Mark_Smith schrieb:Doch, die gibt es schon. Das Sakko-Indiz wird m.E. nicht mehr zu halten sein
Ich bin da wirklich anderer Meinung.
Die Verteidigung sagt, es sei reiner Zufall, dass ausgerechnet hier an diesem Sakko DNA von BT zu finden ist, die (bisher) nicht der übrigen Verwandtschaft zugeordnet werden konnte. An anderen Kleidungsstücken waren offenbar auch DNA-Teilprofile zu finden, die gleichermaßen BT oder seiner näheren Verwandtschaft gehören könnten. Wären es Profile gewesen, die mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit BT zuzuordnen wären, wäre das mit Sicherheit erwähnt worden.
Die Verteidigung sagt weiterhin, es sei auch reiner Zufall, dass der Täter trotz Anfassens am Sakko (Abdruck im Blut)
keine DNA hinterließ, sondern nur der Nichttäter BT und das Opfer CB.
Ich tendiere ganz stark weniger zur Annahme von Zufällen als zu einem kausalen Zusammenhang.
Das Indiz ist sehr schwerwiegend. Es
muss zwingend für einen Unschuldsnachweis bezweifelt und alternativ erklärt werden.
Die Argumente Klebestreifen und Teilprofile an anderer Kleidung sind verbraucht (halte ich persönlich auch für wenig stichhaltig), aktuell
braucht man einen
neuen Beweis. Das sollte man wissen. Die Gutachten sind Auftragsarbeiten für einen neuen Wiederaufnahmeantrag und wohl eher keine umwerfenden Erkenntnisse, die noch dazu jetzt erst vom Himmel fallen.
Welches neue Argument gibt es?
Lt. Presse:
Wegen Unvollständigkeit des DNA-Musters sei es nämlich beileibe nicht so, dass alleine Benedikt Toth als ihr Verursacher in Frage komme, und zwar mit einer Wahrscheinlichkeit von eins zu sechs Millionen, wie die Sachverständige im Prozess gesagt hatte. Vielmehr könnte die Spur auch von nahen Verwandten stammen, insbesondere von Toths Mutter und seinem Bruder.
https://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.13-jahre-danach-muenchner-parkhaus-mord-wird-der-fall-jetzt-neu-aufgerollt.8638617b-9bb6-460f-a4e4-651d1d347ceb.htmlAus dem Urteil:
Die humanbiologische Sachverständige PD Dr. A führte überzeugend aus, diese Spur sei in Institut für Rechtsmedizin untersucht worden. Für die DNA-Spur mit der Spurnummer 4.3.04.04 (Auskratzung Handschutzspuren) sei mit 9 PCR-Systemen eine DNA-Merkmalsmischung dargestellt worden, die sich auf mindestens zwei Verursacher zurückführen liesse. Die Hauptkomponente stimme mit den DNA-Merkmalen des Opfers überein. Unter der Voraussetzung von „Allelic drop out“ bei System D21S11, was bedeute, dass dieses Merkmal nicht darstellbar gewesen sei, könne die Person, der die Speichelprobe DAD-9168 entnommen worden sei, also der Angeklagte, als Mitverursacher nicht ausgeschlossen werden. Die Qualifizierung, der Angeklagte könne nicht ausgeschlossen werden, folge aus dem Umstand, dass das DNA-Muster nicht vollständig dargestellt werden könne. Der Ausdruck bedeute aber nicht, dass jede x-beliebige Person die DNA Spur gesetzt haben könne und es nur nicht möglich sei, den Angeklagten aus der Unmenge der möglichen Verursacher auszuschliessen. Der Ausdruck „nicht-ausschliessbar“ besage vielmehr, dass das DNA-Muster des Angeklagten bis auf das eine nicht darstellbare System vorgelegen habe. Im Hinblick darauf könne nur nicht gesagt werden, ob die Spur wegen der vorhandenen Ähnlichkeiten im Verwandtenkreis nicht auch von der Verwandtschaft gesetzt worden sei. Hier sei allerdings anzumerken, dass die DNA-Muster des Vaters, der Mutter und des Bruders ihr vorgelegen hätten und diese Personen die Spur nicht verursacht hätten. Die Wahrscheinlichkeit, dass daneben noch eine dritte nicht-verwandte Person mit ihren Merkmalen an der Mischung beteiligt sei, liege lediglich bei 1:6,6 Millionen.
Wir können nur spekulieren, was wirklich im Gutachten von Schneider steht. Ich gehe wegen der Presseberichte jetzt nicht sofort davon aus (wie viele andere) dass sich die Sachverständige Dr. A. dann wohl tiefgreifend und grundlegend geirrt haben muss. Ich gehe davon aus, dass hier Wahrscheinlichkeitsberechnungen angegriffen werden. Es könnte so sein, dass die vorhandenen Allele von BT mit der DNA am Sakko voll übereinstimmen, sie sind aber bekanntermaßen nicht alle vorhanden. In Bezug auf die anderen genannten Personen bestehen vermutlich Differenzen, daher die Ausschlussaussage der Sachverständigen Dr. A. Diese führen aber eventuell nicht zum 100%igen Ausschluss, wie sie folgerte, sondern es besteht auch hier noch eine Restwahrscheinlichkeit.
Das wäre letztendlich keine bedeutsame neue Erkenntnis. Es wäre auch kein neuer Beweis im Sinne des 359 (5) StPO (unzureichende Sachkunde bezweifle ich ganz stark, vielleicht wollen sie auf unzutreffende Grundlagen hinaus). Dieses neue Gutachten wäre aber unter diesen Umständen, jedenfalls was das Sakko-Indiz betrifft, nicht geeignet, das Urteil zu erschüttern und einen Unschuldsnachweis zu führen.
Also dass das Sakko-Indiz vom Tisch sein soll, sehe ich noch nicht. Das hat noch seine Daseinsberechtigung.