Rosenmontag schrieb:Da hat sich über Jahrhunderte wenig verändert.
Nein, das ist - mit Verlaub - Quatsch.
Die Aufklärung hat den Strafprozess und die Ermittlungen vorher fundamental verändert. Die Peinliche Halsgerichtsordnung Karl V. von 1532 verlangte zwei übereinstimmende Zeugenaussagen, um den Beschuldigten anzuklagen. Voraussetzung einer Verurteilung war das Geständnis. Wollte der Täter nicht gestehen, wurde gefoltert, bis er gestand.
Die wissenschaftlichen Grundlagen (Kriminalistik) haben sich in den letzten 120 Jahren immer mehr verfeinert und halten jeder naturwissenschaftlichen Überprüfung statt. Die Grenzen menschlicher Erkenntnis wurden so immer mehr erweitert. Aufgehoben wurden sie nie. Andere Maßstäbe würden dazu führen, dass in allen Fällen freigesprochen werden müsste, in denen Zweifel denkbar sind. Das wären viele Fälle.
Ein besonders prominenter Fall: Beate Zschäpe hätte nicht wegen der NSU-Morde verurteilt werden dürfen, denn es gab keinen Beweis ihrer Tatbeteiligung und ihre Behauptung, sie habe mit den Mordtaten ihrer "Mitbewohner" nichts zu tun gehabt, konnte nicht unmittelbar widerlegt werden.
Mark_Smith schrieb:Norbert Elias
Vielen Dank! Es ist natürlich so, dass die Wissenschaften die Logik, die Argumentation und die Widerlegbarkeit von Thesen eint. Insofern kann man sehr gut eine universelle Wissenschaftstheorie konstruieren. Aber es gibt eben auch Unterschiede.
Rosenmontag schrieb:mein mM.n gehört Jura nicht zu den Sozialwissenschaftlichen sondern zu der Fakultät von Philosopie und Theologie!
Die Rechtswissenschaft kann von normativen Voraussetzungen ausgehend gedacht werden (wie die Theologie), sie muss aber nicht. Sie kann auch rechtspolitisch oder philosophisch gedacht werden. Oder sozialwissenschaftlich. Je nach Fragestellung und Rechtsgebiet. Das einzige, was an Normativität dauerhaft Bestand hat, ist die "Grundnorm" und die Logik juristischer Argumentation (die wieder den Grundsätzen der Hermeneutik in den Geistes- und Sprachwissenschaften entspricht).
Insofern ist es müßig, die Rechtswissenschaft verorten zu wollen. In der Rechtspraxis gleicht sie sowieso eher den Ingenieurswissenschaften, der angewandten Psychologie oder Medizin. Praktiziert wird zwar auf wissenschaftlicher Grundlage, aber bei weitem nicht mit dogmatischer Konsequenz.