Am allermeisten zum Schenkelklopfen finde ich die herzerwärmende Story, wie Herr Stevens die Harbort-Doku anschaut und Interesse an dem Fall findet, woraufhin er Kontakt zu "Henrike im Gefängnis" aufnimmt und sie bittet, ihm das Urteil zukommen zu lassen. Nach dessen Lektüre ist er dann so von "Henrikes" Unschuld überzeugt, dass er ihr den Floh von einer möglichen Wiederaufnahme ins Ohr setzt.
Eine durchaus interessante, im Marketing ja schon lange bekannte Akquisestrategie: zahlungskräftige Kunden identifizieren, ihnen mit der Karotte des Freispruchs vor der Nase rumwedeln und ihnen weis machen, dass man an sie glaubt und das aufgrund der Überzeugung ihrer Unschuld angehen will.
Das ist wie die Verkäuferin in der kleinen Mode-Boutique an der Ecke, die jeder Kundin, die sich mit Mühe in eine rosa Wurstpelle gepresst hat ins Ohr flötet: "Das Kleid ist ja wie für Sie gemacht, genauso muss das sitzen. Mein Gott, mit Ihrer Figur ist das doch gar kein Problem, sowas figurbetontes zu tragen!"
Lampros schrieb:Was die unterschiedlichen Meinungen von Stevens zum Horchheimer Doppelmord und dem Münchner Parkhausmord angeht, liegt das einfach darin begründet, auf welcher Seite er jeweils aktiv war/ist. Er hat zur Zeit der Ermittlungen oder des Prozesses wohl noch im Rahmen seiner juristischen Ausbildung bei der Münchner Staatsanwaltschaft mitgearbeitet. Juristen sind da einfach flexibel, die müssen immer in der Lage sein, ihren Standpunkt zu vertreten. In einem Artikel der Zeit über Johann Schwenn hieß es mal, "Recht ist für ihn dort, wo er steht".
Das ist mal eine seltsame Auffassung von den Aufgaben eines Strafverteidigers.
Jeder Beschuldigte und Angeklagte hat das Recht auf anwaltlichen Beistand. Niemand muss sich bei der Polizei oder vor Gericht selber belasten.
Das sind juristische Grundsätze unseres Rechtsstaates.
Wenn A den B totschlägt, heißt das nicht, das A ein Mörder ist. A kann einen Mord, einen Totschlag oder eine Körperverletzung mit Todesfolge begangen haben. Er kann in Notwehr gehandelt haben oder es könnte ein Unfall gewesen sein. Oder der B hat den A angegriffen, weil ihm die Stimmen in seinem Kopf eingeredet haben, der B sei ein russischer Agent, der ihn zum Mars entführen will.
Jedes dieser Szenarien würde zu einer anderen Beurteilung des Straftatbestandes und damit zu einem anderen Urteil führen: von Freispruch wegen Notwehr bis lebenslanger Haftstrafe mit Vorbehalt der Sicherungsverwahrung ist alles drin, einschl. Unterbringung in einer forensischen Psychiatrie.
Die meisten juristischen Laien wissen natürlich, dass sie den B nicht hätten tot hauen dürfen. Aber als Laie kann man eben nicht beurteilen, was er aus juristischer Sicht genau gemacht hat und welche juristischen Konsequenzen aus welchen Aussagen, die er zum Tatablauf machen könnte, ergeben würden.
Er muss sich wie gesagt nicht selber belasten und der anklagende Staat muss ihm nachweisen, was er falsch gemach hat.
Dafür braucht er eben eine Strafverteidiger, der ihn dazu berät und als juristischer Fachmann seine Interessen vertritt.
Zu der Aufgabe eines Strafverteidigers gehört es aber nicht, rechtskräftige Urteils so umzudeuten, dass sein Mandant als Unschuldslamm dasteht. Insofern stimmt es nicht, dass ein Anwalt flexibel sein muss und mit Scheuklappen vor den Augen und Stöpseln in den Ohren immer wieder in verschiedenen Formulierungen wiederholen muss, sein Mandant sei unschuldig, nur weil es sein Mandant ist. Und zu seiner Aufgabe gehört es schon mal gar nicht, das immer wieder in ein Mikrofon des Bayrischen Rundfunks zu plärren.
Wenn Herr Stevens tatsächlich mit einem Wiederaufnahmeantrag beauftragt ist, dann ist seine Aufgabe ganz einfach, neue Beweise beizuschaffen, die die Unschuld der HS belegen. Alles Geschwafel, das Urteil sei fehlerhaft, HS hätte so nicht verurteilt werden dürfen bringt ja rein gar nichts, denn der Drops ist ja schon gelutscht. Das Urteil wurde auf Rechtsfehler geprüft, es wurden keine gefunden und die Revision deshalb abgelehnt. Er kann 300x sagen, dass der Motorradfahrer sich geirrt haben muss und dass der Schlüssel gezeigt hätte, Herr Schemmer sen. sei nach der Tat noch munter mit seinem Auto durch die Gegend gefahren. Das alles mag bei dem ein oder anderen Zuhörer, der auf das Gelaber reinfällt, das Image der HS aufpolieren. Aber einen Wiederaufnahmeantrag kann er mit seinen Räuberpistolen nicht begründen.
Wobei: können tut er es natürlich schon, Papier ist geduldig. Nur wird so ein Antrag eben keine Chancen auf Erfolg haben.
Lampros schrieb:"Weitere Beweismittel zur Stütze dieser Zeugenaussage wurden von den Parteien nicht benannt und konnten daher, anders als im Strafprozess, nicht gewürdigt werden."
Und damit haben sie sich doch ein Eigentor geschossen...
BS klagt gegen HS, damit ein Zivilgericht feststellt, das HS dem BS keinen Schadensersatz und kein Schmerzensgeld schuldet, weil ihre Schuld nicht nachweisbar ist. BS wollte ja unterliegen, aber was ist dieses Urteil für BS und HS wert, wenn drin steht, dass der Kläger nicht ausreichend Beweise gegen HS geliefert hat, diese Beweise im Strafprozess aber vorlagen und das Strafgericht deshalb andere Voraussetzungen hatte als das Zivilgericht.
Da haben sie mal wieder einen ordentlichen Batzen de von den durch HS ermordeten Schwiegereltern geerbten Geld für irgendeinen Hirnfurz der HS umsonst zum Fenster rausgeblasen. Das hätten sie sich unter den Voraussetzungen mal besser gespart.