JosefK1914 schrieb:Nur ein kleines Beispiel zum Nachdenken.
Peggy ist aus einem Bus gesichtet worden. Nach Ihrer Logik hätten alle Insassen des Busses Peggy sehen müssen. Da nur von einer der Insassen Peggy gesehen wurde, ist diese Aussage genauso widersprüchlich, wie die obigen Aussagen. Außerdem machen Sie immer noch den Fehler, dass die anderen Aussagen nur dann wahr sein sollen, wenn sämtliche Aussagen nach 13:15 wahr wären.
Nur dass Helen C. Paggy aus der Seitenscheibe eines Buses heraus gesehen haben will und nicht alle Menschen in einem Bus gleichzeitig zur selben Seite aus dem Fenster schauen. Bewegt man sich zusammen zu Fuß, so ist der Fokus in den meisten Fällen bei allen in die gleiche Richtung gerichtet.
Mao1974 schrieb:Hm, sehe ich nicht so.
Ich bin da bei @jaska . In dieser Hinsicht (Suggestion) gab es nämlich wenig Neues, außer dem vermeintlichen Widerspruch Kröbers (der für mich keiner war, denn er geht immer noch davon aus, daß das Geständnis der Wahrheit entsprach).
Das stimmt so nicht.
Kröbers Gutachten folgt den vom BGH geforderten Kriterien. Dies beinhaltet unter anderem die Aussagegenese. Und in diesem Punkt kam Kröber, anders als zuvor, zu einem negativem Ergebnis, nämlich dass es sehr wohl Hinweise für eine mögliche Suggestion (Tathergangshypothese, unklarer Vernehmungswortlaut) gab.
Ist das Ergebnis der Aussagegenese aber negativ, MUSS die gesamte Glaubhaftigkeitsbegutachtung negativ werden. Der BGH hat dazu in einem Grundsatzurteil ausgeführt, dass „die Realkennzeichen (das was Kröber nach wie vor bejaht - Anm. von Living Elvis) ungeeignet sind, zur Unterscheidung zwischen einer wahren und einer suggerierten Aussage beizutragen […] Beispielsweise wird ein Kind seine Angaben, die objektiv nicht zutreffen, weil es sie unbewusst auf die Erwartungen ausrichtet, subjektiv für wahr halten. Dementsprechend gibt es keine empirischen Belege dafür, dass sich erlebnisbasiert und suggerierte Aussagen in ihrer Qualität unterscheiden.“
Es stimmt also nicht, dass Kröber immer noch davon ausgeht, dass das Geständnis der Wahrheit entspricht. Was Kröber sagt ist lediglich, dass die Aussage zu "gut" ist, als dass sie sich jemand mit Ulvis IQ ausgedacht und in der entsprechenden Form wiederholt haben kann. Und Kröber hat zumindest Indizien dafür gefunden, dass sie sich MÖGLICHERWEISE ein anderer ausgedacht haben kann.
Und damit ist das Geständnis einfach zum Teufel. Das muss man so klar sagen. Da kann man einfach keinen belastenden Honig mehr draus saugen.
Mao1974 schrieb:Bei den Ermittlern sind Widersprüche (zB bez. der gefundenen Fasern) schlicht dadurch zu erklären, daß sie sich nicht mehr korrekt erinnerten. Ansonsten müsste im ersten Prozess ein Faserbefund schlicht gefälscht worden sein, was ich nun nicht annehme.
Die Fasergeschichte ist heikel. Ich weiß nur, dass sie im ersten Urteil bereits nicht auftaucht. Ob der Fund überhaupt in den Prozess eingeführt worden ist, weiß ich nicht. Falls ja, hat Hornig das unter den Tisch fallen lassen.
Mao1974 schrieb:Ulvi selbst wurde nicht nur nicht befragt (was sein Recht ist), auch die ganze Vergewaltigungsgeschichte wurde nicht aufgearbeitet, wäre aber nötig gewesen, wenn es um die Frage der Suggestion ging, denn das war das vermutete Motiv.
Die Vergewaltigungsgeschichte wurde schlicht nicht bestritten, auch wenn andere anderes behaupten mögen. Ulvi ist dafür nach wie vor rechtskräftig verurteilt und somit "steht" das Motiv immer noch. Nur - Motive allein reichen nicht, um jemanden als Mörder zu überführen.
jaska schrieb:Ich meine alleine die inhaltliche Gestaltung. Da gab es viele heutige Zeugenaussagen aber damalige Inhalte aus dem letzten Prozess wurden kaum angesprochen und wenn dann "nur" kritisch hinterfragt (das "nur" nicht, weil es überflüssig wäre, sondern weil Anderes auf der Strecke blieb).
Es führt ja auch zu nichts. Es hat doch damals schon keine wesentlichen Belastungspunkte gebracht, da war zu erwarten, dass das auch im neuen Prozess nicht viel anders wird. Und als nach Kröbers Gutachten das Geständnis nichts mehr wert war, was wollte man da noch verhandeln? Du kannst niemanden im Knast lassen, bloß weil die Zeugen am Ende Peggy doch nicht nach 14 Uhr gesehen haben.