242 schrieb:Verbreiter und Urheber einer Information sind nicht zwingend identisch nur weil der Urheber unbekannt bleibt. Das kommt bei anonymen Hinweisen gegenüber der Presse sogar relativ häufig vor und die anonymen Hinweisgeber geniessen sogar einen besonderen Schutz.
Allerdings ist die Presse dazu verpflichtet den Wahrheitgehalt vor Veröffentlichung zu prüfen und genau das wurde hier wohl auch gerügt.
Das ist grundsätzlich richtig. Aber solange eben ein (auch gern anonymer) Dritter nicht als Urheber der Information angegeben wird, muss eben der Verbreiter auch als Urheber angesehen werden.
242 schrieb:1. Angaben der Moderation auf externe Tippgeber finden sich wiedergegeben durch die Zuhörer in eben verlinkten Thread
Das stimmt so nicht, ich konnte jedenfalls eine entsprechende Anmerkung nicht finden:
Den ersten Hinweis in dieser Diskussion auf die Suchaktion gibt es um 19:57 Uhr. Da wird der Volksfreund zitiert. Um 20:11 Uhr heißt es, Antenne west hätte herausgegeben, "dass eine Leiche von einer jungen Frau gefunden worden wäre". Um 20:19 Uhr heißt es dann, "die" - ich nehme an Antenne West - hätten etwas von einer "Geiselnahme" gesagt. Ein ander User dort paraphrasiert das so: "Geiselnahme wird vermutet, die Person wird festgehalten, Zitat Polizei: 'es geht um leben und tot'." Um 20:34 Uhr heißt es dann, "ein Anwohner hätte Hilferufe gehört" - die erste auch nur ansatzweise zutreffende Information. Dann kommt um 20:52 Uhr die Nachricht, eine Frau sei an einen Baum angebunden bzw. gefesselt. Zutreffender Userkommentar dazu: "es wird immer wirrer." Einer von vielen gleichartigen zutreffenden Userkommentaren dazu wieder um 21:05: "Aber der Moderator ist übelst sensationsgeil und nervt mich einfach nur grad. Die Fragen und Spekualtionen von dem... Ich glaubs nit..." Um 21:12 Uhr gehen User immer noch von einer Geiselnahme aus: "Sollte es sich tatsächlich um die Frau handeln und sollte es ihr tatsächlich den Umständen entsprechend gut gehen, dann wären nervöse Kidnapper das letzte was die brauchen!!!" Um 21:14 Uhr wird mal von einem User gefragt, ob "die" - gemeint ist wohl eher die Polizei als die Radiomopderation einen Tipp bekommen haben: "gut dann haltet mich auf dem laufenden...was is da jetzt mit den häusern die durchsucht werden....ich blick nit durch...haben die nen tipp bekommen.... <nicht dargestellter Unwissenheitssmiley>" Die Frage wird um 21:22 Uhr nochmal wiederholt. Danach wird wieder auf die Hilfeschreie verwiesen, die aus einer der Wohnungen gekommen sein sollen. Danach kommt nichts substantielles mehr zum Livestream von Antenne West. Einen Hinweisgeber oder Tippgeber von Antenne West wird in der Diskussion bis 22:47 und Seite 34 des Threads nicht erwähnt, erst recht nicht im Zusammenhang mit der an den Baum gefesselten Frau. Das klingt übrigens nochmal deutlich anders als eine am Baum hängende Frau und wird im Ünrigen im Rahmen einer spekulierten Geiselnahme eingebracht. Es wird ein paar Mal danach gefragt, ob "die" einen Tipp bekommen haben. aus dem Kontext ergibt sich, dass mit "die" die Polizei gemeint ist. Die Frage wird mit dem Hinweis auf Ohrenzeugen von Hilfeschreien beantwortet. Zu dem Moderator wird stattdessen mehrfach auf seine "wirre" Angaben und seine wilden Spekulationen verwiesen. Angaben der Moderation auf externe Tippgeber bezüglich der "an den Baum gefesselten Frau" gibt es also nicht.
242 schrieb:2. ich denke ich habe meinen Beitrag ausreichend konjuktiviert um ihn als Annahme zu kennzeichnen.
Das stimmt. Es handelt sich also auf einer völlig unbegründeten Spekulation eines Moderators aufbauende weitere Spekulation Deinerseits. Ich fürchte, dass man damit wirklich nichts anfangen kann.
242 schrieb:ein wenig mehr Bescheidenheit in Form des Konjunktivs würde auch den alleine Unfall Befürworten nicht schlecht stehen.
Ich habe da zwar jetzt nicht jeden Beitrag der "Unfall-Befürworter" überprüft, aber die Mehrheit der "Unfall-Befürworter" sind sich doch im Klaren darüber und haben das auch s geäußert, dass ein Unfall für sie auf der Basis der aktuellen bekannten Fakten eben deutlich wahrscheinlicher ist, als ein Geschehen mit Fremdeinwirkung. Ein anderer Geschehensabblauf ist natürlich theoretisch immer möglich, nur angesichts fehlender Hinweis aktuell eben entsprechend äußerst unwahrscheinlich. Auch
@Sector7 geht zum Beispiel in seinem
sehr guten Beitrag hier nur von einer hohen Wahrscheinlicheit für einen Unfall aus.
242 schrieb:die da z.B. aus deiner Sicht wären ?
Die konkreten Gesamtumstände wären in erster Linie natürlich einmal die Ergebnisse der Obduktion und der weiteren Spurenlage am Fundort. Wenn sich aus der Obduktion und der weiteren Spurenlage ein Unfallgeschehen ergeben hätte, wäre der angebliche "Hinweis" auf die am Baum gefesselte Frau immer noch als das zu bewerten, was es tatsächlich war: Eine wilde Spekulation seitens des Moderators. nur wenn sich aus der Obduktion und der weiteren Spurenlage eine Fremdeinwirkung ergibt, bspw. Hämatome oder Beschädigungen an der Kleidung, die sich nicht mit dem Sturz erklären lassen, müsste man den "Hinweis" eventuell noch einmal neu bewerten.
Das Problem dürfte allerdings sein, dass die Polizei hier auch unabhängig von dem Fund schon diesen "Hinweis" überprüft hatte und dabei eben feststellen musste, dass da ein Moderator mit der Situation völlig überfordert gewesen war und dieser sich kurzfristig in Spekulationen verrannt hatte, für die es eben keinen externen Tippgeber gab.
Kaietan schrieb:Schau dir das Interview noch mal an. Er sagt nicht: Ich war angetrunken! Es ist völlig unklar ob er das angetrunken auf sich oder den LTIR bezieht. Sein Statement wurde direkt an einen Filmbeitrag gestückelt, und wenn er sich im ersten Teil des Satzes über die Art der Äusserung des LTIR geäussert hat (was nahe liegt), dann sagt er (sinngemäss) er war nicht nur aggressiv sondern auch angetrunken, daher hab ich nix gesagt.
Ich habe mir das Interview ca. zehnmal angesehen, weil ich Schwierigkeiten habe auf Diktat zu tippen. Was der Zeuge gesagt hat, habe ich wortgetreu wiedergegeben. Nicht überzeugend ist hingegen Dein Einwand, er hätte sich bei dem "angetrunken" auf LTiR bezogen. Sowohl die grammatikalische Konstruktion des Satzes als auch die Intonation zeigen klar und eindeutig, dass sich H mit dem "angetrunken" auf sich selbst bezog. Aufgrund Deiner sehr guten Ausdrucksweise bin ich davon ausgegangen, dass Du Deutsch als Muttersprache sprichst und das entsprechend offensichtlich für Dich ist. Daher hatte ich das nicht näher im Detail erläutert. Vielleicht solltest Du dir nochmal den relevante Satz anhören und durchlesen: "ja, war auch angetrunken und dachte dann so, nee ist besser wenn du jetzt nichts sagst, hab dann auch Tanja Tschüss gesagt und sie hat dann auch so gewunken [...]"
Kaietan schrieb:Meinst du etwa das hier: "Wasn Zufall ich war voll verpeilt und nahezu hilflos und dann hab ich DICH getroffen und dacht so...ok ganz so falsch bin ich dann hier doch ned gelaufen." Wo steht da was von Alkohol oder betrunken? [...] Merke: man muss nicht betrunken sein, um verpeilt zu sein.
Kaietan schrieb:siehe oben...
Prinzipiell kann es für "verpeilt" und "hilflos" auch andere Gründe geben, das ist richtig. Wie sehr oft, geht es aber auch hier um den Kontext. Der Kontext ist hier zunächst eine Studentenparty, auf der grundsätzlich schon einmal Alkohol gerne und in größerem Maße konsumiert wird, insbesondere weil dieser dort in der Regel günstiger zu bekommen ist, als in regulären Gaststätten. Hinzu kommt dann die Tatsache, dass H hier den Bus in die falsche Richtung genommen hatte. Dazu gehört auch die eigene Aussage, in der er sich als "angetrunken" bezeichnete und die Tatsache, dass seine Wahrnehmung und/oder Erinnerung an das LTiR-Erlebnis so getrübt war, dass H die Äußerung von LTiR nur "sinngemäß" wiedergeben konnte und seine Beschreibung von LTiR auch nicht klar genug war, um ein Phantmbild zu fertigen. Und schließlich passt das zu der von Soulier geäußerten generellen Bewertung der Zeugenaussagen des Abends, die aufgrund des Alkoholkonsums als sehr problematisch eingestuft wurden.
In diesem Kontext ergibt sich ein klares Bild, nämlich dass H einen nicht unerheblichen Alkoholisierungsgrad hatte.
Kaietan schrieb:Und aus all dem wird hier gefolgert: Der war "ganz klar angesoffen, wenn nicht sogar total besoffen", "stark angetrunken", der der war "volltrunken" und so "orientierungslos" etc...
Von derartigen Bewertungen distanziere ich mich persönlich. Ich habe sie auch nicht geäußert. Insbesondere "volltrunken", "orientierungslos" und "total besoffen" halte ich für übertrieben. Richtig ist aber, dass bei H eine gewisse Wahrnehmungstrübung mit Sicherheit gegeben war, die insbesondere der von ihm geschilderten schon grundsätzlich interpretationsbedürftigen Szene noch mehr Spielraum verleiht.
242 schrieb:zwischen " weitgehend unbrauchbar " und "sehr problematisch " besteht dennoch für mich ein Bedeutungsunterschied - ein Problem lässt sich lösen etwas unbrauchbares gehört für mich in den Müll
Wobei der Unterschied bei Zeugenaussagen nicht so groß ist. Was sehr viele Leute nicht wissen und gerne übersehen ist die Tatsache, dass Augenzeugen schon grundsätzlich sehr problematisch sind. Das liegt daran, dass das menschliche Auge keine Videokamera, das menschliche Ohr kein Mikrofon und vor allem das menschliche Gehirn kein Computer sind. Fehler treten auch ohne Alkoholisierung oder dem Einfluss anderer Drogen auf. Dabei gibt es mehrere Ebenen, wo Fehler auftreten können:
1. Bei der Wahrnehmung
2. Bei der Erinnerung der Wahrnehmung
3. Bei der Wiedergabe dieser Erinnerung
(Hinzu treten können darüber hinaus dann auch noch Fehler bei der Person, der gegenüber die Erinnerung berichtet wird, weil die Erinnerung natürlich nicht als Video abgespielt werden kann, sondern nur mündlich wiedergegeben wird und daher von der Person, die diese mündliche Wiedergabe hört, auch erst aus dieser verbalen Komunikation rekonstruiert werden muss.)
Ich kann nur immer wieder empfehlen, sich in diesem Zusammenhang mit der Aussagesychologie auseinanderzusetzen.
Dieser Aufsatz ist ein sehr guter erster Einstieg in die Thematik. Bei Interesse kann ich noch eine Liste weiterführender Literatur beibringen.
Zeugenaussagen sind natürlich trotzdem äußerst wichtig. Man muss sich nur darüber im Klaren sein, dass Zeugen auch auf verschiedenen Ebenen irren können.