Amanda Knox
12.10.2014 um 10:05
Zusammenfassung Urteilsbegründung Teil 1
Also ich versuche mich mal an einer wertfreien Zusammenfassung von Nencinis Urteilsbegründung – ohne Anspruch auf Vollständigkeit, zunächst die ersten ca. 190 Seiten:
Wesentlich war für Nencini u.a., dass 4 Zeugen (2 Polizisten und 2 neutrale Zeugen) ausgesagt haben, Glas habe sich auf den Kleidern und anderen Sachen befunden, so dass eben doch erst das Zimmer verwüstet sein müsse und dann der Stein gegen das Fenster geworfen worden sein müsse.
Es sei nicht logisch, dass Guede eine 3,78 m hohe Wand hochgeklettert sei, an einer Stelle, an der man ihn von der Straße aus hätte sehen können, und dass er Romanellis Raum zwar durchsucht, aber nichts mitgenommen habe, nicht mal eine Kamera. Guede hätte nicht eingebrochen, weil er die Jungs von unten kannte und freundlichen Verkehr pflegte, er habe das Haus zu gut gekannt, um nicht günstigere Einstiegsmöglichkeiten zu finden.
Es sei schwer vorstellbar, dass Guede das WC benutze, ob nun nach der Durchsuchung von Romanellis Raum oder nach der Ermordung von MK, weil es dann hätte Blutspuren geben müssen.
Was für eine Säuberung spräche: Es seien nahezu keine Spuren von AK im Haus gefunden worden, obwohl sie dort lebte, oder von RS, obwohl er sie dort besuchte. Genauso sprächen für eine Säuberungsaktion, dass die Leiche von MK bewegt worden sei, dass blutige Handtücher gefunden wurden, die Lampe von AK in MKs Raum ebenso und der einzelne blutige Fußabdruck. Die Säuberung habe im Flur und im Bad stattgefunden.
Die Säuberung im Bad sei durch die Polizeifotos belegbar, die Nummern sind aufgelistet.
Eine Säuberung könne nur von Interesse für den Täter sein, wenn er der Wohngemeinschaft angehöre. Interesse von Guede könne nach dem Mord nur gewesen sein, schnell zu verschwinden. Und die Säuberungsaktion könne nur durch Leute stattgefunden haben, die gewusst hätten, dass sie die Zeit dazu hätten, d.h. dass die anderen Mitglieder der Wohngemeinschaft nicht zeitnah zurückkehren würden, was Guede nicht gewusst haben könne.
Dass die Verteidigung glaube, der Mord durch Guede sei ca. 21 Uhr erfolgt, sei nicht nachvollziehbar, weil er jederzeit mit einer Rückkehr der anderen Damen gerechnet haben müsse. Nur AK habe gewusst, wie lange genau die anderen weg seien.
Der Diebstahl der beiden Handys und das Fortwerfen könne nur in dem Interesse erfolgt sein, dass sie nicht plötzlich am Tatort klingeln und die Aufmerksamkeit auf das verschlossene Zimmer lenken. Daran könne Guede kein Interesse gehabt haben, sondern nur AK. Die Verteidigung habe in ihren Szenarien den Diebstahl der zwei Handys komplett ignoriert.
Verdächtig seien diejenigen, die einen Schlüssel hatten – 2 Mitbewohnerinnen hätten hieb- und stichfeste Alibis, Filomena und Laura. AK habe keins. Außerdem hätten Laura und Filomena keinen Kontakt mit Guede gehabt.
Theoretisch sei möglich, was die Verteidung gemeint habe, dass auch MK die Tür für Guede geöffnet haben könne, aber es sei nicht logisch, weil sie ihren englischen Freundinnen gesagt habe, sie sei müde, und nichts von einem Date mit Guede erzählt habe.
Guede hätte kein Interesse haben können, einen Einbruch zu simulieren, weil das den Verdacht auf ihn lenken könne.
Hinsichtlich der Beschuldigung von Lumumba hätten die Polizisten kein Interesse gehabt, AK zu einer Anschuldigung Lumumbas zu bringen, weil sie ihn nicht kannten. AK hätte beim Verhör 4 Stunden später durch Mignini sagen können, dass sie misshandelt worden sei, aber sie habe ihre Ausführungen bestätigt. Sie habe die „Calumnia“ auch in den nächsten Tagen nicht zurückgenommen.
AK wie auch RS hätten nach der Entdeckung der Leiche „Coldness“ gezeigt, als ob sie die Sache nichts anginge, wie mehrere Zeugen ausgesagt hätten.
AK habe die Verleumdung nicht zurücknehmen können, weil sie dadurch selbst noch mehr in Verdacht geraten wäre, nicht noch weitere Fragen beantworten wolle und auch Guede nicht mit reinziehen wolle. Sie habe sich selbst der Anwesenheit beim Mord beschuldigen müssen, um Lumumba verleumden zu können. Das habe nichts mit einer durch die Verteidigung suggerierten Verwirrung ihrerseits zu tun. Sie habe keine andere Wahl gehabt und habe ganz bewusst einen Unschuldigen beschuldigt.
AK habe bei der Angabe, Lumumba habe Sex mit MK gehabt, also noch vor der Bekanntgabe, dass sexuelle Handlungen bei den Untersuchungsergebnissen festgestellt worden seien, also schon gewusst, dass es sexuelle Handlungen gegeben habe. Wenn sie aber von einem Einbrecher ausgegangen sei, hätte sie nicht von Sex ausgehen können.
Außerdem habe sie gewusst, dass MK geschrieen habe. Den Schrei hätten auch die Zeuginnen Cappezzali und Monacchia gehört.
Sie habe außerdem bei der Calumnia ausgesagt, sie sei in der Piazza Grimana gewesen, was von Curatolo bestätigt worden sei. Sie hätte auch irgendeinen anderen Treffpunkt mit Lumumba erwähnen können.
Im Gefängnis sei ihr dann eingefallen, wie es wirklich gewesen sei, aber das sei exakt so, wie sie es einige Tage vorher per Mail an ihre Freunde und Familie beschrieben habe. Sie müsse gewusst haben, dass ihre Gefängnistagebücher gelesen würden, und was sie sagte, von anderen gehört werden würde.
RS habe in spontanen Statements nur allgemein ausgesagt, sie seien in der Nacht zusammen gewesen, und sich von den Aussagen hinsichtlich der Uhrzeiten, die AK nannte, nie ausdrücklich distanziert. Aber das genaue Alibi sei nur von AK genannt.
AK habe sich 20.15 Uhr, als die SMS von Lumumba kam, nicht im Hause von RS befunden, wie die „phone records“ beweisen. Sie sei womöglich schon auf dem Weg zu Lumumba gewesen.
Sie sei aber 20.35 Uhr beim Antworten auf die SMS wieder im Haus von RS gewesen und wurde ja auch 20.40 Uhr von dessen Bekanntschaft Popovic gesehen.
Curatolo habe AK und RS in der Tatnacht gesehen (nicht nur in dieser Nacht). Seine Aussage und die Aussage des Ladenbesitzers seien insofern belastend, als sie nicht mit der Aussage von AK übereinstimmen würden, derzufolge sie und RS in der jeweiligen Zeit im Haus von RS gewesen seien, dass sie gelogen habe.
Die Zeugen seien deshalb erst so spät, wie von der Verteidigung kritisiert, zur Polizei gegangen, weil sie es zunächst nicht für wichtig hielten.
RS habe sein Handy um ca. 6 Uhr morgens am Morgen nach der Tat eingeschaltet, zu einem Zeitpunkt, als er geschlafen haben soll, wie er und AK aussagten. Um ca. 5.30 Uhr habe jemand seinen Computer bis ca. 6 Uhr zum Musikhören genutzt. Das alles spräche nicht für eine geruhsame Nacht. AK habe 7.45 Uhr morgens in seinem Laden laut Quintaville erschöpft gewirkt.
Menschliche Interaktion an RS’ Computer habe zuletzt 9.10 Uhr (Beendigung des Films, nicht zwingend durch menschliche Interaktion) am Abend der Tat und 5.30 Uhr am nächsten Morgen erstmals wieder stattgefunden. Um ca. 18.30 Uhr habe man den Film Amelie gestartet.
Den Technik-Experten der Verteidigung zufolge habe es ca. 1 Uhr ca. 4 Sekunden morgens menschliche Interaktion am Computer gegeben, zu dem Zeitpunkt hätten Mord und Säuberungsaktion bereits stattgefunden haben können.
AK hätte hinsichtlich der geplanten Reise bereits alles Nötige zu RS mitnehmen können, außerdem habe sie dort bereits geduscht, so dass sie nicht in ihrer Wohnung duschen müsste. Auch der Mop sei nicht nötig gewesen, die Gerätschaften von RS hätten ausreichen müssen.
Das Auffinden der offenen Tür am nächsten Morgen hätte sie verleiten müssen, sofort die Polizei zu rufen oder alles im Haus zu untersuchen. Dass sie nicht die Räumlichkeiten untersucht und den Einbruch zunächst nicht bemerkt habe, sei unmöglich zu glauben. Es sei nicht vorstellbar, dass ein Einbrecher die Tür hinter dem Raum, in den er eingebrochen sei, nach dem Mord geschlossen habe. Die Tür sei also offen gewesen und der Einbruch hätte sofort bemerkt werden müssen, erst recht, wenn man die Haustür offen vorfinde. Das Auffinden des Blutes im Bad im Zusammenhang mit der offenen Haustür hätte sie beunruhigen müssen. Sie habe aber erst mit RS gefrühstückt und erst dann die Anrufe getätigt.
Sie hätte so beunruhigt sein müssen, dass sie entweder sofort die Polizei anriefe oder ihre Mitbewohnerinnen oder RS telefonisch gebeten haben müsse, rüberzukommen.
Sie habe ausgesagt, erst bei Filomena und dann bei MKs Handys angerufen zu haben. Richtig sei, dass sie zuerst MKs Handy angerufen habe. Sie habe zunächst nicht den Versuch gemacht, das 2. Handy von MK zu kontaktieren. Die zwei Male, die sie nach dem Gespräch mit Filomena, die Handys von MK kontaktierte, seien nur Sekunden lang gewesen.
Filomena habe 2x versucht, AK zu erreichen und habe es dagegen beide Male fast 1 Minute klingeln lassen, was zeige, wie lange man warte, wenn man jemanden dringend sprechen wolle.
Dass AK ihre Mitbewohnerin MK nicht erreichte, hätte sie alarmieren müssen. Sie habe die Anrufe nur durchführen müssen, weil Filomena sie beauftragt habe.
AK habe Filomena bei ihrem ersten Anruf gesagt, sie sei auf dem Weg zu RS, dabei sei sie längst dort gewesen. AK habe nie ausgesagt, dass sie auch nur einen Anruf vom Tatort aus getätigt habe.
Die 2 Polizisten seien ca. 12.35 Uhr angekommen, Battistelli habe auf die Uhr gesehen, der Anruf von RS bei 112 sei erst danach, 12.50 Uhr, erfolgt. Die Polizisten hätten zwar nicht gesehen, dass RS telefoniert habe, doch während des Aufbrechens der Tür hätte keiner der Zeugen sagen können, wo RS sich aufhalte, so dass er in dieser Zeit seine Schwester und die 112 angerufen haben könnte.
Die Ansicht der Verteidigung, die Parkuhr ginge falsch und die Polizisten seien später angekommen als vermutet, klinge zunächst attraktiv, sei aber falsch.
Filomena habe 12.35 Uhr AK beauftragt, die Polizei zu rufen, was aber erst 15 Minuten später geschehen sei. Warum die Wartezeit? Wenn das Szenario der Verteidigung stimme, dass die 2 Polizisten erst nach dem Anruf 12.50 Uhr erschienen seien, stelle sich die Frage, was zwischen 12.35 und 12.50 Uhr geschehen sei, warum RS seine Schwester habe anrufen müssen, obwohl doch klar sei, dass die Polizei verständigt werden müsse.