kätzchen4 schrieb:. Zum einen findet das abgehörte Gespräch, über das es mMn mindestens eine Mitschrift gegeben haben muss, in Lemmers Buch gar keine Erwähnung, über das zwischen UK und MS im Zwick stattgefundene Gespräch weiß Lemmer auch nichts zu berichten. So quasi, alles was zum Nachteil von UK/MS zu berichten gewesen wäre fällt unter den Tisch. Hatte das Autorenduo auf derartige Akten keinen Zugriff?
Ich gehe davon aus, dass ihnen das unbekannt war.
kätzchen4 schrieb:Soll heißen: Ganz so glaubwürdig erscheint mir Lemmer dann doch nicht mehr, weshalb auch bei den Ausführungen um den V-Mann nicht alles den Tatsachen entsprechen muss.
Dass Lemmer das nicht erwähnt hat, was zu dem Zeitpunkt hinreichend bekannt war und diesbezüglich auch falsche Behauptungen aufgestellt hat, ist ein berechtigter Kritikpunkt am Buch. Allerdings denke ich nicht, dass er die Geständnisse, die Peter H. kolportierte, falsch wiedergegeben hat. Wenn Du eine bessere Quelle hast, würde ich mich aber über eine Mitteilung freuen, um das einzuarbeiten.
kätzchen4 schrieb:Das Gespräch wurde am 24.07.2002 mitgeschnitten, nach UK`s Geständnis also.
Ok. Ich werde das korrigieren. Keine Ahnung wie ich da auf Februar kam.
kätzchen4 schrieb:Wie oben, das Verfolgungsszenario taucht bereits im Geständnis vom 02.07.2002, sowie im Tatrekonstruktionsvideo vom selben Tag auf
Das bedeutet dann aber, dass das Verfolgungsszenario vor dem Geständnis gar nicht aufgetaucht ist, oder?
kätzchen4 schrieb:Ich bin der Meinung das war genau andersrum, aus NS und US als Verbringer wurde MS.
Aber MS wurde von UK laut Peter H. ja ganz zu Anfang bereits als Verbringer bezeichnet.
kätzchen4 schrieb:Wenn Richter Wiesneth vor Gericht seine Beurteilung über die EV des Hoffmann bekundete, muss das nicht heißen, dass er sich nicht getäuscht haben könnte.
Doch, klar kann er sich getäuscht haben. Aber zur Wiederaufnahme zu ungunsten des Angeklagten reicht das nicht. Der Zeuge muss sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht haben. Vereidigt ist der Richter sicher nicht worden. Damit scheidet das bereits aus. Und der Richter hat sicher auch nicht eine vorsätzliche falsche Aussage zugunsten UKs gemacht. Eine nicht vorsätzlich falsche Aussage ist kein Wiederaufnahmegrund.
kätzchen4 schrieb:In diesem Zusammenhang wiederhole ich meine Frage: für wen sollten NS und US als Leichenverbringer fungieren, wenn nicht für UK? Diese Geschichte hatte UK dem V-Mann Peter Hofmann erzählt!
Die Namensänderungen im Buch von Lemmer machen es nicht gerade leicht, dem zu folgen. Im Buch wurde ein T. S. genannt, der auch ein Drogendealer gewesen sein soll. Ist der mit N. S. identisch? Vorausgesetzt, dass Peter H. den nicht selber kannte - zB weil er auch von dem Drogen bezog - wäre das ein interessanter Punkt. Aber wenn Peter H. tatsächlich zumindest insoweit die Wahrheit sagte, dass UK ihm gegenüber nie die Tat selbst gestand, dann muss der Punkt eben erfunden gewesen sein, oder die betreffenden waren für MS die Leichenverbringer, den UK ja auch gegenüber Peter H. zunächst als Täter bezichtigt haben soll.
jaska schrieb:Wir wissen ja leider nicht, was die Urteilsbegründung sagt. Aber allein die Zulassung des Wiederaufnahmeverfahrens beruhte u.a. auf der Zeugenaussage von Peter H. Ob seine Aussage 2001ff oder die 2010 richtig war weiß ich nicht, für mich sprechen gerade die Ermittlungsergebnisse seit dem Leichenfund eher dafür, dass H. zunächst richtig aussagte. Dass sie eine falsche Grundlage fürs Wiederaufnahmeverfahren darstellen könnte sehe ich schon so. Immerhin sagte RA Euler ja sehr offen im Lemmer-Podcast, dass H. sich erst überhaupt auf Gespräche einließ, nachdem er ihm eine Visitenkarte mit dem Satz hinterließ, "es würde sich für ihn lohnen". H. behauptete, er habe schon 2001 wegen in Aussicht stehender Lockerungen belastend ausgesagt. Dafür gab es nie einen Beweis. 2010 aber haben wir die Aussage von Euler selbst, dass es sich für Hoffmann lohnen sollte. Worin dieser Lohn bestand ist nicht bekannt, Seelenheil wird's nicht gewesen sein.
Auf der Zeugenaussage von Peter H. konnte das Urteil nicht beruhen, weil Peter H. im WAV nicht ausgesagt hat. Mglw. beruhte das Urteil auch auf der Aussage von Richter Wiesneth, der über die Aussage von Peter H. aussagte. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich nicht weiß, ob die vorsätzliche Falschaussage eines Dritten, die durch die wahre Aussage eines Zeugen in einen Prozess eingeführt wird, auch zur Wiederaufnahme berechtigen würde. Aus dem Wortlaut ergibt sich das erstmal nicht zwingend. Ich tendiere aber stark dazu die anderweitige Einführung einer Zeugenaussage in den Prozess der Vernehmung gleichzustellen und insofern einen Wiederaufnahmegrund anzunehmen, wenn das Urteil darauf beruht hat.
Das Problem ist hier natürlich, wie Peter H. eine Falschaussage nachgewiesen werden soll. Dass es sich für ihn lohnen sollte, ist für sich genommen nicht ausreichend. Auch wenn Peter H. sicher keine Lockerungen versprochen wurden, kann er doch auf diese gehofft haben. Gerade dazu gibt es ja mehrere Aussagen, dass ihm das wichtig war und er daran geglaubt hat. Auch wenn er dazu keine Hinweise von der Polizei bekam, kann er also deswegen eine falsche Aussage vor der Plizei gemacht haben. Nicht umsonst hat die Polizei von sich aus mitgeteilt, dass sie Peter H. nicht geglaubt haben. Umgekehrt macht die Tatsache, dass Peter H. seine Aussage erst revidierte, nachdem er hörte, es solle sich für ihn lohnen, diese Aussage nicht falsch. Er kann kann das "moralisch richtige tun" mit dem Nützlichen verbunden haben. Falls er überhaupt etwas dafür bekommen hat, oder es nicht eben doch auch und gerade um sein Seelenheil ging. Und dann ist da halt auch immer noch die Aussage von Richter Wiesneth, über die man hinwegkommen muss.
Ich hege außerdem starke Zweifel daran, dass das etwas bringen wird, selbst wenn es der StA gelingen sollte mit hinreichender Sicherheit jetzt noch Peter H. eine vorsätzliche Falschaussage nachzuweisen (was ich für schlicht unmöglich halte) und deswegen ein WAV zu erreichen. Denn damit landen wir ja nur wieder bei der Frage, ob UK denn ein glaubhaftes Geständnis ihm gegenüber abgelegt hat. Und da haben wir eben zahlreiche verschiedene Aussagen, die auch unter dem Gesichtspunkt der Auffindesituation der Leiche mE nicht hinreichend sind, um eine Verurteilung von UK zu erwirken. Ich muss als Verteidiger nur das Gutachten der StA zu UKs Aussagen in den Ring werfen, das wir nur aus der Pressemitteilung kennen und dann ist eine Verurteilung kaum noch begründbar. Darüber hinaus kann sich UK immer auf den Standpunkt stellen, dass der Täter MS war und er nur dabei und das ja gar nicht wollte. Und wenn MS das genaue Gegenteil aussagt, aber eben nur einer verurteilt werden kann, werden beide frei gesprochen werden müssen.
So schwer es auch fällt, wir werden uns damit abfinden müssen, dass - auch wenn es Hinweise in die eine oder andere Richtung gibt - dieser Fall nicht aufgeklärt werden kann, wenn sich nicht doch noch ein Zeuge meldet, der Ranzen/sonstige neue Spur gefunden wird oder einer der Tatbeteiligten selbst aussagt.