Jedem unvoreingenommene Beobachter, der die Details kennt muss, wenn er diese Zusammenfassung kennt, unweigerlich zu einem von zwei Schlüssen gelangen.
Da ich nicht glaube, daß Nencini der Idiot ist, als der er sich mit seinem Bericht präsentiert, muss er wohl einer Agenda folgen, die besagt, daß Amanda Knox (und Raffaele Sollecito) verurteilt werden mssen. Warum er das tut, ist mir nicht bekannt, es liegt aber nahe, anzunehmen, daß er sich der Vorgabe des Obersten Gerichtshofes nicht zu widersetzen wagte.
Im Einzelnen:
Siegfrieden schrieb:Es sei nicht logisch, dass Guede eine 3,78 m hohe Wand hochgeklettert sei, an einer Stelle, an der man ihn von der Straße aus hätte sehen können, und dass er Romanellis Raum zwar durchsucht, aber nichts mitgenommen habe, nicht mal eine Kamera. Guede hätte nicht eingebrochen, weil er die Jungs von unten kannte und freundlichen Verkehr pflegte, er habe das Haus zu gut gekannt, um nicht günstigere Einstiegsmöglichkeiten zu finden.
Würde man Nencinis "Logik" folgen, würden wahrscheinlich viele Straftaten nicht stattfinden. Es mag ja sein, daß Nencini selbst das Risiko der Entdeckung nicht eingehen würde, welches aber für Rudy Guede sehr wohl vertretbar war. Darüberhinaus übertreibt er das Risiko einer Beobachtung, weil es davon abhängt, wie sehr die Straße oberhalb des Hauses um diese Zeit von Fußgängern frequentiert wird.
Auch überschätzt er möglicherweise die Hemmschwelle, die die "Freundschaft" (oder besser Bekanntschaft) mit den Jungs von unten für Rudy Guede darstellt. Woher will Nencini dies genau einschätzen können? Rudy Guede persönlich ist er jedenfalls nicht begegnet. Nicht daß das allein genügen würde, um sich ein Bild zu machen, welches die Tat definitiv ausschließt.
Siegfrieden schrieb:Es sei schwer vorstellbar, dass Guede das WC benutze, ob nun nach der Durchsuchung von Romanellis Raum oder nach der Ermordung von MK, weil es dann hätte Blutspuren geben müssen.
Das ist natürlich der reine Schwachsinn, da die plausibelste alternative Theorie davon ausgeht, daß der Besuch auf der Toilette VOR dem Mord geschah. Nencini muss diese Theorie kennen, aber er hat sie bequem komplett ignoriert.
Siegfrieden schrieb:Was für eine Säuberung spräche: Es seien nahezu keine Spuren von AK im Haus gefunden worden, obwohl sie dort lebte, oder von RS, obwohl er sie dort besuchte. Genauso sprächen für eine Säuberungsaktion, dass die Leiche von MK bewegt worden sei, dass blutige Handtücher gefunden wurden, die Lampe von AK in MKs Raum ebenso und der einzelne blutige Fußabdruck. Die Säuberung habe im Flur und im Bad stattgefunden.
Dies ist natürlich komplett unlogisch und widersprüchlich. Gerade auf dem Flur und im Bad hat man die meisten DNA-Spuren von Amanda Knox gefunden. Wollte man dieser Logik folgen, müssten Säuberungsaktionen in den Zimmern von Laura Mezetti und Filomena Romanelli stattgefunden haben, da man an beiden Orten keine DNA ihrer Bewohnerinnen hat feststellen können.
Für die Bewegung der Leiche lange nach dem Mord hat Nencini keinen Beweis, nur Behauptungen, darauf kann man kein Urteil gründen. Der Fußabdruck wäre bei einer Säuberungsaktion wohl kaum unbemerkt geblieben, schon gar nicht von Frau Knox, die ihn am nächsten Morgen ohne Not Filomena Romanelli gegenüber erwähnt. Und welchen Sinn hätet eine Säuberungsaktion mit Handtüchern, die man hinterher am Tatort liegen lässt? Die Lampe besagt überhaupt nichts.
Siegfrieden schrieb:Dass die Verteidigung glaube, der Mord durch Guede sei ca. 21 Uhr erfolgt, sei nicht nachvollziehbar, weil er jederzeit mit einer Rückkehr der anderen Damen gerechnet haben müsse. Nur AK habe gewusst, wie lange genau die anderen weg seien.
Rudy Guede hat den Mord vorab nicht geplant, die Konfrontation mit Meredith Kercher hat sich überraschend ergeben, deswegen hatte er kaum Gelegenheit, groß darüber nachzudenken, ob er entdeckt würde. Wie der Vorfall in Mailand beweist, ist er nicht gerade der vorausschauendste Verbrecher.
Siegfrieden schrieb:AK habe die Verleumdung nicht zurücknehmen können, weil sie dadurch selbst noch mehr in Verdacht geraten wäre, nicht noch weitere Fragen beantworten wolle und auch Guede nicht mit reinziehen wolle.
Amanda Knox HAT die Verleumdung zurückgezogen. Mehrfach mit wachsender Intensität. Das ist belegt. Dies wurde nur von Polizei und Staatsanwaltschaft konsequent ignoriert, weil es nicht in ihre Theorie und in ihren Plan passte.
Siegfrieden schrieb:AK habe sich 20.15 Uhr, als die SMS von Lumumba kam, nicht im Hause von RS befunden, wie die „phone records“ beweisen. Sie sei womöglich schon auf dem Weg zu Lumumba gewesen.
Hier wiederholt Nencini den Fehler von Massei (wie er überhaupt viel einfach nur von Massei abkupfert). Die in Frage stehende Station hat mehrfach Telefonate von Raffaele Sollecitos Wohnung aus übermittelt, worauf sich Massei sogar in seinem eigenen Bericht beruft. Die Verbindung mit Lumumba macht also keine Ausnahme.
Siegfrieden schrieb:Menschliche Interaktion an RS’ Computer habe zuletzt 9.10 Uhr (Beendigung des Films, nicht zwingend durch menschliche Interaktion) am Abend der Tat und 5.30 Uhr am nächsten Morgen erstmals wieder stattgefunden. Um ca. 18.30 Uhr habe man den Film Amelie gestartet.
Und hier ignoriert Nencini die Interaktion um 21:26, die die Polizei übersehen hat, weil sie eine für MacIntosh-Geräte/Betriebssystem ungeeignete Software verwendete. Auch sehr bequem.
AK hätte hinsichtlich der geplanten Reise bereits alles Nötige zu RS mitnehmen können, außerdem habe sie dort bereits geduscht, so dass sie nicht in ihrer Wohnung duschen müsste. Auch der Mop sei nicht nötig gewesen, die Gerätschaften von RS hätten ausreichen müssen.
etc.
Eine völlig bizarre Argumentation. Amanda Knox hat einen freien Willen, der nicht den verqueren Vorstellungen eines korrupten Richters unterworfen ist. Wie kann man auf so etwas Rechtssprechung gründen?
Siegfrieden schrieb:AK und RS hätten (beim ersten Anruf) bei MKs Handy angerufen, um sicherzustellen, dass die Handys noch nicht gefunden seien.
Und was sollte das bitte bringen? Das Motorola-Gerät (das sog. "italienische") war ohnehin abgeschaltet und niemand hätte sich melden können. Hier phantasiert Nencini einfach nur noch herum, um die Handlungen der Angklagten irgendwie verdächtig erscheinen zu lassen.
Siegfrieden schrieb:Den gefundenen Blutspuren zufolge müsse sich AK Hände und Füße im kleinen Bad von Blut gesäubert haben.
Oder Rudy Guede. Nencini argumentiert hier von der falschen Seite her. Amanda Knox hat den Mord begangen, ergo muss sie es gewesen sein, die sich im Bad gereinigt hat. Also ist sie schuldig.
Siegfrieden schrieb:Man wisse, dass nach dem Mord 3 Leute im Haus gewesen seien, wie die Spuren beweisen würden.
Erläutert er auch konkret, welche Spuren diesen Schluss zwingend erfordern?
Siegfrieden schrieb:Es könne dem Staatsanwalt zufolge einen Konflikt der beiden Frauen gegeben haben, der an diesem Abend eskaliert sei. MK könne AK Vorwürfe gemacht haben, RG hereingelassen zu haben, so dass dieser das Badezimmer verschmutze.
Einfach nur Spekulation, die für die Urteilsfindung keine Rolle spielen darf. Man muss Szenarien beweisen, nicht einfach für möglich halten.
Siegfrieden schrieb:Die Motivsuche sei nicht leicht, alle drei könnten verschiedene Motive gehabt haben. Sicher sei, die Beziehung zwischen AK und MK sei nicht gut gewesen, wie MKs englische Freundinnen ausgesagt hätten. MK hätte nicht toleriert, dass AK junge Männer ins Haus bringe und und nicht richtig putzen würde, auch AK hätte Schwierigkeiten mit MK in den Verhören erwähnt, aber minimiert.
In diesem Fall vertraue ich eher den SMS-Texten, die ein herzliches Verhältnis zwischen Amanda Knox und Meredith Kercher belegen, als dem Getratsche der englischen "Freundinnen". Es ist leicht, jemandem, der bereits des Mordes angeklagt ist, im Nachhinein alles mögliche Üble anzuhängen. Amanda Knox musste in die Hausarbeit eingewiesen werden, es gibt aber kein Beleg, daß dies das Verhältnis der beiden Frauen ernsthaft belastet hätte. Niemand hat je Amanda Knox ein böses Wort über Meredith Kercher aussprechen hören. Nencini verlässt sich hier auf Hörensagen. Unprofessionell.
Siegfrieden schrieb:Guede habe die Geld-Episode bei allen Befragungen erwähnt (was die Glaubwürdigkeit erhöhe), ebenso auch dass es sexuelle Handlungen mit MK gegeben habe, die aber freiwillig erfolgt seien. Das Benehmen von Guede sowie das Registrieren vom Geldverlust könnte Auftakt zu einer Diskussion zwischen MK als Anklägerin und den drei anderen gewesen sein.
Zu der Hirnrissigkeit dieser Argumentation habe ich mich bereits geäußert. Kann irgendein vernünftig denkender Mensch diesen Richter eigentlich noch für voll nehmen?
Es ist einfach absurd, daß Nencini aufgrund eine losen Bekanntschaft mit Bewohnern ausschließt, daß Rudy Guede einen Einbruch in einer
Nachbarwohnung verübt, gleichzeitig aber Amanda Knox zutraut, ihre befreundete Mitbewohnerin ohne weiteres niederzustechen, wegen 300 Euro, während sie selbst über mehrere tausend davon auf ihrem Konto verfügte.
Nencini ist ein korrupter Feigling, der möglichst schnell aus dem Amt entfernt gehört.