@SCMP77 SCMP77 schrieb:Der Grund ist greifbar, es geht um die fehlende Aufzeichnung, das Fehlen des Anwalts und das seltsame Gebaren vor Gericht.
Das Fehlen der Aufzeichnung ist zum Einen überhaupt keine Pflichtverletzung und zum anderen wurde das doch erklärt: die Anlage war eben abgebaut worden. Hätten die Ermittler sagen sollen "nein, bitte gesteh noch nicht, wir machen hier nochmal eine Mikro-Montage"? Dass der Anwalt gerade weggefahren war - was bitte ist daran so auffällig? Er wurde versucht zu erreichen hatte aber das Telefon aus. Und die Ermittler hatten die ausdrückliche Genehmigung, Ulvi K. auch ohne Rechtsbeistand zu vernehmen. Darüberhinaus ist es überhaupt nicht die Pflicht des Anwaltes, ein Geständnis zu verhindern.
Es gibt sicher den am Reißbrett entworfenen Idealzustand, wie so etwas auszusehen hat. Aber das geht an der Realität einfach vorbei.
SCMP77 schrieb:Es steht hier letztendlich Aussage gegen Aussage. Herr Kulac meint, er hätte "gestanden", weil man ihm mit Freundschaftsenzug drohte.
Dazu hätte ich die Gegenfrage, nämlich warum man Herrn Kulac ausgerechnet das glauben sollte, wenn er doch so leicht beeinflussbar ist?
Schau Dir mal an, wann welche Vorwürfe auftraten. Das Geständnis wurde zurückgezogen, das ging ohne jegliche Vorwürfe einher. Im Prozess kam dann der Punkt zur Sprache, bei dem Geier seine Truppe falsch informiert hatte über die Herkunft eines großen Flecks an der Arbeitsjacke Kulacs. Das wurde untersucht, angesprochen, diskutiert und stand dem Urteil nicht entgegen. Erst mit der BI kam man dann von psychischer Erpressung "ich bin nicht mehr Dein Freund" auf Folter "an der Schulter gekniffen". Da diese ganzen Aktivitäten von vorneherein einem bestimmten Zweck dienten bezweifle ich hier die Objektivität an. Das klang im Gegenteil so, als wollte man partout immer wieder neue Scheite nachlegen in der Hoffnung, dass da doch mal was zündet. Und die Ergebnisse der verschiedenen polizeilichen Untersuchungen geben mir Recht: es konnten keine Hinweise zur Aussageerpressung gefunden werden.
Mir ist schon klar, was jetzt kommt. "Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus", "alle korrupt", "alle gegen die Schwächeren". Und schwups sind wir wieder bei genau diesen beliebten Verschwörungen. Da wird aus dem Bauchgefühl und einer ungesunden Skepsis heraus argumentiert und selten mit Fakten.
SCMP77 schrieb:Aber Du hast Recht, das Urteil sagt eben schon viel aus, wie unlogisch das Geständnis teilweise ist und auch Kröber ist - nachdem er sämtliches VIdeomaterial im Gerichtssaal sehen musste - zurückgeschwommen und hat eine (ungewollte) Beeinflussung durch die Ermittler konnte er nicht mehr ausreichend ausschließen. Schon das Mitgeschnittene hatte gereicht.
Sorry, aber so einen Schmarrn hätte ich nie geschrieben. Dr. Kröber hat sicher die Videos schon vom ersten Verfahren her gekannt, die Filme waren keinerlei Grund für ihn, zurückzurudern. Streng genommen hat er seine Einschätzung gar nicht sehr geändert. Er geht auch heute noch von einem erlebnisbasierten Geständnis aus (Danke
@traces für diesen Crime-Artikel kürzlich). Lediglich war ihm bei der ursprünglichen Begutachtung diese Tathergangshypothese nicht bekannt gewesen und mit deren Kenntnis konnte er eine Beeinflussung nicht gänzlich ausschliessen. Die hätte er auch 2004 nicht ausschliessen können. Der Gutachter arbeitet immer mit Wahrscheinlichkeiten.
SCMP77 schrieb:Offen gelassen hat das Gericht auch wie die Anzahl der Verhöre vor dem "Geständnis" zu werten sind. 20 sehe ich da persönlich schon als recht viel an, dass kann auch ein Zermürben zur Folge haben, aber wie gesagt nur Add-Ons zu den Erkenntnissen des Gerichts.
Diese Erkenntnisse würden mich brennend interessieren.