jaska schrieb:@traces
Ich frag Dich mal als Experten:
Suggestionen - Wie lange halten die an? Wie tief sind die verwurzelt? Können die Probanden unterscheiden, was wahr ist und was nicht? Können sie eigenständig und ruckzuck wieder umswitchen zur eigentlichen Version? Wäre das dann die ursprüngliche Erinnerung oder einfach Version 2 der Wahrheit?
Es gibt unterschiedliche Formen von Suggestion mit jeweils unterschiedlichen Effekten.
Im vorliegenden Fall kommen zwei davon in Frage:
(1) Suggestion in Form einer Manipulation, die den Befragten unter Druck setzen soll, so dass eine Einlassung geschieht.
Bei dieser Form ist der Betreffende jederzeit in der Lage, zwischen wahr und unwahr zu unterscheiden. Ein Geständnis/ eine Einlassung erfolgt dann zu dem Zweck, sich dem Druck zu entziehen, indem man dem Vernehmer sagt, was er hören will und zugibt, was man nicht begangen hat.
Das Besondere daran ist, dass in solchen Prozessen, gerade, wenn sie sich über mehrere Vernehmungen ziehen, für gewöhnlich kaum kohärente und in sich konstante Angaben getätigt werden, sondern diese in Kernpunkten oft variieren können oder bizarre Details enthalten, die kaum logisch sind (so, wie im Fall Rupp geschehen).
Sobald der Druck endet bzw. sich der Betroffene in Gegenwart ihm vertrauter oder schützender Menschen befindet, distanziert er sich i.d.R. von dem Geständnis.
(2) sequenzielle Suggestion in Form der Implantation einer Falscherinnerung
Das ist eine weitaus subtilere Form der Suggestion, in der wiederholt und durch die Hintertür (also latent und lediglich andeutungsweise) dem Betroffenen ein spezielles Szenario "angeboten" wird, wie es gewesen sein könnte. Das Besondere hierbei ist, dass dies i.d.R. erfordert, dass in dem Betroffenen ein "Mangel"/ ein Zweifel erzeugt wird, er sich also nicht wirklich sicher ist, ob er die Tat nicht tatsächlich begangen haben könnte (Leute mit Filmriss bieten sich da sehr gut an). Schritt für Schritt ist ihm der Vernehmer also dabei "behilflich", diese vermeintlich "verschütteten" Erinnerungen wieder ins Gedächtnis zu bringen. In diesem Prozess entsteht im Laufe der Zeit eine Pseudoerinnerung, die für den Betroffenen den gleichen Realitätsgehalt hat, wie ein tatsächliches Erlebnis. Er kann also nicht mehr unterscheiden, ob das, was er erinnert, tatsächlich wahr ist oder nicht. In seiner Wahrnehmung ist es absolut real.
Das ist übrigens auch der Grund, warum in therapeutischen Prozessen Hypnose zur "Aufdeckung verschütteter Erinnerungen" einen berechtigterweise absolut zweifelhaften Hintergrund hat.
Die Folge: Derjenige ist nicht im Stande, zu widerrufen, da er seine Angaben als seine tatsächliche Erinnerung erlebt. Er hat Bilder dazu, Gerüche, eine zeitliche Einordnung usw.
Eine Falscherinnerung kann nicht "ausgeredet" werden, sondern sie muss "gelöscht" werden, was, wenn überhaupt, lediglich mit therapeutischen Mitteln möglich ist und einen erheblich langen Zeitraum bedarf. Und selbst dann berichten Menschen, trotz, dass ihnen der Verstand sagt, es ist unwahr, dass sie dennoch die Bilder als Erinnerung - also einen Restzweifel - in sich haben.
LaDaya schrieb:Ich hab eine ganz einfache Erklärung für deine Suggestionshypothese.
1. U.K. wurde gar nicht suggeriert sondern entsprechend bearbeitet: wenn du nicht dann...
2. wurde U.K. vielleicht dann irgendwann mal von seinen (nennen wir es mal suboptimalen) Rechtsanwalt über die Rechtsfolgen seines Geständnises aufgeklärt
3. mit dem Geständnis wollte sich das Kind Ulvi die Freundschaft des SOKO Kumpels sichern
Zu deinem 1. Punkt:
Dann hätte er unmittelbar, als die Vernehmungen endeten und er mit seinen Eltern/ Anwalt/ Ärzten zu tun hatte, widerrufen.
Zu deinem 2. Punkt:
Ob er intellektuell in der Lage gewesen wäre, den juristischen Hintergrund seiner Aussage zu begreifen, selbst nach ordentlicher Aufklärung, darf in Frage gestellt werden. Die Tragweite sowie kurzfristige als auch insbesondere langfristigen, emotionalen Folgen seines Handelns zu überblicken, dürfte ihm kaum möglich sein.
Zu deinem 3.Punkt:
Von dieser Freundschaft hatte er nicht viel. Selbst, wenn sein Intellekt auf einem Niedrigstand rangiert, ist selbst ein Kind in der Lage, zu unterscheiden, von und durch wen er mehr reale Vorteile erhält und durch wen nicht. Darüber hinaus, um hier den Kreis zur Suggestion zu schließen, hätte er dann wiederum aller Voraussicht nach sein Geständnis wiederholt, wenn er erneut mit dem betreffenden Beamten zusammengetroffen wäre.