1986born schrieb:Ja, stimmt schon… Und ich kann emotional sogar verstehen, dass sie die Öffentlichkeit suchen - sie versprechen sich davon, dass durch öffentlichen Druck eine Wiederaufnahme des Verfahrens zustande kommt, die dann in einem nachträglichen Freispruch endet. I
Wenn dem so ist, dann ist das reichlich naiv. Die Familie hat ja nun schon mehr als einen Strafverteidiger mit der Sache beauftragt und jeder seriöse Anwalt wird ihnen erklärt haben, dass eine Wiederaufnahme des Verfahren ausschließlich durch das Beibringen von neuen Beweisen möglich ist. Durch öffentlichen Druck erreicht man da gar nichts, egal wie viele Bürgermeister, Landtagsabgeordnete, Stadträte und Journalisten an die Unschuld des Verurteilten glauben und sich nicht schämen, dass auch noch öffentlich zu machen.
Und soll ich Dir was sagen: das ist gut so. Denn das bedeutet Gerechtigkeit und Rechtssicherheit. Nur in einer Bananenrepublik kann es für die Justiz und für Gerichtsurteile eine Rolle spielen, ob irgendwelche C- und D-Promis an die Schuld oder Unschuld eines Angeklagten oder Verurteilten glauben oder nicht.
1986born schrieb:(Wo es natürlich auch enden kann, falls sie 100%ig überzeugt sind - aber am Widerstand der Justiz zerbrechen, die (derzeit) keine Wiederaufnahme will.)
Es ist nicht so, dass die Justiz keine Wiederaufnahme WILL. Es ist so, dass es BT und seinen Verteidigern bisher nicht gelungen ist, neue, ihn entlastende Beweise vorzulegen, die es ermöglichen würden, ein Wiederaufnahmeverfahren zu eröffnen. Egal wie viele Anträge man stellt, solange darin nichts Neues steht, wird es kein Wiederaufnahmeverfahren geben.
Von den Betroffenen wird das dann gerne so dargestellt, als ob sich "die Justiz querstellt" weil "man keine Fehler zugeben will" und schließlich "hackt eine Krähe der anderen ja kein Auge aus".
Ich weiß, dass das deutsche Rechtssystem sehr oft dafür kritisiert wird, dass die Hürden für ein Wiederaufnahmeverfahren sehr hoch sind. Aber ich bin auch der Überzeugung, dass wir eines der besten und gerechtesten Rechtssysteme weltweit haben. Natürlich schließt dass nicht aus, dass auch da Fehler passieren, aber es gibt ein System von verschiedenen Instanzen, die es ermöglichen, Urteile überprüfen zu lassen.
Diesen Instanzenweg hat BT bis zum Maximum ausgeschöpft, ist bis zum Bundesverfassungsgericht und zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegangen. Keine dieser Instanzen hat Fehler in dem Urteil gefunden bzw. ein Revision zugelassen.
Also erzähle mir hier bitte niemand, dass die Justiz (wer soll das überings genau sein?) kein Wiederaufnahmeverfahren WILL. Die richtige Formulierung ist:
BT hat bisher keine Wiederaufnahme erreichen können, weil er keinen neuen Beweise oder überzeugenden Indizien für seine Unschuld vorlegen konnte.
1986born schrieb:Dennoch vielleicht nachvollziehbar, dass sie zuerst ihn frei haben möchten, bevor die Energie auf die Suche nach dem tatsächlichen Täter gelenkt werden kann.
Nun ist es ja aber so, dass die Präsentation des tatsächlichen Täters mit entsprechenden Beweisen die Chancen auf eine Wiederaufnahme des Verfahrens erheblich erhöhen würde. Erheblich mehr als ein weiterer Antrag, in dem man ausführt, dass ja auch die Person XY ein angebliches Motiv für die Tat gehabt haben könnte....
Aber es ist natürlich nicht die Aufgabe des Verurteilten oder der Angehörigen, da zu ermitteln. Das würde ich auch gar nicht erwarten oder verlangen.
Aber was mich halt wundert, ist, dass sie die Frage nach dem wahren Täter überhaupt nicht zu interessieren scheint. In keinem einzigen der vielen Interviews und Reportagen über das arme Justizopfer BT wird diese Frage aufgeworfen...
Aberacadabera schrieb:Oder man sieht es innerfamiliär als sein gutes Recht an. Hat man sich doch den Plänen von OB und später CB ein lebenlang untergeordnet, verzichtet.
Ja, genau, verzichtet.... Wohl eher von ihnen großzügig unterstützt wurde!