Frauke kannte ihn (theoretisch auch nur als Chatpartner oder sonstiges) und ist freiwillig zu ihm ins Auto gestiegen und die erste SMS kam auf freiwilliger Basis.
Das halte ich eher für unwahrscheinlich. Zum einen hat die Polizei ihren Bekanntenkreis wohl sehr genau überprüft, ohne dass sich da Verdachtsmomente ergeben hätten. Und zum anderen scheint es mir auch zweifelhaft, ob Frauke selbst mit einem Bekannten spontan eine nächtliche Odyssee ins Paderborner Hinterland unternommen hätte. Ihre Freunde, mit denen sie das Pub besucht hat, haben berichtet, dass sie ziemlich müde war und nach Hause wollte. Außerdem hatte sie am nächsten Tag Unterricht (und soweit ich mich erinnern kann, stand auch irgendetwas wichtiges an). Und zu guter Letzt wusste sie, dass ihr Mitbewohner Chris zuhause auf sie wartet, und - da sie keinen Schlüssel dabei hatte - nicht ins Bett gehen kann ehe sie zurück ist…
Vor dem Hintergrund ist es doch eher unwahrscheinlich, dass sie mitten in der Nacht noch freiwillig zu irgendeiner Unternehmung aufbricht (zumal sie ja von allen Seiten als sehr sozial und zuverlässig beschrieben wird). Bekannter hin oder her. Das passt einfach nicht.
Und selbst wenn sie sich - aus welchen Gründen auch immer - doch zu so einer ungeplanten Spritztour entschieden haben sollte, hätte sie ihren hypothetischen Bekannten bestimmt gebeten kurz sein Handy benutzen zu dürfen um Chris anzurufen, oder den kurzen Umweg zu ihrer Wohnung unternommen um den Schlüssel zu holen… Was aber beides nicht passiert ist.
In Anbetracht all dessen gehe ich jedenfalls schwer davon aus, dass ihr Verschwinden von Anfang an unfreiwillig war. Oder zumindest innerhalb von wenigen Minuten unfreiwillig wurde (- etwa im Fall, dass der Täter ihr angeboten hat sie nach Hause zu fahren…).
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Nur welche Beweggründe könnte ein junge Frau habe, spät abends im Dunkeln zu einem Fremden ins Auto zu steigen und dann mit diesem noch durch die Gegend zu cruisen und eine freiwillige SMS abzusetzen, dass es später wird?!
Ehrlich sagt: Keine. Es sei denn natürlich, es war unmittelbarer Zwang im Spiel. Und das scheint mir daher auch am plausibelsten.
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Dann würde die erste SMS auch aus den Händen des Täters stammen. Dies wäre ja durchaus möglich, wenn man das Handy in den Händen hat einfach die letzten 3-4 SMS durchgehen und dann hat man drauf, wie die Person SMS schreibt, damit die authentisch klingt. Dies würde aber meiner Meinung nach auch heißen, dass der Täter meiner Einschätzung nach keineswegs doof ist und hier sehr planvoll vorgegangen ist.
Nicht zwangsläufig. Die SMS muss ja nicht vom Täter verfasst worden sein. Er hätte Frauke auch ganz einfach zwingen können eine "unverfängliche" SMS an Chris zu schreiben. Und in diesem Fall ist ja dann auch davon auszugehen, dass diese SMS in ihrem "typischen" Schreibstil verfasst wurde…
Wobei ich aber ehrlich gesagt sowieso der Ansicht bin, dass in den Schreibstil zu viel hineininterpretiert wird. Bei geschätzten 95% aller Leute, die ich kenne, klingen die SMS ganz genauso. Ob so eine knappe Nachricht in der Hinsicht also wirklich sehr aussagekräftig ist, sei einmal dahingestellt…
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Dann müsste er ja auch an den PIN gekommen sein. Wenn man davon ausgeht, dass Frauke gewaltsam verschleppt und evtl. erstmal betäubt wurde, war sie ja erstmal gar nicht in der Lage, dem Täter diese zu geben.
Naja, es ist ja auch im Fall einer gewaltsamen Verschleppung nicht zwangsläufig von einer Betäubung auszugehen. Der Täter hätte sie auch mit einem Messer oder einer anderen Waffe bedrohen und sie auf diese Weise zwingen können, zu ihm ins Auto zu steigen. Vielleicht hat er sie auch einfach gewaltsam ins Auto gezerrt - Frauke (schlank, 165cm) war ja nun wirklich kein Abbild einer hünenhaften Walküre, mit der ein kräftiger Mann nicht hätte fertigwerden können… Und in diesem Fall hätte er die Herausgabe des PINs sehr zeitnah erpressen können.
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Je nach Straftat kann es sein dass die Polizei mal paar Foto´s macht und Fingerabdrücke nimmt. Aber das auch nicht Routinemäßig, sowas wird individuell entschieden.
Danke für die Klarstellung. Also ist gut möglich, dass der Täter selbst dann keinen Eintrag in der DNA-Datenbank besitzt, wenn er andere schwere Straftaten begangen hat - sofern die Ermittler keinen direkten Anlass dazu gesehen haben...
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bringt mich wieder zu meiner Theorie, dass der Täter weiblich ist, eine Täterin...zumindest involviert, könnte auch ein Täter Pärchen sein.
Gut möglich. Spricht denn - außer den Umständen ihres Verschwindens - noch irgendetwas anderes dafür?
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Und noch was ganz anderes: Wie dem Eingangspost dieses Threads von Kangaroo zu entnehmen ist (
Mordfall Frauke Liebs) wurde Frauke Liebs Handy
nach dem letzten Anruf noch einmal im Sendebereich Nieheim geortet. Ist irgendetwas genaueres dazu bekannt, warum hier "keine Zeitangabe möglich" ist?
Oder anders gefragt: Woher weiß man denn, dass diese Handyortung in Nieheim tatsächlich nach dem letzten Anruf stattgefunden hat, wenn man den betreffenden Zeitpunkt nicht kennt oder wenigstens eingrenzen kann? Oder habe ich da nur irgendetwas falsch interpretiert und der Zeitpunkt der Ortung ist nur der Öffentlichkeit nicht bekannt, den Ermittlern aber sehr wohl?
Außerdem heißt es im Zusammenhang mit der "Operativen Fallanalyse":
"Jetzt steht nahezu fest, dass Frauke Liebs im Großraum Nieheim gefangen gehalten wurde."
Es ist interessant, dass die Polizei sich da so festlegt (zumindest klingt das schon ziemlich überzeugt). Gerade im Lichte dessen, dass andere, näher an PB gelegene Orte in Hinblick auf das Bewegungsprofil fast plausibler erscheinen als das abgelegene Nieheim.
Darum meine Frage: Könntet Ihr euch erklären, was die Polizei zu dieser doch recht bestimmten Einschätzung veranlasst hat? (Liegt die "Operative Fallanalyse" evtl. sogar (vollständig oder auszugsweise) der Öffentlichkeit vor?)
Dass die erste SMS aus dem Sendebereich Nieheim versandt wurde, kann ja wohl kaum ein ausreichender Grund gewesen sein. Dass Frauke dort festgehalten wird wäre ja nicht einmal dann die zwingende Schlussfolgerung wenn man tatsächlich davon ausgehen würde, dass sie die erste SMS noch freiwillig verfasst hat. (Und selbst das scheint zweifelhaft, denn abgesehen von der Interpretation des "Schreibstils" spricht ja nicht viel dafür (ganz im Gegenteil!)).
Falls die SMS hingegen unter Zwang verfasst wurde, ist Nieheim als Täterwohnort sowieso genauso wenig plausibel wie die Paderborner Gewerbegebiete, aus denen die späteren Anrufe erfolgten…
Welchen Grund hätte es also geben können, dass sich die Polizei da so sicher war? Den müssen sie ja schließlich gehabt haben - denn sonst wäre es ja grob fahrlässig sich so sehr auf Nieheim einzuschießen und andere Gegenden zu vernachlässigen…
Und wie groß ist der "Großraum Nieheim" eigentlich genau? Kann man das zumindest ungefähr geographisch eingrenzen? Vielleicht indem man rekonstruiert, wo die Polizei damals die Flugblätter verteilt hat…? Denn das würde immerhin erlauben welches Gebiet die Ermittler - wohl aus guten Gründen - für relevant gehalten haben…