Mordfall Tristan
14.10.2014 um 16:06
ich kopiere hier jetzt einmal einen langen beitrag rein, der aus einem anderen forum stammt und welche ebenfalls die zwei täter theorie behandelt und weiter ausführt, als ich es bisher getan habe.
Eines Tages bekam ich die Möglichkeit einen Mordfall zu studieren. Einen Fall der viele Jahre ungeklärt blieb. Der Täter wurde später durch Zufall gefasst. Das besondere war, dass man auf ihn hätte bereits in der Anfangsphase kommen können. Man hätte nur eine andere Sichtweise einnehmen und die vorhandenen Informationen verstehen müssen. Das erinnerte mich an das erfinderische Denken.
In der Folgezeit suchte ich nach ähnlichen Fällen, begann diese zu analysieren und eine Systematik zu entwickeln. Einen bestimmten Algorythmus gibt es dabei nicht. Es kann ihn auch nicht geben, weil es nie völlig identische Fälle geben kann.
Nun, zum Fall Tristan Brübach...
Dieser Fall eröffnet mir die Möglichkeit meine Erkenntnisse erstmals in einem aktuellen Fall anzuwenden und ist zugleich der erste authentische, ungeklärte Fall.
Zunächst war es nur ein „Bauchgefühl“.... Im weiteren Verlauf meiner Analyse wurde ich jedoch in meiner Hypothese bestärkt, das man 15 Jahre lang ein „Monster“ jagt, dass es nicht gibt und auch nie gab. Dieser Täter erscheint nicht nur in der Bevölkerung sondern auch in den Kreisen der Ermittler und aller an der Aufklärung dieses Falles involvierten Personen, als „Übertäter“.
Die Dimension dieses Falles, sowohl in der Gesamtbetrachtung als auch der Zustand der Leiche, geht weit über die Grenzen des Vorstellbaren hinaus. Ermittler müssen zugeben, so einen Fall noch nie erlebt zu haben. Der Gerichtsmediziner äußerte sich ebenfalls, so etwas noch nicht obduziert zu haben. Und selbst Fallanalytiker geben zu, ein unspezifisches Motiv zu erkennen. Weltweite Anfragen einschließlich des FBI ergaben, dass dieser Fall sowohl in Deutschland als auch weltweit, einmalig ist. Es sich um einen Täter handelt, der vor dieser Tat offensichtlich nicht in Erscheinung getreten ist. Und das sollte auch bis zum heutigen Tag so bleiben. Ein Mann, der am 26. März 1998, im Tunnel des Liederbaches, seine pathologischen Phantasien an Tristan vollzog. Entgegen der Empirie, war der Täter von Null auf Hundert Prozent und dazu in einer atemberaubenden Geschwindigkeit, wie das ermittelte Zeitfenster suggeriert. Das wiederum unterstreicht nochmals die Einzigartigkeit und auch Sie halten diesen Fall für ungewöhnlich. Den Schlusspunkt in diesem Fall setzt ein Mann, der von Zeugen zunächst im Tunnel über Tristans Leiche gebeugt und dann nur wenig später im Gebüsch laufend von einer Zeugin gesehen wurde. Führt man nun alle Informationen zusammen, so wird verständlich, wie es zum Gedankenkonstrukt eines grausamen, brutalen Einzeltäters kommen konnte.
Ein Täter, der scheinbar aus dem „Nichts“ kommt, Tristan Brübach auf brutale, ja bestialische Weise hinmetzelt, und wieder ins „Nichts“ verschwindet. Die Tat scheint einmalig, da weltweit kein Vergleichsfall existiert. Der Täter trat offensichtlich weder vor der Tat, noch danach wieder in Erscheinung...
Hätten hier nicht schon die „Alarmglocken“ läuten müssen?
Ich habe erhebliche Zweifel an dieser Hypothese. Vielmehr muss hier von zwei Tätern ausgegangen werden. Einem Haupttäter, der die Tat letztendlich ausführte und einem Täter, der als Helfer fungierte. In der Gesamtheit betrachtet, gibt es aus logischer und wissenschaftlicher Sicht, deutliche Widersprüche von Zeugenaussagen vor der Tat sowie der Gesamtsituation des Tatablaufes.
Zum Anfang der Ermittlungen existierte ein Informationsstrang, der sich folgerichtig aus Zeugenaussagen und Tatortsituation ergab. Es gibt aber einen weiteren, schwachen Informationsstrang, der im weiteren Verlauf nicht mehr verfolgt wurde.
„Die Beobachtung der älteren Frau mit dem Hund im Park, dass sie gesehen hat, wie sich zwei südländisch aussehende junge Männer links und rechts neben Tristan setzten“.
Ich habe den Eindruck, dass die Befunde und die Fundortsituation in Verbindung mit Aussagen von Fallanalytikern hier schon recht frühzeitig die wesentlichsten Ermittlungsrichtungen festgelegt haben. Da kann auch die Betonung in alle Richtungen zu ermitteln nur noch eine Phrase sein. Man hat sich irgendwie innerlich auf einen Tätertyp eingeschossen. Allerdings wundert mich das nicht, denn seit Mitte der Neunziger Jahre wurde in den Medien regelmäßig über Sexualmorde und brutale Serientäter berichtet. Man wurde für dieses Thema irgendwie sensibilisiert. Das könnte der Grund sein, warum man im Fall Tristan andere Richtungen weniger stark verfolgte.
Handlungs- und Tatzeiten
Die auf der Fahndungsseite genannten Zeiten sind sehr widersprüchlich. Z. B. ist hier die Zeit 15.20 Uhr als letzte Zeit genannt, bei der Tristan letztmalig lebend gesehen wurde. Weiter wird die Zeit von 15.30 Uhr genannt, als die Kinder, die Person mit dem Zopf im Tunnel gesehen haben wollen. Das ergibt ein Zeitfenster von gerade mal 10 Minuten für die Gesamthandlung. Und das auf der offiziellen Fahndungsseite!
Das aus anderen Quellen ermittelte Zeitfenster liegt zwischen 15.10 Uhr und 15.45 Uhr, was hier realistischer erscheint. Zieht man die Zeit ab, die Tristan von der Parkbank zum Tunneleingang (Strecke ca. 300-400 m) benötigt, also ungefähr 2-3 Minuten, so ergibt sich ein Zeitfenster von 20-30 Minuten. Experten wollen errechnet haben, dass der Täter ca. 15 Minuten für die Tat benötigte.
Die Begegnung mit dem Mörder war sicherlich nicht rein zufällig. Darauf schließt auch die Aussage eines Bank-Nachbarn in der Schule, das Tristan an diesem Tag sehr unruhig und aufgelöst war und er unbedingt weg wollte. Der angebliche Arztbesuch war offensichtlich vorgeschoben, eine Notlüge um zur Verabredung zu erscheinen. Wenn Tristan tatsächlich starke Rückenschmerzen hatte, so stellt sich die Frage, warum er nicht direkt zum Arzt gegangen ist. Stattdessen verbrachte er noch reichlich Zeit (fast 2 Stunden) in der Umgebung des Bahnhofes und wurde an verschiedenen Orten, im Kiosk am Bahnhof und auf Bänken sitzend gesehen. Die Beobachtung der älteren Frau mit dem Hund im Park, dass sie gesehen hat, wie sich zwei ausländisch aussehende junge Männer links und rechts neben Tristan setzten, klingt sehr interessant. Soziologische Studien von Verhaltensforschern belegen, dass sich kaum jemand so verhalten würde und einen „Fremden“ so „einzukeilen“, wenn man nicht etwas von ihm wollte oder ihn näher kennt. Tristan wurde so auf der Parkbank der seitliche Fluchtweg versperrt. Eine Flucht also nur nach vorn erfolgen könnte. Diesen Weg hatten die beiden Männer unter voller Kontrolle. Daraus kann man schon schließen, das Tristan diese Personen mehr oder weniger gut kannte. Die beiden, waren die letzten, die mit Tristan gesehen wurden. Das war so gegen 15.10 Uhr lt. BKA-Seite 15.20 Uhr! Die beschriebenen Lebensumstände Tristans führten ins Klein-Kriminellen-Milieu. Dieser Fakt ist unstrittig.
Tristans Messer
Für die Tat wurden zwei Messer verwendet. Eines gehörte dem Täter und das zweite war wahrscheinlich Tristans Messer. Doch wie konnte der Täter an Tristans Messer gekommen sein?
Version 1: Nach Zeugenausagen wurde Tristan auf einer Parkbank gesehen, wie er mit seinem Messer an einem Stöckchen/Stück Holz schnitzte. Er unterbrach diese Tätigkeit, als die Frau mit dem Hund vorbei kam. Er legte das Messer und das Stöckchen auf die Bank zur Seite und streichelte kurz den Hund. Die Frau ging weiter und Tristan wird vermutlich weiter geschnitzt haben. Danach kommt die Aussage der Frau, dass sie die beiden Männer neben Tristan gesehen hat. Es ist also anzunehmen, dass Tristan sein Messer noch in der Hand gehabt hat, als sich die beiden Männer neben ihn setzten. Es kann also durchaus real angenommen werden, dass Tristan bereits hier das Messer abgenommen wurde.
Version 2: Die beiden Männer gehen nach kurzer Zeit wieder. Tristan entschließt sich darauf hin zum Tunnel zu gehen. Dort trifft er auf seinen Mörder. Es kommt zum Handgemenge indem Tristan schwere Schläge einstecken muss. Hält man sich diese Szene bildlich vor Augen, so ist zu hinterfragen, ob Tristan, der sich den Schlägen erwehren muss, so geistesgegenwärtig ist und es ihm gelingt sein Messer aus der Hosentasche oder Jackentasche zu holen, aufzuklappen und dann dieses dem Täter entgegen zu strecken? In einer bedrohlichen Situation in der unser Gehirn nur zwei Möglichkeiten zur Entscheidung vorschlägt? Nämlich Flucht oder Kampf/ Verteidigung! Sie wollen ermittelt haben, dass Tristan die kurze Flucht gelang, aber wieder eingeholt wurde. Daraus kann gefolgert werden, dass Tristan sich für die Flucht entschieden hat und sein Messer noch in seiner Tasche gehabt haben muss. Nun ergibt sich aber die Frage, woher der Täter wusste, dass Tristan ein Messer in der Tasche hatte. Oder hat er nach seiner Tat, Tristans Taschen nach dem Messer abgesucht? Wozu? Er hatte doch selbst eins! Er hätte es nicht benötigt!
Variante 3: Tristan geht mit dem Messer in der Hand vorbei am belebten Bahnhof (!) in Richtung Tunnel. Hier begegnete er seinem Mörder. Dieser sah das Messer in Tristans Hand und nahm es ihm ab. Hat er dann mit Tristans Messer den Kehlenschnitt vollzogen? Er muss es ja in der Hand gehabt haben. Oder hat er es zunächst abgelegt, dann sein Messer herausgeholt und die Tat begangen? Hinterher holt er Tristans Messer und vollzieht seine post mortem Verstümmelungen?
Das ergibt doch alles keinen wirklichen Sinn!!!
Ermittler wollen herausgefunden haben, dass der Täter sich im Tunnel von Nord nach Süd bewegt haben muss. Woraus schließt man das? Dafür gibt es keinen eindeutigen Beweis. Es ist lediglich eine Annahme. Ermittler gehen davon aus, das Tristan an der Südseite den Tunnel betrat und der Täter von der Nordseite Tristan entgegen kam. Hier kam es, so ihre Annahme, zum Übergriff und Handgemenge, aus dem sich Tristan kurzfristig befreien konnte um in Richtung Südseite des Tunnels zu fliehen. Am Ausgang der Südseite holte er Tristan jedoch wieder ein, dabei verlor Tristan einen Schuh, der im Gegensatz zum anderen, trocken war und auf dem Bankett liegen blieb. Ja, das hört sich alles schlüssig an... Aber, es kann eben auch ganz anders gewesen sein.
Ich meine, es war alles von Anfang an geplant. Nur der Tatort sollte nicht der Tunnel sein. Der Fall könnte sich wie folgt abgespielt haben:
Tristan hat eine Verabredung, die beiden Männer auf der Parkbank setzen sich zu Tristan, nehmen ihm Messer und Rucksack ab. Dann fordern sie ihn auf, mitzukommen. Alle drei gehen dann gemeinsam Richtung Tunnel. Das Ziel ist jedoch nicht der Tunnel, sondern der unmittelbar am Tunnel grenzende Parkplatz, auf dem die Täter ihren Wagen abgestellt haben. Erst als die drei den PKW erreicht haben und sich einer der Täter dem PKW zuwandte, bot sich Tristan die Chance zur Flucht.
Tristan läuft in Richtung Tunnel. Die beiden Männer laufen hinterher und Tristan wird am Tunneleingang eingeholt, dabei verliert Tristan den Schuh. Nun kommt es sofort zu den brutalen Schlägen, weil die beiden nun wütend geworden sind. Die Folge ist, das Tristan nicht mehr in der Lage ist, mit den beiden Männern wieder zum PKW zurückzugehen. Genau zu diesem Zeitpunkt kommt es zur Planänderung, die Tat im Tunnel auszuführen. Offensichtlich wissen die Männer, das der Tunnel kaum benutzt wird und sie einigermaßen ungestört ihr Werk verrichten konnten. Was dafür spricht, das zumindest einer der Täter in dieser Gegend gewohnt haben muss, aber durchaus einige Zeit früher in einen anderen Stadtteil gezogen ist z. B. in den Ostteil Frankfurts, was auch erklären könnte, warum die „Fingerabdruck-Aktion“ ins „Leere“ lief.
Die Annahme, das der Täter gute Ortskenntnis hatte und im Umkehrschluss auch im näheren Umfeld wohnen muss ist zwar in vielen Fällen empirisch belegt, kann aber nicht grundsätzlich vorausgesetzt werden. Der Täter könnte lange Zeit vor der Tat hier oder im größeren Umfeld gewohnt haben und auch dadurch Ortskenntnis haben. Aber wie viel Ortskenntnis benötigt man überhaupt für ein kleines Gebiet? Diese erhält man bereits, wenn man diese kleine überschaubare Gegend um den Tunnel mehrmals besucht. Viele Täter, die solche Morde planen, tun dies zunächst im näheren Umfeld, weil Ihnen die Ortskenntnis eine gewisse Sicherheit gibt.
Ich denke der Mord war nicht im Tunnel geplant, vielmehr verselbständigte sich bzw. eskalierte hier die Situation, ausgelöst durch Tristans Flucht. Dafür spricht, dass der/die Täter selbst kein Behältnis zum Transport der herausgeschnittenen Teile mitbrachten, sondern Tristans Rucksack dafür verwendeten. Wer sich gedanklich bzw. in seiner Phantasie auf eine solche Tat vorbereitet, der denkt natürlich auch an eine Transportmöglichkeit. Auch könnte sich die Transportmöglichkeit im PKW auf dem Parkplatz befunden haben. Wegen dem Zeitdruck hat man sich dann für Tristans Rucksack entschieden.
Ich habe mir einige Fotos vom Liederbach angesehen. Die Uferbekleidung besteht aus Betonelementen, die zur Tunnelgangseite in einem relativ steilen Winkel verläuft. Die Höhe schätze ich mal mit einem Meter. Wie ist der Täter dort hinauf gekommen. Aufstützen und sich mit den Armen hoch zu drücken wäre nur bei einem 90 Grad Winkel möglich. Bliebe nur die Möglichkeit einer Aufstiegshilfe. Befindet sich dort so etwas wie Stufen? Oder kann der Täter mit den (nassen) Händen oberhalb der Betonschräge hinterfassen um sich so hochzuziehen? Wieviel „Halt“ hat man mit nassen Schuhen auf einer relativ steilen Betonböschung? Oder hatte er eine helfende Hand, die ihm entgegengestreckt wurde?
Das Ausmaß und die Umstände des Mordes an Tristan Brübach geht über das normal vorstellbare hinaus und sprengt in jeder Hinsicht sämtliche Dimensionen. Der Zustand der Leiche konnte wahrscheinlich auch keinen anderen Schluss zulassen, den Täter als Psychopatisch, in jedem Fall aber mit psychologischen Hintergrund zu sehen.
Und genau das ist der Trugschluss!
Welche Veranlassung gab es für den Täter, die Tat, in dieser Art und Weise auszuführen? Wesentlichen Aufschluss würde ein Motiv liefern, doch dieses ist nicht bzw. nicht klar erkennbar. Teilt man diesen Fall in einzelne Sequenzen auf und interpretiert diese für sich, so kommt man durchaus zu anderen Schlüssen.
Im ersten Teil, der sich vom Zusammentreffen mit dem Täter bis zum Kehlenschnitt erstreckt und von heftiger Brutalität geprägt ist, könnte man durchaus von einer „Abrechnung“ ausgehen, welche ihren Höhepunkt durch das hineinlegen von Wut und Hass in den kaum noch steuerbaren, kräftigen Kehlenschnitt erlangt, der den Kopf fast vom Rumpf trennt.... Bei der Obduktion wurden weitere Messerstiche in Brust- und Bauchbereich festgestellt, die nach dem Kehlenschnitt zugefügt wurden. Möglicherweise Anzeichen für eine Übertötung, dem „Over-Kill“, das als weiteres Indiz für eine persönliche bzw. im weitesten Sinne persönliche Abrechnung steht. Auch hier müssen Hass und Wut enorm gewesen sein.
Der zweite Teil der Tat, die nachträgliche Verstümmelung der Leiche ist eine Inszenierung, wohl durchdacht und geplant. Zu diesem Fakt komme ich später.
Aber was kann hier als persönliches Motiv gelten? Nun, Ermittler haben Tristans Umfeld und Lebensumstände recherchiert und diesen Bereich als nicht ursächlich befunden. Auch ich habe etwas recherchiert. In diversen sozialen Netzwerken haben viele Freunde und Bekannte ihre Meinungen geäußert, die Tristan eher zurückhaltend und ruhig beschreiben, der Schwierigkeiten eher aus dem Weg ging. Er war auch Opfer in dem Milieu in dem er sich bewegte. Einen Teil seines Lebens verbrachte er auf der Straße und hatte wohl Kontakte in die Klein-Kriminellen-Szene und wurde auch mal „abgezogen“. Das alles kann aber kein wirklicher Grund für den Mord und schon gar nicht der Grund für eine persönliche Abrechnung sein. Es fällt auf, das sämtliche Äußerungen zu Tristan und seinen Lebensumständen, ausnahmslos von gleichaltrigen Freunden und Schulfreunden stammen. Gibt es eine Seite von Tristan, die niemand kannte?
Trotzdem war ich überzeugt, dass dieser persönliche Grund, das Motiv also, im persönlichen Umfeld Tristans zu suchen ist. Wer auf der Straße lebt, ist den ungeschriebenen Gesetzen dieses Milieus unterworfen: Tristan musste „einstecken“, das führt zwangsläufig zu Frust und diesen Frust musste auch Tristan irgendwo „ablassen“. Er erfuhr Gewalt und übte Gewalt aus. Er musste sich auf der „Straße“ behaupten. Und diese Gewalt konnte er nicht an gleichaltrigen oder überlegenen Personen ausüben. Er suchte sich dafür die schwächeren, ihm an Stärke unterlegenen Personen aus. Nur beweisen lässt sich das nicht. Es gibt keine Informationen darüber. Andererseits kann es anderen Personen, wie z.B. Tristans besten „Straßenfreund“ Boris, nicht entgangen sein. Ist das der Grund , warum Boris bzw. seine Familie so schnell aus diesem Teil Frankfurt’s weggezogen ist? Wusste er worum es ging und hat die „Warnung“ verstanden? Erzählte er nichts, weil er Angst hatte, genauso wie Tristan zu enden?
Diesen Teil bearbeitete ich nun in einer speziell entwickelten Systematik, einer Matrix. Interessant waren also alle Informationen zu Tristan, seinem Umfeld, scheinbar belanglose Informationen und die Informationen des zweiten, schwächeren Informationsstranges. Hier konkret: zwei ausländisch aussehende Personen. Im weiteren Verlauf lieferte mir die Matrix diverse Informationsketten.
Wenn Tristan selbst Gewalt ausübte, dann höchstwahrscheinlich an jüngeren, schwächeren Kindern. Wie hoch ist der Ausländeranteil im Stadtteil Höchst, der Liederbacher Straße? Waren darunter Kinder von ausländischen Mitbürgern? Der muslimischen Glaubensrichtung angehörend? Der Koran verbietet den Eltern, ihre Kinder zu schlagen. Tristan, ein in ihren Augen „Ungläubiger“ verprügelt muslimische Kinder und missachtet damit das Höchste Gut, die Familie, die Familienehre? Ist das so unwahrscheinlich? Dann erinnere ich daran, das in Deutschland zahlreiche „Ehrenmorde“ vollzogen wurden und es diese auch heute noch gibt. Das wäre so etwas „Persönliches“! Und überhaupt sind viele Elemente vorhanden, die auch bei der Systematik „Ehrenmord“ zu finden sind.
Es kann kein Zweifel geben: Tristans Mord war eine Abrechnung und eine Warnung zugleich, ähnlich wie bei Ehrenmorden. Auch hier finden sich die Elemente Abrechnung (Wiederherstellung der Familienehre) und öffentliche Warnung.
Im Fall Tristan von Anfang an geplant mit anschließender Inszenierung. Einer zweifellos gelungenen Inszenierung.
Nur einer wusste vielleicht etwas oder zumindest ahnte er es: Hadayatullah Hübsch.
Hintergrund ist ein Beitrag von Hübsch „Tristan und die traurige Gewalt“ in einem Buch über die Jugendkultur in Hessen („Von out bis cool“ – Jugend und Jugendkultur in Hessen – Ein Lesebuch, herausgegeben vom damaligen Ministerpräsidenten Hans Eichel, erschienen 1999)
Dort heißt es unter anderem:
[...wer nicht nur das Maul aufreißt, sondern auch hart zuschlagen kann, ist der King. Das war auch das Motto von Tristan... Aber Tristan hat es immer wieder in seine alte Gegend gezogen. Hier lungerte er herum und lauerte den kleinen Jungs auf, die er bei der leisesten Provokation verprügelte, so das sie es nicht mehr wagten, alleine aus dem Haus zu gehen, und sei es nur, um den Mülleimer auszuleeren... Und die Zeitungen schrieben von dem unschuldigen Kleinen, der aus unbegreiflichen Gründen ums Leben gekommen war. Als die Nachricht im Viertel die Runde machte, war von kleinen Jungs ein Seufzer der Erleichterung zu hören: “Jetzt habe ich keine Angst mehr“, hieß es... Polizei kämmte die Wohnblocks durch und fragte, ob jemand etwas genaueres wüsste, mit wem Tristan zusammen gewesen war. Aber genaueres weiß man nicht. Vor allem nicht, wenn die Polizei danach forscht....]
Interessant ist der Stil, indem Hübsch schreibt. Es ist das Extrem, dass er in seinen Schreibstil einbaut. Was Tristan betrifft, verwendet er ausschließlich negative Hauptsätze. Mir ist niemand bekannt, der sich ausschließlich negativ über eine verstorbene Person äußert, denn bei allem negativen gibt es auch immer positive Seiten einer Person. Stilistisch schreibt man also immer nach einem negativen Hauptsatz, eine positiven Nebensatz. Durch diesen „Trick“ überwiegt immer das positive eines Menschen. Warum hat Hübsch, der Tristan hat aufwachsen sehen (Er wohnte zwei Jahrzehnte im gleichen Wohnblock wie Tristan – nur einige Auf- bzw. Eingänge weiter.) diese Form gewählt? In den sozialen Netzwerken, wird Hübsch als Lügner bezeichnet und musste sich diversen Anfeindungen aussetzen. Journalistische Sensationshäscherei... Aber ist es das wirklich? Wer diesen Beitrag richtig lesen kann, der findet Informationen, die hinter der Information stehen.
„Hier lungerte er herum und lauerte den kleinen Jungs auf, die er bei der leisesten Provokation verprügelte, so das sie es nicht mehr wagten, alleine aus dem Haus zu gehen, und sei es nur, um den Mülleimer auszuleeren...“
Ebenso der folgende Satz: „Als die Nachricht im Viertel die Runde machte, war von kleinen Jungs ein Seufzer der Erleichterung zu hören: “Jetzt habe ich keine Angst mehr“, hieß es...“
Es gibt keine Notwendigkeit für Hübsch, diese tiefergehenden Details zu beschreiben. Deshalb sind diese Zeilen als unmissverständlicher Hinweis zu verstehen. Hübsch ist, wie alle Schriftsteller, ein exzellenter Beobachter. Es verband ihn aber noch etwas mit den muslimischen Ausländern in Höchst – der muslimische Glaube. Zumindest in der Glaubens-Frage, war er einer von ihnen. Er setzte sich für die Belange der Ausländer, muslimischen Glaubens ein. Auch aus diesem Grund erfuhr er mehr als andere. Warum er seine Kenntnisse bzw. Ahnungen oder Vermutungen nicht der Polizei erzählte, ist einfach zu erklären. Hadayatullah Hübsch war bereits einige Jahre vor Tristans Tod, Imam in einer Moschee in Zeilsheim. Der Imam ist mit den gleichen Rechten ausgestattet, wie kath. Priester bzw. evang. Pastoren, eine dem Beichtgeheimnis ähnliche Verschwiegenheitspflicht. Das garantiert der Art. 16 im Islamvertrag in Deutschland. Hübsch konnte und durfte mit diesem Grundsatz nicht brechen. Fand er mit dem Artikel in dem Buch eine Möglichkeit, sein Gewissen zu erleichtern? Nur konnte keiner, die in seinem Beitrag „versteckten“ Hinweise verstehen...
Hadayatullah Hübsch ist 2011 verstorben...
An dieser Stelle möchte ich nochmals betonen, dass es sich bei dem vorgenannten, um eine Hypothese/Gedankenkonstrukt handelt!
Ich fasse noch mal kurz zusammen: Zwei ausländische Männer setzen sich zu Tristan auf die Bank und zwar so, dass sie Tristan unter Kontrolle hatten... Keine halbe Stunde später wird Tristan im Tunnel Tod aufgefunden... und wenn man nun diesen Fakt mit dem vorgenannten verbindet, zu welchen Schlussfolgerungen würden man kommen?
Ich habe Merkmale der Tatbegehung und –durchführung mit der Merkmals-Klassifikation von organisierten und nichtorganisierten Tätern nach Ressler, verglichen. Zu meinem erstaunen trafen die meisten Merkmale sowohl für den organisierten als auch für den nichtorganisierten Täter zu. Es ist zwar selten, das Merkmale eines Falls ausschließlich einer Kategorie zuordnen lassen, meistens liegt ein Mischtypus vor, doch in diesem Fall werden fast alle Kriterien beider Kategorien erfüllt. Das fand ich schon etwas merkwürdig. Wie erklärt sich das? Wie konnte der Täter so agieren? Es schien, als sei hier der „ideale“ Täter zu Werke gegangen. Aber einen „idealen“ Täter kann es genauso wenig geben, wie die „ideale“ Maschine in der Technik. In den Neunziger Jahren gab es eine regelrechte „Welle“ zu Serien- und Sexualmördern, die aus den USA nach Deutschland schwappte. Zu dieser Zeit waren die Zeitungen und Magazine voll von derartigen Berichten. Ich selbst sammelte jahrelang diverse Artikel. Das allein kann aber nicht die Perfektion erklären, mit der, der Täter im Fall Tristan vorging. Also recherchierte ich weiter und war überrascht, dass John Douglas als Berater bei den Dreharbeiten zum Hollywood-Film des Hanniball Lecter im „Schweigen der Lämmer“ mitgewirkt hat. Auch Resslers Arbeiten der Typisierung von Sexualmördern, dienten als Vorlage für das Drehbuch. Der Hollywood-Film „Das Schweigen der Lämmer“, kam 1993/94 in die deutschen Kinos. Von 1995 – 2000 lief eine amerikanische Fernsehserie, namens „Profiler“ auf einem deutschen Privatsender. Der Täter scheint also ein Hannibal Lecter-„ Fan“ gewesen zu sein. Das segmentartige abtrennen bzw. freilegen der Haut kommt in diesem Film vor. In diesem Film war der Täter davon „beseelt“ aus den segmentartig, herausgeschnittenen Hautstücken seiner Opfer einen Mantel zu nähen und diesen dann anzuziehen. Da der Täter im Fall Tristan, die Handlungen des Filmes nicht 1:1 kopieren konnte, welches ja dann auffallen würde, hat er seine eigenen Pläne umgesetzt und statt dessen, das Muskelfleisch herausgeschnitten. Damit das ganze dann auch sexuell motiviert erscheint, schnitt er den Hodensack auf und entnahm die Hoden. Dies fiel ihm offensichtlich nicht schwer, da er diese auch bei männl. Tieren auf diese Weise entfernte. Das alles geschah mit einer gewissen Effizienz bzw. Perfektion. Bedenkt man, das ein Täter in Stresssituationen auf Automatismen und eingeübte Praktiken zurück greift, so wird deutlich, dass er ein gewisses handwerkliches Geschick aufweisen muss. Selbst die präzisen Schnitte, die er im diffusen Licht im inneren des Tunnels ausführte, weisen auf eine gewisse Professionalität hin. Die erforderliche Kaltblütigkeit kann durchaus „erworben“ sein. Das könnte darauf hinweisen, dass der Täter in einem Schlachtbetrieb arbeitet bzw. gearbeitet hat.
Bei Tristan vielleicht so: Tristan wird in den Unterarmgriff genommen und bis zur Besinnungslosigkeit gewürgt. Dann packt er Tristan an den Kopfhaaren und überstreckt so seinen Kopf. Nun wird der Kehlenschnitt ausgeführt. Zum ausbluten hält der Täter Tristans Kopf an den Haaren in dieser überstreckten Haltung. Das erklärt auch, warum Tristans Kopf nicht nass bzw. feucht geworden ist, während sein Körper bzw. die Kleidung zum größten Teil nass bzw. durchfeuchtet war. Die Parallelen sind unverkennbar.
Ermittler sagen, der Täter ließ sich bei den Folge-Handlungen Zeit. Ich meine, der Täter nahm sich soviel Zeit wie es nötig war um sein Werk zu vollenden. Das ihm letztlich die Zeit doch davon lief, zeigt der angefangene, unvollendete Schnitt auf dem anderen Bein.
Das anschließende wieder bekleiden (der Versuch die Hose hochziehen) und ablegen der Schuhe auf der Leiche, deuten Kriminalpsychologen als eine Wiedergutmachung. So, als wolle der Täter sagen, er wollte diese Tat nicht, also eine Art Leidbekundung oder nachträgliche Reue. Getreu nach dem Motto: „ Sorry, Tristan, nimm es nicht persönlich, aber es musste sein“.
Diese Feststellung halte ich für realistisch.
Den Mann mit dem Zopf, der sich im Tunnel über Tristans Leiche beugte und wenig später von einer Zeugin durchs Gebüsch laufend bemerkt wurde, halte ich für einen zufälligen Passanten, der wahrscheinlich nur nachschauen wollte und dann einfach nur Angst bekommen hat, als er registriert hat, dass es sich um eine grässlich zugerichtete Leiche handelt. Diese Person wurde von Zeugen ziemlich gut beschrieben. Allerdings hat sie keinen Rucksack gesehen, den die Person eigentlich mit sich führen müsste.
Das Auffinden von Tristans Rucksack, gut ein Jahr später, kann keine wirklichen Informationen liefern. Niemand kann sagen, durch wie viele Hände dieser Rucksack gegangen ist. Der Ort aber, ist bezeichnend: eine Deutschlandkarte in tschechischer Schrift, in der nähe der Baustelle der ICE-Trasse, an der seinerzeit auch tschechische Arbeiter beschäftigt waren. Ich halte das für eine gelegte Spur.
Vom Österreichischen Kriminalpsychologen Thomas Müller habe ich folgenden Grundsatz gelernt: „Es gibt nichts, was es nicht gibt“ bzw. Das Unvorstellbare für möglich halten.
Zugegeben, das wäre ein Extremfall, aber er ist möglich.