorlesung erklärt hätte, sich ohne den wörtlichen Vorhalt nicht mehr der Einzelheiten erinnern zu können, also das in § 253 StPO vorgesehene Verfahren beobachtet worden wäre.
Ich weiß schon, warum ich Strafrecht nicht mag.
@Verbum_petoIch habe das Video nicht von Anfang an gesehen.
Ich weiß nicht, ob HS belehrt worden ist etc pp.
Falls nicht, kann nicht vorher ein Veto eingelegt werden.
Vielmehr muss nach der sog. Widerspruchslösung des BGH der Verwertung des Beweismittels im Rahmen einer Verteidigererklärung gem. § 257 StPO unmittelbar nach der jeweiligen Beweiserhebung widersprochen werden.
Das scheint mir so nicht richtig zu sein. In den Urteilen und auch in der Literatur wird immer nur vom spätest möglichen Zeitpunkt gesprochen. Aber gerade in der Literatur wird nahegelegt so früh wie möglich einen solchen Widerspruch einzulegen, wenn es geht sogar noch vor der Hauptverhandlung. Das erscheint mir auch sinnvoll und logisch. Den Angeklagten dazu zwingen, die Beweiserhebung abzuwarten, wenn das Verwertungsverbot bereits feststeht, wäre mE auch verfassungsrechtlich bedenklich.
Hier mal ein Auszug aus BGHSt 39, 349 (Hervorhebung von mir):
Sie ist zulässig, wenn der verteidigte Angeklagte in der Hauptverhandlung zustimmt oder bis zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt nicht widerspricht (BGHSt 38, 214, 225/226).
oder BGHSt 38, 241:
Der Widerspruch kann nur bis zu dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt erklärt werden. Er muß also spätestens in der Erklärung enthalten sein, die der Angeklagte oder sein Verteidiger im Anschluß an diejenige Beweiserhebung abgibt, die sich auf den Inhalt der ohne Belehrung (§ 136 Abs. 1 Satz 2, § 163 a Abs. 4 Satz 2 StPO) gemachten Aussage bezieht.