@juppzupp @EDGARallanPOE Nun, im Prinzip hat
@EDGARallanPOE hier Recht, aber es kommt natürlich gerade bei so erheblichen Eingriffen in ein Grundrecht (Art. 13 GG) auf die Umstände des Einzelfalls an.
Das Gesetz in Rheinland Pfalz sagt dies:
§ 20
Betreten und Durchsuchung von Wohnungen
(1) Die Polizei kann eine Wohnung ohne Einwilligung des Inhabers betreten und durchsuchen, wenn
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3.
das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für bedeutende Sach- oder Vermögenswerte erforderlich ist.
Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.
(2) Während der Nachtzeit (§ 104 Abs. 3 der Strafprozessordnung) ist das Betreten und Durchsuchen einer Wohnung in den Fällen des Absatzes 1 nur zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder für bedeutende Sach- oder Vermögenswerte zulässig.
(3) Wohnungen dürfen jedoch zur Abwehr dringender Gefahren jederzeit betreten werden, wenn die Abwehr der Gefahr nur dadurch ermöglicht wird.
(4) Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie andere Räume und Grundstücke, die der Öffentlichkeit zugänglich sind oder zugänglich waren und den Anwesenden zum weiteren Aufenthalt zur Verfügung stehen, dürfen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung während der Arbeits-, Geschäfts- oder Aufenthaltszeit betreten werden.
(5) Den allgemeinen Ordnungsbehörden stehen zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Befugnisse nach Absatz 1 in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 1 und Nr. 2 und 3 sowie nach den Absätzen 2 und 3 zu.
§ 21
Verfahren bei der Durchsuchung von Wohnungen
(1) Durchsuchungen bedürfen, außer bei Gefahr im Verzug, der richterlichen Entscheidung. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Wohnung liegt. Für das Verfahren gelten die Bestimmungen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.
(2) Bei der Durchsuchung einer Wohnung hat der Wohnungsinhaber das Recht, anwesend zu sein. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar zuzuziehen.
(3) Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist der Grund der Durchsuchung unverzüglich bekannt zu geben, soweit dadurch der Zweck der Maßnahmen nicht gefährdet wird.
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Polizei und Ordnungsbehördengesetz des Landes Rheinland-Pfalz von 1993
Es sind hier drei Kernbegriffe zu beachten:
gegenwärtige Gefahr, Gefahr im Verzug, und erhebliche Gefahr. All diese Begriffe sind von den Gerichten definiert worden.
Dazu kommt, dass das Gesetz natürlich einige Vorbehalte kennt:
§ 2
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
(1) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen haben die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei diejenige zu treffen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.
(2) Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.
(3) Eine Maßnahme ist nur solange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann.
Also, wie man sieht, so ganz einfach ist es nicht. Wenn die Polizei aber
konkrete Anhaltspunkte hat, dass in einer Wohnung einer Person eine erhebliche Gefahr für Leib oder Leben oder Freiheit droht, dann darf die Polizei diese tatsächlich betreten, und wenn Gefahr im Verzug herrscht, was fast immer in so einem Fall gegeben ist, dann auch ohne richterliche Anordnung. Entscheidend ist aber der Anhaltspunkt.
Verschwindet ein Mensch auf einem Volksfest, kann man natürlich nicht einfach alle Wohnungen im Umkreis von 1km betreten und durchsuchen. Es gäbe keinen Anhaltspunkt, dass die Person ausgerechnet dort in Gefahr ist.
Wie bekannt, ist es in diesem Fall allerdings zu Durchsuchungen auf der Grundlage des POG gekommen, was in Deutschland in dem Umfang noch nie so geschehen ist: als die "Schreie in Pallien" gehört wurden, hat die Polizei genau auf dieser Rechtsgrundlage Wohnungen durchsucht.