Hier haben wir es noch mal genauer, wie Frau K. ihren Schmerzensgeldanspruch rechtfertigt:
Die Mutter begründet die Schmerzensgeldforderung dem Gericht zufolge mit psychischen Beeinträchtigungen. 15 Jahre lang habe sie keine Kenntnis über den Verbleib ihres Kindes gehabt.
https://www.stern.de/gesellschaft/regional/bayern/prozesse--prozessbeginn--schmerzensgeldklage-von-peggys-mutter-34221902.html
Das heißt also: Frau K. macht geltend, dass die Ungewissheit über Peggys Schicksal, und zwar seit dem Jahre 2001 bis zur Auffindung von Peggys Leiche anno 2016, bei ihr Gesundheitsschäden verursacht habe.
Und sie sagt damit gleichzeitig bzw. muss, um eine schlüssige Klage hinzubekommen, zusätzlich sagen, dass a) Manuel S. diese Schäden verursacht hat, weil er ihr keine Gewissheit über Peggys Verbleib gegeben hat, obwohl er ihr Gewissheit hätte geben können, und dass b) sie keine der geltend gemachten Beeinträchtigungen erlitten hätte, wenn Manuel S. ein rechtmäßiges Alternativverhalten gezeigt, ihr also schon 2001 Gewissheit gegeben hätte (Frage nach der Kausalität zwischen Verletzungshandlung und Schaden).
Zu a): Richtig ist, dass Manuel S. Frau K. . schon 2001 Gewissheit über Peggys Tod hätte verschaffen können. Das hat er unterlassen. Der springende Punkt ist hier: Hätte er ihr Gewissheit verschaffen MÜSSEN? Wo steht das bzw. womit lässt sich zivilrechtlich eine solche Informations- bzw. Offenbarungspflicht des Manuel S. gegenüber Susanne K. begründen? Es läuft immer wieder auf diese entscheidende Frage hinaus.
Zu b): Spricht etwas dafür, dass Susanne K. keine der geltend gemachten Gesundheitsschäden erlitten hätte, wenn Manuel S. ihr schon 2001 gesagt hätte, dass Peggy tot in Rodacherbrunn liegt, oder wären die Gesundheitsschäden trotzdem entstanden, weil Frau K. die Nachricht vom Tod des Kindes hätte verkraften (und jede Hoffnung auf ein Auffinden des lebenden Kindes hätte aufgeben) müssen? Auch diese Frage nach der Kausalität zwischen Verletzungshandlung von Manuel S. (Unterlassen der Info über Peggys Tod) und bei Frau K eingetretenen Gesundheitlichen Beeinträchtigungen wurde hier schon angeschnitten.
Und a) und b) sind eben auch die Punkte, an denen die Schlüssigkeit der Klage scheitern kann, ohne dass Manuel S. als Beklagter sich schon groß im Verfahren einlassen muss. Es würde zunächst genügen, darauf hinzuweisen, dass er Susanne K. nicht über den Verbleib des Kindes hötte informieren müssen und dass sein Unterlassen nicht kausal für die Gesundheitsschäden der Mutter ist, rein rechtliches Vorbringen also. Wie gesagt: der Beklagte ist erst dran mit faktischem Verteidigungsvorbringen gegen die Klage, wenn die Klage aus sich heraus schlüssig ist. Vorher muss er gar nichts sagen, er kann, aber er muss nicht. Die wenigsten Beklagten sagen in der Praxis vorher was, sie wollen dem Kläger ja nicht quasi aus Versehen, indem sie zu viel zum eigenen Nachteil quasseln, die Klage schlüssig machen.